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Religion

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18.06.09, 12:34:41

quamquam

Hi Smilia,

ich hab jetzt einfach mal nur Deinen ersten Beitrag gelesen und schreib was, ohne mir die nächsten neun Seiten durchzulesen.

Ich bin Autistin und "glaube" an Gott. Aber Ich würde sagen, eingeschränkt, auch wenn mein Umfeld das anders sieht, nur können die ja nicht in meinen Kopf gucken.
Am besten erkläre ich das auch noch.

Mein Glaube ist vorhanden, aber ich zweifel innerlich schon, ich sag es nur nicht laut. Ich weiß nicht, ob es ihn wirklich gibt, ob die Geschichte so wahr ist. Wenn mir das irgendwann bewiesen wird, dann würde das für mich keine Welt zerstören. Ganz und gar nicht. Gott ist für mich ein viel zu abstrakter Begriff, als dass ich ihn einordnen könnte.
Was für mich an Religion eigentlich interessant ist, sind die Strukturen in den Messen. Alles ist klar geregelt. Es ändert sich selten bis nie. Ok, das Abendmahl, die Oblate dabei, das ist natürlich nicht Jesus, aber ich sag es nicht laut.
Und dann gibt es noch den Punkt, dass ich in Kirchen Ruhe finde, die ich besonders in überfluteten Zeiten brauche. Ich gehe dann oft in die Kirche und bete einen Rosenkranz. Das ist wie Meditation. Ein wenig kann ich dann abschalten, aber es ist immer noch schwer, jedoch die beste Methode für mich, ein Gefühl der Entspannung zu bekommen. Vielleicht löse ich mich auch eines Tages von der Kirche, weil ich ein anderes Ritual gefunden habe, bei dem ich ungefähr entspannen kann, aber solange ich dieses habe, nutze ich es auch.

Die meisten Menschen wissen nicht, dass ich nur halb glaube, sie denken, dass ich wie ein Nicht Autist glaube, aber das stimmt so nicht. Sollte ich Theologie studieren wollen, wäre für mich das Ziel des Studiums: Alles genau analysieren und rausfinden, ob alles wahr oder gelogen ist. Mir ist auch der Papst egal. Für mich ist er ein alter Mann, der genauso weit weg wie andere im Ausland, für mich ist und ab und an im Fernsehr ist.
20.06.09, 19:50:17

Smilla

Okay... also nachdem dieser Thread sich ja wirklich zu einer hitzigen und doch recht langen Diskussion entwickelt hat, melde ich mich auch mal wieder zu Wort.
Das Gespräch hat sich, wie ja schon mehrfach bemerkt wurde, weit von meiner eigentlichen Frage entfernt. Ich wollte eigentlich die Beweggründe verstehen, die jemanden zum Glauben veranlassen, da sie mir nicht ersichtlich sind. Ohne zu werten und ohne „das oder das ist richtig/besser“, sondern eher nach dem Motto „ich denke so, weil (...)“ und dann macht sich jeder darüber ein eigenes Bild. Dass das jetzt anders gelaufen ist, will ich aber auch nicht ignorieren.

Vorneweg möchte ich allerdings sagen, dass ich mir nach dem Lesen von knapp 10 Seiten das Zitieren einzelner Aussagen in den meisten Fällen sparen möchte, da meine Antwort sonst einfach zu lang wird. Der einzige, der von mir persönlich zitiert wird, ist 55555, und das, weil er seinerseits ein Zitat von mir gebracht und dessen Sinn total verdreht hat, was mich sehr geärgert hat.

Im Bezug auf die Beiträge von dir, 55555:
Ich kann verstehen, dass du dich aufgrund der vielen gegen Religion gerichteten... ich nenne es jetzt mal Angriffe in diesem Thread auf eine Verteidigungsposition zurückgedrängt siehst. Dennoch finde ich deine Argumentation zum Teil etwas unsachlich, was ich nachfolgend genauer begründen möchte.

