Handlungsunfähigkeit = Blockaden?
02.05.11, 23:33:18
55555
Ich glaube es ist wenig hilfreich für das Kind diese Beobachtung wie sie bisher beschrieben wurde in ihrer Bedeutung aufzubauschen. Es mag ungewöhnlich wirken, weil NA in der für sie gemachten Kulturlandschaft selbst wohl meist nicht so angegriffen sind, daß man an ihnen soetwas beobachten würde. Mir scheint es sinnvoller es als normales Verhalten zu akzeptieren und zu versuchen die Ursachen zu finden.
02.05.11, 23:42:04
drvaust
Das erinnert mich an eine Erscheinung, die ich als Kind öfters hatte, jetzt nur noch selten (kann besser damit umgehen und vermeiden). Das ist wie ein psychischer Krampf, der mich lähmt.
Wenn mir etwas psychisch schwer fällt, mir Angst macht, sehr unangenehm ist usw., wiederstrebt es mir, bis zu körperlichen Problemen.
Ich muß das machen, das ist eigentlich einfach, ich weiß, wie das geht, aber ich kann das nicht, das ist schlimm, ich habe Angst, mir wird schlecht. Das kann so weit gehen, daß ich einige Zeit gelähmt bin und dann bewußtlos umfalle. Wenn mich jemand begleitet und/oder führt, geht das viel leichter, dann bin ich fremdgesteuert und kann psychisch abschalten.
Z.B. jemand zu irgend etwas persönlich gratulieren. Ich kann das erklären, auch formulieren, aber persönlich auszuführen fällt mir schwer. Dann habe ich keine Worte, kenne keinen Namen, kann nicht mehr klar denken, mir wird schlecht usw.. Inzwischen kenne ich Methoden und Formulierungen, um das relativ problemlos zu erledigen.
Das ist sehr stark vom allgemeinen Zustand abhängig. Wenn es mir gut geht, ich locker und entspannt bin, habe ich damit wenig Probleme. Wenn ich aber belastet bin, geht garnichts mehr.
Mir hilft es in solchen Situationen, alles Belastende zu meiden und vorher geeignete Strategien und Rituale einzutrainieren, so daß ich das automatisch abarbeiten kann. Ich hatte z.B. Geburtstagsgrüße auswendig gelernt, sagte immer das Gleiche.
Versuche herauszubekommen, was das Problem ist. Vermeide eine Konzentration von Belastungen, damit es nicht überfordert. Trainiere mit ihm geeignete Strategien und Rituale. Vielleicht kann er Bestimmtes nicht, daß muß er dann meiden und evtl. später angehen.
Vermeide, daß er in solche Situationen kommt und biete ihm in solchen Situationen einen Ausweg, eine Lösung. Wenn es ein psychisches Problem ist, bei dem er in Gedanken 'festfährt', dann reiße ihn nicht plötzlich heraus, sondern bring ihn vorsichtig auf andere Gedanken.
Aber paß auf, daß es keine Vermeidungsstrategie wird, wenn er lange genug wartet, wird ihm das Problem abgenommen.
Das ist meine Meinung. Ich weiß nicht, ob das in diesem Fall so zutrifft.
03.05.11, 06:30:21
zoccoly
Er wollte nicht mit in den Laden, also gab ich ihm in der Zwischenzeit den Auftrag, 3 Briefe in den Briefkasten der Post zu werfen.
Ob es bei deinem Sohn so ist, kann ich natürlich nicht sagen, bei mir könnte bei dieser Situation gedanklich folgendes passieren.
Ich gehe nicht in den Laden,ich brauche dort nicht rein, ich kann mich entspannen, ich warte, ich darf nichts tun.
Und dann kommt solch ein Überraschungseffekt, das kann blockieren.
Es ist noch immer so, dass ich mehr als ein ungutes Gefühl habe, wenn ich von Außen ein "muss" spüre.
