25.09.10, 14:11:07
Wirilome
Hallo!
Zunächst @payaniva: Vielen lieben Dank! Ich habe das Gefühl,dass du verstehst, um was es mir geht. Danke für die Unterstützung!
Ansonsten noch ein Hinweis, den ihr in die Überlegungen mit einbeziehen solltet: Etwas wird bei meiner Tochter garantiert anders sein als es bei euch wohl ist: Sie wird _immer_ (!!) auf fremde Hilfe angewiesen bleiben, weil sie eben mehrfach behindert ist. Sie wird nie alleine wohnen können, so viel kann man jetzt schon sagen. Sie wird sich nicht alleine versorgen können (nicht einkaufen, nicht kochen, ob sie je alleine wird essen können oder auf Toilette gehen, ist noch nicht gesagt).
Was ich damit sagen will: Sie wird immer auf Gesellschaft, auf _die_ Gesellschaft angewiesen sein. Und diese Gesellschaft lebt nunmal nach gewissen Normen. Wie viele von diesen Normen sie lernen kann, wissen wir noch nicht. Aber jede Norm, die sie erlernt, erspart ihr nun mal Unannehmlichkeiten. Ob euch das passt oder nicht, es ist so.
Je angepasster man ist, desto beliebter ist "man", ob Autist oder Nicht-Autist. Wäre toll, wenn es nicht so wäre, ist aber so.
Jeder Helfer wird ihr lieber helfen, wenn sie ihn anlächelt, als wenn sie bei jeder Berührung schreit und schlägt. Ich als Mutter (oder auch mein Mann als Vater) halten das aus, auch ihre "Launen"; sie ist unser Kind, wir lieben sie, wie sie ist. Aber wenn sie später auf Helfer trifft, die schon im Vorfeld "genervt" sind, wenn sie hören, dass sie unsere Lütte pflegen müssen (wir können das nicht ewig, sie wird uns überleben, davon gehe ich aus), weil sie sich nicht "angepasst" verhält und bspw. beim Wickeln halbwegs(!) still liegen bleibt, dann werden sie sie entsprechend behandeln. Wenn die Helfer gut gelaunt oder sehr motiviert sind, wird unsere Maus das weniger zu spüren bekommen. Ist dagegen der Zuständige schlecht gelaunt und/oder wenig motiviert, seine Sache gut zu machen, können ihre Probleme auf die Pflege zurückwirken. Selbst ich als Mama bin manchmal genervt, wenn sie sich windet, tritt und schlägt und versucht, sich selbst zu verletzen, in dem sie mit dem Kopf auf Kanten schlägt (die natürlich alle gepolstert sind), sich beißt usw., "nur" weil man ihr eine frische Windel machen will (was eben notwendig ist, das wird wohl niemand abstreiten!). Natürlich ist das für sie unangenehm, aber eben nicht zu vermeiden. Und damit sie das akzeptiert, muss sie eben Berührungen akzeptieren können! ich sehe die Chance, dass es ihr leichter fällt, wenn sie erstmal solche Berührungen häufiger akzeptiert, die als halbwegs angenehm empfindet, vielleicht kann man das dann ausdehnen...? Ich weiß es nicht, aber es ist ein Versuch wert, auch wenn der ein oder andere hier das jetzt schon wieder negativ beurteilt.
Könnte man natürlich gegenargumentieren, dass man ihr vielleicht besser beibringt, die Toilette zu benutzen. Würden wir sehr gerne! Aber sie akzeptiert es nicht, wenn sie still sitzen bleiben muss, es gibt auch bislang keinen Ansatz, dass sie in irgendeiner Weise trocken werden würde...
Diese und ähnliche Überlegungen sind mit Grund dafür, dass ich schon möchte, dass sie sich anpasst / anpassen kann, ja! Und dazu stehe ich, da wird mich auch niemand von anbringen. Es sei denn, er sagt mir eine Möglichkeit, wie ich Menschen finde, die die Kleine in jedem Fall so akzeptieren, wie sie ist, mit all ihren Problemen und Eigenarten und sie nicht nur gut versorgen mit allem, das sie braucht, sondern sie tatsächlich annehmen, so dass sie sich wohl fühlen kann. natürlich garantiert auch keine Anpassung das, aber sie erleichtert es. Hat jetzt nichts speziell mit dem Blickkontakt zu tun, ich weiß; da habt ihr mich auch ins Grübeln gebracht. Danke! Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass jede Therapie, die eine Anpassung an Normen verlangen würde, bei einigen hier auf Ablehnung stößt... Und das kann es meiner Ansicht nach nicht sein. Auch meine große Tochter muss lernen, sich anzupassen; ich möchte sie nicht zum Eigenbrötler erziehen.
