Je suis Charlie (Hebdo)
25.01.15, 04:10:42
drvaust
Es ja garnicht so lange her, dass im Christentum ähnliche Tötungstaten auf gleiche Weise legitimiert wurden?
Das kann man wohl nur vergleichen, wenn man nicht verstanden hat, was das "Neue Testament" mit dem "Alten Testament" rein auf der Ebene eigener Aussagen zu tun hat und was nicht.
Von Christen wurden auch viele religiös begründete Morde begangen, trotz des Neue Testament. Da wurden ganze Volksgruppen ermordet, wenn sie sich nicht zum Christentum bekannten, taufen ließen und dem christlichen Herrscher unterwarfen. Bei den Kreuzzügen gab es Mordexzesse. Die spanische Inquisition hat (in ihrer Blütezeit) alle verfolgt und meistens getötet, die sich nicht zum katholischen Glauben bekannten, egal ob Moslems, Juden oder Evangelische. Nur wer sich katholisch taufen ließ und regelmäßig in die katholisch Kirsche ging, wurde, argwöhnisch beobachtet, geduldet. Das ging, schwächer, bis Anfang des 19. Jhd.. Die Judenpogrome waren teilweise tödlich und gingen in Teilen von Europa bis Mitte des 20. Jhd.. Erst vor kurzen las ich von religiös begründeten Mordanschlägen in den USA, in den 60-er Jahren des 20. Jhd.. Die Mordanschläge gegen Moslem in den USA im 21. Jhd., kann man nicht so religiös einstufen, das wird mit dem WTC begründet.
Also, das Christentum ist inzwischen religiös relativ friedlich, aber früher und in Einzelfällen gab es auch Morde. Es gibt immer wieder religiöse Fanatiker, die für ihren Glauben morden und das für religiös begründet halten.
25.01.15, 13:24:10
55555
Von Christen wurden auch viele religiös begründete Morde begangen, trotz des Neue Testament.
Eben: Trotz der Ausgangslage in der Bibel. Wenn man so will, so wie es nicht gewalttätige Muslime gibt, trotz des Korans.
Es ist doch ein Unterschied, ob ein Christentum, das durch eine staatliche Pseudokirche aus politischen Gründen und mit Gewalt nach innen vereinnahmt wurde sich zu seinen christlichen Grundlagen in der Bibel besinnen kann oder ein Muslim genau die Gewalt ausübt, die der Koran ihm nahelegt.
Zitat:
Die Mordanschläge gegen Moslem in den USA im 21. Jhd., kann man nicht so religiös einstufen, das wird mit dem WTC begründet.
Was meinst du damit?
Zitat:
Also, das Christentum ist inzwischen religiös relativ friedlich, aber früher und in Einzelfällen gab es auch Morde.
Weil es eine Reformation erlebte, die sich auf die Schrift zurückbesann.
Zitat:
Es gibt immer wieder religiöse Fanatiker, die für ihren Glauben morden und das für religiös begründet halten.
Wieso scheint es so schwer zu sein anzuerkennen, daß es ein riesiger Unterschied ist, ob körperliche Gewalt in einer Schriftreligion in der "heiligen Schrift" gelehrt wird oder entgegen der eigenen "heiligen Schrift" praktiziert wird?
26.01.15, 02:02:16
Fundevogel
Ich verstehe jetzt, worauf du hinaus willst.
Das Problem besteht darin, dass Mohammeds Texte sowohl zu Gewalt als auch zu Frieden und Mitmenschlichkeit aufrufen und damit Tür und Tor dafür geöffnet werden, sowohl das eine als auch das andere tun zu können, weil beides als richtig gilt? Das lässt Gewalttätern freien Raum und damit wäre diese Religion vom Grundsatz her nicht mit dem Christentum vergleichbar.
Man muss tatsächlich gut unterscheiden, wann Anwender von den Texten her unlegitimiert töten und wann sie legitimiert sind.
Ob eine nicht vorhandene göttliche/religiöse Legitimierung zum Töten in der Praxis dem Töten Einhalt gebietet, muss mit einem Blick ins Geschichtsbuch der als Christen eingetragenen Menschen verneint werden.
Ja, es macht einen großen Unterschied, ob Texte, die auch als göttliche Eingebung gelten, nur auf die Liebe hin zielen wie im Neuen Testament oder ob darin Gott auch Gewalttaten in seinem Namen gut heißt bzw. einfordert.
Erkenne ich das so richtig, dass das Christentum auf ein Streben oder Weiterbilden gegen die eigene Naturgewalt hin zu Gottes Frieden und Willen zielt, während der Islam den Friedlichen die Option zum göttlichen Frieden lässt als auch die in der menschlichen Natur liegende Neigung zu Gewalt sozusagen ritualisiert/kanalisiert und auf einen straffreien Einsatz für Gott lenkt?
