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Anpassen oder nach der eigenen Art leben?

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30.12.09, 21:36:25

starke Dame

Mich erschreckt dieser Beitrag etwas. Mein Sohn ist halt autistisch - ich begegne vielen Menschen, die uns ausgrenzen. Ich hab einfach das Ziel ihm die Stärke zu geben sein Leben zu leben und sich durch zu setzen.

1. Ob Autist oder Nichtautist, mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt.

2. Lieber wenige Freunde und wenn am Schluß auch nur einer übrig bleibt, ist das egal - aber wenn dieser Freund einen akzeptiert wie man ist, hat man mehr als mit 10 Freunden bei denen man zu funktionieren hat.

3. Nicht wegen einem Arbeitsvermittler ärgern, das ist Energieverschwendung, dieser Mensch vergeudet nach Feierabend keinen Gedanken an seine undurchdachten Äußerungen.

4. Das Grundübel ist die mangelnde Aufklärung und die Berührungsangst. Es muss sich mehr bewegen, d.h., wenn einer eine Allergie gegen ein Lebensmittel hat ist es ok. Keiner gibt demjenigen etwas auf das er reagiert. Wenn einem aber andererseits förmlich der Halt genommen wird, weil er auf einmal einem Wusel von Reizen ausgesetzt wird und dann entsprechend als Autist reagiert ist das böse - und das ist untragbar, diese Intoleranz darf nicht sein.

Ich hoffe einfach auf die Zukunft, dass sich etwas bewegt und verbessert, nur sollte jeder dazu beitragen.

31.12.09, 00:10:17

blue_eye

Zitat von uppsdaneben:
Dummerweise neigen NAs auch zu Schubladendenken.

Sieht aus, als neigst du nun gerade dazu (NAs betreffend), oder?
Ich lasse mich ungern in Schubladen stecken und mache das auch selbst nicht.
Ich bin zumindest anders. Und manch anderer auch, denke ich.
Aber ich habe sowieso einige Eigenschaften, die sich schon immer von denen meiner 'Mitmenschen' unterschieden und mich abseits stehen ließen.
Vielleicht bin ich ja gar kein echter NA.
Smalltalk ist mir jedenfalls zuwider.
Viele redende Menschen am Tisch auch.
Es gibt da auch viele Situationen, die meinen Kopf überlasten.
Am schönsten ist ein tiefes Gespräch im ruhigen Wald oder am Lagerfeuer.
31.12.09, 09:31:15

Mama

Also, uppsdaneben, ich finde Du malst die Welt komplett in schwarz. Aber Du sagtest doch irgendwann mal, es gebe mehr als schwarz und weiß.
Wenn man sich immer nur anpasst und verbiegen muß, ist man nicht man selbst. Man wird übellaunig, gereizt, unzufrieden; ja, sogar krank.
Ich weiß, das ich niemanden verletzen darf oder Konflikte provozieren; dafür muß ich mich aber nicht verbiegen, das weiß ich, genau wie alle anderen. Du weißt das auch! Oder etwa nicht?
Jeder Mensch hat ein Recht darauf seine Persönlichkeit zun entfalten und so zu sein wie er ist. Egal, ob Autist oder Nicht-Autist.
Es tut mir leid, wenn Du nicht den Mut aufbringst, so zu sein wie Du bist. Ich habe sogar das Gefühl, das Du darunter leidest.
Aber bitte greife mich nicht an, und stelle mich nicht als Jemanden dar, der von anderen als "Arschloch" gesehen wird, nur weil ich so denke und handel.
Deseweiteren bin ich wohl auch Autistin, habe aber dafür gesorgt das mein Umfeld stimmt. Ich umgebe mich mit Menschen, die mich so nehmen wie ich bin und selbst bei der Arbeit ist das kein Problem gewesen, da ich mich nie verstellt habe. Ich bin sehr aufmerksam und habe gelernt auf gewisse Situationen angemessen zu reagieren. Deswegen habe ich mich nie verbogen, ich habe einfach mal eine "Fremdsprache" gelernt und den "Koran" gelesen (bezogen auf eine Aussage von Dir, meine ich).
31.12.09, 17:10:02

uppsdaneben

Zitat von Mama:
Also, uppsdaneben, ich finde Du malst die Welt komplett in schwarz.


Nein. Ich bin da sehr realistisch.

Zitat:
Aber Du sagtest doch irgendwann mal, es gebe mehr als schwarz und weiß.


Es gibt NAs, mit denen ich zurecht komme. Wenige. Nur bedeutet, dass ich mit den meisten, genauer gesagt sie mit mir, nicht zurecht komme.

Zitat:
Ich weiß, das ich niemanden verletzen darf oder Konflikte provozieren; dafür muß ich mich aber nicht verbiegen, das weiß ich, genau wie alle anderen. Du weißt das auch! Oder etwa nicht?


Es ist noch keine drei Wochen her, wo ich ich war. Hilfsbereit wie ich bin, habe ich dann „voll zugeschlagen“ und mir den Hass einer Person zugezogen. Ich denke mal, dass mich zwei bis drei weitere deshalb ablehnen. Eigentlich wollte ich nur helfen, habe aber mal wieder einen NA-Mechanismus vergessen.