Aber erstmal allgemein. Mir fällt auf, dass das von Religionsgegnern angeführte Argument gegen Religion, dass in deren Namen bereits zahlreiche Untaten begangen worden seien, immer wieder aufgenommen wird. Es hieß, diese Taten wären manipulativen menschlichen Individuen zuzuschreiben und widersprächen der Lehre der „eigentlichen“ Religion. Hier möchte ich fragen, wie eine Religion denn definiert wird. Geschieht das nicht vielmehr genau durch das Handeln und Wirken ihrer Anhänger? Hier könnte man argumentieren, dass vielen Religionen heilige Schriften zu Grunde liegen, nach denen sich diese Anhänger richten sollten, was oft nicht geschieht. Jedoch können auch diese auf viele unterschiedliche Arten interpretiert und gedeutet werden und stecken zum Teil auch voller Widersprüche. Sofern man sich in diesem Bereich auskennt denke man nur einmal an die zum Teil sehr verschiedenartigen Interpretationsansätze in Bezug auf den Koran. Insofern lautet meine Frage: Kann es von einer so großen Religion wie beispielsweise dem Christentum denn überhaupt eine „wirkliche“ Ausübung derselben geben? Meiner Meinung nach nein, da viel zu viele und verschiedenartige Möglichkeiten der Interpretation vorhanden sind. Insofern liegen einige der genannten Missetaten, die im Namen des Christentums begangen wurden vielleicht nicht dem persönlichen Verständnis gewisser Leute zu Grunde, aber sehr wohl einer anderen Auslegung derselben Religion.

Nicht unter den Tisch fallen lassen sollte man hier allerdings auch das mehrfach von 55555 aufgebrachte Argument, dass im Namen anderer menschlicher Ideen nicht minder schlimme Dinge passiert sind. Nationalsozialismus, Stalinismus und andere, zum Teil erheblich religionsfeindliche Bewegungen und selbst die vielgepriesene Demokratie (Stichwort USA) forderten ebenso zahlreiche unschuldige Opfer.

Aufgrund dessen ist nach meiner persönlichen Ansicht nicht die Tatsache einer vorhandenen Religion, sondern eines vorhandenen menschlichen Idealbildes die Basis für solchen blinden Fanatismus. Wenn menschliche Individuen sich im Namen eines höheren Zieles, sei es weltlicher oder geistlicher Natur, zu Mord und Grausamkeiten an ihren Mitmenschen und unserem Planeten berufen fühlen, steht nach meiner Meinung allein die typisch menschliche Suche nach einer allumfassenden Ideallösung dahinter, welche dann auch mit blindem Eifer verfolgt wird. Insofern stimme ich dem vielzitierten Satz „Es gibt nichts gefährlicheres als Religionen“ nicht zu... ich würde sagen „Es gibt nichts gefährlicheres als menschliche Utopien“.

Vielleicht bin ich persönlich gerade durch mein immer noch genaueres nachfragen und meiner Eigenschaft, alles bis ins Detail wissen zu wollen, zu der Ansicht gekommen, dass es eine solche Lösung nicht gibt und nie geben kann. Auf jede Frage gibt es mehrere Antworten und oft keine, die völlig richtig ist.


Was mich dann hier doch schon geärgert hat, war das bereits erwähnte Zitat meinerseits von 55555. Ich respektiere jeden Glauben, auch, wenn ich selbst keinem angehöre, und ich habe meine Aussagen so sorgfältig und neutral wie möglich formuliert, um niemanden zu verletzen. Ich verstehe nicht, wie man folgende Sätze derart fehlinterpretieren kann:
Es ist nicht so, dass ich irgendwie gegen Glaube und Religion wäre, oder mich aus irgendeinem Grund dagegen entschieden hätte. Mein immer nach Logik suchender Verstand würde es mir nicht erlauben, zu glauben, selbst wenn ich wollte, genausowenig wie man sich bewusst aussuchen könnte, in wen man sich verliebt.
Ich weiß nicht, ob es mit meinem autistischen Denken zu tun hat - aber ich bin zumindest bisher davon ausgegangen.

Diese Aussage von mir wurde so hingestellt, dass ich der Meinung wäre, Autisten dürften nicht religiös sein, da sie ja vernünftiger wären.

