Uniklinik Lübeck prescht bei Einstieg in Menschenzucht vor
30.01.12, 21:29:40
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Also findest du den o.g. Fall jetzt auch nicht mehr in Ordnung?
Also wenn mehrere Totgeburten vorlagen, dann könnte es deiner Meinung nach auch ethisch korrekt sein dieses Risiko durch PID-Selektion zu minimieren. Um Kosten geht es mir da gar nicht, sondern um die Erfahrung, daß solche nicht aus der Sache her ganz klaren Grenzen wie "Nein" es wäre gesellschaftlich praktisch nie haltbar waren und dann immer weiter aufgeweicht werden. Erst heißt es das Mautsystem wird garantiert nie auf Pkw ausgeweitet, ein paar Jahre später wird es dann zum ersten Mal überlegt und schließlich doch eingeführt. Erst heißt es "mehrere Totgeburten", dann reicht auch mal nur noch eine, dann auch nur noch das theoretische Risiko (man ist ja eine humane Gesellschaft).
Was ist daran schlimm, wenn Menschen, denen Fortpflanzung nicht glückt sich eben auch nicht fortpflanzen? Das müßte doch gerade denen einleuchten, die Genselektion toll finden. Und diese verklemmte Einstellung zum Tod ist doch eh eher ein gesellschaftlicher Komplex als ein tatsächliches Problem aus der Sache an sich.
30.01.12, 22:39:48
PvdL
geändert von: PvdL - 30.01.12, 22:42:17
Also findest du den o.g. Fall jetzt auch nicht mehr in Ordnung?
Ich versuche den o.g. Fall zu erörtern, da außer uns hier keiner einsteigen will.
[...] Erst heißt es "mehrere Totgeburten", dann reicht auch mal nur noch eine, dann auch nur noch das theoretische Risiko (man ist ja eine humane Gesellschaft).
Wie Rechtsnormen interpretiert werden sollen, kann man nicht für alle Ewigkeit festschreiben. Beispielsweise war lange Zeit Homosexualität in Deutschland strafbar und erst seit 1994 gibt es keine speziellen Normen mehr, die Homosexualität mit Strafe bedrohen. Ein solcher Wandel kann viele Rechtsnormen betreffen. Die Frage ist nur, ob man deswegen von vornherein darauf verzichten will, einen differenzierenden Ansatz zu wählen.
Was ist daran schlimm, wenn Menschen, denen Fortpflanzung nicht glückt sich eben auch nicht fortpflanzen? [...]
Da der Tod ein natürlicher Bestandteil des Lebens, nach biologischer Definition sogar wesentliches Kriterium desselben ist, muß es akzeptabel sein, daß Menschen Sterben. Gleichwohl erinnert mich dieses Argument sehr an die
Ablehnung von Bluttransfusionen durch die Zeugen Jehovas Sekte, die dafür sogar den Tod von Angehörigen in Kauf zu nehmen bereit sind, weil es Gottes Wille sei. Ich meine, wenn man helfen kann und die Mittel verhältnismäßig sind, dann kann man das schon tun, auch wenn es zu biblischen Zeiten vielleicht noch nicht absehbar war, daß es mal eine Möglichkeit geben würde zu helfen.
Vielleicht ist auch hier wieder das Kriterium anzusetzen: Geht es dabei um Exclusion oder um Incluision?
Exclusion: Bestimmte von den Mehrheitsmenschen als inakzeptabel abgestempelte Minderheitsmenschen sollen ausgerottet werden.
Inclusion: Bestimmten Eltern soll es ermöglicht werden, ihre Gene in den Genpool einzubringen, indem ihnen zu einem Fortpflanzungserfolg verholfen wird.
Exclusion, nein! Inclusion, ... eventuell.
31.01.12, 07:25:53
Vendela
Ich verstehe nicht ganz, was das Problem an der PID ist. Und ein Risiko-Ausschluss von 25% ist auch nicht hoch, weil immer noch ein Restrisiko von 75% bleibt.
