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Alle Probleme von Autisten haben mit Autismus zu tun?

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18.07.11, 11:56:01

55555

Immer wieder scheinen Autisten nach einem Outing anders behandelt zu werden. Wenn Bekannte vor einem Outing noch bei zwischenmenschlichen Problemen mitdachten, so kommt es danach ("gut aufgenommenes" Outing statt Kontaktabbruch) öfters vor, daß das nicht mehr getan wird. Ähnliches erleben Autisten auch immer wieder beim Gang zu Psychologen. Sicherlich ist es schwierig Autismus zu verstehen, vielleicht sind solche Bekannten dann einfach verunsichert. Wie könnte man durchschnittlichen NA verständlich machen was an Autisten nicht auf Autismus zurückzuführen ist und wie mit Autisten über zwischenmenschliche Sorgen geredet werden kann, was ja wichtig ist?

Vielleicht wäre das auch mal ein Flugblatt wert, angefangen von Erläuterungen zu solchen Klischees wie "Autisten haben keine Gefühle und funktionieren wie Maschinen".
18.07.11, 13:20:57

Antika

Ich habe solche Erfahrungen bisher noch nicht gemacht (also dass man mich nach einem Outing anders behandelt) eher das Gegenteil ist bei mir der Fall. Ich bekomme jetzt jedes mal zu hören, dass ich doch nun eine Diagnose hätte und mich nur noch behandeln lassen müsse.

Vorher hieß es immer: "geh doch mal zum Arzt, du bist doch/das ist doch nicht normal."

Dann war ich beim Arzt, und da hieß es dann: "Da kann man doch bestimmt etwas mit einer Therapie erreichen. Du musst nur wollen und an dir selbst etwas arbeiten."

Die meisten Menschen dich ich kenne, haben es leider immer noch nicht begriffen, was es heißt Autist zu sein. Ich bin zur Zeit eher damit beschäftigt den Menschen zu erklären was bei mir auf Autismus zurückzuführen ist und ich daher einiges einfach nicht kann, so sehr ich mich auch bemühe.


Manchmal glaube ich dass man NA überhaupt nichts verständlich machen kann. Ich habe es bisher leider noch nicht geschafft.
18.07.11, 14:58:39

Ozelot

NA zu erklären Autist zu sein find ich auch was kompliziert. Entweder wird es so verstanden, dass es heißt "Du tust mir ja so leid" oder es heißt "Du bist doch schon alt genug um damit besser zurecht zukommen". Ich finde es schwer so das Mittelmaß zu finden. Ich will nicht bemitleidet werden, ich möchte nur dass man mich versteht was halt nicht so gut klappt.
18.07.11, 15:10:03

55555

Es scheint mir schon oft so zu sein, daß Leute gerne annehmen, daß alle zwischenmenschlichen Probleme bekannter Autisten über die ein Autist gerne sprechen möchte am Autismus festzumachen sind. Wenn ein NA meint: "X ist aber in den letzten Wochen seltsam zu mir, hast du eine Idee woran das liegen könnte?" dann wird meist mehr oder weniger ernsthaft überlegt was denn nun der Hintergrund sein könnte. Fragt ein Autist dasselbe scheinen viele Leute gar nicht wirklich nachdenken zu wollen, weil sie offenbar meinen es sei eh klar, daß es am Autismus liegt, obwohl sie aus dem Alltag eigentlich wissen müßten, daß nahezu jeder immer mal solche Probleme hat, egal ob Autist oder nicht.
18.07.11, 15:53:32

Antika

Du meinst das anscheinend so:
Ein NA hat ein Problem mit X, und fragt einen anderen NA was denn mit X los sein könnte, weil der sich die letzten Wochen so seltsam einem gegenüber verhält. Der gefragte NA macht sich nun ernsthaft Überlegungen, woran das liegen könnte.

Stellt aber nun ein Autist (von dem NA weiß, dass er Autist ist) einem NA die gleiche Frage, weil er sich wundert warum sich X ihm gegenüber auf einmal so seltsam verhält, bekommt er von NA zur Antwort dass dies wohl am Autismus zu liegen scheint. Er (NA) versucht nun erst gar nicht mehr sich ernsthafte Überlegungen zu machen, da er das Problem auf den Autisten abschiebt?

Habe ich das jetzt richtig verstanden? Oder liege ich da doch noch falsch?
18.07.11, 16:01:56

wolfskind

es scheint mir auch daran zu liegen,
dass A immernoch als störung angesehn wird und als krankheit
wenn sich dieses verständnis ändern würde,
wäre wohl auch eine andere ernsthaftigkeit in den überlegungen.
18.07.11, 16:14:18

55555

Ja, ich denke das hast du richtig verstanden, um solche Situationen geht es mir, die auch in anderen Konstellationen denkbar sind.
18.07.11, 16:23:53

Leah

Ich habe eher das Problem, als ungeoutete A, dass, wenn ich mich mal traue nachzufragen, entweder Verwunderung beim Gefragten entsteht ("worüber du dir Gedanken machst" - "ist doch alles wie immer" - "mir ist nichts aufgefallen") oder es erzeugt bei demjenigen Belustigung (nach dem Motto: "hihihi, das nehme ich dir jetzt nicht ab, dass du das nicht weißt"). Also ich komme mir da ziemlich blöd vor und frage deshalb normalerweise nicht nach.