Ansonsten denke ich langsam, dass ich auch in diesem Forum "falsch" bin. Sie ist eben nicht "nur" autistisch, sondern hat vielfältige Probleme, die ineinandergreifen. Mal sehen, ich werde meine Entscheidung über kruz oder lang mitteilen.
Grüße
Wirilome
25.09.10, 20:25:59
payaniva
Ehrlich gesagt verstehe ich das hier alles nicht.
Warum wird so sehr gegen Therapien gepocht ?
Warum wird unterstellt, man würde sein Kind nicht akzeptieren und hören,was es will ?
Ich lese hier, hätte ich dies und das gemacht, hätte ich sicher darunter gelitten, oder wäre seelich daran zu Grunde gegangen, so in der Art,die genauen Sätze habe jetzt gerade nicht mehr im Kopf aber woher weiß man das ? Wenn man diese Therapien doch gar nicht gemacht hat ? Das sind ja so dann nur Vermutungen.
Und damals war Autismus noch nicht so bekannt, wie es das heute ist, damals gab es noch nicht soviel Therapie Möglichkeiten wie es sie heute gibt. Ich glaube das unter all den Therapien, die es heute gibt, sicher auch viel Humbuk gibt und schlechtes, wie zb die Festhaltetherapie.
Aber nicht alle sind von Grund an schlecht, es gibt sicherlich viele auch nützliche darunter, die dem KIND helfen besser zurecht zu kommen !
Ich lese hier soviel Verbitterung, darüber das man doch noch kritisiert wird da draussen,in der Gesellschaft, weil man anders ist, also steckt ihr oder einige das doch auch nicht einfach so weg und seid glücklich ? Also ich habe noch nichts davon gelesen, das einer glücklich ist, wenn er/sie von der Öffentlichkeit schreibt.
Und genau darum geht es mir, ich möchte das mein Sohn so sein kann wie er ist, aber ich möchte auch das er glücklich ist, zufrieden ist, wenn er raus geht, oder soll ich ihm ein Schild umhängen, wo groß drauf steht, ich bin ein Autist ? Damit die anderen ihn in Ruhe lassen.
Soll ich ihn einsperren , damit er nicht mehr traurig ist ? Weil andere Kinder nicht mit ihm klar kommen!
Er ist zwar Autist, aber ist auch ein KIND! Seine Seele zerbricht daran, wenn er weiter verspottet wird, weiter ausgelacht wird, weiter gemieden wird, weiter der Aussenseiter bleibt ! Und nicht weil er eine Therapie bekommt, die ihm hilft, draußen besser zurecht zu kommen !
Warum will das hier kaum einer wahr haben, das man sich wohler fühlt, wenn man sich angenommen fühlt, das man sich wohler fühlt, wenn man nicht immer ausgelacht wird, das man sich wohler fühlt, wenn man nicht immer verspottet wird.
Es geht doch gar nicht darum, das Kind zu biegen, sondern ihm Hilfen zu geben, in der Öffentlichkeit besser Zurecht zu kommen. Weil WIR können nicht die Welt ändern, die Gesellschaft, wie will man das anstellen ? Vielleicht wird sich in xx Jahren da echt mal was tun, das wünschen wir uns, aber solange das nicht so ist, geht es nicht anders, oder man nimmt ihn Kauf, das dass eigene Kind, immer und immer wieder unglücklich ist und das ist in meinen Augen definitiv schlimmer seelicher Schaden. Ein Kind zerbricht daran, ich sehe es zumindest bei meinem Sohn !
@ Wirlirome : Nichts zu Danken, ich teile deine Meinung.
25.09.10, 21:40:37
haggard
Zitat:
Warum will das hier kaum einer wahr haben, das man sich wohler fühlt, wenn man sich angenommen fühlt, das man sich wohler fühlt, wenn man nicht immer ausgelacht wird, das man sich wohler fühlt, wenn man nicht immer verspottet wird.
sicherlich fühle auch ich mich wohl, wenn ich mich angenommen fühlen kann. aber - und das verstehe ich widerum gar nicht - nehmen mich andere nur dann an, wenn ich nicht so bin wie ich bin, sondern wenn ich so bin, wie es andere erwarten wie ich zu sein hätte.
das bedeutet, jemand, der sich mit autismus nicht auskennt, nimmt mich in der regel von vornherein überhaupt nicht an, wenn ich so bin wie ich bin. verstelle ich mich, so wie das "antrainiert" wird, weil man es dann leichter hätte und so weiter - dann werde ich angenommen, aber ich fühle mich nicht wohl dabei, mir geht es dabei nicht gut und vor allem werde ich eigentlich gar nicht angenommen, sondern nur das, was die anderen gerne hätten.
