Uniklinik Lübeck prescht bei Einstieg in Menschenzucht vor
01.02.12, 22:27:56
Fundevogel
Die Schwangerschaftskonfliktberater in meinem Bekanntenkreis sagen, dass sich heute Eltern auch ganz bewusst für ein andersartiges Kind aussprechen.
Es scheint eine positive Entwicklung zu geben, dass darüber nachgedacht wird, welche Einstellung ein Elternpaar zum gezeugten Leben hat, wo diese Frage früher nicht gestellt und sich dem Schicksal ergeben wurde...sozusagen Zeugung nun bezeugt wird.
01.02.12, 23:46:44
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Wenn meine Deutung richtig wäre, dann wäre es dein Schluß aber nicht, denn das Kind hätte auch leben können, sogar sehr wahrscheinlich. Nur weil mehrfach ein unwahrscheinlicher Fall eintrat, bedeutet das ja nicht bei einem neuen Versuch eine schlechtere Wahrscheinlichkeit - sofern man diese %-Angaben ernstnimmt zumindest.
02.02.12, 00:26:56
Vendela
Ich wollte damit nicht sagen, dass die im Artikel genannte Frau ohne PID zwingend ein totes Kind bekommen hätte, aber bisher hat sie ohne PID nur tote Kinder geboren. Dieses mal wurde eine PID gemacht und sie hat ein lebendes Kind bekommen. Das Risiko, dass sie mit einem Kind schwanger ist, das früh stirbt, wurde minimiert.
Natürlich hätte sie auch ohne PID ein lebendes Kind bekommen können. Aber eben nur mit einer Wahrscheinlichkeit von max. 75%. Mit der PID war die Wahrscheinlichkeit größer. So wie ich das verstehe, war die PID eine frühe Kontrolle, ob das Gen vorhanden ist oder nicht. Damit wird Abtreibung, Fehl- oder Totgeburt für die Mutter und ein Kind, das das Gen hat, vermieden. Liegt das Gen nicht vor, läuft es genauso wie bei einer normalen Zeugung. Dadurch wurde der natürliche Prozess beschleunigt.
Ich verstehe zwar deine Kritik an der PID im Allgemeinen, aber aus Sicht der Mutter: Warum ein Risiko eingehen, wenn es anders auch geht? Es macht sicher keinen Spaß, ein totes Kind im Bauch zu haben. Also war die PID in diesem Fall für die Mutter / die Eltern nützlich.
Die Diskussion läuft aber auf die Frage hinaus: Wäre es wünschenswert, wenn man sich alle Gene seines Kindes vorher aus einem Katalog beliebig aussuchen könnte und "alles" (Aussehen, Verhalten etc.) nur von den Genen abhängig wäre?
02.02.12, 17:13:27
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Ich denke es ist allgemein ein untauglicher Ansatz PID nur von Einzelschicksalen her zu bewerten. Es ist nuneinmal eine Methode, die je breiter sie angewendet wird erhebliche Auswirkungen auf das menschliche Genom hat, schon alleine weil es hier offenbar allgemein verwendete Listen mit bestimmten Genen gibt die aussortiert werden sollen. Das ist bei breiter Betrachtung nichts anderes als die Reduzierung der genetischen Vielfalt des menschlichen Genoms.
Und nein, es wurde eben nicht ein natürlicher Prozess beschleunigt.
03.02.12, 02:52:25
drvaust
Die Bezeichnung PID bedeutet
Präimplantationsdiagnostik. Es gibt also eine Implantation, nach einer
in-vitro-Fertilisation. Das ist wohl nicht natürlich.
Ich stelle mir die in-vitro-Fertilisation als ziemlich belastend vor, wenn ein Arzt usw. bei der Zeugung direkt beteiligt ist.
In manchen Fällen mag die PID gut sein, aber es entsteht dabei die Möglichkeit, das weiter auszuweiten. Wo es Möglichkeiten gibt, gibt es auch die Gefahr des Mißbrauchs. Wo ist dann die ethische und humanitäre Grenze? Wie weit kann und darf man gehen? Sollten 100% optimale Kinder angestrebt werden? Sind dann Eltern mit 'defekten' Kindern schuldig, weil sie keine PID machten?
Mir ist das unheimlich, das geht in eine unmenschliche Richtung. Ein Kind sollte ein Geschenk der Natur sein, kein optimiertes Produkt.
03.02.12, 12:41:59
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Damit, daß kein natürlicher Prozess beschleunigt wurde meinte ich besonders auch das Ergebnis. Denn in der Natur sind diese Gene ja ganz offensichtlich bisher nicht von selbst verschwunden. Durch breit angewandte PID kann aber genau dies geschehen mit all den Folgeproblemen, die man bereits von Nutzpflanzen und -tieren her kennt.
06.02.12, 00:45:01
PvdL
Umstrittener Test für Trisomie 21
Zitat:
Ein neuer Bluttest kann ungefährlich zeigen, ob ein Ungeborenes Trisomie 21 hat. Kritiker befürchten nicht nur, dass so die Bereitschaft zur Abtreibung eines Kindes mit Trisomie 21 steigt. Sie warnen auch, dass der Test der Einstieg in eine umfassende genetische Analyse von Embryonen sein könnte.
06.02.12, 23:02:48
Vendela
Aus dem Text geht nicht hervor, ob das betreffende Gen komplett oder nur teilweise ausgeschlossen wurde.
