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Anpassen oder nach der eigenen Art leben?

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26.12.09, 16:56:47

uppsdaneben

geändert von: uppsdaneben - 26.12.09, 16:58:16

Zitat von 1Pjladd2:
und nun weiß ich, dass ich mich nicht ändern muss, weil es auch nicht mögliche ist.


Das ist ein schwerwiegender Irrtum.

Korrekt ist, dass du ein Recht auf deine eigene Identität, deine eigenen „Macken“, dein Unvermögen hast.

Da du aber in dieser Welt lebst – und zwar nicht allein – hast du die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, einen möglichst konfliktarmen Umgang mit deinen Mitmenschen, seien es Autisten oder Nichtautisten, zu finden.

Du hast das Recht, die Gefühle deines Gegenübers nicht intuitiv erkennen zu können, aber du hast auch die Pflicht, aufmerksam und bewusst dein Gegenüber zu beobachten und diese Musterung ständig mit deinem erlesenen und erarbeiteten Regelwerk im Kopf abzugleichen. Dieser Lernprozess verändert dich.

Das ist anstrengend, nicht immer erfolgreich und ganz sicher nicht perfekt, aber du erwartest von Nichtautisten Entgegenkommen und das können sie ganz sicher auch von dir erwarten. Ich will nämlich nicht, dass „Autismus“ zum Synonym für „faule Ausrede für schlechtes Benehmen“ wird.

Zitat:
auch wenn ich weiß, dass andere mit mir nicht zufrieden sind, brauche ich nicht in depressionen zu fallen.


Depressionen sind sicher nicht angesagt, doch Überlegungen, wie du bei deinen Mitmenschen besser ankommst.
26.12.09, 17:44:06

55555

Pflicht und Schuldigkeit würde ich das nicht nennen. Wenn man davon aufgehen würde, hätten die Na auch einige Pflichten und Schuldigkeiten zu erfüllen. Es muß einfach jeder selbst wissen, inwieweit er sich durch Anbiederung zu Kontakten treibt. Viele machen sich dadurch ernsthaft krank, werden durch diese Dauerbeanspruchung gegen ihre Natur krank. Es ist kein idealer Weg, den man zur Norm erheben sollte. Zumal es ja Menschen gibt, die einen zumindest teilsweise mögen, wei man ist - die man aber nur findet, indem man sich eben nicht verbiegt, auch wenn es erstmal Schwierigkeiten gibt.
26.12.09, 23:56:12

uppsdaneben

Zitat von 55555:
Wenn man davon aufgehen würde, hätten die Na auch einige Pflichten und Schuldigkeiten zu erfüllen.


Das haben sie auch. Gerade du forderst sie ja ein.

Zitat:
Es muß einfach jeder selbst wissen, inwieweit er sich durch Anbiederung zu Kontakten treibt. Viele machen sich dadurch ernsthaft krank, werden durch diese Dauerbeanspruchung gegen ihre Natur krank.


Du widersprichst dir selbst. NAs sollen gegen ihre Natur handeln, damit sie mit uns zurecht kommen. Autisten wiederum dürfen sie selbst sein…

Das ist so, als wenn jeder Deutsche türkisch lernen und den Koran lesen sollte. Mit solchen Forderungen kann man die Mehrheit allenfalls vergrätzen, sodass sie jede Kooperation einstellt.

Es gibt mehr als schwarz und weiss, was du gerne ignorierst. Ich erwarte, dass Autisten sich Mühe geben und auch versuchen, ihre bisherigen Grenzen zu überschreiten. Autismus darf eine Ursache für eigenartiges Benehmen sein, keine Ausrede.
27.12.09, 12:25:10

55555

Zunächst einmal finde ich es überzogen jemandem, der laut seinem Beitrag bisher schon unter einem übergroßen Druck stand die Erleichterung nicht zu gönnen um sich erstmal Luft zu verschaffen. Das nutzt niemandem etwas.

In diesem Thread habe ich immer die Position vertreten, daß beide Seiten aufeinander eingehen sollten. Dabei wurde ebenso festgestellt, daß Autisten meist eh schon viel mehr auf NA eingehen und sich verleugnen. Wenn ein NA wegen seinem auf Autisten eingehen einen echten Nervenzusammenbruch hatte können wir weitersehen.

Ansonsten gilt das was ich schon schrieb: Es gibt sie, die Menschen, die einem mehr entsprechen, gegenüber denen man sich nicht unheimlich verbiegen muß, um zumindest halbwegs geduldet zu werden. Die findet man aber eben nur, wenn man seine Natur nicht so sehr verbiegt, sie im Gegenteil lebt. Siehe die Geschichte vom häßlichen Entlein. Du scheinst mir immerhin deinen Weg selbst auch in deinem Leben umzusetzen, ich vermute aber, daß daher auch eine Gereiztheit stammt, die ich oft wahrzunehmen meine. Ich denke damit macht man sich sein ganzes Leben kaputt, der Gewinn ist weniger wert als der Verlust.
29.12.09, 11:05:07

Coyote

stelle ich mich "richtig" - fühle ich mich "falsch" = nicht gut
29.12.09, 13:21:14

uppsdaneben

Zitat von Coyote:
stelle ich mich "richtig" - fühle ich mich "falsch" = nicht gut


Ich verstehe nicht, was du sagen willst.
29.12.09, 13:51:31

uppsdaneben

Zitat von 55555:
Zunächst einmal finde ich es überzogen jemandem, der laut seinem Beitrag bisher schon unter einem übergroßen Druck stand die Erleichterung nicht zu gönnen um sich erstmal Luft zu verschaffen. Das nutzt niemandem etwas.


