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03.02.11, 14:06:24

an3010

Nein , wird nicht immer verstanden.
Ich habe einen Kollegen ,der geht immer ganz dicht an mich ran und ich weiche zurück.
Und er geht immer hinterher.
Manchmal denke ich ,der muß doch merken ,dass du vor ihm weggehst.
03.02.11, 14:32:54

Schneekugel

So einen Kollegen haben wir auch, an und für sich ist er eh nett, bleibt aber erst ab 0,5 Meter Distanz stehen oder setzt sich so nahe an einen heran. Das Problem ist dann einfach der Körpergeruch der dann viel zu intensiv ist, in seinem Fall jetzt eh nichts schlimmeres als ein mildes After Shave und Keksgeruch aus dem Mund, aber auf die Distanz einfach zu intensiv.

Ich hab dann immer die Hand unter der Nase, als würde ich mich auf sie aufstützen, hab mir aber auch schon gedacht, dass er das doch merken müsste.
03.02.11, 15:33:34

Fundevogel

baum: Ja, das "Baggern" war für die Situationen gedacht, in denen massiv zurück gewiesen werden muss.

Ansonsten: Warum sollte man nicht umgänglich sagen "Bitte berühren Sie mich nicht... das ist mir unangenehm?!"

an3010 und Schneekugel: Ich habe diese "verletzende" Nähe nur bei Männern erlebt, die es mögen, so nahe wie möglich in den Gerüchen der Frau zu sein. Es ist eine Form von Annäherung, die mißbräuchlich ist, aber nicht so gedeutet wird, "weil ja eigentlich nichts passiert".
03.02.11, 18:52:05

55555

Zitat von an3010:
Manchmal denke ich ,der muß doch merken ,dass du vor ihm weggehst.

Dann tust du es wohl nicht deutlich genug? Zu deutlich wäre allgemein wohl wieder nicht sinnvoll, aber mancher braucht es vielleicht etwas auffälliger um es nebenbei wahrzunehmen? Aber ich habe kein Patentrezept dazu, wenn es überhaupt eins geben kann.
04.02.11, 10:59:26

an3010

Ich laufe richtig rückwärts und stelle mich hinter einem Stuhl oder einen Tisch ,aber er schiebt sich hinter her.
Das Problem ist , ich bin seine Vorgesetztin und weiß nicht ,wie ich es ihm sagen soll .
er macht dies auch bei Männern, hat keine Grenze.
Bei der Begrüßung mit der Hand hält er auch ganz lange die noch fest , wenn er spricht. Ich habe mir angewöhnt , besonders hart die Hand zu geben ,die meisten zucken dann zusammen und lassen gleich wieder los.
04.02.11, 11:56:40

55555

Hast du es ihm schon direkt sachlich und freundlich-bestimmt gesagt, daß du es nicht magst, wenn jemand dir so nahe kommt und er künftig auseichenden Abstand zu halten hat? Wenn er sich manchmal nicht daran hält vergißt er es vielleicht, dann könntest du ihn ermahnen. Wenn er sich gar nicht darum schert könntest du ihn langsam wegschieben und bei weitergehender Penetranz mal bei entsprechenden Stellen im Unternehmen über diesen Menschen beschweren. Als Vorgesetzter kann man da wohl schon auf eine gewisse Position bauen.
04.02.11, 15:41:29

an3010

Habe ich noch nicht , bisher hatte ich mich davor gescheut.
Meistens empfange ich ihn in meinem Zimmer und biete ihm einen Sitzplatz an.
04.02.11, 19:52:43

Fundevogel

Informationen zu angebrachter Distanz:
http://www.absolventa.de/karriereguide/koerpersprache/naehe-distanz
http://de.wikipedia.org/wiki/Proxemik
06.02.11, 18:19:15

an3010

Ich denke , dass ich mich deshalb nicht traue ,weil ich dann meistens gelähmt bin.
Immer ,wenn mir einer zu nahe rückt oder mich einfach anfasst , bin ich wie erstarrt.
Es gibt Menschen ,die kann ich umarmen und dann gehe ich selber aktiv hin , um es zu machen , damit ich es selber mache und nicht der andere.
07.02.11, 11:31:49

baum

Zitat:
wie sehen bei letzterem die weiteren interventionsmöglichkeiten aus? pseudointerventionsmöglichkeiten müssten wohl entwickelt werden?


Was meinst du mit Pseudointerventionsmöglichkeiten?