Ich verstehe die Bedenken teilweise und bei Tieren und Pflanzen teile ich sie auch. Die standardmäßige Verwendung der PID könnte dazu führen, dass irgendwann versucht wird nur noch nach PID entstandene Kinder zu erlauben und andere verbieten zu wollen oder nur bestimmte Gene erlauben zu wollen (so wie Schwangeren von Frauenärzten Druck gemacht wird / werden soll, ein Kind, das möglicherweise das Down-Syndrom haben könnte, abzutreiben).
Aber wenn ich das zu entscheiden hätte, könnte ich der Mutter nicht sagen, dass sie sich für einen guten Zweck opfern und das Risiko eingehen muss, wieder eine Fehl- oder Totgeburt zu haben, bloß weil jemand diese PID zum Anlass für irgendetwas anderes nehmen könnte, das er sonst vielleicht genauso gemacht hätte. Eine Schwangerschaft ist auch eine Belastung.
Und bis durch die PID bei ein paar wenigen Menschen ein Gen in der kompletten Menschheit ausgerottet ist, ist es ein weiter Weg.
Zur Natürlichkeit: So wie ich das verstanden habe, werden ein paar Hilfsmittel verwendet, aber sonst entspricht es dem natürlichen Ablauf. Auch im Ergebnis wäre es ähnlich: Ein Kind das dieses Gen doppelt hat, könnte nicht überleben. Statt zu warten, bis es stirbt, wird es etwas früher aussortiert, ohne dass es viel davon spürt. Es könnte mit diesen Genen so und so nicht überleben und sie auch nicht weitergeben. Wenn es die Gene nicht von beiden Elternteilen hat, ändert sich nichts außer dem zeitlichen Ablauf und der Verwendung von Hilfsmitteln.
06.02.12, 23:16:08
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Daß es vorgeschrieben wird kann sein, aber das sehe ich noch nicht so. Das wird vielmehr wohl ein grpßer Teil der Bevölkerung selbst erledigen aus Rechtfertigungsangst, etc.
Und es ist deswegen ein bedrohliches Szenario, weil die Menschheit bisher so oft an derartigen Herausforderungen gescheitert ist. Nehmen wir nur den Klimaschutz. Wir wählen Parteien, die uns vorlügen sie würden sich kümmern, weil wir uns darauf verlassen wollen, daß sie nur lügen und nicht ernst machen mit den entsprechenden Folgen für die eigene Bequemlichkeit.
Natürlichkeit: Kann ich wissen, daß diese Annahme einer sicheren Tödlichkeit auch stimmt?
10.02.12, 06:55:12
Vendela
Diese Rechtfertigungsangst - hast du die schon mal in Natura gesehen?
Ich kenn' zwar das Gerücht, dass es die geben soll, aber die, die ich kenne, die in der Situation waren, hatten ganz andere Bedenken. Und ich wüsste auch nicht, vor wem ich mich rechtfertigen sollte, wenn ich in der Situation wäre.
Was hat Naturschutz mit der PID zu tun?
Zur Natürlichkeit: Mit dem Argument könntest du fast jeden Satz im gesamten Artikel kritisieren. Aber wenn du mehr weißt, als drin steht, schreib es doch?
10.02.12, 12:32:28
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In diesem Forum ist schon vielfach zur Sprache gekommen, daß Eltern einem oft als erheblich empfundenen Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sind, jedoch bei Autisten noch meist bezogen auf andere Bereiche. Ich halte es für naheliegend, daß sich dies auch auf PID ausweiten würde, je alltäglicher sie wird. Aus anderen Diskussionen außerhalbd ieses Forums weiß ich auch, daß Eugenik einen erschreckend breiten Rückhalt in der deutschen Bevölkerung besitzt. Auch von daher dürfte die Annahme entsprechenden Drucks naheliegend sein. Und viele Menschen sind leicht zu verunsichern.
Auch beim Klimaschutz finden wir große Zusammenhänge vor, in denen das eigene Handeln bedeutungslos erscheint und in denen Folgen nicht rechtzeitig leicht in der Praxis fassbar sind.
Dein Argument fällt mit der Möglichkeit, daß es auch nur in einem einzigen Fall nicht eintritt.
10.02.12, 12:43:09
Fundevogel
Rechtfertigungsangst gehört nach meinen Erfahrungen im Bekannten- und Freundeskreis zum Entscheidungsprozess hinzu. Mag sein, dass es daran liegt, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung hier religiös ist. Aber auch die, die das nicht sind, überlegen lange, ob sie "den Lauf der Dinge" in der Natur beeinflussen wollen. Wenngleich dieser Denkprozess bei den meisten medizinischen Hilfestellungen nicht mehr stattfindet: wenn es um die Verantwortung für Leben und Tod geht, kommt er wohl automatisch in Gang (Sterbehilfe?)?
In einer mir nahe stehenden Familie wurde sich auf ein mit ziemlicher Sicherheit zu erwartendes schwerbehindertes Kind in der Weise vorbereitet, dass die Großmütter (mitsamt Renten zur finanziellen Absicherung) ins Haus zogen und die Mutter der Schwangeren ihren Beruf aufgab, wenn man so will eine "Lebensgemeinschaft" gegründet wurde. Das Kind wird von den drei Frauen mitversorgt, damit die junge Mutter ihr Studium beenden kann.