Was muß ich tun?
07.12.09, 14:07:19
[55555]
Habe nun im Freischaltungskandidatenbereich freigeschaltet, was ich zwischenzeitlich vergessen hatte. Sorry.
10.12.09, 20:43:15
Mama
geändert von: Mama - 10.12.09, 20:43:56
Habe nun endlich die Bewilligung der Kostenübernahme für eine Therapie durch die Stadt bekommen. Werde mir erst nochmal ganz genau anhören, was das Therpiezentrum vorschlägt. Ich habe eure Meinungen zu den Therapien gelesen und überdacht. Ich werde nicht zulassen, das Mike gemobbt wird und ihm eingeredet wird er mache Dinge falsch oder wäre nicht "normal". Es geht mir bei der Therapie nur darum, das er lernt seine Wut, seinen Streß anders abzubauen, als durch verbale Ausbrüche. Denn das ist momentan etwas was ihn wirklich "behindert".
Zum Thema Schule, dort habe ich einen Antrag auf GU gestellt (gemeinsamen Unterricht) in einer Integrationsklasse. In unserer Stadt ist das nur auf einer Hauptschule möglich (Leider!). Mike wird vom Stoff her unterfordert sein, aber auch da wird es eine Lösung geben. Werde auch noch einen Integrationshelfer (es heißt momentan, glaube ich, Schulbegleiter) beantragen.
Ich werde keinen "Behindertenausweis" beantragen und auch keine Pflegestufe. Er ist nicht behindert, er wird nur behindert. Ich nehme kein "Schweigegeld" an; ich und mein Mann werden für die Rechte unseres Sohnes kämpfen.
Zu dem Thema Internat wollte die Dame vom Jugendamt sich nicht mehr äußern, da "wir" nun eine Lösung für die Beschulung gefunden haben und die Stadt sparen muß.(So waren Ihre Worte)
Die Zukunft sieht nicht rosig aus, aber im Moment kann ich keine spitzen Dornen erkennen.
11.12.09, 12:47:05
55555
geändert von: 55555 - 11.12.09, 12:47:49
Es geht mir bei der Therapie nur darum, das er lernt seine Wut, seinen Streß anders abzubauen, als durch verbale Ausbrüche.
Genau das meinen Therapeuten auch oft zu tun, es wird dir also wohl als Ziel bestätigt werden. Dennoch: Es ist ein Unterschied Menschen zu Fügsamkeit zu erziehen und dadurch zu erreichen, daß sie sich auch nicht mehr gegen für sie unangenehme Situation wehren und dann in ein eher dämmeriges Leben gleiten oder die Ursachen anzugehen, für Barrierefreiheit bezüglich der tatsächlichen Ursachen im Umfeld zu sorgen und damit die diese Reaktionen wohl hervorrufende Dauerbelastung zu reduzieren, damit er weniger unter Druck steht. Das wird eine Autismustherapie praktisch nie auch nur ansatzweise leisten.
Zitat:
In unserer Stadt ist das nur auf einer Hauptschule möglich (Leider!). Mike wird vom Stoff her unterfordert sein, aber auch da wird es eine Lösung geben.
Das ist ganz schlecht. Derzeit bin ich dabei die anderen davon zu überzeugen das Onlineschulprojekt grundlegend zu ändern. Wenn das gelingt wird die neue Maxime keine Onlineschule als Schule mehr sein, sondern eine Onlinebeschulung in üblichen Klassen. Generell sehe ich gute Chancen das durchzusetzen, von Bundesland zu Bundesland mit verschiedenem Aufwand.
Eine Hauptschule ist schlecht, weil auch die Mitschüler dort oft brutaler sind und geistig zu ihm wohl weniger Zugang haben werden.
Zitat:
Werde auch noch einen Integrationshelfer (es heißt momentan, glaube ich, Schulbegleiter) beantragen.
Mach das ruhig erstmal, man kann dann vorrechnen, daß eine wirklich barrierefreie Beschulung auch nicht teurer käme, aber qualitativ weit besser wäre. Was taugt euer Diagnostiker? Würde er entsprechende Atteste schreiben hinsichtlich Onlinebeschulung in der Regelschule? Viele die Ahnung haben tun das meiner Erfahrung.