wenn ich nun "trainierter"/angepasster weise auf menschen treffe, die sich mit autismus mehr oder weniger auskennen oder ein wenig glauben ahnung zu haben - und es wird ihnen mitgeteilt, dass ich autistisch bin - werde ich nicht als das angenommen was ich bin, weil autisten wären so nicht. das ist eine gigantisch große gesellschaftliche lüge.
wenn ich keinen wert darauf lege, nur "angenommen" zu werden, wenn ich nicht ich bin und mich dann wie ich verhalte - gelte ich auf kuriose weise irgendwie als geistig behindert.
als kind hatte ich das glück, mit anderen autisten zusammengekommen zu sein. die waren echt, im gegensatz zu den meisten anderen menschen - und auf jene legte ich keinerlei wert, sie sollten mich mit ihren boshaftigkeiten in ruhe lassen. mehr nicht. wenn sie mich nicht verstanden, sollten sie mich in ruhe lassen und nicht so wie es in filmen manchmal dargestellt wird "erst schießen und dann liegenlassen und falls die seelische last abgelegt werden will, fragen, ob es weh getan hat und wenn der erschossene nicht antwortet (so wie vorher, weswegen geschossen wurde), ist alles in ordnung, "ordnung" wieder hergestellt, das, was wohl angst macht beseitigt, das unheimliche besiegt, das suspekte ausgemerzt". nur weil "alle" schießen, sollte ich auch schießen (im übertragenen sinne)? als autist dürfte nicht dazu gestanden werden wie "hey, ich bin pazifist - ihr könnt euch alle gegenseitig fertig machen, wenn ihr wollt, aber lasst mich damit in ruhe"? was ist die gesellschaft für ein komischer mob.
es ist sehr, sehr traurig, wenn dann autisten aufeinander treffen und äußern, endlich menschen zu begegnen, wo sie sein können wie sie sind, sich nicht verstellen müssen und niemand sagt "du bist blöd" oder "ich mag dich nicht, wenn du so bist wie du eigentlich bist".
es ist sehr, sehr traurig, wenn autisten aufeinander treffen und bemüht sind, sich nicht autistisch zu verhalten - es könnte ja jemand sehen.
es ist sehr, sehr traurig, wenn sich autisten begegnen und befürchten, die anderen autisten könnten so reagieren wie NA so oft.
es ist traurig, wenn sich autisten verstecken, in toilettenräume, weil sie dort so sein können wie sie sind und niemand sieht sie dort.
es ist traurig, wenn autistische kinder erwachsene autisten in dokumentationen sehen, die ohne "autismustherapien" das geworden sind was sie sind - und sich TROTZDEM oder gerade deswegen auch öffentlich autistisch verhalten, sie sehen, dass es denen gut geht, sie sehen, dass es menschen gibt wie sie, die das dürfen, die nicht mit der last durchs leben zu gehen scheinen mit "ich darf das nicht, ich muss mich so und so verhalten, nur dann xyz, sonst nicht, sonst versager, sonst nicht gut genug".
warum wird so etwas mit autisten gemacht, möglichst früh?
man "kann" dann eigentlich auch nicht damit argumentieren, dass es die kinder selbst so wollten. welches kind soll derartige konsequenzen überblicken, die es mit 2, 3, 4, 5 jahren bereits eingehen soll? heutzutage?
manche kinder äußern irgendwann, dass sie nicht mehr wollen. sie wollen freizeit haben wie andere. nein, das programm wird durchgezogen, sonst wird das kind bestimmt keine entwicklungsschritte mehr machen. als wenn es roboter wären, für die in den "therapie"einheiten nach und nach die bauteile und module gekauft würden.
"ohne fleiß kein preis" - aber welcher preis? die 10.000 euro für diese therapie oder die 20.000 euro für jene therapie? das versteckte leben? die heuchelei von wegen, dass ein autist als solcher nach erfolgter anpassung angenommen sei? in anderen bereichen gilt es als ethisch verwerflich, wenn der mann zur frau sagt "ich mag dich nur, wenn du dir drei größen mehr machen lässt, die haare blond färbst, dich sexy kleidest, noch ein wenig was im gesicht verändern lässt..." - aber wenn ähnliches von autisten verlangt wird, ist es korrekt? ethisch vertretbar?
warum? weil sowieso nicht alle menschen gleich sind und nicht jeder alle "idioten" zum freund haben muss?
26.09.10, 04:31:54
Quadriga
geändert von: Quadriga - 26.09.10, 04:33:44
Zitat:
Wenn man eine Erkältung hat, gibt es auch gewisse Anzeichen, die diese Diagnose begründen (Schnupfennase, evtl. Husten usw.). Hat man diese Anzeichen nicht, hat man keine Erkältung. Ist das dann auch "Normpresserei"?