Ich sehe da keinen Unterschied zwischen meinen Erlebnissen und der Annahme, NA würden nach einem Outing anders reagieren - für mich sieht die Reaktion (real/vermutet) gleich aus.
19.07.11, 00:24:39

Fundevogel

geändert von: Fundevogel - 19.07.11, 00:25:04

Könnte vielleicht daran liegen, dass die einfachste Lösung tendenziell am liebsten gewählt wird, weil sie am wenigsten Einsatz verlangt...und hier wäre die einfachste Lösung anzunehmen, dass sich die Probleme aus dem Autismus ergeben?
Darauf weiter einzugehen, könnte wegen der verschiedenen Kommunikation noch viel schwieriger werden, deshalb Abbruch?
19.07.11, 15:43:28

Bicycle

Es ist zwar kein wirkliches Problem, aber seitdem meine Mutter weiß, dass ich Autist bin, schiebt sie mein Weltbild/Weltanschauungen und verschiedene Meinungen, auf das Autist-Sein.

Mein Vater sieht das ganze philosophischer und philosphiert dann mit mir darüber, was sogar mehr wurde, seitdem er weiß das ich Autist bin. Selbst wenn er mir nicht immer recht gibt, schiebt er das nicht auf das Autist-Sein.

Meine Mutter schiebt es meist auf das Autist-Sein, sobald ihr eine Meinung nicht in den Kragen passt. Sobald ich mit der Meinung in ihren Augen auch richtig lieg, dann bin ich "normal".

Das gleiche ist auch bei zwischenmenschlichen Problemen so.
19.07.11, 20:37:02

schneeweiß

Zitat von 55555:
Wie könnte man durchschnittlichen NA verständlich machen was an Autisten nicht auf Autismus zurückzuführen ist und wie mit Autisten über zwischenmenschliche Sorgen geredet werden kann, was ja wichtig ist?

Die Lehrer meines Sohnes wollten von mir gern wissen, was an seinem Verhalten auf Autismus zurückzuführen ist und was nicht. Sie wollten das gern wissen, um entscheiden zu können, welches Verhalten meines Sohnes bestraft werden könne und welches nicht. Bisher war ich der Auffassung, dass die Persönlichkeit meines Sohnes nicht von Autismus getrennt betrachtet werden kann. Allerdings bedeutet dies für mich nicht, dass ich mich nicht mit den Sorgen meines Sohnes auseinandersetzen müsste, weil es "ohnehin am Autismus liegt".
22.07.11, 11:47:03

Lupa

geändert von: Lupa - 22.07.11, 12:01:21

Ich habe das mit 2 Menschen erlebt, die ich jahrelang für meine Freunde hielt.
Die eine Freundin verhielt sich mir gegenüber plötzlich recht herablassend, seit sie von meiner Daignose wusste.
Ihr Verhalten war dann nicht mehr loyal. Wir hatten eine gemeinsame Bekannte, mit der ich meine Ausbildung absolviert habe. Meine "Freundin" traf diese Bekannte kürzlich, und erzählte ihr von meinem AS. Die Bekannte habe dann gesagt, dass sie das gar nich wurdere, denn ich sei in gewissen Dingen schon immer recht "schwierig" gewesen auch in der Ausbildung.
Was mich am meisten verletzt hat ist, dass meine Freundin mir das dann unbedingt unter die Nase reiben musste. (Mal über gemeinsame Bekannte zu lästern ist eine Sache - es der betreffenden Person aber danach auch noch unter die Nase zu reiben ist total unloyal finde ich).
Ich war zudam auch deprimiert, weil ich eigentlich das Gefühl hatte, dass ich genau in dieser Ausbildung recht gut integriert war in der Klasse....
Ich habe mich aus dieser "Freundschaft" zurück gezogen.

Es gibt schon Leute, die die Diagnose dazu verwenden, um sich die Dinge einfach zu machen.
Für mich war diese Sache auch sehr ernüchternd, weil mir klar wurde, dass ich offenbar nicht mal langjährige Freunde richtig einschätzen konnte.

Aber solche Dinge passieren wohl auch vielen NTs - nur, dass es andere Auslöser gibt, bei denen diese ihr "wahres Gesicht" zeigen, und die sie als Erklärung für alle Ungereimtheiten oder Ärgernisse innerhalb der Freundschaft benutzen.

Mark Twain hat sinngemäss mal gesagt: Wer in seinem Leben auch nur einen Freund gefunden hat, war unermesslich reich.
 
 
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