Ich halte nichts davon, ins andere Extrem zu verfallen.

Zitat:
Wenn ein NA wegen seinem auf Autisten eingehen einen echten Nervenzusammenbruch hatte können wir weitersehen.


Schlechter Zeitpunkt, weil zu spät. Wenn NAs wegen As zusammenbrechen, bekommen wir Autisten einen schlechten Ruf. Den darauf folgenden „Krieg“ würden wir verlieren mangels Masse.

Zitat:
Ansonsten gilt das was ich schon schrieb: Es gibt sie, die Menschen, die einem mehr entsprechen, gegenüber denen man sich nicht unheimlich verbiegen muß, um zumindest halbwegs geduldet zu werden.


Verbiegen ist das falsche Wort, Anpassen ist korrekt. Jeder Mensch hat in jeder Sekunde seines Lebens die Pflicht, die Balance zwischen „ich bin ich“ und „ich will dir gefallen“ zu wahren. NAs gelingt das aufgrund der Rückkopplung Gestik-Mimik recht einfach; wir haben halt Pech gehabt. Wir müssen deutlich mehr Arbeit leisten. Aber das enthebt uns nicht der Pflicht.

Zitat:
daß daher auch eine Gereiztheit stammt, die ich oft wahrzunehmen meine.


Berufliche, private und gesundheitliche Probleme überlasten mich dauerhaft, doch das hat nichts mit Autismus zu tun, auch NAs würden daran kaputt gehen.

Zitat:
Ich denke damit macht man sich sein ganzes Leben kaputt, der Gewinn ist weniger wert als der Verlust.


Das sehe ich anders. Mein Lebensziel war nie Hartz-IV, weshalb ich ein bisschen was tun muss – wie jeder Mensch. Meine Kombination aus Autismus und Anpassung ist sehr erfolgreich, doch wie immer kann man noch etwas verbessern.

Und ich neige dazu, mir wichtige oder hinderliche Grenzen überschreiten zu wollen. Meine Kenntnis des Autismus hilft mir dabei, weil ich heute weiß, dass NA-Methoden mir mitunter nicht helfen und ich Neues probiere, autistisch aufbereitet. Das Überschreiten der Grenzen hat mir mehr gegeben, als es mich an Schmerzen gekostet hat. Die meisten Grenzen setzen wir Autisten uns selbst – in unserem Kopf.
29.12.09, 14:30:32

Mama

Wer sagt denn eigentlich, das Na´s immer richtig handeln? Ist es nicht eher so, das wir Verhaltensweisen abgeguckt haben; daher meinen wir das dies Verhalten richtig ist. Ich halte Autisten für tiefgründiger, sie überlegen mehr, und reagieren so, wie sie es für richtig halten. Oder sehe ich das falsch?
Man kann ein angepasstes Leben führen, das meiner Meinung nach oberflächliches Glück bedeutet; oder aber ein zufriedenes Glück, wo ich mich nicht verbiegen muß, um anderen zu gefallen.
29.12.09, 15:14:07

55555

@uppsdaneben: In deinem letzten Beitrag finde ich es positiv, daß deine persönliche Prioritätensetzung recht klar erkennbar ist. Dazu sind wir in einem Forum, damit verschiedene Sichtweisen vertreten werden. Und es ist grundsätzlich richtig, wer will schon pbjektiv feststellen, welcher Weg der beste ist? Das kann man auch schwerlich in anderen Fragen, die mit Autismus nichts zu tun haben.

Oben hattest du es so dargestellt, als würde ich Autisten bevorzugt behandeln wollen, nun stellst du klar dar, daß es dir um individuellen Pragmatismus geht, weswegen du eine Ungleichberechtigung zuungunsten von Autisten einfach akzeptierst, da du entsprechende Mehrheits- und somit Machtverhältnisse ausmachst. Damit berührst du einen allgemeinen Zwiespalt von Minderheiten.