Also, falls jemand die Stelle im Zitat findet, an der das steht, so bitte ich ihn, sie hier reinzustellen. Ich meine diese Sätze so, wie ich sie gesagt habe, Interpretationen abseits der wörtlichen Aussage unerwünscht. Es steht dort weder, dass Autisten vernünftiger seien als Nichtautisten (was eine wohl ziemlich vermessene Ansicht wäre), noch kann ich darin ein an irgendjemanden gerichtetes Verbot (nicht dürfen) entdecken. Weiterhin wird das Wort Vernunft, das nicht mit Logik gleichzusetzen ist, nicht ein einziges Mal im obengehenden Zitat genannt.
Ich habe lediglich geschrieben, dass Religion im Gegensatz zur Wissenschaft nicht logisch erklärbar ist. Diese Tatsache wird mir wohl niemand absprechen wollen. Da ich als ewiger Zweifler immer für alles eine logische Erklärung brauche und im Bereich der Religion diesbezüglich nie fündig wurde, ist es mir aufgrund meiner persönlichen Natur nicht möglich, einer Glaubensgemeinschaft zu folgen, da hierzu ja Überzeugung gehören würde, welche ich durch die fehlende Logik nicht entwickeln kann.
Da man weiterhin immer wieder von der logiksuchenden Natur vieler Autisten liest, ging ich bis dato davon aus, dass diese meine Eigenschaft möglicherweise damit zusammenhängen könnte.
Das war, nochmal in anderen Worten, der Inhalt obiger Aussage. Und darin finde ich nichts religionskritisches.
Wissenschaftlich ist eine Existenz Gottes nun mal nicht beweisbar.
Viele Gläubige sagen: Es ist auch nicht beweisbar, dass es ihn nicht gibt. Der Satz ist in diesem Thread auch schon gefallen. Man sollte aber erstmal nachdenken, bevor man sowas ausspricht. Es ist die gängige wissenschaftliche Praxis ist, Dinge erst dann als gegeben zu akzeptieren, wenn diese eindeutig bewiesen sind. Die Forderung, beweisen können, dass etwas nicht existiert, ist an sich ein absurder Gedanke. Bei allen möglichen Dingen kann man nicht beweisen, dass es sie nicht gibt. Ich kann nicht beweisen, dass es Thor, Odin, Zeus oder Bastet nicht gibt. Ich kann nicht beweisen, dass es sich nicht allabendlich unsichtbare Aliens neben mir auf dem Sofa bequem machen und geräuschlos unsichtbares Popcorn verspeisen. Das Argument „man kann nicht beweisen, dass es etwas nicht gibt“ ist nach logischen Gesichtspunkten absolut widersinnig – wie soll man denn die Nichtexistenz von etwas beweisen, das nicht da ist? Ohne Beweismaterial kein Beweis!

Aber haben es Gläubige denn überhaupt nötig, sich auf diese (wissenschaftliche!) Ebene von wegen Beweis und Nichtbeweis zu begeben? Tun sie das, können sie meiner Ansicht nach nur den Kürzeren ziehen. Das Wort „Glaube“ an sich steht ja schon im Widerspruch zum Begriff „Beweis“. Letzterer gehört meiner Ansicht nach in den Bereich der Wissenschaft und sollte doch auf religiöser Ebene nicht benötigt werden. Die Religion braucht die Wissenschaft und ihre Methoden nicht, zumindest soweit ich das beurteilen kann. Und ich kann nichts negatives darin sehen, nicht, dass das wieder als Kritik aufgefasst wird. Nur weil ich von etwas nicht persönlich überzeugt bin, heißt da nicht, dass ich es schlecht und falsch finde.


So, und zu guter Letzt zum letzten Beitrag von quamquam, der ja wieder auf das eigentliche Thema zurückging. Ich finde deine „Methode“ sehr interessant und ich kann es sehr gut nachvollziehen.
Ich feiere auch Weihnachten und Ostern, obwohl ich nicht gläubig bin. Ich finde diese „Rituale“ um die Feiertage einfach schön, ich kenne sie aus meiner Kindheit und sie geben mir ein gutes Gefühl. Es ist etwas, das immer wieder kommt, auf das man sich immer wieder freuen kann und das einem zeigt, dass alles an seinem Platz ist. So fühlt sich das zumindest für mich an.
Kirchen finde ich jetzt persönlich vom Gefühl her meistens nicht das Wahre, so viele Leute auf einem Haufen, so viel Lärm, der in dem großen Gebäude dann noch so hallt... und ständig stillsitzen und zuhören... nichts für mich. Aber die Osternacht als ich ein Kind war, hatte ich immer geliebt. Das war in einer kleinen Holzkirche. Man ging dort hin als es draußen noch dunkel war, es waren immer nur ganz wenig Leute und alle hatten Kerzen, sonst gab es kein Licht. Das war irgendwie eine ganz besonders schöne Stimmung, auch, als ich schon lange an nichts mehr geglaubt hatte bin ich gern dort hingegangen.
20.06.09, 22:24:10

haggard

geändert von: haggard - 20.06.09, 22:34:27

@Smilla:
utopien können wundervoll sein. wenn dieses bereits die höchste stufe von schlimm ist, verstehe ich plötzlich sehr viel von dem, was heute bereits schlecht ist. zumindest aus meiner perspektive.
"religion" hatte ich früher versucht zu verstehen. insbesondere was "hölle" und "himmel" angeht. der "himmel" steht für freude und wohlergehen und die "hölle" für qual und leid. ich fragte mich, woher die menschen wissen wollten, wie es im "himmel" wäre, wenn sie alle leben und woher sie wissen wollten, wie es in der "hölle" sei. wenn es menschen schlecht geht, erdenken sie sich häufig eine bessere zukunft als diese, in der sie aktuell leben. wenn nun das leben unter menschen auf diesem planeten allgemein von qual und leid gekennzeichnet ist, könnte es sich genauso gut um die "hölle" handeln. wenn bereits "entschieden" wurde, dass die erde die "hölle" wäre - wie sollten die menschen dann noch in den "himmel" gelangen?

