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Auswirkungen einer Diagnose und Schweigepflicht

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19.01.12, 16:06:12

PvdL

geändert von: PvdL - 19.01.12, 16:07:16

Es ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits, ist es natürlich fein, wenn man weiß, was los ist. Ich habe das als große Erleichterung empfunden, weil der Rechtfertigungsdruck endlich weg war. Andererseits, bedient man als "staatlich anerkannter Sonderling" auch das allgemeine Bedürfnis, Menschen grob zu kategorisieren oder bildlich gesprochen "in Schubladen zu stecken". Eine weitere bange Frage, die sich anschließt, ist, inwieweit man die Diagnose für sich behalten darf oder aber offenlegen muß, wenn man sie denn erst hat.
20.01.12, 13:35:10

Lenz2011

So ganz kann ich hier nicht folgen. Eine Diagnose ist eine Diagnose. Die steht ja erstmal nicht in Facebook sondern fällt unter die ärztliche Schweigepflicht. Ob man das Ergebnis dann bekannt macht oder nicht kann man davon abhängig machen ob es nötig ist oder ob der Junge so durch die Schule kommt.

Wenn man die Diagnose hat, können sich die Angehörigen aber darauf einstellen. Auch dem Betroffenen wird irgendwann klar werden, dass er sich in Manchem von anderen Gleichaltrigen unterscheidet, da wird eine Erklärung hilfreich sein.
Ohne Diagnose kann es gut gehen, es besteht aber nach meinen Beobachtungen die Gefahr, früher oder später in massivste Probleme zu laufen.
20.01.12, 14:37:52

55555

Wäre schön, wenn es so wäre.
20.01.12, 15:18:09

Lenz2011

Wie ist es denn?
20.01.12, 15:21:17

55555

Das fängt schon damit an, daß die Kassen es im Prinzip anhand der Abrechnungen nachvollziehen können, etc. pp. Es ist ermüdend, das ständig wiederholen zu sollen, ich gebe aber zu, daß man es noch besser zusammengefasst auf der Site bereithalten könnte. Das könnte man in einem neuen Thread tun in Sichtung zumindest der wesentlichen bisherigen Threads.
20.01.12, 15:45:55

Lenz2011

geändert von: Lenz2011 - 20.01.12, 15:56:53

Da gibt es sicher ein gewisses Risiko. Aber statt eventuell eintreten könnender Nachteile weil vielleicht was durchsickern könnte einen Blindflug zu machen würde ich nicht empfehlen wollen.

Wenn man nicht weiss was los ist trifft man unter Umständen Entscheidungen, die in die falsche Richtung führen oder erwartet Dinge von sich die man nicht erfüllen kann.

Aber vielleicht sehe ich das ja auch falsch.

Ich sehe nur meine eigenen Probleme und die lebensbedrohlichen einer 16-jährigen entfernten Bekannten. Beides wäre mit einer rechtzeitigen Diagnose vermeidbar gewesen. Der diagnostizierte Junge in der Klasse meines Sohnes dagegen braucht inzwischen keine Begleitung mehr und ist soweit ich sehen kann integriert.

Nachtrag: hab das Ausgangsposting nochmal gelesen und bin dadurch an die "Hölle Schulsport" erinnert worden. 13 Jahre Horror pur. Wobei, da gibt es wahrscheinlich sowieso kein Entrinnen. Bei so "wichtigen" Themen kennt die Gesellschaft kein Erbarmen. Da muss man durch.
20.01.12, 23:58:01

Fundevogel

Versuch mit einem Diagnose-Aktenberg von 20 Jahren "Persönlichkeits-/Identitätsstörung" als erwachsener Autist in eine Wohnung zu ziehen und Persönliches Budget zu erhalten, bei dem du nachweisen musst, dass du das zur Verfügung gestellte Geld auch verwalten kannst,

versuch mit diesen Schweigepflichtakten, die innerhalb der Behörden weitergereicht werden, in eine private Krankenversicherung zu gelangen,

versuch Falschaussagen in diesen Akten richtig zu stellen,

versuch Aktenauskunft über deine Patientenakten zu erhalten,

versuch mit eigener Wohnung dein Kindergeld selbst zu erhalten,

versuch dich von einer amtlichen Betreuung loszumachen,

versuch deinen Gutachtern im SBA-Verfahren klar zu machen, dass du gewisse Alltagshilfe in deinem Leben benötigst aber trotzdem ein klarer Kopf bist...