Für mich wäre es besser, wenn man mir die Wahl lassen würde, ob ich jetzt die Briefe in den Briefkasten werfe oder nicht.
Höchstwahrscheinlich wären sie sogar in dem Briefkasten gelandet, da ich dann gar nicht in die Haltung gekommen wäre.
"Du musst das Brot holen"
Da läuft bei mir im Kopf auch wieder alles ab, was passieren könnte, wie ich etwas anstelle...
Zum Schluss fühle ich mich eventuell überfordert.
Mir hätte es geholfen, dass man erstmal lange Zeit bei dieser Aufgabe an meiner Seite gewesen wäre.
Es hätte mir Sicherheit gegeben, weil man mir hätte helfen können, wenn es mit dem Geld nicht geklappt hätte oder die Verkäuferin mich nicht verstanden....
04.05.11, 10:23:29
55555
Ich wundere mich, daß du dich nicht dafür zu interessieren scheinst, was dein Kind abgesehen von den bisher genannten Vermutungen vermeidbar im Alltag belasten könnte.
04.05.11, 11:44:10
monica62
@55555
Ich weiss nicht, was meinen Sohn im Alltag sonst belasten könnte. Wenn ich ihn eng begleite, belastet ihn überhaupt nichts, dann ist er ein glückliches und gelöstes Menschenkind. Sobald ich eine selbständige Handlung (ausserhalb unseres Wohnraumes) von ihm erwarte, kommt die Überforderung. Beim Handling zu Hause ist er selbständig. Anziehen, Körperpflege, Essen, Hausaufgaben bereiten ihm keine Probleme
Mein Sohn geht sehr gerne in die Schule. Er gibt sich dort ein und erfährt gerne neues. Zu Beginn (vor 1,75 Jahren) zeigte er bei Überforderung Autoaggressionen. Heute kommt dies nicht mehr vor. Trotzdem könnte ich mir vorstellen, dass er nach einem Schultag, wo er sich zusammennehmen musste und wollte, nun eine Überforderung verspürt. Er sagt aber nichts und zeigt auch kein Verhalten, das darauf schliessen lässt. Nach einem Schultag ist er sichtlich müde. Neue Aktivitäten überfordern ihn regelmässig, dass kann eine Stundenplanänderung sein (diese sind nicht immer planbar) und immer sind es die Schulreisen. Nach 2 bis 3 Tagen merkt man dann aber, dass ihn die Reise zwar gestresst hat, aber dass sie ihm gefallen hat.
Er ist überfordert bei jedem Gang, den er alleine hinter sich bringen soll. Etwas holen im Keller ging bis vor einem halben Jahr noch nicht, jetzt problemlos. Das Gleiche erlebten wir beim Tisch decken, etc. Nun erlebt er natürlich bei jeder Aktionsradiusvergrösserung, eine Überforderung, bis er diese Aktivität ohne Begleitung ausführen kann. Wir bringen ihn vielleicht 1-2 x pro Woche an diese Grenze. Wenn er von der Schule zu müde ist lassen wir es sein.
Eine ander Überforderung könnte durch seinen Gesundheitszustand sein. Er hat eine starke Neurodermitis, die Hände sind durch seinen Waschzwang, dauernd entzündet und offen. Nun hat er saisonbedingt Heuschnupfen und Asthma.
Wir sind bei ihm auf einer Gratwanderung zwischen Schutz und Begleitung, den er einfordert und braucht und loslassen können (was er nicht will). Am einfachsten wäre es, ich würde ihn bei allen Gängen begleiten, dass gäbe ihm Ruhe und Sicherheit. Da ich aber möchte, dass er zu einem selbständiges Menschenkind heranwachsen kann, muss ich ihn leider immer wieder über seine Grenzen führen.
04.05.11, 12:36:22
55555
Ich weiss nicht, was meinen Sohn im Alltag sonst belasten könnte.
Und damit hat es sich für dich erledigt, bis du mit Fragen gelöchert wirst?
