Begriffswandel im ICD/DSM
16.12.17, 10:24:56
Antares
geändert von: Antares - 16.12.17, 10:27:19
Da das Thema in einem anderen Thread aufgekommen ist, habe ich mich ein wenig informiert. Bei der Geschlechtsidentitätsstörung ist so etwas gerade im Gange, dass hier eine Pathologisierung und Stigmatisierung Land für Land aufgehoben wird. Die Bewegung dahinter hat sich allerdings international gut vernetzt und arbeitet wie mir scheint auch (besser) zusammen. Die ARM ist derzeit eher lose, vielleicht weil auch viele Autisten vom Typ her eher Einzelgänger sind und Transmenschen eher vom Typ sehr gesellig untereinander. Das ist aber nur geraten. Ich merke auf jeden Fall bei den Autisten tendentiell sehr stark, wie am liebsten die meisten einfach für sich allein das Rad neu erfinden und ein Zusammenarbeiten eher Ideell stattfindet. Es hat somit die ARM grundsätzlich eine andere Struktur im Aufbau der Einzelnen und Gruppen.
Im ICD11 wird von ASS die Rede sein, eine medizinisch-psychiatrische Diagnose, ob eines neurobiologischen Typs, der noch nicht definiert wurde. Autismus ist eine genetisch bedingte neurologische Variante. Es ist somit fraglich, ob eine Änderung von ASS auf IWS (Intense-World-Syndrom wie Markram vorschlägt) überhaupt etwas bringt, denn ein Syndrom ist eigentlich auch pathologischer Natur so weit ich weiß.
Es gibt bei den Autisten keinen zuständigen Weltverband, aber es gibt Mediziner wie Henry Markram, die man hätte man Zeit und Muße sich so weit zu etablieren, die einem vielleicht das Wort gäben einen hier zu unterstützen. Das ist ganz sicher eine Lebensaufgabe, einen Weltverband der ARM zu organisieren. Aber es ist möglich. Dieser Weltverband müsste sich dann mit den internationalen Unterverbänden zusammen auf etwas einigen.
Man müsste somit die Pathologisierung zudem in der WHO thematisieren und hier schaffen, dass Neurodiversität in dortigen Arbeitsgruppen anstelle von Stigmatisierung öffentlich bekannt gegeben wird. So zumindest machten es die Transmenschen. Dann wäre es möglich, wenn der internationale Kontext als Rahmen gegeben wäre, die Menschenrechtsorganistaionen an Gewicht gewonnen hätten.
Man müsste die Regierungen der Länder dazu bekommen, wie es Frankreich z.B. gemacht hat, dass aus dem Recht als "Gestörte" gestrichen werden und die Leistungen des Barriereabbaus im Sozialraumbudget sowie im Persönlichen Budget die Hilfsmittel erhalten bleiben. Frankreich hat dies wohl bei Transmenschen zumindest so gemacht, das müsste man sich rechtlich auch aneignen, die einzelnen Länder der jeweiligen Bewegungen, das studieren und übertragen.
So wäre es möglich, dass man den Europarat für sich gewinnen könnte und Druck auf die einzelnen Länder macht. Hätte man die Europäische Komission auf der Seite, die WHO und die Menschenrechtsorganisationen, so dass Autismus als Störung gestrichten wird, dann wäre das für den ICD12 frühestens möglich. Wer allerdings den DSM und ICD führt, das weiß ich nicht. Es gibt bestimmt noch viel mehr was es zu tun gäbe, aber so wäre es zumindest einigermaßen realistisch. Im Alleingang ist das vollständig ausgeschlossen zu realisieren.
16.12.17, 12:58:05
Kaleidoskop
Nein, im Alleingang ist das ausgeschlossen.
Ich nehme auch an, dass Transmenschen auch Psychiater und Psychologen mit einbezogen haben, da sie alle vor einer Geschlechtsumwandlun bzw ü. Ich würde es eher Geschlechtsangleichung nennen, durchführen lassen könnten/dürften.
D.h. es wäre evtl. Hilfreich, „Pachmenschen“ (die Anführungszeichen sind absichtlich gewählt( wie z. B. Diagnostiker (die nicht mehr im letzten Jahrhundert leben. Ist Markmab so einer?), therapeutische Begleiter (falls Autisten irgendeine Therapie bei jemand gemacht haben, der in der heutigen Zeit ist), Forscher auf dem aktuellen Stand (falls es sowas gibt. Mein Mann war vor 2014 an der Uni mit seiner Ex, aber ich habe das Gefühl, dass die dortige Proffessorin, die referierte und auch zum Thema Autismus forscht, zumindest nur teilweise auf einem aktuelleren Stand ist) mit hinzuzuziehen, sodass die ARM vielschichtig unterstützt würde.