Warum ist es falsch zu sagen "verbiegen"? Ich meine es so, bist du ein Freund von Euphemie, von Verschleierung? Ist das vielleicht eine Nebenwirkung deiner Anpassung an NA? Anpassen können sich bei einer aufs individuelle konzentrierten Sichtweise sicherlich auch Homosexuelle einer Gesellschaft, in der gelebte Homosexualität als eklelhaft abstoßend und krank betrachtet wird. Nur, wenn das alle Homosexuellen so gehalten hätten, wäre die jetzige hierzulande erkämpfte Freiheit vermutlich auch nie eingetreten. Weil du dich nicht zeigst mutest du künftigen Generationen zu unter Zuständen zu leben, unter denen du letztlich doch auch leidest. Es mag für dein eigenes Leben bequemer sein, aber der einzig richtige Weg ist das sicherlich überhaupt nicht. Und unschön finde ich es auch, wenn du suggerierst anders würde man von ALG2 abhängig werden.
29.12.09, 18:56:43

uppsdaneben

Zitat von Mama:
Wer sagt denn eigentlich, das Na´s immer richtig handeln?


Das habe ich nirgendwo behauptet.

Zitat:
Ist es nicht eher so, das wir Verhaltensweisen abgeguckt haben; daher meinen wir das dies Verhalten richtig ist.


Da dieses Verhalten einige Jahrmillionen Evolution überlebt hat, kann man davon ausgehen, dass das Verhalten sinnvoll für die Arterhaltung ist. Ob es dir persönlich gefällt oder für dich nützlich ist, steht auf einem anderen Blatt.

Zitat:
Ich halte Autisten für tiefgründiger, sie überlegen mehr, und reagieren so, wie sie es für richtig halten. Oder sehe ich das falsch?


Sie überlegen mehr? Ja. Ob dabei immer etwas Sinnvolles rauskommt? Angesichts der vielen sturen Autisten, die ich in Foren bisher getroffen habe, die auch dann Recht haben, wenn man sie wissenschaftlich widerlegen kann, habe ich ein paar Zweifel. Deine Annahme hatte ich auch mal, doch mein Umgang mit Autisten hat mich widerlegt.

Zitat:
Man kann ein angepasstes Leben führen, das meiner Meinung nach oberflächliches Glück bedeutet; oder aber ein zufriedenes Glück, wo ich mich nicht verbiegen muß, um anderen zu gefallen.


Nein. Wenn du essen willst, brauchst du Geld. Du darfst arbeiten, wenn du dich anpasst. Oder du beziehst Hartz-IV. Aber auch da musst du dich anpassen, an die Gesetze und die mitunter sehr willkürliche Auslegung des Sachbearbeiters. Oder du machst auf arbeitsunfähig, dann bekommst du Rente. Aber auch da passt du dich an die Gesetze an.

Wie auch immer, du passt dich an die Anderen an. Oder du verhungerst. (Die sehr seltenen Sonderfälle ausreichender Erbschaften oder Lottogewinne lasse ich mal außen vor.)

Unangepasst bedeutet auch, dass ich mich glücklich fühlen darf, wenn ich meine schlechte Laune an dir auslassen darf, indem ich dich verprügele. Und da möchtest du ganz sicher, dass ich mich „verbiege“.

Anpassung an die Gemeinschaft ist ein überlebensnotwendiger Prozess.
29.12.09, 19:12:17

uppsdaneben

Zitat von 55555:
Warum ist es falsch zu sagen "verbiegen"?


„Anpassung“ ist ein wissenschaftlicher gebrauchter Begriff, „Verbiegen“ mit negativen Emotionen besetzt und damit nicht neutral.

Zitat:
in der gelebte Homosexualität als eklelhaft abstoßend und krank betrachtet wird.


Zitat:
Nur, wenn das alle Homosexuellen so gehalten hätten, wäre die jetzige hierzulande erkämpfte Freiheit vermutlich auch nie eingetreten.


Es gibt einen ganz entscheidenen Unterschied: Homosexualität kommt nur selten zu tragen, schließlich laufen sie nicht den ganzen Tag rum und baggern die Leute an. Dummerweise muss der Autist ständig interagieren und kann sich die Gegenüber nur in den seltensten Fällen aussuchen. Deshalb wäre ein unanstößiges Benehmen sehr nett.

Zitat:
Weil du dich nicht zeigst mutest du künftigen Generationen zu unter Zuständen zu leben, unter denen du letztlich doch auch leidest.


Ich werde die Welt nicht mehr „retten“. Ich habe dazu keinen Anlass.

Zitat:
Und unschön finde ich es auch, wenn du suggerierst anders würde man von ALG2 abhängig werden.


Wenn du einfach du selbst sein willst, also auch deine Grenzen nicht weiter rausschiebst, dann ist das die logische Folge. Warum sollte jemand etwas für dich tun, wenn du nicht bereit bist, dich zu bewegen?
29.12.09, 21:59:16

55555

Meine Aussage sollte weder neutral noch wissenschaftlich sein. Homosexuelle sind bei weitem nicht so abweichend in der Breite, richtig. Vergleiche hinken immer etwas, auch wenn damit etwas ausgesagt werden soll. Was du mir auch in den letzten Beiträgen etwas zu vergessen haben scheinst: In diesem Thread geht es um eine Art Partnerschaft, nicht Lebensunterhalt. Sich als Autist nicht zu verbiegen bedeutet nach meiner Ansicht keinesfalls "logisch" ALG2 als Folge.
 
 
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