Zitat:
Es tut mir leid, wenn Du nicht den Mut aufbringst, so zu sein wie Du bist. Ich habe sogar das Gefühl, das Du darunter leidest.


Warum? Heute benehme ich mich weniger autistisch – und mir geht es besser.

Zitat:
Aber bitte greife mich nicht an, und stelle mich nicht als Jemanden dar, der von anderen als "Arschloch" gesehen wird, nur weil ich so denke und handel.


Du hast den NA-Mechanismus noch nicht verstanden.

Zitat:
Ich bin sehr aufmerksam und habe gelernt auf gewisse Situationen angemessen zu reagieren.


Du hast dich also so weit angepasst, dass du dies schon als Teil deiner Persönlichkeit wahrnimmst.

Zitat:
Deswegen habe ich mich nie verbogen, ich habe einfach mal eine "Fremdsprache" gelernt und den "Koran" gelesen (bezogen auf eine Aussage von Dir, meine ich).


Mehr habe ich doch in der ganzen Diskussion gar nicht gewollt! Dass der A sich ernsthaft bemüht, weiter an sich zu arbeiten für einen besseren Umgang mit NAs! Dass er nicht sagt: „Ich bin Autist, ich muss mich nicht an mir arbeiten, ihr müsst auf mich zukommen.“ Autismus ist eine Ursache, keine faule Ausrede. Und ich will, dass es von NAs weiterhin als Ursache wahrgenommen wird.
31.12.09, 17:26:42

55555

Mich würde interessieren, was Hans zu dem Thema meint. Soweit ich es verstanden hatte, hat er sich seinem Chef als Autist geoutet und vertritt dies in gewissem Rahmen offensiv als Persönlichkeitsmerkmal.
31.12.09, 17:32:21

uppsdaneben

Zitat von starke Dame:
ich begegne vielen Menschen, die uns ausgrenzen.


Ja, ich auch. Nur weiß keiner, dass ich Autist bin. Ich komme in einen Raum, habe noch nichts gesagt, noch nichts gemacht, und schon lehnt mich die Hälfte der Leute ab. Ich weiß heute, dass es an meiner fast nicht existenten Mimik liegt.

Zitat:
mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt.


Ich hasse diesen Spruch seit Jahren. Er hat kaum mehr Realitätsnähe als Limonade Alkohol. Lies noch mal meinen vorigen Absatz. Solche Leute stehen mir im Weg.

Zitat:
Lieber wenige Freunde und wenn am Schluß auch nur einer übrig bleibt, ist das egal


Ja, so ist mein Privatleben. Dummerweise gibt es auch ein Arbeitsleben, wo ich die Sympathiepunkte brauche. Ich liefere fast perfekte Ergebnisse, zum richtigen Termin, meine Arbeitszeugnisse sind durchgängig 1. Doch um weiter zu kommen, brauche ich die Sympathie meiner Mitmenschen – NA-Mitmenschen.

Zitat:
Ich hoffe einfach auf die Zukunft, dass sich etwas bewegt und verbessert, nur sollte jeder dazu beitragen.


Deshalb will ich, dass Autisten sich bemühen, mit NAs umzugehen, und sich nicht auf die faule Haut legen. Leute, die sich bemühen, sind weitaus sympathischer.
31.12.09, 17:57:08

drvaust

Zitat von uppsdaneben:
Zitat:
mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt.
Ich hasse diesen Spruch seit Jahren. Er hat kaum mehr Realitätsnähe als Limonade Alkohol. Lies noch mal meinen vorigen Absatz. Solche Leute stehen mir im Weg.
Wie meinst Du das genau? Kannst Du das erklären?
Ich lebe mein Leben, so wie es mir gefällt, und nach bestem Wissen und Gewissen.
Dazu gehört auch, daß ich Konflikte vermeide, bis zu einer Grenze.
Ich verbiege mich nicht, ich bin eben anders, das ist auch zu erkennen.
(Ich benutze aber Autismus nicht als Entschuldigung, das erwähne ich kaum.)
Ich bin eben der verrückte Exzentriker, siehe Signatur.

Zitat von uppsdaneben:
Deshalb will ich, dass Autisten sich bemühen, mit NAs umzugehen, ,,,
Ich habe nicht gerne mit Menschen zu tun, ich meide sie.
Warum soll ich mich bemühen, mehr als notwendig, mit NA umzugehen?
31.12.09, 18:35:02

starke Dame

Mein Ausspruch:

mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt, heißt:

in deinem Leben bist Du der Hauptdarsteller. Und wenn Du mit Dir zufrieden wärst würde es Dir nichts ausmachen, dass Du halt jetzt beruflich nicht mehr weiter kommst.

Man kann nicht alles haben - auf der einen Seite bist Du wie Du sein willst - auf der anderen die Seite wie Du sein solltest um ins Bild zu passen.

Wenn Du mehr dazu tendierst, so wenig angepasst wie möglich zu sein, mach es aber lebe auch mit den Konsequenzen. Das Grübeln hilft Dir nicht weiter und die Wut auf die anderen Menschen noch weniger.

