Manchmal denke ich muß man ungewöhnliche Wege gehen um effektiv zu wirken. Das Begriffsverständnis von "Behinderung" ist heute überwiegend pathologisch gefärbt. Dieses Verständnis ist jedoch eine Diskriminierung an sich und steht der Integration von "Behinderten" schon von Seiten ganz grundlegender Denkmuster entgegen. Behindert - das sind irgendwelche Krüppel oder Bematschten. Behindert sind andere, Menschen die man in der Regel nicht kennt. Zumindest für einen großen Teil der Bevölkerung.
Deswegen halte ich es für sinnvoll eine Schwangerschaft künftig als Behinderung einzustufen. Nicht aus Chauvinismus oder um Schwangerschaften zu pathologisieren (wer dies als Pathologisierung auffasst entlarvt ein eigenes chauvinistischen Behinderungsverständnis), sondern im Gegenteil um diskriminierende Willkür bei der Festlegung, ob etwas eine Behinderung ist oder nicht, abzuschaffen und den Behinderungsbegriff auch innerhalb der Bevölkerungsmehrheit langfristig zu entpathologisieren.
Maßnahmen, die mit Schwangerschaften zu tun hätten, würden somit künftig in Töpfe umstrukturiert, die unter dem Begriff der Behinderungsausgleiche bezeichnet werden. Dies müsste so vorgenommen werden, daß keine Frau die medizinische Leistungen wegen einer Schwangerschaft möchte darum herumkommt sich selbst zur Erlangung der Maßnahmen als behindert zu bezeichnen, so wie es auch Autisten oder Eltern von Autisten regelhaft zugemutet wird.
Ich denke, wenn Behinderung einmal als normal betrachtet werden soll braucht es auch solche Änderungen. Für die Bewilligung von Leistungen sollten ggf. dieselben Sachbearbeiter zuständig sein wie für jetzige "Behindertenmittel".
Zitat:
SGB9 § 2 Behinderung
(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Quelle
Fallen jemandem noch ähnliche Zustände ein, die aus rein kulturellen Gründen in Verbindung mit einer selektiv diskriminierenden Haltung nicht als Behinderung begriffen werden, aber die Definition erfüllen könnten?