31.01.12, 13:22:46
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geändert von: [55555] - 31.01.12, 13:24:44
[Kettenbeitrag zusammengefasst, mfg [55555]]
Ich lese es so, daß die Mediziner insgesamt ein Risiko von 25% hineindeuteten und dieses angenommene 25%-Risiko ausgeräumt werden sollte durch PID.
Dann noch hierzu:
Wie Rechtsnormen interpretiert werden sollen, kann man nicht für alle Ewigkeit festschreiben.
Und?
Zitat:
Die Frage ist nur, ob man deswegen von vornherein darauf verzichten will, einen differenzierenden Ansatz zu wählen.
Willst du damit behaupten, daß es bei jedem Thema sinnvoll ist sich dem Einzelfall zu öffnen?
Zitat:
Da der Tod ein natürlicher Bestandteil des Lebens, nach biologischer Definition sogar wesentliches Kriterium desselben ist,
Der Tod ist gar kein biologisches Kriterium von
Leben.
Zitat:
die dafür sogar den Tod von Angehörigen in Kauf zu nehmen bereit sind, weil es Gottes Wille sei.
Es wird immer verschiedene Vortellungen von Ethik und Moral geben. Was ich an der Praxis der Zeugen eher kritisch finde ist, daß sie selbst diese eigene Lehrmeinung aus meiner Sicht nicht konsequent praktizieren. Ich persönlich halte diese ganze Auslegung der Zeugen bezüglich Blut in der Medizin für nicht überzeugend aber es gibt wahrlich Lehrmeinungen in religiösen Gruppen, die schlechter theologisch ableitbar sind. Es ist nuneinmal ein theologische Fakt, daß das erste biblische Apostelkonzil festlegten:
Dann deuchte es den Aposteln und den Ältesten samt der ganzen Versammlung gut, Männer aus sich zu erwählen und sie mit Paulus und Barnabas nach Antiochien zu senden: Judas, genannt Barsabas, und Silas, Männer, welche Führer unter den Brüdern waren. Und sie schrieben und sandten durch ihre Hand folgendes :
"Die Apostel und die Ältesten und die Brüder an die Brüder, die aus den Nationen sind zu Antiochien und in Syrien und Cilicien, ihren Gruß. Weil wir gehört haben, daß etliche, die aus unserer Mitte ausgegangen sind, euch mit Worten beunruhigt haben, indem sie eure Seelen verstören und sagen, ihr müßtet beschnitten werden und das Gesetz halten denen wir keine Befehle gegeben haben, deuchte es uns, einstimmig geworden, gut, Männer auszuerwählen und sie mit unseren Geliebten, Barnabas und Paulus, zu euch zu senden, mit Männern, die ihr Leben hingegeben haben für den Namen unseres Herrn Jesus Christus. Wir haben nun Judas und Silas gesandt, die auch selbst mündlich dasselbe verkündigen werden. Denn es hat dem Heiligen Geiste und uns gut geschienen, keine größere Last auf euch zu legen, als diese notwendigen Stücke: euch zu enthalten von Götzenopfern und von Blut und von Ersticktem und von Hurerei. Wenn ihr euch davor bewahret, so werdet ihr wohl tun. Lebet wohl!"
Und nun müßte ein Christ nach seinem Gewissen selbst entscheiden, wie er das verstehen will und wenn er meint, daß das auch für Bluttransfusionen gilt, dann hat er meine Hochachtung, auch wenn ich die Ansicht vielleicht nicht teile.
Zitat:
Exclusion: Bestimmte von den Mehrheitsmenschen als inakzeptabel abgestempelte Minderheitsmenschen sollen ausgerottet werden.
Inclusion: Bestimmten Eltern soll es ermöglicht werden, ihre Gene in den Genpool einzubringen, indem ihnen zu einem Fortpflanzungserfolg verholfen wird.
Und bei dieser Begriffsverwirrung stehen mir einfach nur noch die Haare zu Berge, sorry.