...dann wirst du verstehen, warum eine Autismus-Diagnose dein Los werden kann.
21.01.12, 11:17:15

wolfskind

geändert von: wolfskind - 21.01.12, 11:18:36

eltern die vor einer diagnose nicht nett zu ihrem kind waren
könnten nach einer diagnose noch viel grausamer werden.

und dann stehen ihnen (den eltern)
auch mittel und wege zur verfügung.
man kann heute so gut wie alles verbauen, mit diagnosen.
22.01.12, 04:04:58

Vendela

Zitat von Lenz2011:
Die steht ja erstmal nicht in Facebook sondern fällt unter die ärztliche Schweigepflicht.


welche Schweigepflicht?

Zitat von Lenz2011:
Ob man das Ergebnis dann bekannt macht oder nicht kann man davon abhängig machen ob es nötig ist oder ob der Junge so durch die Schule kommt.


Mit einem sehr sehr arbeitsscheuen "Diagnostiker", vielleicht.

Ich verstehe was du meinst. Aber eine Diagnose ist keine Beratung.
22.01.12, 06:21:59

drvaust

Grundsätzlich gilt, daß ein Arzt keine Informationen über den Patienten weitergeben darf (Bis auf spezielle Sachen, um die es hier nicht geht.).
Aber der Arzt rechnet normalerweise mit einer Krankenkasse ab, dabei muß er bestimmte Merkmale angeben, die Rückschlüsse zulassen. Wenn die Krankenkasse viel zahlen soll, kann sie den MDK einschalten, und der arbeitet für die Krankenkassen (Der darf zwar auch keine Diagnosen herausgeben, aber entscheidet im Sinne der Krankenkasse und gibt Empfehlungen.). Bei einer Mitbehandlung durch einen anderen Arzt werden meistens Diagnosen angegeben, um was es geht. Wenn irgendwelche Hilfe beantragt wird, die gesundheitlich begründet wird, müssen alle Ärzte von der Schweigepflicht entbunden werden.

Wenn man bestimmte Versicherungen abschließen will, bei denen es auch um gesundheitliche Angelegenheiten geht, z.B. Lebens-, Unfall- und private Rentenversicherung, müssen alle Diagnosen angegeben und alle Ärzte von der Schweigepflicht entbunden werden. Ein eigentlich dafür unerhebliche Diagnose kann zur Verweigerung oder hohen Zuschlägen führen. (Ich hätte bei einer Unfallversicherung ca. doppelte Beiträge zahlen müssen, wegen Psychotherapie.) Geprüft wird das meistens erst, wenn die Versicherung zahlen soll, und dann zahlt die evtl. nichts, nach jahrzehntelanger Einzahlung.

Es wäre schön, wenn man zum Arzt gehen könnte, von dem gründlich und kompetent untersucht und behandelt wird, und dann niemand davon erfahren muß.
22.01.12, 12:44:04

Vendela

geändert von: Vendela - 22.01.12, 12:46:31

So speziell sind die Sachen, bei denen Ärzte (und andere Gesundheitsdienstleister) ihre formal existierende Schweigepflicht brechen müssen und Informationen weitergeben dürfen / müssen / können / sollen, auch wieder nicht. Ein Problem ist auch, dass viele Ärzte etc. einfach davon ausgehen, dass man sie von ihrer Schweigepflicht entbunden hat. Wie groß die Schweigepflicht ist, merkt man, wenn man versucht einem Arzt etc. die (nie gegebene) Entbindung der Schweigepflicht zu entziehen.
Ich bin noch dabei die Ärzte etc. samt aller ihrer Angstellten, zu denen ich gehen muss, in dieser Hinsicht zu "erziehen" oder zu "therapieren". ;) Aber nachdem ich sie oft nur ca. 30 Sekunden sehe und nicht einer allein Informationen weitergibt, sondern das arbeitsteilig geschieht, aber ich nicht von vornherein weiß, wer was macht, eine falsche "Erziehungsmaßnahme" zu weiteren Problemen führen könnte, jeder anders darauf reagiert und sich dann auch noch von Zeit zu Zeit einige Regelungen ändern, ist das ein langwieriges Unterfangen.

edit: Ich vermute z.B, dass das mit der neuen (Krankheits- und) Gesundheitskarte noch schwieriger werden könnte.
22.01.12, 12:48:13

55555

Ich werfe nur einfach nochmal ein Stichwort in die Runde: Einführung der elektronischen Patientenakte (auf Zentralrechnern gespeichert) und Zugriff via eletronischer Krankenkassenkarte.
 
 
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