Im Grunde ja, da Schnupfen und Husten nicht unbedingt bedeutet, dass man eine Erkältung hat. Es kann auch ganz andere Ursachen haben, welche durch die oberflächigen Erscheinungen nicht exakt bestimmt werden können.
Husten und Schnupfen können auf einen bakteriellen Infekt im gesammten Atmungsbereich schließen, was meist als Erklätung bezeichnet wird, aber auch dabei muss man unterscheiden, wo sich der Infekt tatsächlich befindet. Eine Nasenschleimhaut entzündung ist halt auch was anderes, als eine Kehlkopfenzündung, oder eine Lungenentzündung. Es kann zudem auch sein, dass man ein Lungenentzündung hat, und zudem Allergiker ist. Ebenso kann eine Lungenentzündung mit einer Grippe verwechselt werden.
Weiters kann man dabei Lungenkrebs im fortgeschrittenem Stadium haben, wodurch man Infektanfälliger ist, und dann z.B. eine Nasenschleimhautentzündung mit Schnupfen, und einen Lungenkrebs mit Husten hat.
Also nur weil man ein paar Dinge/Symptome hat, bedeutet das noch lange nicht, das man daher dann die Krankheit XY hat. Es sind Indizien darauf, aber diese alleine belegen noch nichts eindeutig in der Ursache.
Und so kann auch eine Entwicklungsverzögerung viele Ursachen haben, welche sich aber nicht eindeutig durch die Symptome ermitteln lassen können. Die Ursache dafür kann z.B. die Frühgeburt sein, aber auch die falsche Erziehung bzw unmenschliche/sinnfreie Therapiemaßnahmen, oder beides. Du musst dir das so vorstellen wie eine Kette; passiert beim ersten Glied ein Fehler, wirkt sich das auf die anderen Glieder ebenso aus, passieren dann später noch weitere Fehler, evtl auch aufgrund falscher Behandlung der durch Glied 1 enstandenen Fehler, wirkt sich das weiter auf die Entwicklung (Glieder) aus. Dass deine Tochter nun also in der Entwicklung hinten nach ist, hat viele Ursachen, und die Symptome/Auffälligkeiten alleine lassen nicht eindeutig auf die Ursache schließen. Die Auffälligkeiten, die du beschreibst, können auch auftreten, wenn ein Kind misshandelt wurde, wobei eine Misshandlung nicht immer bewusst (aufgrund von Unkenntnis z.B:) passieren muss.
Wenn sie z.B. A ist, und du sie wie NA behandelst und therapieren lässt, ist die Folge davon im schlimmsten Fall eine schwere geistige Behinderung. Da nun jetzt ja bereits ein A-Verdacht besteht, solltest du dich darum bemühen, sie A-gerecht zu behandeln, um weitere Entwicklungsschädigungen zu vermeiden. Wenn du das konsequent durchziehst, sollte sich i.d.R. eine Besserung in ihrer Entwicklung ergeben.
Zitat:
Bestimmte Anzeichen ergeben eine bestimmte Diagnose.
Stimmt so auch nicht ganz, da sich einige Anzeichen bei verschiedenen Diagnosen überschneiden können, und die gestellte Diagnose dann mehr oder weniger willkürlich vom jeweiligen Arzt abhängen kann. Autismus kann z.B. mit Schizotypie, Soziale Phobie, Depressionen, manchmal auch Borderline (soweit ich das mal hörte), PTBS, etc verwechselt werden. Wird nun eine Diagnose gestellt, die nicht der Tatsache entspricht, sind die Behandlungsmaßnahmen nicht effektiv, oder im schlimmsten Fall absolut kontraproduktiv.
Das sieht man ja am besten mit der Diagnose "Geistige Behinderung". Die Folge davon kann dann sein, dass sie wie eine geistig behinderte behandelt und erzogen wird, und dies genau dazu führt, dass sie gesitig behindert wird, bzw bleibt, obwohl die Ursache für den Entwicklungsrückstand ganz andere sind. Wenn sie dann z.B. darin geübt wird, Blickkontakt zu halten, aber nicht darin geübt wird, ihre Fähigkeiten auszubauen, dann bleibt sie im Entwicklungsstand auch zurück. Wenn nur versucht wird, das was sie nicht kann, auszubessern, aber niemals versucht wird, das, was sie kann, zu ermitteln, und zu fördern, und darüber hinwegzusehen, dass sie etwas nicht kann, was als "normal" klassifiziert wurde.
Das wär im Grunde so, wenn man mich nur darin trainieren würde ein perfekter Redner in stressigen Situationen zu werden; das würde ich niemals schaffen, und selbst wenn ich darin besser würde, wäre es der Schädigung meiner selbst dadurch nicht wert. Wenn man mich aber in meinen Talenten fördert, werde ich darin recht schnell gut werden, ohne dass es mich in meiner Entwicklung schädigen würde.