31.01.12, 14:22:26
Lenz2011
geändert von: [feder] - 04.02.12, 18:16:54
[Zitat gekürzt, mfg [feder]]
Es ist nuneinmal ein theologische Fakt, daß das erste biblische Apostelkonzil festlegten:
[...]
Und nun müßte ein Christ nach seinem Gewissen selbst entscheiden, wie er das verstehen will und wenn er meint, daß das auch für Bluttransfusionen gilt, dann hat er meine Hochachtung, auch wenn ich die Ansicht vielleicht nicht teile.
Und bei dieser Begriffsverwirrung stehen mir einfach nur noch die Haare zu Berge, sorry.
Meine unmaßgebliche Meinung dazu:
Theologische Fakten gibt es nicht, genauso wenig wie philosophische Fakten.
Wenn jemand aufgrund so einer aus jedem Zusammenhang gerissenen Passage eine lebenserhaltende Bluttransfusion für einen Dritten (z.B. Kind) verweigert stehen MIR die Haare zu Berge. Das ist unterlassene Hilfeleistung.
31.01.12, 14:31:29
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Off Topic: Immerhalb einer Theologie kann es meiner Auffassung nach durchaus Fakten geben.
Aus welchem Zusammenhang wurde die Passage deiner Meinung nach herausgerissen?
31.01.12, 14:48:08
Lenz2011
Vor allem aus dem historischen. Die Regel, kein Blut zu essen hatte damals womöglich ganz nachvollziehbare praktische Gründe die heute 2000 Jahre später nicht mehr zutreffen müssen.
Ich meinte also nicht, dass du jetzt dieses Zitat aus dem Zusammenhang gerissen hast sondern eher daß z.B. die Zeugen Jehowas dies tun.
Eine Theologie die starr am Buchstaben klebt und sich nicht ständig selber erneuert ist Sinn-los.
31.01.12, 15:06:46
55555
Du vermutest also, daß es vielleicht aus dem Zusammenhang gerissen worden sein könnte. In diesem Fall sehe ich es nicht so, denn ein Gebot betreffend Blut ist schon älter als die berühmten 10 Gebote und wurde allen Nachkommen Noahs gegeben:
Und Gott segnete Noah und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde; und die Furcht und der Schrecken vor euch sei auf allem Getier der Erde und auf allem Gevögel des Himmels! Alles, was sich auf dem Erdboden regt, und alle Fische des Meeres, in eure Hände sind sie gegeben: alles, was sich regt, was da lebt, soll euch zur Speise sein; wie das grüne Kraut gebe ich es euch alles. Nur das Fleisch mit seiner Seele, seinem Blute, sollt ihr nicht essen; und wahrlich, euer Blut, nach euren Seelen, werde ich fordern; von jedem Tiere werde ich es fordern, und von der Hand des Menschen, von der Hand eines jeden, seines Bruders, werde ich die Seele des Menschen fordern. Wer Menschenblut vergießt, durch den Menschen soll sein Blut vergossen werden; denn im Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht.
Man kann nun sagen, daß sich das nur aus Essen bezieht und die vorher zitierte christliche Stelle nach dieser auch nur das Essen meint (und ich fände das auch plausibel), aber eindeutig finde ich das auch nicht, denn damals gab es eben auch keine Bluttransfusionen. Es wird in der Stelle auch eindeutig die Ansicht vermittelt das Blut sei etwas wie die Seele. Aus diesem Gesichtspunkt kann man auch Bluttransfusionen kritisch sehen, weil die Substanz der Seele anderer Menschen in den eigenen Körper übertragen würde und das als von Gott nicht gewünscht betrachtet wird.
Allgemein ist hier ja auch die Frage, wie ernst es mit der Religionsfreiheit genommen wird. Die Zeit der weltlichen Herrschaft von anfang an politisch instrumentatisierter Pseudokirchen wie die in Rom ist zum Glück vorbei. Nun ist die Frage, ob die rein weltliche Macht die Freiheit der Religion auch achtet ebensolche religiöse Überzeugungen leben zu können. Früher beklagten sich Atheisten, wenn sie ein Leben nach den kirchlichen Vorstellungen vorgeschrieben bekamen. Sind diese Atheisten selbst besser, wenn sie nun dasselbe tun, da sie derzeit mehr politische Macht haben?