Auch wenn es so scheint, dass Autisten EHER Einzelgänger sind, so haben, glaube ich, doch viele von ihnen Freunde. Das Schwierige scheint mir eine Zusammenarbeit untereinander. Es hat was von Gruppenarbeit – wie in der Schule, und ich behaupte mal, dass die nichtautistischen Kinder alles taten, um nicht mit dem Autisten in eine Gruppe zu müssen.
Aber hier IST DAS ANDERS! Hier sitzen alle im gleichen Boot und keiner wird als letzter gewählt oder ausgeschlossen. Einer allein kann nicht viel bewegen, aber wenn sich erst mal deutschlandweit alle Autisten zusammentäten, wäre der Anfang geschafft.
Ich nehme mal an, dass die Transmenschen sich dann auch weltweit vernetzt haben. Ich glaube, das wäre auch hier möglich. Zum einen sind in Deutschland nicht alle Autisten einsprachig aufgewachsen (mir fällt eine ein, die deutsch/Portugiesisch aufwächst und eine, die deutsch und evtl. mit einer osteuropäischen Sprache aufwächst – aber beide sind noch sehr jung und nutzen überwiegend Körpersprache & Lautieren, die Ältere spricht ein wenig, aber nur nach Aufforderung und wenn Sie Lust hat). Und soweit ich das sehe, sind allein hier im Forum 3 Auties, die norwegisch sprechen könnten, da sie dort leben (Annahme meinerseits).
Wahrscheinlich gibt es hier auch noch Leute, die Englisch sprechen (ich selbst war im Leistungskurs und spreche immer noch sehr gut Englisch, würde auch helfen, wenn man mir konkret sagt, wie. Ich fühle mich nach wie vor ahnungslos und fremd. 🤔😔 Mein Französisch und Spanisch sind mangels Gebrauch verkümmert und die paar Bröckchen Rumänisch sind nicht der Rede wert, da ich dort nur 4 Wochen war).
Es stellt sich somit die Frage, wie man eine Horde Einzelgänger bzw. auch Einzel“Kämpfer“ („Kämpfer = gewaltlos) zur Zusammenarbeit motiviert, und das ü, wenn ich das richtig verstanden habe, auf internationaler Ebene.
Ich hoffe, meine Gedanken sind/waren etwas hilfreich.
Und auch wenn ich weder weiß, wie ich helfen könnte, noch wie viel Kraft ich habe, würde ich zumindest meine Hilfe anbieten. 🤔
16.12.17, 13:10:54
Antares
geändert von: Antares - 16.12.17, 13:14:20
Ich meine damit eher sowas: https://www.welt.de/regionales/frankfurt/article108357402/Tausende-feiern-beim-Christopher-Street-Day.html
Homosexuelle und Transsexuelle sind gesellig, laut auf solchen Paraden, rotten sich zusammen, haben Gemeinsamkeiten in so etwas. Das ist Pressetauglich allein durch den massiven, zusammenrottenden Ausdruck mit unüberseh- und hörbaren massiven Auftritten.
Alle Autisten die ich kenne bleiben am Autistic-Pride-Day gemütlich irgendwo, wo es ruhig ist, gesellig aber nicht so eben. Damit ob jemand Freunde hat oder nicht hängt es nicht zusammen. Oder auch die Arbeit in Gruppen klappt für jede Gruppe super. Die einen machen das eher so, die anderen ein bisschen anders für sich vor sich hin. Es ist eher auch so, dass jeder für sich vom Typ her sehr tief in der Materie steckt, auch als Einzelgänger keine Probleme mit sich hat so weit. Oder eben als eingespieltes Team für sich. Und dann kommen Probleme hinzu, wie dass durch diese Struktur es eben nicht einfach ein bunt angemaltes, lautes Auftreten ist, sondern sich einige zum Teil auch tief eingearbeitete Autisten jeder ein Mosaik bastelt. Und diese Mosaike zusammensetzen, so dass es ein Bild gibt ist schwierig.
Es gibt durchaus auch Gruppen, die vollständigen Pazifismus ablehnen, so ist das ja nicht. Und so unterscheiden sich die Gruppen untereinander auch in manchen Aspekten deutlich. Was aber jede Gruppe für sich nicht besser oder schlechter macht, nur weil die eine eben auch für ihre Rechte kämpft, andere sich eher auf friedlichen Wegen etwas suchen. Irgend wer müsste nun international diese ganzen Gruppen (wie jene in denen Nick Walker z.B. aktiv ist) und ja auch hoch intelligente Einzelautisten (z.B. Josef Schovanec) wie ein Mosaik zusammenbauen.