Zitat:
Wenn ich ihn eng begleite, belastet ihn überhaupt nichts, dann ist er ein glückliches und gelöstes Menschenkind.
Solche Einschätzungen werden von Eltern immer wieder mal abgegeben, sie scheinen oft falsch zu sein. Ein erster Schritt wäre wohl den eigenen Eindruck als Eindruck zu präsentieren statt als Tatsache, die überhaupt nicht gewußt werden kann. Gerade gegenüber Autisten kommt es da oft zu Fehleinschätzungen, da Autisten sich den Erwartungen anpassen, bis sie beginnen zusammenzubrechen. Ein autistisches Kind kann oberflächlich betrachtet ausgeglichen scheinen weil es gelernt hat so zu wirken wie es im NA-Umfeld als gut betrachtet wird und doch erheblich belastet sein. Diese Wirkzusammenhänge laufen über viel längere Zeiten ab, als von Eltern oft für möglich gehalten wird, daher versuchte ich auch das Thema darauf zu lenken, denn so kann es dazu kommen, daß Zusammenhänge nicht ohne Weiteres erkannt werden.
Zitat:
Sobald ich eine selbständige Handlung (ausserhalb unseres Wohnraumes) von ihm erwarte, kommt die Überforderung.
Kannst du das näher möglichst interpretationsfrei beschreiben?
Zitat:
Zu Beginn (vor 1,75 Jahren) zeigte er bei Überforderung Autoaggressionen.
Siehe oben, vermutlich nahm er sie bei erheblicher Überlastung vor, wohingegen er sie bei nur starker Überlastung noch nicht vornahm.
Zitat:
Er sagt aber nichts
Das würde ich als nicht ungewöhnlich einordnen, ich finde die Kommunikation mit dir bisher auch etwas anstrengend, da wird ein autistisches Kind wohl irgendwann teilsweise die Kommunikation einstellen.
Zitat:
und zeigt auch kein Verhalten, das darauf schliessen lässt.
Vielleicht ja doch und du siehst es nur nicht? Daher wären interpretationsfreie Beschreibungen alltäglicher Situationen hilfreich.
Zitat:
Er ist überfordert bei jedem Gang, den er alleine hinter sich bringen soll. Etwas holen im Keller ging bis vor einem halben Jahr noch nicht, jetzt problemlos.
Wenn er für sich etwas aus dem Keller holen will?
Zitat:
Das Gleiche erlebten wir beim Tisch decken, etc.
Ich würde dazu raten ihm künftig soetwas nicht mehr abzuverlangen, es sei denn er macht es aus freien Stücken.
Zitat:
Nun erlebt er natürlich bei jeder Aktionsradiusvergrösserung, eine Überforderung, bis er diese Aktivität ohne Begleitung ausführen kann.
Das wäre aus meiner Sicht für einen Autisten so untypisch, daß es mir unwahrscheinlich scheint, daß dem so ist wie geschrieben. Vermutlich beziehst du dich eher auf die Bereiche, in denen du ihn gängelst, was du sehr ausgiebig zu tun scheinst und auch kaum als nicht selbstverständlich zu erkennen scheinst.
Zitat:
Wir bringen ihn vielleicht 1-2 x pro Woche an diese Grenze.
Geplant?
Zitat:
Eine ander Überforderung könnte durch seinen Gesundheitszustand sein. Er hat eine starke Neurodermitis, die Hände sind durch seinen Waschzwang, dauernd entzündet und offen.
Sicherlich spielt soetwas auch eine Rolle, wird aber autistische Wahrnehmung nicht grundlegend verändern. Was ist das für ein "Waschzwang"? Was ist Ursache und was Wirkung?
Zitat:
Wir sind bei ihm auf einer Gratwanderung zwischen Schutz und Begleitung, den er einfordert und braucht und loslassen können (was er nicht will).
Was tut er, wenn er seine Zeit frei gestalten kann? Was interessiert ihn?