Zitat:
Er ist nicht behindert, er wird nur behindert.
Darüber macht die rechtliche Definition im deutschen Recht meines Wissens keine Aussage, ich finde sie gar nicht so schlecht.
Zitat:
ich und mein Mann werden für die Rechte unseres Sohnes kämpfen.
Tut es am besten an der richtigen Stelle.
Zitat:
Die Zukunft sieht nicht rosig aus
Auf der Hauptschule nicht, ja.
11.12.09, 13:29:58
haggard
als brutaler würde ich hauptschüler nicht bezeichnen.
11.12.09, 15:10:14
55555
Naja, Schüler werden auch wegen ihrem Verhalten dorthin geschickt. Sieht man ja an dem Beispiel oben ganz gut. Die Hauptschule als Restschule, wo die Doofen und Bekloppten hinkommen. Da sie woanders nichts zu suchen haben bekommen sie auch nur dort "Unterstützung" (= eigentlich schlechter Ersatz für mangelnde Barrierefreiheit auf die eigentlich ein Recht besteht).
11.12.09, 16:16:43
haggard
geändert von: haggard - 11.12.09, 16:18:10
mag sein, dass dort vielleicht viele menschen anzutreffen sind, die für andere menschen schwierig sind. deswegen sind sie jedoch nicht gleich brutaler als andere schüler.
vielmehr finde ich, dass an hauptschulen ein besser menschlicher "durchschnitt" besteht, als an anderen schulformen.
wenn die schüler realisieren, dass sie mit der art ihrer schule faktisch so gut wie keine chancen haben für die zukunft, wenn sie nicht alles viel länger und umständlicher nacharbeiten, was anderen linear möglich ist, werden sie frustriert. was das dann wieder für persönliche konsequenzen hat, ist wieder etwas anderes und hat meines erachtens nichts damit zu tun, ob ein grundschüler plötzlich einer hauptschule zugeteilt wird oder einem gymnasium. von der ausgangsposition her wäre die möglichkeit hauptschüler oder gymnasiumschüler der gleiche grundschüler. sind über die hälfte der grundschüler brutal? aus meiner damaligen klasse verprügelten mich nur zwei von 25 bis 30. auf der realschule war es nur ein schüler von was weiß ich wie vielen, die dort zur schule gingen (besuchten noch nicht einmal die gleiche klasse) oder irgendwelche jugencliquen kamen vorbei und verprügelten wahllos irgendwen. das könnten genauso gut auch welche von umliegenden gymnasien gewesen sein, weil sie vielleicht keine eins erhielten...
...vielleicht schreibe ich später noch mehr. ich war für ein kurzes projekt nur an einer hauptschule als gast. die atmosphäre dort fand ich so gut, dass ich am liebsten dort geblieben wäre. hatte den eindruck, dass die menschen dort noch menschen waren und keine leistungen.
11.12.09, 20:07:01
55555
Gut, ich will nicht den Anschein erwecken als wäre ich Hauptschulexperte, auch wenn ich selbst damals dafür empfohlen wurde.
11.12.09, 20:20:34
Mama
Hallo 55555, bitte sei nicht so hart mit mir. Ich bin erst seit kurzer Zeit hier angemeldet und es gefällt mir auch gut. Aber ich muß das nehmen was ich kriegen kann. Ich habe doch beschrieben wie Mike ist. Du sagst Therapien laufen oftmals falsch und können katastrophale Folgen haben. Dem stimme ich zu. Aber dennoch ist es nicht richtig, das mein Sohn Beschimpfungen auspricht. Er muß es lernen. Ich kann ihm nicht vermitteln, das diese Worte verletzend sind. Er kann die Gefühle anderer Menschen noch nicht erkennen, er merkt nur, das durch diese Worte etwas passiert. Er schafft es aber noch nicht zu verstehen, das diese Worte andere Menschen auch wütend machen können. Deshalb muß er es lernen, um sich selbst zu schützen. Ich kann nicht immer da sein. Ich möchte das er nicht so viele Probleme im Leben hat. Die Gründe warum Mike diese Ausbrüche hat sind Streß, Enttäuschung, Wut und Trauer. Er selbst weiß diese Gefühle nicht einzuschätzen, er fühlt nur eine Welle. Mike kann Realität und Fantasie nicht auseinanderhalten. Er kann keine Filme schauen ohne danach von schrecklichen Albträumen geplagt zu sein. Ja sogar Hörspiele können eine verheerende Wirkung haben. Natürlich kann ich all diese Dinge von ihm fernhalten. Aber fange ich dann nicht an ihn zu behindern? Ich möchte auch nicht zu jedem den er beleidigt hat, hingehen müssen um zu sagen das er Autist ist.