31.01.12, 15:52:04
Lenz2011
Ich finde die Stelle sehr dunkel. Grad so gut könnte man hier aus der Passage einen völligen Verzicht auf Fleisch ableiten, das Recht auf Blutrache oder auch die Todesstrafe. Die Vermischung von Ernährungsvorschriften mit anderen Themen finde ich sehr befremdlich. Und dann stellt sich ja immer auch die Frage ob das alles richtig übersetzt wurde.
Obwohl ich ein einem sehr christlich-katholisch geprägten Umfeld aufgewachsen bin stelle ich immer wieder fest dass mich die Bibel spirituell nicht berührt oder inspiriert. Diese Texte wirken auf mich fast immer kalt und abweisend wie Stein.
Eine atheistische Ideologie finde ich prinzipiell nicht besser als eine religiöse. Es sollte jeder das glauben dürfen was er will soweit es nicht die Rechte anderer beschränkt.
31.01.12, 17:01:02
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Solche Stellen sind auslegungsfähig, sicher. Auf Fleisch allgemein ist es wohl nicht zu beziehen, denn es ist darin ja auch erwähnt, daß alles was sich regt an sich Speise sein soll. Mir scheint es geht darum Tiere auszubluten soweit es eben geht. Das widerum bedeutet, daß es auch nicht darum gehen kann pedantisch Blut zu vermeiden, weil auch nach dem Ausbluten Reste zurückbleiben in feinen Adern. Mit dem Blut passierte dann in der Praxis bei den alten Juden z.B. soetwas:
Und du sollst den Widder schlachten und von seinem Blute nehmen und es auf das rechte Ohrläppchen Aarons tun und auf das rechte Ohrläppchen seiner Söhne und auf den Daumen ihrer rechten Hand und auf die große Zehe ihres rechten Fußes; und du sollst das Blut an den Altar sprengen ringsum.
Ich provoziere mal -leicht fiktiv abgewandelt - noch etwas weiter: Worin siehst du den Unterschied zwischen dem verhinderten Ableben eines Kindes, weil die Eltern Blutspenden aus religiösen Gründen ablehnten, aber ein Staat dies einfach durchführte und in der Folge das Kind den Eltern dann lebenslang als unrein galt oder ganz verstoßen wurde und dem Verbrennen von Kindern einer Hexe, das dazu dienen soll vielleicht durch das Feuer ihre Seele noch zu retten? In beiden Fällen setzt eine Gesellschaft ihre vorherrschende Überzeugung allgemein über die Überzeugung des Einzelnen hinweg um und zwar in Hinblick auf das was ihr als höchster Wert erscheint, nämlich zum einen das körperliche Leben und zum anderen das seelische Leben. (Nebenbei sei angemerkt, daß im Fall der Zeugen Jehovas meines Wissen die medizinische Lage meist gar nicht so dramatisch ist)
31.01.12, 17:43:39
PvdL
geändert von: [feder] - 04.02.12, 18:17:34
[Zitat der 2. Ebene gelöscht, mfg [feder]]
Und bei dieser Begriffsverwirrung stehen mir einfach nur noch die Haare zu Berge, sorry.
Was ich damit sagen wollte, ist, daß man meines Erachtens grundsätzlich zwischen zwei Motivationstypen unterscheiden kann: Der eine Typ versucht Genotypen auszuschließen, der andere versucht Genotypen einzuschließen. Es geht mir also nicht speziell um die Ausdrücke, sondern um das dahinter zu vermutende Prinzip und zwar in Anwendung auf die Genetik.
31.01.12, 17:50:58
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Das Problem ist bei der Herangehensweise halt, daß du nie weißt, ob vielleicht ohne PID doch ein Kind zur Welt gekommen wäre, das durch PID in frühen Stadium aussortiert wurde. PID ist immer darauf gerichtet auszusortieren.