an was ich glaube, sind meine träume. aufgrund deren inhalte ändere ich unter umständen meine tagesabläufe.
in bezug zu glaube/religion bin ich jedoch über die möglichkeit von interpretationen verwundert. es ist sicherlich schwierig, persönliche innere bilder von anderen zu verstehen, wenn man selbst andere innere bilder besitzt, doch bleibt dabei für mich nur verstehen oder nicht verstehen. ein zwischending existiert nicht. in meiner welt existieren nur schwarz und weiß. grau gibt es nicht, da sich grau aus den einzelteilen aus schwarz und weiß zusammensetzt, so wie in der sichtbaren welt alles mögliche auf eine kleine auswahl atome heruntergebrochen werden kann.

hinsichtlich deines zitates und deiner verärgerung:
wenn geäußert wird, aufgrund autistischen denkens nicht glauben zu können, ist dies eine aussage, welche ebenso gut wie die frage nach dem glauben herausgegriffen und erörtert werden kann. allgemein wird über und auch von autisten mitgeteilt, dass sie rational denken würden. also logik quasi zu ihnen gehört und emotionales eher nicht. wenn dies weiter verallgemeinert wird, bedeutet dieses dann, dass autisten, die glauben, eigentlich keine autisten sind? wer besitzt nun das recht, sich verärgert zu fühlen? alle wahrscheinlich, die sich in irgendeiner form angesprochen fühlen...

(und was ist das für ein glaube an einen verstand, der es einem verbietet, glauben zu können? das erscheint mir wie ein zirkelbezug.;) ).

logische erklärung:
wie du selbst schriebst, werden religionen ausgelegt/interpretiert. du selbst verbietest es, deine gewählten worte zu interpretieren (ob diese interpretiert wurden oder nicht, sei dahingestellt). die menschen, die damals alles mögliche niederschrieben, was als bibel und co. zusammengetragen wurde, wollten vielleicht auch nicht, dass ihre worte, ihre nach außen getragenen inneren (oder von woanders stammenden) bilder durch andere interpretiert, verwässert, fehlgedeutet, sonstwas wissen.
wenn ich als mensch äußere: ich bin autist, könnte ich ebenso gut äußern: ich bin gläubig, ich bin religiös, ich bin ........... und so weiter. immer, es sei denn man erfindet etwas neues, wird man zu einer "gemeinschaft" gehören. ob man sich nun lokal zusammentut, oder ob alle einzeln bleiben, ist dafür egal. anderenfalls könnten alle menschen ihre gedanken für sich behalten. die zugehörigkeit zu irgendetwas kann eine hilfe sein. hilfe dahingehend, von anderen ohne große eigene erklärungen verstanden zu werden. hin und wieder äußern autisten, dass sie partnerschaften nur noch mit einem anderen autisten versuchen würden, weil es mit nicht autistischen menschen nicht funktioniert hat. es gibt menschen, die nie wieder etwas mit menschen anderer glaubensrichtungen versuchen würden, weil sie schlechte erfahrungen gemacht haben. zugehörigkeiten dienen als grobfilter. wenn jedoch irgendwer aus einem solchen grobfilter etwas verbindliches macht, an dass sich sämtliche "mitglieder" zu halten hätten, da sonst die "hölle" droht, dann spielen macht/gier/angst/hoffnung = tiefere bestrebungen eine rolle und nichts geistliches mehr. unter umständen auch nichts anthropologisches, soziales, lebenserhaltendes, etc.
glaubst du daran, dass sich dein PC/laptop und alle anderen dinge so verhalten, dass du ins internet gelangst? und was ist das internet? es ist nicht greifbar und doch existiert es. es bildet nichts, was irgendwem irgendwann nach verschwinden dieser menschheit beweisen könnte, dass es existierte und millionen menschen überall auf diesem planeten möglicherweise einen kult pflegten. vielleicht haben menschen doktorarbeiten darüber zu papier gebracht. vielleicht wird eine seite davon den zerfall überstehen. und dort steht dann das wort "internet". die menschen opferten ihm zeit und doch hat es ("internet" = übersinnliches wesen) sie nicht vor ihrem untergang bewahrt...

wodurch erlangst du überzeugung? wenn du siehst, dass die internetverbindung steht - bist du dann überzeugt davon, dass es so ist, oder "glaubst" du das dann nicht?