Es geht nicht darum die Menschen zur Zusammenarbeit zu motivieren, das wird nie stattfinden. Es geht darum, aus der Struktur, wie die ARM aufgebaut ist ein international tragfähiges Rechtskonstrukt umzusetzen. Nur dadurch gelang es den Transmenschen im französischen Recht als Teil gesunder menschlicher Vielfalt anerkannt zu werden. Das ist zumindest ein möglicher Weg, den ich eben aus den anderen Menschenrechtsbewegungen fand als Möglichkeit, zumindest eine international taugliche Rechtsbasis mit Anwendbarkeiten für Unterbereiche wie Kontinente und Länder zu finden. Das haben sie gemacht eben auf Weltebene.
16.12.17, 13:37:52
Kaleidoskop
Mir fällt noch ein, dass neben Printmedien extrem viel zum Thema Autismus zu finden ist. Das geht los mit dem „armen behinderten“, der total hilflos ist, über Aspies, die ihr Leben irgendwie allein oder mit Hilfe meistern, bis hin zu Videos über TEACCH ABA, Son Rise (was ich da sah, nur ein paar Videos, klang für mich „“wie machen Sie dieses Programm und Ihr autistisches Kind wird NA) und AuJa. Manche beschrieben nur ihre Wahrnehmung, bei wieder einer wird dokumentiert, wie sie vom schreienden, unbeherrschbaren, nicht sprechen könnenden autistischen Kind mittels ABA (nehme ich an) zu einem schriftlich kommunizierenden Teenager, die auch auf eine Regelschule geht und ich glaube, sogar studierte, werden (Publicity für das Buch). Diese Autistin macht nun Interviews mit allen möglichen. IDonna Williams hatte einen Blog und YouTube Video (dank ihr habe ich mich nicht mehr für verrückt gehalten, als von innerhalb meines Systems die Rückmeldung kam „ihr alle in diesem Körper seid autistisch!“ hierzu müsste ich lang recherchieren)ch habe sogar eine Doku von und mit Schülern über Autismus entdeckt, die eine wurde mit atypischem Autismus diagnostiziert. Gestern fand ich noch ein Video zum Thema Autismus vom KiKa, also Kinderkanal namens „Eidechsenmädchen“.
Hinzu kommen dann noch Spielfilme wie RainMan oder SnowCake sowie Serien, in denen Autisten eine Haupt– oder Nebenrolle spielen. Selbst Galileo (pro7) und 37Grad (ZDF haben Kurze Dokus bzw. Beiträge zum Thema ausgestrahlt.
Die Telemedien üben folglich auch einen großen, wenn bei der heutigen Gesellschaft einen großen Einfluss auf das Bild der Allgemeinheit über Autisten aus. – ich lese wahnsinnig gern, schaue aber auch Dokus. Also sollte man diese Medien nicht aus dem Blick lassen, wenn man das Bild der Gesellschaft verändern möchte.
Antares: was verstehst du unter „einfache Sprache“? Ich für meinen Teil verstehe sehr gut, was du schreibst. Ich habe diesen Begriff durch eine Studentin kennen gelernt, da bedeutet er, dass auch (leicht) geistige Behinderte oder niedrigem Wortschatz die Texte verstehen können sollen.
By the way: was ist „ARM“? Das habe ich nicht verstanden, eher gemutmaßt. ☺️
16.12.17, 13:48:34
Kaleidoskop
[quote="Antares"Alle Autisten die ich kenne bleiben am Autistic-Pride-Day gemütlich irgendwo, wo es ruhig ist, gesellig aber nicht so eben.][/quote]
Ich habe es ja nicht so mit internationalen Tagen, egal, ob z. B. Weltfrauentag oder eben Autistic Pride Day. Aber ich fürchte, du kannst mich auch zu denen zählen, die gemütlich, wahrscheinlich zuhause, weil ich den Lärm von Lokalen (für Studenten, weil preisgünstig) nicht (mehr lang) ertragen kann/will. Und da meine Umgebung nichts von solchen Tagen hält, bin ich halt still. 😏
16.12.17, 13:50:16
Antares
geändert von: Antares - 16.12.17, 13:51:15
ARM = https://en.wikipedia.org/wiki/Autism_rights_movement
Einfache Sprache ist eine Sprache, die auch von Menschen verstanden wird, die mit komplexer Sprache ein Problem haben. Das muss nicht unbedingt leichte Sprache sein. Einfache Sprache ist somit nicht "die leichte Sprache". Es würden aber vermutlich Menschen, die einfache Sprache verwenden und verstehen auch leichte Sprache verstehen können.
Presse hat aber mit einer Änderung von ICD und DSM denke ich weniger zu tun. Ich weiß ja nicht, aus welchem Grund Du nun das Internet nach Videos und Artikeln durchsuchst, aber das hat mit einem rechtlich- politischen Änderungsvorhaben wenig gemein. Besser wäre es hierfür internationale Rechtsgrundlagen zu studieren.