Zitat:
sondern helfen, sich in der Welt zurecht zu finden.
Das ist gut.
Zitat:
Und diese Welt ist nunmal weit davon entfernt, sich auf behinderte Menschen wie Tabea gut einstellen zu können. Das kann ich im Wesentlichen nicht ändern
Man kann alles ändern, wenn man es nur will, und nicht sagt, es sei nicht änderbar. Die ganze Geschichte basiert auf Veränderung; ein Beispiel ist die franz. Revolution 1789; ein anderes die Gleichberechtigung der Frau bei der Wahl in Deutschland ab 1919. Hätten die Frauen vor 1919 so gedacht, wie du, hätten sie wohl heute noch keine Wahlberechtigung. ;)
Zitat:
Deshalb die Therapien. Und ob diese ABA oder TEACCHS oder wie auch immer heißen, ist mir, ehrlich gesagt, egal.
Autsch! Dir ist es egal, wie eine Behandlung sich nennt, folglich wohl auch egal, was für Resonanz die Behandlung mit sich bringt. Folglich behandelst du deine Tochter wie ein Versuchsobjekt? Machst Therapie A und beobachtest dann wie sich diese auswirkt, machst Therapie B und beobachtest dann wie sich diese auswirkt, usw.
Wäre es nicht besser und verantwortungsvoller deiner Tochter gegenüber, wenn du dich voher darüber vielseitig und ausführlich informierst, was du deiner Tochter antun möchtest? Ich denke schon. Du hast die Verantwortung für dein Kind, und es deine Aufgabe für dein Kind das beste zu tun, was du kannst, und dazu zählt auch, dass du dich genau über solche Dinge informierst, also beginnend von der Bezeichnung, bis hin zur Wirkung, und den Erfahrungen anderer Personen (vorallem betroffener Personen) damit; das ganze bevor du das deinem Kind antust.
Zitat:
Es wirkt höflicher auf die Mitmenschen und weniger befremdend
Bis ins 20 Jahrhundert hinein, war jemand, der sich als Schwul äußerte, befremdlich und nicht anerkannt in der Gesellschaft. Ist deine Meinung dazu, dass man auch Schwule Therapieren müsste, damit diese nicht mehr befremdlich für andere Menschen sind? Oder ist es besser die Gesellschaftliche Akzeptanz andersartiger zu fördern, und die anderen so sein zu lassen, wie sie sind?
Zitat:
Nicht immer sind Therapien schlecht und ich finde es nicht gut, wenn das hier so verallgemeinert wird, das man mit Therapien am Kind, der Gesellschaft nur einen Gefallen tut, so kam es mir zumindest jetzt beim lesen rüber.
Dem stimme ich so an sich zu.
Zitat:
Therapien sind nicht unbedingt schlecht, aber man sollte doch immer den Sinn hinterfragen. Die Leute in den weißen Kitteln sehen oftmals nicht den Menschen sondern wirklich nur die Euros. Und noch etwas: Warum seid ihr immer so sicher, das Therapien geholfen haben bei der Entwicklung Eurer Kinder? Kann es nicht sein, das sie sich ohne Therapie vielleicht noch viel weiter entwickelt hätten?
Richtig.
Zitat:
Oberflächlich mögen die Therapien helfen, aber ansonsten helfen die nicht groß und sind eine reine Anpassung.
Denke ich nicht. Therpien können auch eine Hilfe dazu sein, bestimmte Dinge neu zu verarbeieten, um so sich selbst ein besseres und treueres Leben zu ermöglichen. Wenn ich z.B. nur in einer Depression bin, bin ich nicht in der Lage mein Leben so zu gestalten, dass es für mich gut ist, also kann es erstmal gut sein, dass ich die Depression therapiere und loswerde, um dann für mich selbst wieder aktiv sein zu können.
Also Therapien sind z.T. sehr nutzvoll (evtl auch überlebenswichtig) für einen selbst, öfters aber (leider) absolut nicht. Wichtig bei Therpaien ist es immer, vorher zu überlegen, was man erreichen möchte, wie es sich auswirken könnte, und ob es tatsächlich sinnvoll ist oder nicht. Eine Therapie, die es sich zum Ziel setzt, dass ich Dinge mache, die ich nicht oder nur sehr schwer kann, ist für mich z.B. nicht die richtige.
Zitat:
So kann man dazu dressiert werden sich selbst vom eigenen glücklichen Leben abzuhalten und ein ungesundes Leben zu führen, das zu massiver innerer Zerrüttung führt.
Hmm,.. das macht mich nachdenklich.