Die Sache mit der Hauptschule finde ich auch nicht so toll, aber es ist ein Anfang. Alternativen wären Förderschulen oder aber Behindertenschulen, wo ich ihm einen amtlichen Stempel aufdrücken müsste. Das möchte ich ganz bestimmt nicht und wenn ich dich richtig verstehe ist das auch deine Meinung.
Wenn meine Tochter anfängt zu wüten und zu schreien, wozu jeder Mensch das Recht hat, ist es für Mike sehr schwer. Er läuft dann rum, wie ein Tiger im Käfig, schreit, randaliert und versucht sich selbst zu verletzen. Er muß lernen damit umzugehen. Denn die Alternative wäre, wir könnten nicht mehr als Familie zusammenleben. NEIN! Mike ist unser Sohn und er bleibt bei uns. So sieht die Realität aus.
Bitte hilf mir einen starken Rücken zu bekommen.....
Anbei, wir haben keinen Diagnostiker bzw. Arzt mehr, da dieser uns mitteilte für einen Autisten könne er nichts mehr tun. Ich kümmere mich um alles selber. Ich wurde nicht aufgeklärt, mir wurde nicht geholfen. Weißt du, 55555, mir ist egal ob Mike mit 20 noch zur Schule geht, für mich ist wichtig das er glücklich ist. Und ich messe dies nicht an Leistung, Geld oder desgleichen. Mir ist nicht wichtig ob jemand reich ist oder besonders schlau, für mich ist wichtig ob mein Gegenüber Wärme ausstrahlt und ich mich bei ihm wohlfühle.
11.12.09, 23:14:10
haggard
geändert von: haggard - 11.12.09, 23:44:53
@Mama:
kennst du innere gefühle, wenn du dich von irgendetwas bedroht fühlst, oder dir etwas so unheimlich ist, dass du nicht weißt, was als nächstes geschehen wird?
wenn seine schwester herumschreit, könnte das so wahrgenommen werden. wäre bei mir jedenfalls so. wohin gehen, wenn das in der häuslichkeit geschieht, von menschen, denen man vertraut und die plötzlich unberechenbar sind? sicherlich kann man mit der zeit lernen, dass nichts schlimmes durch diese bekannten menschen geschehen wird. für mich sind ähnliche situationen trotzdem immer wieder ganz neu = an sich unbekannt.
kann dein sohn beschreiben, was ihn dabei so aufregt? (hätte ich wahrscheinlich nicht gekonnt.)
zu dem fernhalten von sachen:
meine mutter hatte sich immer allein kinderfilme angesehen oder hörspiele angehört um einzuschätzen, ob das zumutbar wäre. als in einem film der böse drache in eine schlucht fiel und im film die anderen glücklich waren, war ich verwirrt.
als ich mal zu weihnachten einen dinosaurier erhielt (ich sammelte alles mögliche zu dinosauriern und besaß bereits viele figuren), konnte bei diesem ein stück aus seinem körper entfernt werden. mir war kotzübel, konnte bis nach mitternacht nicht einschlafen und als ich endlich schlief, hatte ich alpträume von diesem dinosaurier. ich vergrub ihn im bettkasten. so etwas kann wohl nicht vorhergedacht werden.
11.12.09, 23:26:22
55555
geändert von: 55555 - 11.12.09, 23:27:51
Woher kommt bei dir nun der Eindruck der Härte?