nur weil sich irgendwelche menschen ausgedacht haben, dass etwas erst als bewiesen gilt, wenn es nachweisbar (und ggf. reproduzierbar) ist, sollen andere, die glauben, erst nachdenken, bevor sie aussprechen, dass es auch nicht beweisbar ist, dass es "gott" nicht gibt? was ist das denn?;)
die menschen hatten früher das rad erfunden und sie hatten es nochmals erfunden. wer weiß, wie oft die meschheit das rad erfunden hatte. "unmöglich" dass das frühere kulturen fertig bringen konnten. heutige menschen staunen über erhaltene bauwerke früherer zeiten und wundern sich darüber, wie diese "primitiven" das fertig bringen konnten. vielleicht wird es irgendwann menschen geben, die sich über "unsere" wolkenkratzer wundern und sich fragen, wie "wir" das fertiggebracht haben. solange die möglichkeiten fehlen, etwas anderes zu verstehen, wird es unverstanden bleiben. ob dies nun die wissenschaft als solche betrifft für sicht- und messbare dinge, oder persönliche möglichkeiten ggf. in geistigen bereichen. philosophen gab es wahrscheinlich auch schon "immer".
philosophie ist kreativ.

wenn die wissenschaft natürlich voraussetzen würde, dass "gott" nicht existiert, ist es "natürlich" absurd, von der wissenschaft (die als non plus ultra akzeptiert ist?) zu fordern, dieses zu beweisen..., was eigentlich als voraussetzung betrachtet wird, um etwas als "wahr" oder "falsch" betrachten zu - hm - dürfen?

"ohne beweismaterial kein beweis!" - auch das hat mit fähigkeiten zu tun. kannten frühere menschen bereits atome? hätten wir deren beschreibungen geglaubt, wenn wir keine mittel hätten um dies zu überprüfen?
die menschen besitzen heute zwar die möglichkeit, die aktivität von gehirnen zu verfolgen und sichtbar zu machen, trotzdem können sie noch nicht erfahren, was ein anderer mensch sieht, fühlt, hört, schmeckt, riecht etc. - glaubt.
vielleicht wird irgendwann die "existenz von gott" nachgewiesen, vielleicht nicht. vielleicht wird es sich als erwiesen ergeben, dass "gott" nicht existiert.

zuletzt schriebst du, "als ich schon lange an nichts mehr geglaubt hatte" - wie war es möglich, dass du trotz deines autistischen denkens glauben konntest?
20.06.09, 22:39:24

quamquam

Danke Simlia,

ich bin vermutlich beim Thema geblieben, weil ich mir gar nicht die Mühe gemacht habe alles zu lesen, sondern direkt auf Deinen Ursprungsbeitrag zu antworten.

Nun für mich klingen Deine Worte logisch. Natürlich ist eine Nichtexistenz nicht zu beweisen. Kann es aber nicht sein, dass Glaube auch einfach Halt gibt?

Um Ruhe und Entspannung zu finden, gehe ich natürlich in die Kirche, wenn keine Messe ist. In den Messen kann ich schwerlich ausblenden. In die Messen gehe ich eher unregelmäßig, allerdings so in die Kirche eher...

Ostern ist das Fest sehr schön. Das gefällt mir auch sehr. Es gibt im November auch einen Tag, an dem es in den Kirchen kein Licht gibt und die Kirche voller Kerzen ist...ich weiß aber nicht mehr, wie die Messe genannt wird.
21.06.09, 02:54:48

Hyperakusis

Zitat von Smilla:
Mich würde interessieren: Wie kommt ihr zu eurem Glauben und wie schafft ihr es, euch so sicher zu sein? Zweifelt ihr nie? Gibt es einen Grund, habt ihr euch das ausgesucht, oder war es einfach so da?