Denke, dass ein gewisses Maß an Anpassung nicht falsch ist; da man damit auch ein Miteinander-Leben erst ermöglichen kann. Keiner ist wie jeder andere, was auch bedeutet, dass sich jeder ein wenig dem anderen anpassen muss, damit alle glücklich zusammenleben können. Es sollte aber auf gar keinen Fall so sein, dass sich einer komplett an andere anpassen muss, damit er noch "mitleben" darf, und die anderen sich hingegen absolut nicht an den einzelnen anpassen wollen. Derzeit scheint es ja noch so zu sein, dass sich Autisten komplett an die anderen anpassen müssen, aber die anderen sich nicht an Autisten anpassen wollen. So darf es natürlich niht sein in einer sozialen und humanen Gesellschaft.
Zitat:
Ansonsten noch ein Hinweis, den ihr in die Überlegungen mit einbeziehen solltet: Etwas wird bei meiner Tochter garantiert anders sein als es bei euch wohl ist: Sie wird _immer_ (!!) auf fremde Hilfe angewiesen bleiben, weil sie eben mehrfach behindert ist. Sie wird nie alleine wohnen können, so viel kann man jetzt schon sagen. Sie wird sich nicht alleine versorgen können (nicht einkaufen, nicht kochen, ob sie je alleine wird essen können oder auf Toilette gehen, ist noch nicht gesagt). Was ich damit sagen will: Sie wird immer auf Gesellschaft, auf _die_ Gesellschaft angewiesen sein.
Wenn du das sagst, und so denkst, wird es auch so sein. Du besiegelst ihr Schicksal schon im vornhinein (ohne es zu wissen), und wirst daher auch so handeln, so dass es so eben auch passieren wird. Wenn ich nicht an Änderung glaube, nicht für Änderung mich einsetze, wird auch keine Änderung stattfinden. Wenn ich nur so lebe, wie es mir vorgeschrieben wird, dann werde ich selbst dadurch auch nichts lernen, bzw mich nicht weiterentwickeln.
Wenn ich ich nur anpasse, damit andere kein Problem mehr mit mir haben, werde ich ein Problem mit mir haben, weil ich darunter leiden werde, mich nicht mehr selbst kenne, nicht mehr ich bin, und mich selbst auch nicht mehr weiterenwickle, sondern mich im "Kreis drehe". Und das ist keine bloße Behauptung, sondern meine Erfahrung!
Zitat:
Je angepasster man ist, desto beliebter ist "man"
Ich bin bei meinen paar wenigen Freunden auch so recht beliebt und werde geschätzt für meine Art zu sein und zu denken. Ich brauche es nicht, dass ich überall beliebt bin. Evtl braucht das deine Tochter auch nicht, nur kann sie das jetzt leider noch nicht äußern/zeigen.
Schon mal überlegt, warum sie diese "Launen" hat? Diese sind sicherlich nicht ohne Grund und Ursache. Schon mal versucht die Ursachen zu ermitteln, und diese zu beseitigen?
Ich denke, es ist besser ihre Probleme mit bestimmten Dingen in der Ursache zu lösen, anstatt sie zum "Anlächeln" zu zwingen, damit sie "beliebter" sei. Man könnte wohl statt dem "beliebt" auch "pflegeleichter" schreiben, in diesem Fall.
Zitat:
Selbst ich als Mama bin manchmal genervt, wenn sie sich windet, tritt und schlägt und versucht, sich selbst zu verletzen, in dem sie mit dem Kopf auf Kanten schlägt (die natürlich alle gepolstert sind), sich beißt usw., "nur" weil man ihr eine frische Windel machen will (was eben notwendig ist, das wird wohl niemand abstreiten!).
Aus hygienischen Gründen sind Windeln notwendig, rein aus natürlichen Gründen nicht. An sich denke ich, dass das Tragen von Windeln an sich schon vorteilhafter ist für alle, müsste aber auch ohne gehen, was natürlich dann dazu führt, dass du als Mutter ihre Fäkalien auch vom Boden wischen müsstest. An sich wäre das auch möglich, nur eben nicht sehr angenehm für dich, bzw eher nicht sehr hygienisch.
Sie schlägt, tritt, beisst, usw beim Windelwechseln? Schon mal überlegt warum sie das macht? Sie mag das nicht gerne? Schon mal nachgedacht, warum sie das evtl nicht mag? Evtl liegt es auch nicht an den Berührungen, sondern evtl an der Windel selbst?, Evtl verträgt sie das Material der Windel nicht? Evtl wäre es sinnvoll mal die Windelart zu wechseln? Evtl auf Leinentücher, anstatt auf Windel aus Kunststoff, setzen?
Evtl mag sie es nicht im Liegen gewickelt zu werden? Es schon mal in einer anderen Position versucht? Evtl mag sie auch nur den Wickelstuhl bzw die Unterlage nicht? Mal einen anderen Ort zum Wickeln probiert?