Ich denke aber nicht, dass einer von uns hier im Thread bisher zumindest in der Lage ist so etwas zu beginnen. Da kann ich mich natürlich auch irren, aber das ist etwas Enormes.
16.12.17, 13:54:31
Kaleidoskop
Irgend wer müsste nun international diese ganzen Gruppen (wie jene in denen Nick Walker z.B. aktiv ist) und ja auch hoch intelligente Einzelautisten (z.B. Josef Schovanec) wie ein Mosaik zusammenbauen.
da bin ich wohl nicht geeignet, so gern ich helfen würde 😓 Aber ich kriege ja noch nicht mal mein Persönlichkeitssystem zu einem Team (es gibt einzelgrüppchen) und von einem Gesamtmosaik bin ich weit entfernt. 😓
16.12.17, 14:04:39
Kaleidoskop
Dann hätte ich mit ARM nicht vertan. 😉
Ideas & Co suchte ich, um (auch mich?“ besser zu verstehen und abzugrenzen.
Hmmm. Internationale Rechtsgrundlagen... Paragraphenreiterei... müsste ich während Ausbildung 2 machen. Ich steh nur gerade auf dem SchlUch, welche „Ober“ und Unterbegriffe man suchen müsste. Vielleicht kriege ich wenigstens das sowie eine Subsumtion (Beründung eines Ergebnisses auseinandergepflückt in Paragraphen( hin. Falls das hilfreich ist. Aber mehr kriege ich wohl auch nicht hin.
Und ich könnte versuchen, falls ich gerade nicht in die falsche Richtung denke, dieses Ergebnis in einfache Sprache zu übersetzen. 🤔
16.12.17, 14:08:06
Prometheus
Alle Autisten, mit denen ich das Vergnügen hatte, sie persönlich kennenlernen zu können, waren sehr verschieden in allen Bereichen. Das ist nun natürlich und gehört zum Menschsein, aber ich habe das Gefühl, dass Autisten noch differenzierter sind als andere Menschen. Das könnte ein Grund für die wenige Übereinstimmung in solchen Themen sein. Es ist nur eine Vermutung, aber ich denke einfach, dass Autisten nunmal nicht so viel teilen, im Gegensatz zu Transsexuellen.
16.12.17, 15:13:13
Antares
Wenige Übereinstimmung kann man gar nicht sagen, also überhaupt nicht.
White Unicorn: Neurodiversität im Sinne der Biodiversität
ESH: Neurodiversität im Sinne der Biodiversität
Nick Walker: Neurodiversität im Sinne der Biodiversität
Autimsus Kultur: zitiert Nick Walker in der Frage was ist Autismus, also Neurodiversität im Sinne der Biodiversität
...
Du kannst Dir unzählige der Schriften von Organisationen und Einzelautisten ansehen, sie gehen alle in diese Richtung in der ARM. Von keiner Übereinstimmung merke ich hier überhaupt gar nichts. Auch wenn natürlich jeder Autist vielschichtig und verschieden in allen Bereichen ist, in einem sind sie alle gleich:
sie sind Autisten
Wer auch immer in der ARM sich zu Worte meldet und auch gehört werden will muss Autist sein. Das bedeutet die zu eigene neurologisch biologische Ausstattung ist bei allen autistisch und es entsteht dieser Wahrnehmungszusammenhang der sich in viele Bereiche der Entwicklung automatisch auch manifestieren muss: es sind Autisten.
16.12.17, 20:54:03
Prometheus
Ja, dass stimmt schon, aber es gibt halt einen großen Anteil an Autisten, die ein pathologisches oder anderes bild von der Sache haben. Bei Schwulen oder Transsexuellen hat es keinen so großen Umfang an pathologischer Interpretation seiner Selbst, weil sie nicht mit unseren Barrieren leben müssen. Man kann es als Behinderung oder als behindertwerden sehen, und viele vertrauen in die Meinung der "Fachmänner". Viele können sich auch nicht mit ihrem Autismus als Teil ihrer selbst identifizieren, sie sehen ihn dann meist als Makel an. Diese Autisten können nichts mit unserer Meinung anfangen, und dies resultiert dann in vehementer (teilweise auch aggressiver) Ablehnung von denen die diese Meinung vertreten. Ich kannte zb. einen älteren Autisten, der sich sehr stark auf den Heilungsgedanken fokussierte und deswegen an teils recht dubiosen "Sitzungen" teilnahm. Sein Enkel, der ein freund von mir ist, konnte damit aber überhaupt nichts anfangen. Man kann solche Menschen aber nur schwer überzeugen, dass das teilweise schon richtige Abzocke ist.
16.12.17, 21:09:57
Antares
Der Film: The Danish Girl
Hier siehst Du finde ich ganz gut dargestellt, dass es keineswegs in der Geschichte als "gesund und völlig selbstverständlich" galt. Sie haben sehr hart dafür gekämpft, sehr lange.