Daraus würde sich natürlich auch erklären, dass von einem Großteil der Muslime gezaudert wird, klar Stellung gegen religiöse Gewalt zu beziehen.
26.01.15, 07:21:01
drvaust
Die Mordanschläge gegen Moslem in den USA im 21. Jhd., kann man nicht so religiös einstufen, das wird mit dem WTC begründet.
Was meinst du damit?
In den letzten Jahren, nach dem WTC-Abriß, gab es in den USA mehrfach Anschläge gegen Araber/Moslem, weil diese als gefährliche Islamisten gesehen wurden.
26.01.15, 14:28:59
55555
Das Problem besteht darin, dass Mohammeds Texte sowohl zu Gewalt als auch zu Frieden und Mitmenschlichkeit aufrufen
Welche Aufrufe zu Mitmenschlichkeit meinst du da z.B.? Das Verhalten gegenüber Mitmuslimen oder manchmal noch unterworfenen und Sondersteuern zahlenden "Schriftbesitzern"? Das alles praktiziert auch mehr oder weniger der IS (ja, im IS gibt es wie berichtet wurde eine Sondersteuer für Christen und Juden, die in der Höhe sogar nach finanzieller Leistungsfähigkeit gestaffelt ist).
Es wird ja immer mal der Vergleich gezogen, daß der Islam entsprechend seiner späteren Entstehung sich quasi erst gerade im ausgehenden Mittelalter befände. Mal überlegt, daß der heutige Islamismus die Reformationsbewegung des Islam sein könnte (natürlich entsprechend ihrer Schrift anders ausgerichtet als die christliche Reformation)?
Zitat:
Ob eine nicht vorhandene göttliche/religiöse Legitimierung zum Töten in der Praxis dem Töten Einhalt gebietet, muss mit einem Blick ins Geschichtsbuch der als Christen eingetragenen Menschen verneint werden.
Im Namen welcher Weltanschauung wurde noch nicht gemordet? Wir leben ja inzwischen auch wieder in einem Staat, der diverse Kriege im Ausland führt, also für bestimmte Vorstellungen zu morden bereit ist. Genauso gerechtfertigt finden das halt auch die Muslime, die den Koran konsequent leben und dem Vorbild ihres Propheten nacheifern wollen.
Zitat:
Ja, es macht einen großen Unterschied, ob Texte, die auch als göttliche Eingebung gelten, nur auf die Liebe hin zielen wie im Neuen Testament oder ob darin Gott auch Gewalttaten in seinem Namen gut heißt bzw. einfordert.
Ja, im Christentum gibt es da höchstens das Problem, daß viele Christen meinen die alten jüdischen Gesetze (meist genannt werden nur die zehn Gebote) würden für sie auch gelten. Das liegt aber halt an mangelnder Schriftkenntnis und an der unglücklichen Tatsache, daß die Bibel eben chronologisch aufgebaut wurde, statt das Alte Testament mit der nötigen Konsequenz abzutrennen oder wenigstens in einen Anhang zu setzen, statt nach ganz vorne, wo die meisten Leute ein Buch zu lesen anfangen.
Zitat:
Erkenne ich das so richtig, dass das Christentum auf ein Streben oder Weiterbilden gegen die eigene Naturgewalt hin zu Gottes Frieden und Willen zielt, während der Islam den Friedlichen die Option zum göttlichen Frieden lässt als auch die in der menschlichen Natur liegende Neigung zu Gewalt sozusagen ritualisiert/kanalisiert und auf einen straffreien Einsatz für Gott lenkt?
Der Islam ist eine politische Religion, die weltliche Herrschaft im Kern anstrebt. Diese Herrschaft wird wenn sie in einem Gebiet errungen wurde mit Gewalt aufrechterhalten, indem man militärisch handelt und auch die Todesstrafe vorsieht, wenn ein Muslim konvertieren würde.
Zitat:
Daraus würde sich natürlich auch erklären, dass von einem Großteil der Muslime gezaudert wird, klar Stellung gegen religiöse Gewalt zu beziehen.
Ich denke, das trifft es wohl.
04.02.15, 14:47:33
55555
Zitat:
Beängstigend ist die sich verstärkende Stimmung des Verständnisses für die Gefühlslage der Muslime, deren religiöse Empfindungen unnötigerweise provoziert worden seien. Die Versuchung, ob aus Angst vor neuen Attentaten oder aus Rücksicht, Zensur und Selbstzensur zu üben, erscheint im Moment als größere Bedrohung für die freiheitliche Gesellschaft als die „Verherrlichung des Terrorismus“.