Allgemein ist die "Intervention durch körperliche Nähe" auf Verhaltensuaffälligkeiten bezogen, sie sich hier der Definition nach ganz klar von Zwängen o. ähnlichem unterscheiden. (Bsp. in der Schule: 2 Schüler schwatzen die ganze Zeit, der Lehrer möchte intervenieren und nicht gleich rumschreien/schimpfen).
[Vgl. Definition von Myschker: „Verhaltensstörung ist ein von der zeit- und kulturspezifischen Erwartungsnorm abweichendes maladaptives Verhalten,
das organogen und / oder milieureaktiv bedingt ist,
wegen der Mehrdimensionalität, der Häufigkeit und des Schwergrades
die Entwicklungs-, Lern- und Arbeitsfähigkeit sowie das Interaktionsgeschehen in der Umwelt beeinträchtigt
und ohne besondere pädagogisch-therapeutische Hilfe nicht oder nur unzureichend überwunden werden kann.“]

Das ganze ist in mehrere Stufen gegliedert, Intervention durch körperliche Nähe liegt dabei etwa in der Mitte.
Die Stufe davor beschriebe "Eingriff durch Signale", also beispielsweise eine Triangel, die angeschlagen wird.

Die "Intervention durch körperliche Nähe" beschreibt dann zum einen das sich räumliche Nähern, oder die Hand auf den Arm/die Schulter legen, um so die Aufmerksamkeit derjenigen Person zu erzielen und so dem "auffälligen Verhalten" entgegenzuwirken. Dieser direkte körperliche Kontakt kann auch beruhigend wirkend gemeint sein, also wie eine Art "Stopp-Schild", wenn ich das richtig verstanden habe.

Die folgende Stufe beschreibt dann das "Engagement in einer Interessengemeinschaft", also beispielsweise denjenigen, der das "störende Verhalten" zeigt, in eine kleine Arbeitsgruppe mit einbinden, in der dann die Gruppe dieses Verhalten verhindert/löst.

Ich sehe den Haken an der Sache ganz klar darin, dass die Definition von "Verhaltensauffälligkeit" noch so "toll" definiert sein kann, aber dann in der Praxis konkret zu unterscheiden, wann es für jemanden hilfreich ist, eine solche Methode anzuwenden, und diese ihm tatsächlich hilft, sich zurechtzufinden und zu orientieren (v.a. oft bei Kindern) oder wann das Verhalten nicht erworben/entwickelt wurde, weil der/diejenige es nicht besser wusste/gelernt/beigebracht bekommen hat (um es ganz plump auszudrücken; bsp. höflichkeit/allgemeines benehmen), oder wann das "auffällige Verhalten" Reaktion auf für den/die Betroffene/n belastende Missstände ist, gelingt wohl den wenigsten.

Bei mir würde die Methode mit der körperlichen Intervention zwar mit Sicherheit funktionieren, aber nur sehr negtiv behaftet. Ich würde mich, wie an3010 es beschrieben hat, wie gelähmt fühlen, wäre erschreckt und völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Brauch dannn immer kurz, um mich neu zu orientieren/zu "sammeln".

Fundevogel: Aus dem zuletzt genannten Grund fällt mir das sehr schwer. Wenn ich den anderen dann so direkt anspreche, habe ich das Gefühl, ich würde ihn noch näher an mich ranlassen. Auch finde ich es sehr schwierig, dass dann "nett" zu sagen, weil ich, wie beschrieben, völlig aus dem Konzept gebracht bin. Bis ich antworten würde, wäre der richtige Zeitpunkt wohl verstrichen oder ich wäre vorher sehr unfreundlich/barsch.
07.02.11, 13:39:56

haggard

geändert von: haggard - 04.06.12, 09:30:01

was du in eckigen klammern geschrieben hast, praktisch dafür "interventionen" beschreiben, die in wirklichkeit keine interventionen im sinne von solchen interventionen wären, sondern wirklich positiv/hilfreich (für autisten).

fachleute, eltern etc. scheinen immer wieder das gefühl zu haben oder die einstellung, dass es mit für autisten guten interventionen ihnen nur recht gemacht würde. recht gemacht zu irgendetwas, auf das autisten keinen anspruch hätten. (konflikt zwischen, was andere menschen für normal halten und autisten sich auch gefälligst so zu verhalten hätten und dem, was wie du unten beschriebst, für autisten eher schädlich ist).
07.02.11, 13:57:21

Antika

Ich finde es unhöflich wenn mir jemand zu nahe kommt, und mich womöglich auch noch anfasst. Das lasse ich nicht zu und sage dies auch sehr deutlich. Es ist mir einfach egal, wenn ich dann auf den anderen unhöflich wirke.

Als eine Vorgesetzte würde ich mir dies erst recht verbitten. Ich hatte auch mal 20 Mitarbeiter unter mir, aber da ist mir keiner von denen zu nahe gekommen. Ich wurde zwar nicht von allen gemocht, dennoch kamen wir gut miteinander klar.
 
 
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