Was hast du schon alles versucht, um ihre begründete Gegenwehr zu beenden?
Zur Toilette: Wie hast du bislang versucht ihr zu vermitteln, dass ein Toilettengang sinnvoller sein könnte für sie selbst? Auch hier wären verschiedene Möglichkeiten der Herangehensweise denkbar. Informationen, was du machen könntest, findest du hier im Forum genügend, da hier einige Mütter von Autisten unterwegs sind.
Zitat:
Natürlich ist das für sie unangenehm, aber eben nicht zu vermeiden. Und damit sie das akzeptiert, muss sie eben Berührungen akzeptieren können!
Falsch. Sie muss Berührungen nicht akzeptieren, wenn sie das nicht ertragen kann. Eher bist du als Mutter dazu verpflichtet Möglichkeiten zu finden, wie du auf deine Tochter richtig eingehen kannst, bzw wie es für deine Tochter angenehmer ist. Es gibt, wi oben schon angedeutet, verschiedene Möglichkeiten, wie du dieses "Problem" lösen kannst, bzw wie du es für deine Tochter gerecht machen könntest. Evtl mag sie ja Berührungen, wenn du deine Hände in einen Handschuh steckst, da sie nur die Hautberührung nicht mag? Schon mal probiert, das mit Handschuhen, evtl mit weichen/plüschigen Handschuhen, probiert?
Zitat:
es gibt auch bislang keinen Ansatz, dass sie in irgendeiner Weise trocken werden würde
Auch hier die Frage, was hast du schon alles versucht, um das zu erreichen bei deiner Tochter? Wieviele erdenkliche Möglichkeiten der Herangehensweise bist du bereits durchgegangen?
Zitat:
Hat jetzt nichts speziell mit dem Blickkontakt zu tun, ich weiß; da habt ihr mich auch ins Grübeln gebracht. Danke!
Schon etwas bzgl der "Blickkontaktherapie" unternommen/verändert?
Zitat:
Aber ich habe immer noch das Gefühl, dass jede Therapie, die eine Anpassung an Normen verlangen würde, bei einigen hier auf Ablehnung stößt.
Eine Anpassung an eine nicht-existente Norm, welche unter Zwang geschieht, ist auch nicht zu akzeptieren. In der Natur gibt es keine Norm, sowie es auch kein tatsächliches Naturgesetz gibt; dies alles wird nur vom Menschen festgesetzt, damit er sich eine Grundlage selbst erschafft, womit er dann etwas berechnen kann, wie z.B. wer als "normal" und wer als geistig getört eingestuft werden kann.
Auch die ganze Mathematik basiert darauf, dass 1=1 ist, obwohl wir nciht mal das wissen, sondern nur glauben.
An sich habe ich nichts dagegen, solche Systeme zu erstellen, damit wir damit dann auch in der Lage sind zu rechnen, aber man sollte immer noch zwischen dem Wahren und der Fiktion unterscheiden können. Eine Wahrheit ist, dass die Natur nicht so ist, wie wir glauben, dass sie es sei. In der Natur gibt es keine Norm, keine Regel(mäßigkeit), sondern eben nur eine stetige Veränderung; selbst ein einziges Lebewesen ändert sich in jeder Nanosekunde (Altern).
Zitat:
Ansonsten denke ich langsam, dass ich auch in diesem Forum "falsch" bin.
Wenn sie Autistin ist, bist du absolut richtig. Evtl fällt es dir nur schwer mit Meinungen fernab der "Norm", bzw der wissenschaftlichen Medizin (Schulmedizin), umzugehen? Ich vermute, dass hier dein Weltbild, deine Auffassung der Welt, etwas zerrüttet wird, und du dich evtl dagegen unterbewusst wehrst. Ich weiß es aber nicht, da ich nicht in deinen Kopf schauen kann. Ich kann nur versichern, dass hier dir keiner etwas schlechtes will, sondern jeder nur versucht dir aufzuzeigen, wie du für deine Tochter besser da sein kannst. Damit wird nicht unterstellt du seist eine schlechte Mutter oder ähnliches, sondern nur aufgezeigt, dass manche Dinge für deinen Tochter schlecht sein können, und dies überdacht werden sollte deinerseits.
Dazu zählt z.B. dass du dich eben bevor du etwas für deinen Tochter entscheidest über diese Sache ausführlich, auch von davon Betroffenen, informieren solltest; und es dir nicht egal sein sollte, wie sich nun eine Therapie nennt.
Nachfolgend schließe ich mich auch zoccoly, Gabi und an3010 an in der Aussage.
Zitat:
Und damals war Autismus noch nicht so bekannt,
Damalige Autisten haben es in der Regel auch ohne Therapie geschafft ein ordentliches Leben zu führen. Autismus ist ja kein Phänonem des 20. Jahrhunderts, sondern gab es schon weit davor.