Vorab, ein Reizthema, möchte niemandnen seinem Glauben nehmen sondern nur für mich sprechen. Ich kam von zu Hause aus niemals wirklich zur Religion war aber damals bereits vor der Schule zunächst fasziniert aber dann enttäuscht weil ich Klartext und Antworten auf meine Fragen haben wollte, stellte für mich fest dass es alles zu verschwommen ist und distanzierte mich. Meine Eltern haben keine Ahnung von Religion halten sich aber zB. daran Karfreitag kein Fleisch zu essen, schwer nachvollziebar für mich. Aus bürokratischer Sichtweise bin ich katholisch wo ich aber tatsächlich einzuordnen bin weiss ich nicht, finde das Universum sowie das Leben, alles sich im Kreise drehend, diese Tatsache dass alles in Kommunikation miteinander steht faszinierend, möchte dieses aber nicht Gott nennen und auch nicht anbeten, wozu? Ja und die Sache mit dem Aussuchen, man wird praktisch hineingeboren sowie ich, Zweifel gibt es meinerseits viele, ganz besonders was die Organisation betrifft, ich meine die Leute die meine Religion presentieren, darstellen und dass eben das Gesagte so bedingungslos und zweifelslos angenommen wird. Ich finde es gibt gewisse Grundregeln die gelten sollten, für alle, an diese muss sich gehalten werden damit ein Leben möglich ist und ich halte mich daran ohne religiöse Rituale weil ich alles das was vor und nach dem Ritual geschieht für das Wesentliche halte. Bisher kann ich nicht erkennen dass Religion weltweit die schlimmsten Dinge wie Mord etc. verhindert sondenrn dass sind wirklich Gesetze. Ich finde problematisch dass es nur einen Gott geben soll aber die Meinungen bzw. die Ansichten und die Rituale anscheinend recht verschiedne von Kultur zu Kultur sind und sich andere Menschen anderen Glaubens trotz Gottesglaube nicht gerade die Hände reichen, ich denke da auch an Vergangenes, ein wesentlicher Punkt der mich stutzig macht. Ferner noch dass ich zB. in Bereichen der Politik und deren Ämtern sehr viel zu kritisiren habe, sehe dort gar Missbrauch und stelle mir die Frage ob dies nicht auch in Bereichen der organisierten Religion passieren könnte oder passiert ist. Kurz zusammengefasst muss ich auch einfach sagen dass ich Religion einschliesslich Gott nicht verstehe, ich könnte bis heute nicht spontan sagen was Gott ist, leider konnten es mir andere auch nicht spontan erklären ebensowenig andere Fragen die ich hatte. Ich denke es ist auch möglich ohne Gott zu leben sowie Gutes zu tun, ein guter Mensch zu sein... vielleicht gibt es ja dennoch Paralelen zwischen mir und Leuten die religiös sind?
21.06.09, 12:44:00

55555

Mein Zitat von dir stammte aus deinem Startbeitrag. Darin hast du aus meiner Sicht deine Meinung widergegeben hinsichtlich logischem Denken, Autismus und Religion und diese Meinung zugleich in Frage gestellt. Dennoch drückte dies aus, daß so eine Meinung zumindest existierte und nun hinterfragt werden sollte. Und das wundert mich nun eben, daß Religion als unlogisch vermutet wird.

Ich meine in diesem Thread hatte ich bereits erwähnt, daß inneres Erleben jeden Menschen in seinem Weltbild beeinflußen dürfte. Auch du hast sicher Elemente in dein Weltbild integriert, die nicht wissenschaftlich bewiesen sind.

Utopien halte ich für sehr wichtig. Denn die Grausamkeit der egozentrischen Ökonomie braucht solche Gegenpole. Die Abwesenheit von Utopien wäre demnach aus meiner Sicht mindestens genauso gefährlich.

Daß die Wissenschaft nicht beweisen muß. daß es keinen Gott gibt ist völlig richtig. Wenn allerdings sich selbst für wissenschaftlich agierend haltende Personen behaupten es gäbe keine Götter, dann machen sie eben doch eine Aussage und die müßten sie dann schon beweisen können, wenn sie nicht selbst einen Glauben vertreten wollen. Eine korrekte wissenschaftliche Haltung kann aus meiner Sicht nur sein die Frage nach Göttern konsequent offen zu lassen.

Ich habe nicht behauptet, daß Religiöse nie in Übereinstimmung mit ihrem Glauben Greueltaten verübt haben. Ich bezog mich nur auf Christen. Wenn Heiden vor vielen Jahrhunderten hierzulande aus den eigenen Reihen aus freien Stücken nach dem Kontakt mit christlichen Missionaren konvertierte Personen mit Gewalt bedachten oder christliche Missionare ermordeten, dann mag das mit dem germanischen Glauben vereinbar gewesen sein, ich weiß es nicht.

Das Christentum ist in allen Ausprägungen eine Schriftreligion. Das bedeutet auch, daß man schon einiges nachlesen kann, was Christentum sein soll und was nicht. Allgemein finde ich die Herangehensweise möglich eine weltanschauliche Strömung als dynamisch wandelbar zu betrachten. Das ist jedoch nicht mein Ansatz und kann es auch nicht sein, weil ich glaube, daß das Christentum die wahre Religion ist und somit auf Gott zurückgeht. In den jüdischen Schriften kann man zudem nachlesen, daß das Volk sich immer und immer wieder von Gott entfernt hatte. So gesehen ist deine Herangehensweise aus biblischer Sicht nicht gangbar.