Dass prominente Intellektuelle noch vor kurzem dem italienischen Rotbrigadisten Cesare Battisti, dem mehrere Morde vorgeworfen werden, logistische Hilfe beim Untertauchen leisteten und die Legitimität der italienischen Justiz verneinten, wird vergessen und verdrängt, genauso wie die unverhohlene Solidarität mit der RAF. Deutschland wurde damals schnell als Polizeistaat bezeichnet. Jean Genet veröffentlichte in „Le Monde“ eine Hymne auf die Baader-Meinhof-Bande, die ihn nach der heutigen Rechtsprechung ins Gefängnis bringen würde. Sartre besuchte Baader in Stammheim, der Schriftsteller Egon Holthusen schrieb darauf einen Essay „Vom Text zur Tat“. Als Fritz Teufel und Rainer Langhans wegen der Flugblätter, in denen zur Brandstiftung in deutschen Kaufhäusern aufgerufen wurde, angeklagt waren, beriefen sie sich auf viele französische Beispiele der literarischen Gewaltverherrlichung, von den Surrealisten bis zu den Situationisten. Diese große Tradition der Subversion darf Frankreich nicht preisgeben.
Quelle
07.02.15, 11:41:49
55555
geändert von: 55555 - 07.02.15, 12:00:46
Ja, im Christentum gibt es da höchstens das Problem, daß viele Christen meinen die alten jüdischen Gesetze (meist genannt werden nur die zehn Gebote) würden für sie auch gelten.
Wie ein Papst den Medien der Welt in Erinnerung rief, gibt es da doch noch einige Punkte, die tatsächlich in gewisser Weise vergleichbar sind mit der riesigen Problematik des Koran. Darf man also Päpste schlagen, wenn sie dabei "ihre Würde behalten"? Nein falsch, Päpste kommen in der Bibel ja gar nicht vor, wohl aber Kinder. Im Alten Testament gibt es in der Tat diverse Stellen, die Prügelstrafen für Kinder empfehlen, im Neuen Testament liest sich das aber so:
So ihr aber ohne Züchtigung bleibt, deren alle teilhaftig werden, so seid ihr Bastarde und keine Söhne. Wir hatten nun unsere leiblichen Väter zu Züchtigern und scheuten uns vor ihnen; wollten wir da nicht viel mehr dem Vater der Geister untertan sein, auf daß wir das Leben haben? Jene züchtigen uns nach Gutdünken für wenige Tage, Er aber zu unserem Besten, auf daß wir Teil hätten an Seiner Heiligung. Alle Züchtigung aber, wenn sie da ist, scheint uns nicht erfreulich, sondern trübselig; danach aber gewährt sie denen, die sich einüben ließen, die Friedensfrucht der Gerechtigkeit.
Mir scheint jenem Papst ist die in der zitierten Stelle enthaltene Distanzierung entgangen (Väter züchtigen nach Gutdünken, Gott aber zu unserem Besten, was ja nahelegt, daß Väter das nicht zum Besten der Kinder tun), so wie man sich auch fragen muß, wie das denn im Zusammenhang von "laßt die Kinder zu mir kommen" zu verstehen ist. Ja Mist, da kann man sich also tatsächlich wieder einmal nach dem Neuen Testament richten.
Währenddessen im "politisch korrekten" Vereinigten Königreich:
Zitat:
Banden in der Stadt hatten Mädchen zum Sex genötigt und manche brutal misshandelt. Bei den Tätern handelt es sich vorwiegend um Männer pakistanischer Herkunft. Die jüngsten Opfer waren erst elf Jahre alt. Manche wurden für Gruppenvergewaltigungen in andere Städte Nordenglands gebracht.
Die Behörden wurden dafür kritisiert, dass sie jahrelang Hinweise und Warnungen ignoriert hätten - aus Angst, als Rassisten gebrandmarkt zu werden.
Quelle
Umso erfreulicher, daß es tatsächlich auch solche Fälle gibt, wenn bisher nach meinem Eindruck in islamischen Kreisen (oder ist das sogar eine z.B. eher kemalistisch ausgerichtete Organisation?) auch viel zu selten, geschweige denn einschließlich einer halbwegs plausiblen theologischen Argumentation:
Zitat:
Die umstrittene Ansprache hielt der aus Ägypten stammende Gastprediger Abdel Moez al-Eila bereits am 23. Januar. Doch erst in dieser Woche machen Videoaufnahmen davon die Runde. Zum Teil sind sie in englischer Sprache untertitelt (etwa hierbei der US-Organisation Memri). "Eine Frau darf niemals Nein sagen, unter keinen Umständen", sagt Eila darin. "Auch wenn sie ihre Periode hat, gibt es keinen Grund, warum der Ehemann ihren Körper nicht fürs Vergnügen benutzen könne."