Zitat:
Aber nicht alle sind von Grund an schlecht, es gibt sicherlich viele auch nützliche darunter, die dem KIND helfen besser zurecht zu kommen !
Dem stimme ich an sich zu, nur sollte
vorher genau bedacht werden, was man dem Kind antun will.
Payaniva, du solltest ihm beibringen, dass er selbst entscheiden kann, was er macht, so dass er glücklich ist damit. Wenn er lieber zuhause am PC programmiert und dabei sehr glücklich ist, sollte er das auch tun können. Wenn er mit der Gesellschaftlich nicht glücklich wird, sollte er halt dann die Möglichkeit haben, in seinem Bereich, in seinem Können glücklich zu werden. Wenn er rein theoretisch ein sehr guter Softwareentwickler wird, erhält er im Gegenzug auch von einem Teil der Gesellschaft dafür wieder Anerkennung und Respekt, ohne das er aktiv mit der Gesellschaft interagieren muss. Sein Können zählt mehr, als jede Form der Anpassung.
Zitat:
Soll ich ihn einsperren , damit er nicht mehr traurig ist ? Weil andere Kinder nicht mit ihm klar kommen!
Nein, du sollst ihm lehren erhaben zu sein, selbst entscheiden zu können, was er möchte, und ihm auch lehren, dass er, z.B. wenn andere mit ihm nicht klar kommen, ihn herabsetzen, sich davon distanziert und so lebt, wie es für ihn gut ist. Er sollte lernen sich durchzusetzen, aber sich selbst treu zu bleiben. Er sollte lernen sich selbst gut einzuschätzen, was er eben kann, wo seine Grenzen sind, wo seine Schwächen, und was seine Stärken. Er muss ein stabiles Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit entwickeln können. Das ist wichtig!
Wer ein starkes Selbstbewusstsein und eine starke Selbssicherheit besitzt, steht über dem Auslachen und der Meidung anderer, und ist kein Außenseiter, sondern eben das Selbst. Wer jenes besitzt braucht sich nicht verbiegen, damit der nicht mehr ausgelacht wird, sondern er steht eben darüber und macht sein eigenes Ding, egal was andere sagen oder machen. Das musst du deinem Sohn lehren! Du musst ihm diese Stärke vermitteln.
Zitat:
Weil WIR können nicht die Welt ändern, die Gesellschaft, wie will man das anstellen ?
Das sagt du, daher ist es auch so. Wie? Indem man erstesn mal aufhört zu denken/glauben, man könnte ja eh nichts ändern. Wer denkt, er kann nichts ändern, kann auch nichts ändern. Ich bin davon überzeugt, dass man so einiges ändern kann, wenn man denn nur will. Im Kleinen leichter, im Großen schwieriger, aber dennoch möglich. Der erste Schritt ist wohl erstmal anderen Menschen das was ich hier schreibe klar zu machen; eben dass alles veränderbar ist und auch schon verändert wurde.
Zitat:
Vielleicht wird sich in xx Jahren da echt mal was tun, das wünschen wir uns,
Wenn du dir das wünscht, dann tu auch was dafür. Ich mache was dafür, in dem ich hier meine Zeit aufbringe und schreibe und antworte, und ich tue noch weit mehr als nur das für weitere Dinge.
Zitat:
Ich habe Defizite, aber ich versuche immer diese irgendwie zu überbrücken. Mein Sohn macht es auch so und ich denke alle anderen Autisten auch. Aber feststellen kann man das natürlich nur, wenn man uns einfach mal machen lässt;)
Absolut richtig.
Azrael stimme ich hierbei auch absolut zu.
Zitat:
aber erkläre erstmal, wie du zu diesem überheblichen Tonfall kommst.
Im Schreiben gibt es für mich keinen Tonfall. Und das Schreiben an sich empfinde ich nicht sonderlich überheblich. Evtl liegt es auch daran, dass ich sowas gewohnt bin.
Zitat:
Was bringt dich dazu offenbar davon auszugehen, du müßtest uns belehren, du würdest mehr Überblick haben als wir, die wir doch meist ziemlich intensiven Einblick in die Materie haben?
Es ist eine Diskussion in welcher jeder seine meinung vertritt. Sie vertritt ihre Meinung, mit welcher man nicht übereinstimmen muss. Es ist dann ja immer möglich, dass man seine eigene Meinung dazu äußert und versucht zu erklären, dass man eben damit nicht übereinstimmen kann aufgrund der Sache XY. ;)
PS: Falls die Antwort zu unüberischtlich sein sollte, sollte man das gesammte Thema nochmal durchlesen, da das eine Komplettantwort (in chronologischer Reihenfolge) auf die vorherigen 5 Seiten ist.