Und: Würdest du es richtig finden, wenn eine von dir gegründete weltanschauliche Schule nach einigen Generationen teilweise ins Gegenteil verdreht wird, sich dann aber noch auf dich beruft und nach dir benennt?

Ich glaube es ist sinnvoller vom Kern einer solchen Strömung auszugehen. Anders würde man wegen der eigenen recht beliebigen Definition auch nur Beliebigkeit ausmachen können.
21.06.09, 23:35:43

Bluna

Ich denke,eine Utopie /ein Idealbild ,ist nur dann ungefährlich,wenn sich ihr einzelne Menschen hingeben.
Menschliches Ideal im Sinne von Selbstbetrachtung oder Selbsterziehung ist für mich in Ordnung.
Wenn allumfassende Idealbilder /Ideallösungen postuliert und projeziert werden,ist damit nicht selten eine Art Intoleranz für Menschen mit anderen Ansichten verbunden.
Da wird es dann in meinen Augen schon gefährlich und zwar unabhängig davon,ob es sich um vermeintlich "gute" oder "schlechte" Ideale handelt.
Ich glaube es wäre ein Problem für mich ,gerade auch im Bereich Religiösität,Idealbilder zu erstellen,die als Gegenpol für irgendetwas Negatives herhalten sollen,weil es in meinen Augen das Negative ,als Inhalt,nicht gibt,sondern immer nur viele Ansichten einer Sache.
22.06.09, 02:45:58

Isabella

Ja, ich muß schon zugeben, daß Smilla, azrael und Hyperakusis besser argumentieren können, irgendwie diplomatischer sind als ich. Habe mich zu sehr auf die Konfrontation mit 5555 eingelassen: Christenverfolgung gegen Kreuzzüge; Christen und Moslems gegen Juden und Heiden; Moslems gegen Juden und Christen, Heiden gegen Christen ..., - das ist wie Geschichte im Sandkasten nachspielen.
Dennoch ist es mir nicht möglich, die Geschichte bei diesem Thema außer Acht zu lassen und den daraus folgenden Begebenheiten kritisch und skeptisch gegenüber zu stehen. Es wurde hier schon oft geschrieben, daß es in den Glaubensgemeinschaften Regeln gibt, an die sich alle halten sollten, es jedoch die wenigsten tun. Ohne Wertung. Gerade das empfinde ich aber als blasphemisch. Regeln, die dem Menschen zeigen, wie er sich in der Gesellschaft Halt und Orientierung verschafft, können auch dem Nichtgläubigen genauso Vorbild sein. Wenn der Nichtgläubige feststellt, daß diese Regeln von Gläubigen (deren Regeln es ja sind)stets gebrochen/ übergangen/ ignoriert werden, kann er doch dieses generosum überhaupt nicht ernst nehmen, geschweige denn, sich anzugliedern. Er kann nur für sich und um sich schauen, einen guten Leitfaden für sein Leben zu finden. Vor allem, wenn der Lauf der Geschichte einen so hohen Stellenwert hat, wie bei mir. Ich gestehe mir auch ein, alles viel zu global zu sehen, habe es auch schon erwähnt. Ja wenn ich speziell an das Christentum denke, dann denke ich komischer Weise nicht an meine Freunde, die seit neuestem zu einem Prediger nach Belgien pilgern, der von einem einzig guten Gott spricht; nein ich denke vorrangig an das Frühmittelalter, das Mittelalter, an Kreuzzüge, Bekehrung, die Vernichtung von Indianerstämmen, die Zustände während der Reformationskriege, die allgegenwärtige Kindesmißhandlung durch Kirchenvertreter u.s.w. . Es ist wahr, daß die Menschheit auch aus nicht religiösen Gründen so agiert. Aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund ist es mir so, als ob Religionen für die Menschheit ein zusätzlicher Pot ist, Gutes zu argumentieren und Übles zu revidieren und zu reglementieren. Ich gehe sehr viel in Museen und Galerien. Stets bin ich fasziniert von der bildlichen Kunst, jedoch stößt es mir unweigerlich auf, wenn es um die von der Kirche beauftragten Themen geht. Zwischen Marienbildern, Heilige Familie mit Kind, der Papst x trifft auf y, natürlich Jesus am Kreuz, die Apokalypse in verschiedenen Ausführungen (für mich alles Propaganda der Kirche), ... erscheinen Bilder von Rubens (sein "Pelzchen") und anderen Holländern mit nichtchristlichen Themen oder Goyas Capprichios, oder dann später die Werke aus der Romantik fast schon als Befreiung. Reformation - Aufklärung - die Doktrin der Kirche läßt allmählich nach. All das sehe ich auch. Mit "absurd" meinte ich deshalb auch, wie es denn sein kann, trotz allem, was geschehen ist, noch dahinter zu stehen? Ich begreife es einfach nicht. Die einzige Erklärung ist, ich bin unendlich dumm und weiß nicht, was die Welt im innersten zusammen hält. Goethe wußte es in seinem Faust letztendlich aber auch nicht.
22.06.09, 10:20:10

Bluna

Isabella hat geschrieben:
"Aus irgendeinem, unerfindlichen Grund ist es mir so,als ob Religionen für die Menschheit ein zusätzlicher Pot ist,Gutes zu argumentieren und Übles zu revidieren und zu reglementieren."