Zitat:
Am einfachsten wäre es, ich würde ihn bei allen Gängen begleiten, dass gäbe ihm Ruhe und Sicherheit.
Oder du brauchst es eher für dich ihn zu gängeln? Den Eindruck habe ich bisher nämlich eher.
04.05.11, 12:40:05
zoccoly
Da ich aber möchte, dass er zu einem selbständiges Menschenkind heranwachsen kann, muss ich ihn leider immer wieder über seine Grenzen führen.
Warum denn?
Mein Sohn hat selbst seinen Aktionsradius erweitert, so dass es mir damals fast schon zu weit ging.
Ich glaube, hätte ich ihn dazu gezwungen, wäre er verängstigt gewesen und weniger selbstbewusst.
Warum lässt man Kindern nicht einfach die Zeit, die sie benötigen?
04.05.11, 13:28:12
haggard
Nun erlebt er natürlich bei jeder Aktionsradiusvergrösserung, eine Überforderung, bis er diese Aktivität ohne Begleitung ausführen kann.
Das wäre aus meiner Sicht für einen Autisten so untypisch, daß es mir unwahrscheinlich scheint, daß dem so ist wie geschrieben.
für mich ist so etwas absolut typisch. (nur dass gewisse aktivitäten ohne absolut verlässliche begleitung - sei es durch mensch oder tier - lediglich ein "zusammenreißen" an der belastungsgrenze darstellen, das durch winzigste faktoren sofort in handlungsunfähigkeit oder panikattacke umschalten kann bzw. die stressintoleranz in form von reizüberflutung auch innerhalb kürzester zeit vorhanden ist.)
oder wie meinst du das "untypisch", 55555?
04.05.11, 13:37:55
Antika
Mein Sohn ist zu einem selbstständigen Menschen herangewachsen, und ich bin es auch. Und so ist es einigen anderen Autisten auch ergangen, weil sie das Glück hatten dass man ihnen die nötige Geduld und die benötigte Zeit zugestanden hat.
Viele andere Autisten hatten/haben da aber leider nicht so viel Glück.
04.05.11, 13:41:48
55555
Die Kernfrage ist nun wohl was eine "Aktionsradiusvergrößerung" ist. Z.B. bei Autisten, die ständig (wohl meist mit gutem Grund) physisch von zuhause flüchten scheint das eine Abwägungssache zu sein. Eine Begleitung ist dabei offensichtlich auch nicht vorhanden. "Aktion" kann vielerlei sein. Vorsichtiges Erkunden mit Überforderung gleichzusetzen fände ich auch verfehlt.
04.05.11, 13:44:11
Mama
geändert von: Mama - 04.05.11, 13:46:03
Nun erlebt er natürlich bei jeder Aktionsradiusvergrösserung, eine Überforderung, bis er diese Aktivität ohne Begleitung ausführen kann. Wir bringen ihn vielleicht 1-2 x pro Woche an diese Grenze. Wenn er von der Schule zu müde ist lassen wir es sein.
Wie gutmütig von Euch.
Edit: Und Kinder schmeißt man auch ins Wasser damit sie schwimmen lernen!!!
04.05.11, 15:18:53
monica62
Die Diskussion läuft hier völlig aus dem Ruder. Ich muss mich schlecht ausgedrückt haben, jedenfalls lest ihr aus meinen Zeilen etwas anderes, als das, was ich mitteilen und beschreiben wollte. Was ihr antwortet und denkt, findet so bei uns definitiv nicht statt.
Ich versuche Situationen, die ich mit meinem Kind tagtäglich erlebe, und die ich mit ihm "trainiere" (es ist kein Abrichten), besser zu umschreiben. Ich glaube, ich benütze Schlüsselwörter, die für euch negativ gefärbt sind und für mich eine andere Bedeutung haben.
Nun braucht mich mein Sohn geschwind für seine Hausaufgabe. Bis später