Die Moschee gilt als Salafisten-Treffpunkt und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Im Sommer hielt ein Gast-Imam aus Dänemark dort eine Hasspredigt, in der er zur Tötung von Juden aufrief. Inzwischen hat der Vorstand der Al-Nur-Moschee erklärt, Eila werde dort künftig nicht mehr auftreten - eine Begründung dafür gab es nicht.
Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg hat jetzt Strafanzeige wegen Beleidigung, Volksverhetzung und Verdachts auf öffentliche Gewaltaufforderung gegen den Imam gestellt. Dessen Aussagen seien "eine öffentliche Aufforderung zur Vergewaltigung", sagte Ayse Demir, Sprecherin der Organisation, im Interview mit SPIEGEL ONLINE.
Quelle
07.02.15, 12:08:22
grimmley
@elf: dahs mit dem nicht verstehen (= marieanengraben kenne ich nicht, bahnhoefe versteh ich halbwegs, bahnhoefe sind kompliziert, aber kann ich 'toht-shlagen'). es wahr bezogen auf dein 'streit-gespraech' mit 55555, da es mich komplett raus geschossen hat aus dem von mir (weis nicht ob ich falsch oder richtig liege) intepretiertes thema: charlie hebdo = meinungs-frei-heit(=mythos; scheiss auf gesetze) und den zusammenhang zwischen religioes vertretterbar oder nicht; und euer christliches zwischen dah-sein alles bei mir durcheinander gebracht hat....
nachdem ich jetzt aus dem 'thema' mehr-oder-weniger raus bin: was fuehr ein gutes beispiel??
@alle: um was geht es in diesem thread???
07.02.15, 22:05:18
55555
Kurz gefasst geht es wohl darum, daß gesellschaftlich motivierte Gewalt nicht belohnt werden darf, wenn man nicht möchte, daß sich solche Gewalt ausbreitet? Und darum, daß es die Gesellschaft spaltet, wenn nur einige konsequent bleiben und andere lieber "vorsichtig" sind und so die Konsequenten mit zur Zielscheibe machen?
11.02.15, 18:10:58
55555
Zitat:
In der kleinen Gemeinde Corsham im Bezirk Wiltshire hatte die Sondernummer vier Abnehmer gefunden. Eine von ihnen war die Rentnerin Anne Keat, die der Kioskbesitzer später über den Besuch des Polizisten informierte, der sich für ihren Namen und ihre Adresse interessiert hatte. Keat trug den Fall an den „Guardian“ weiter, der ihn öffentlich machte. Die Polizei von Wiltshire entschuldigte sich und erklärte die Daten für gelöscht, was dann auch hieß, dass sie gespeichert worden waren.
Wenig später wurden weitere Fälle publik. Im walisischen Presteigne war die Kioskbesitzerin nach Aussage ihres Mannes eine halbe Stunde von Polizeibeamten befragt worden, unter anderem nach der Bezugsquelle der „Charlie Hebdo“-Sonderausgabe, aber auch nach der Identität der rund dreißig Käufer. Sie habe die Auskunft verweigert, sagte die Frau dem „Guardian“, und sich im Verlauf der Befragung immer mehr gefragt, ob sie etwas zu befürchten habe.
Noch unheimlicher ist nach dem Zeitungsbericht der Vorfall in Warrington, Cheshire, wo ein Kunde die Sonderausgabe anonym bei einem Zeitungshändler bestellt hatte. Einige Tage später hatte der Händler die Polizei am Apparat. Man habe gehört, dass er die jüngste „Charlie Hebdo“ in seinem Geschäft bewerbe und vertreibe. Was so nicht stimmte, sagt der Händler, er habe nur ein Exemplar bestellt gehabt, das er unter dem Ladentisch deponiert hatte.
[...]
Der britische Polizeiverband Apco streitet eine national koordinierte Ausforschung der „Charlie Hebdo“-Käufer ab. Ihr obsessives Interesse an ihnen hat die britische Polizei bisher nicht erklären können. Überwachung ist hier offenbar so zum Selbstzweck geworden, dass sie keine Begründung mehr braucht.
Quelle
12.02.15, 00:13:04
Fundevogel
Zum Vergleich:
Ich erinnere mich, dass ich zur Baader-Meinhof-Zeit als Abonnent der Zeitschrift "Pardon" und als Besteller beim Verlag 2001 ebenfalls aktenkundig war.
Wer beim Göttinger Straßenfest (zur Zeit der Studentenrandalen in der Jüdenstraße) die attraktiven Musikveranstaltungen der DKP besuchte, sah sich aus vielen Fenstern durch Gardinenlücken ungeniert gefilmt.
15.02.15, 02:12:25
55555
Kommt jetzt eine Diskussion dazu, daß man Mohammed zeichnen sollte, damit keine Juden erschossen werden? Man darf gespannt sein.