Isabella,das was du schreibst,empfinde ich genauso,nur mit dem Unterschied,dass ich Religionen nicht explizit in der Hinsicht herausstellen würde.
Ich halte es eher grundsätzlich für gefährlich,wie ich weiter oben schon schrieb,wenn Utopien/Idealbilder dazu verwendet werden,andere Menschen /Lebensformen/Handlungsweisen daran zu messen und nach "gut" oder "schlecht" zu sortieren.
Ich denke,es läßt sich nicht leugnen,dass es die Gefahr jeglicher Ideologie ist,wenn Menschen aus verschiedensten Gründen dazu neigen
ihre Idealbilder auf Andere zu übertragen und zu urteilen.

Dabei wird dann konsequenterweise ausser Acht gelassen,dass die eigene Sicht immer nur objektiv und begrenzt sein kann,weil sonst die Möglichkei einer Infragestellung bestünde.

Dies wiederum führt zu Abgrenzug ,Ausgrenzung und Intoleranz und ist in meinen Augen ein ganz großer Faktor bei all den Vorgängen,die du angeführt hast.
Ich denke dabei auch an die Verfolgung und Vernichtung sogenannter Ketzer und Häretiker innerhalb der jeweiligen Ideologie.
Dabei geht es um Machtausübung und Kontrolle und nicht um irgendwelche höheren Ziele,auch wenn das dann immer wieder behauptet wird.

Für mich persönlich ist Religion Etwas das sich nur aus der Zusammenschau verschiedenster Weltsichten ergeben kann,die Wissenschaft beispielsweise gehört für mich auch dazu.
22.06.09, 11:15:47

55555

Zitat von Isabella:
Es wurde hier schon oft geschrieben, daß es in den Glaubensgemeinschaften Regeln gibt, an die sich alle halten sollten, es jedoch die wenigsten tun. Ohne Wertung. Gerade das empfinde ich aber als blasphemisch.

Auch das kann man außerhalb von Religionen finden. Z.B. beim Tder Einschätzung "Umweltschutz ist gut" versus ernsthafte Konsequenzen einer Person für sich selbst.
Zitat:
Mit "absurd" meinte ich deshalb auch, wie es denn sein kann, trotz allem, was geschehen ist, noch dahinter zu stehen? Ich begreife es einfach nicht.

Das kann sein, weil das was du anprangerst nicht den Kern der Sache berührt, sondern im Gegenteil zumindest im Fall des Christentums meist gegen diesen Kern verstoßen hatte.
22.06.09, 19:29:01

Bluna

Ja,der Umweltschutz in seinen Extremauswüchsen ist wiederum ein gutes Beispiel,einer an und für sich "guten Sache",die aber mal so und mal anders betrachtet werden kann und im Zweifel dann auch gefährlich ist und zu Gewalttaten führt.Bei der Ausprägung spielt dann das persönliche Verständnis gutgläubiger Personen keine Rolle.

Dasselbe lässt sich glaube ich auch für Religionen sagen.Während der Eine sich auf deren moralische und ethische Inhalte bezieht,tut der Andere das Gleiche und legt es als Erfordernis aus,diesen mit Gewalt Geltung zu verschaffen.
Im Christentum beipielsweise ,widerspricht sich dies in keinster Weise,wenn man sich nur mal zur Anschauung, die Geschichten König Davids durchliest-"ein Mann nach dem Herzen Gottes".

Ich glaube nicht einmal,dass es in erster Linie,Manipulation von Menschen ist,die solche Auswüchse dann hervorbringt.Eher eine Art wilder Entschlossenheit,das "Richtige" zu tun und da schliesst sich dann wieder der Kreis,weil das ja voraussetzen würde,dass man weiß,was das "Richtige" ist.
22.06.09, 20:29:47

55555

Altes Testament = jüdische Schriften (nicht direkt für Christen geltend, z.B. das jüdische Gesetz).
Neues Testament = christliche Schriften und Lehren im eigentlichen Sinne.

Das sollte man auch nicht außer Acht lassen.
 
 
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