Wenn Du jemanden verletzt gibt es kontra, so ist das nun einmal. Menschen sind so, wenn Menschen dazu in der Lage wären andere so zu akzeptieren wie sie sind, gäb es keine Diskriminierung und leider ist die Menschheit nicht so weit. NAs diskriminieren Autisten und andersrum.

Deswegen mach dein Leben so wie du es brauchst um für dich im Reinen zu sein - alles andere ist Energieverschwendung.
Konzentrier dich lieber auf die Menschen, die dir wichtig sind und such dir die guten Menschen, die kein Schnickschnack brauchen raus und mach das beste aus der Situation.

PS. Du hast wenigstens eine Wahl ob anpassen oder nicht. Viele haben das nicht. Im entfernten Bekanntenkreis hat eine Frau ein autistisches Kind um das sich niemals gekümmert wurde - Betreuung in einer "Ganztagsverwahranstalt", versteht alles, bekommt mit 16 noch Babyspielzeug - das volle Programm, Selbstverletzung, Luft anhalten bis zur Atemnot, lockere Zähne wegen ständigem Beißen. Frag ihn mal wie gerne er angepasster wäre und den anderen begreiflich machen würde was er könnte. Er versteht alles, bringt Dir alles wonach Du fragst und schläft in einem Gitterkäfig. Da macht kein Jugendamt was - interessiert niemanden, leider.
31.12.09, 19:20:42

55555

Sich bemühen halte ich nicht für einen Selbstzweck. Wenn Diskriminierungen durch Aktivismus angegangen und immer mehr beseitigt werden ist das meist ein Prozess, der sich in Generationen abspielt, weil Menschen ihre Meinung selten ändern und erst junge Menschen in die dann aktuellen Wertgefüge hineinwachsen. Es ist dann oft so, daß solcher Aktivismus auch Widerstände erzeugt, das ist kaum zu vermeiden.
31.12.09, 22:50:42

uppsdaneben

Zitat von drvaust:
Zitat von uppsdaneben:
Zitat:
mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt.
Ich hasse diesen Spruch seit Jahren. Er hat kaum mehr Realitätsnähe als Limonade Alkohol. Lies noch mal meinen vorigen Absatz. Solche Leute stehen mir im Weg.
Wie meinst Du das genau? Kannst Du das erklären?


Real ist man von ganz vielen Sachen und Leuten abhängig. Unabhängigkeit ist aber die Voraussetzung für Freiheit und mein freier Willen endet an den Grenzen meiner Freiheit.

Zitat:
Ich lebe mein Leben, so wie es mir gefällt, und nach bestem Wissen und Gewissen.


Real: Nach den dir gegebenen Möglichkeiten.

Zitat:
(Ich benutze aber Autismus nicht als Entschuldigung, das erwähne ich kaum.)


Dann ist das doch in Ordnung.

Zitat:
Zitat von uppsdaneben:
Deshalb will ich, dass Autisten sich bemühen, mit NAs umzugehen, ,,,
Ich habe nicht gerne mit Menschen zu tun, ich meide sie.
Warum soll ich mich bemühen, mehr als notwendig, mit NA umzugehen?


Wenn du nicht willst: gar nicht. Das meinte ich auch nicht. Es geht mir darum, dass der Kontakt bestmöglich gestaltet wird.
31.12.09, 23:07:04

uppsdaneben

Zitat von starke Dame:
Und wenn Du mit Dir zufrieden wärst würde es Dir nichts ausmachen, dass Du halt jetzt beruflich nicht mehr weiter kommst.


Doch, es macht mir was aus. Ich will sehen, was hinter dem nächsten Hügel ist, neue Erfahrungen machen, neue Ideen erleben. Das ist mein Motiv. Ich will wissen, was hinter dem nächsten Hügel ist, woran mich im Moment NAs hindern.

Zitat:
Man kann nicht alles haben - auf der einen Seite bist Du wie Du sein willst - auf der anderen die Seite wie Du sein solltest um ins Bild zu passen.


Doch, man kann beides haben, jedes zu seiner Zeit.

Zitat:
Konzentrier dich lieber auf die Menschen, die dir wichtig sind und such dir die guten Menschen, die kein Schnickschnack brauchen raus und mach das beste aus der Situation.


Ich will keine Menschen, Menschen per se sind uninteressant, sie sind Buntschatten. Manchmal sind sie nette Studienobjekte, weil ich die Regeln kennen lernen will, nach denen sie funktionieren. Wenn ich eine neue Regel habe, bin ich einen Hügel weiter. Manchmal stehen sie mir zahlreich im Weg, wenn ich zu einem neuen Hügel will, mit dem sie eigentlich nichts zu tun haben.
31.12.09, 23:24:59

55555

Zitat von uppsdaneben:
mein freier Willen endet an den Grenzen meiner Freiheit.

Geht es hier nicht genau um den Spielraum, der sich hier bietet?

Welcher Art sind die Ziele, die dich motivieren? Was ist so ein Hügel z.B.? Warum ist dies nur erreichbar, indem du deine Natur umzuprägen versuchst?
 
 
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