Ich rate nicht pauschal von Diagnosen ab, es ist eine Sache, die man im Einzelfall entscheiden muß. Wenn man dadurch erreichen könnte, daß er barrierefreien Zugang zu einer begabungsgerechten Regelschule bekommen würde, dann wäre das für mich durchaus ein Argument, das es zu erwägen gäbe. Ein großes Argument dagegen ist ja eben die Aussortierung in das noch immer existierende an sich seit einigen Monaten im Grunde völkerrechtswidrige deutsche schulische Sortiersystem. Es ist immer eine Abwägung mit großem Gewicht und etlichen Unbekannten. Wir können das hier ja mal durchphantasieren, welche möglichen Szenarien sinnvoll sein könnten. Entscheiden tue ich das eh nicht.
Wieso überlegst du, ob du Dinge von ihm fernhalten darfst? Du kannst und sollst ihm Dinge anbieten (solltest ihn aber ihn nicht mit Dingen nerven), sie ihm prinzipiell zeigen. Wenn er dann weiß was es ist kann er selbst entscheiden was er will, oder? Hat das für dich etwas mit angestrebten Therapiezielen zu tun?
Wie kommst du darauf, er könne Realität und Fantasie nicht auseinanderhalten? Ich denke da schätzt du ihn wieder falsch ein, so wie viele von uns ähnlich falsch eingeschätzt wurden.
Wie wäre es mit einer Therapie für beide Kinder zusammen? Nur mal als Gedankenerweiterung, auch das kann genauso großer Mist sein, je nach Therapeut, dessen Weltbild (z.B. der Autist muß an allem Schuld sein) und Ansatz. Könntest du diese Streits näher einordnen? Sowas kommt ja durchaus auch in Familien aus NA vor, auch in solchen Familien sind Eltern mitunter psychisch am Ende - ganz ohne "Sonderfall".
14.12.09, 08:14:19
Mama
geändert von: Mama - 14.12.09, 08:14:52
Ich möchte nun einaml meine Fantasie spielen lassen, hinsichtlich einer geeigneten Schule:
Das ideale Schulsystem ist für mich die Gesamtschule. Bei dieser Schulform werden die Kinder genauso gefördert, wie es ihren Begabungen entspricht. Bei meinem Sohn liegen diese Begabungen auch, wie ich schon häufiger mitbekommen habe, im mathematischen und technischen Bereich. Desweiteren hat er ein fabelhaftes Erinnerungsvermögen und einen vorzüglichen Blick für´s Detail.
Nachteil dieser Schulform: die großen Klassen mit teilweise bis zu 30 Schülern gefüllt, lange Unterrichtszeiten, teilweise stündlicher Wechsel der Klassenräume bzw. der Mitschüler.
Geändert werden könnte man, mit dementsprechenden staatlichen Mitteln,
- die Klassengröße (maximal 12 Kinder pro Klasse)
- die Stundenzahl könnte verringert werden, wenn die Klassen kleiner sind, ist ein effizienteres Arbeiten möglich; der Schulstoff könnte schneller vermittelt werden
- hinsichtlich des Klassenraumwechsels und des Wechsels der Mitschüler, finde ich so einfach keine Lösung. Meine Idee dafür würde wohl jeglichen finanziellen Rahmen sprengen.
Was haltet Ihr davon?
Anmerkung: Auf die anderen Fragen gehe ich momentan nicht ein, 55555, da ich die Antworten aus anderen Threats noch verarbeite. ;)
22.01.10, 06:39:56
Mama
Habe gestern erfahren, dass das Schulamt ab sofort Anträge auf GU (gemeinsamen Unterricht) bis auf weiteres ablehnt, wenn bei einem Kind im Vorfeld Förderbedarf festgestellt wurde. Als Begründung wurde wohl Lehrermangel genannt. Das bedeutet in unserem Fall, das mein Sohn weiterhin auf die Förderschule gehen muß. Ich bin entsetzt darüber. Ich habe diesen Antrag im Dezember letzten Jahres gestellt und hoffe, das wir noch unter die alte Regelung fallen. Bekommen wir eine Ablehnung, werden wir Widerspruch einlegen. Folgt eine weitere Ablehnung werde ich mich an einen Rechtsanwalt wenden. Für mich geht diese neue Bestimmung nicht mehr mit dem Gesetz konform. Desweiteren bin ich mitlerweile gezwungen meinem Sohn den Behindertenstatus aufzudrücken und Pflegegeld etc. zu beantragen.