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Diagnose durch den Arzt bei Kindern = Start der bürokratischen Aussonderungsmaschinerie

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19.05.09, 13:33:50

Bluna

Ich finde man sollte der Tatsache Tribut zollen,dass deine Tochter (also die von sigi) es bis hierher/heute geschafft hat,sich durchzuschlagen.
Das meißte was ich für meine Tochter tun konnte war immer und immer wieder Selbstvertrauen aufbauen,damit sie gewappnet ist gegen Unverständnis und Mobbing.
Deine Tochter hat zwei Freundinnen?
Das hatte meine nie.
Sie will es aber auch gar nicht so,jedenfalls nicht in der Schule.Was würde sich denn deine Tochter wünschen,was sich für sie verändern soll,wenn überhaupt?
19.05.09, 14:34:56

die sigi

Ich glaube, ich mache mir einfach viel zu viele Gedanken und sollte überhaupt erst mal die Testergebnisse abwarten....
Aber die ganzen Überlöegungen gehen mir halt schon durch den Kopf und es tut gut, sich austauschen zu können.

Danke für deine ausführliche Antwort, sie hat mir sehr weitergeholfen.
Das mit den unterschiedlichen Lehrern habe ich auch schon angedacht.
Und sie geht ja ihren Weg und kommt ein wenig besser mit den Klassenkameraden klar.

Liebe Grüße,
sigi
19.05.09, 20:57:44

Hans

Nachdem Deine Tochter es schon soo weit geschafft hat,
wird sie mit Deiner Hilfe diese letzte Klippe(inkl. Pupertät) auch noch schaffen.
Da wäre so eine Diagnose und vor Allem deren Veröffentlichung falsch,
wenn man so nur als "sonderbar" gelten würde.
25.05.09, 16:26:59

die sigi

Dazu brauche ich die Diagnose wirklich nicht zu veröffentlichen, sie gilt auch schon so als sonderbar:(

Liebe Grüße,
sigi
28.05.09, 08:09:03

Hans

Na und, ich gelte auch als "sonderbar",
aber mit so einer Diagnose wäre die Schublade enger geworden.
Ich habe Freunde trotz und wegen meiner eigenen Art.
Mir hat ein väterlicher Freund mit 15 einen Rat gegeben,
der mir viel geholfen hat:
Es ist nicht nötig, daß der Hans sich ändert,
viel mehr sollte der Hans sein Publikum ändern.

Er meinte damit nicht ich solle die Menschen verändern,
vielmehr soll ich mir andere, "verständigere" Menschen suchen.
28.05.09, 09:32:21

die sigi

Das ist ein guter Tipp, den ich auch gerade lerne umzusetzen und parallel dazu lernt es Jutta auch und kommt immer besser zurecht in ihrem Leben.
Wie gesagt, erst mal abwarten, was die Tests ergeben und dann kann ich immer noch überlegen, was angebracht ist.
03.06.09, 23:51:20

Coyote

geändert von: Coyote - 04.06.09, 00:01:46

Zitat von die sigi:
Aber würde nicht das Verständnis, dass Jutta nicht anders kann und nicht nicht will, schon helfen, ihr dabei zu helfen, Kontakt mit den anderen aufzunehmen und weniger zur Zielscheibe für Spötteleien zu werden?

Ich denke da nicht so optimistisch. Nicht alle, aber viele werden dann sagen: "Ah, hab ich doch gewusst, dass die "Malle" ist" und lassen sie erst recht links liegen. Und leider gibt es immer Mitläufer. Wenn einige auch danach begreifen, warum sie so ist, wie sie ist, haben diese Angst aus ihrem "Rudel" zu treten, um dann nicht selbst ausgesondert zu werden.

Mein Sohn hat eine braune Hautfarbe und er wurde (von Erwachsenen!) massiv bedroht.
Er war zwölf Jahre alt und auf dem Weg zur Schule hielt ein Auto an. Der Beifahrer kurbelte das Fenster runter, richtete ein Gewehr auf den Jungen, zielte und sagte: "Jetzt knall ich dich ab, du Nigger!"
Der Kleine glaubte, dass er nun sterben muss, weil er so ist, wie er ist. Er rechnete damit in den nächsten Sekunden erschossen zu werden, das muss sehr schlimm gewesen sein.
Später erzählte dies sein Freund, der dabei war, in der Schule. Die Kids (Gymnasium) fanden das überaus lustig und äfften das "Schauspiel" nach (bis auf sein Freund, der bereut hatte, es zu erzählen)

Stell dir vor ich würde aufklären und sagen, was selbstverständlich ist: "Er ist braun. Ich erwarte, dass ihr ihn respektiert wie andere auch." Ob ich dies sage oder nicht, dass ändert nichts an ihrer Denkweise.
Da kann ich noch lange ähnliche Stories erzählen ...

An deiner Stelle hätte ich gar nicht überlegt. Für mich ist klar, dass sich kein Lehrer die Mühe machen würde, sich gut über Autismus zu erkundigen, um besser auf deine Tochter eingehen zu können. Wäre wünschenswert aber ist wohl eher nicht die Regel.

Ich und mein Mann haben mal versucht einem Schuldirekter sachlich und vernünftig zu erklären, dass in einem Deutschbuch nicht mehr das Wort `Neger´ stehen sollte. Null Verständnis. Es hieß, wir übertreiben, machen ein Theater um nichts. Es wäre doch nicht abwertend gemeint. Dass andere es doch so empfinden und es diskriminierend sei - egal ...dies kam von einem Schuldirektor!

Dies zum Verständnis der Mitbürger.

Manchmal denke ich, dass zwar Aufklärung sehr wichtig ist (ist es auch), aber, dass viele Menschen zu verkorkst sind und einfach immer wieder gerne ein Opfer suchen, um ihren Frust und Ärger, den sie von sonst wo haben, an einer labilen Person abzulassen und manchmal - so paradox es klingt, sogar noch von anderen in der Clique dafür Anerkennung finden.

04.06.09, 06:42:08

Hans

Zu dem Schuldirektor möchte ich sagen:
Lieber braune Haut als braun im Kopf!

04.06.09, 09:26:24

die sigi

Hallo,
über den Schuldirektor schüttel ich den Kopf bei so viel Braunheit in der Birne!
Da hat dein Sohn schlimmes durchgmeacht, als er so massiv bedroht wurde, wie geht er damit um? Wie geht es ihm jetzt?

Dem Lehrer, den sie jetzt als Klassenlehrer hätte ich es sagen können. Nur, wie so oft im Leben gehen die Guten weg.

Ich bin zu dem Schluss gekommen, nichts zu sagen, Jutta geht ja ihren Weg und das ganz gut mittlerweile, warum soll ich sie dann in eine Mitleidsecke drängen, die sie nicht nötig hat. Sie ist sie und das ist gut so.

Liebe Grüße, sigi
04.06.09, 21:46:55

Coyote

geändert von: Coyote - 04.06.09, 22:00:34

Zitat von die sigi:

Da hat dein Sohn schlimmes durchgmeacht, als er so massiv bedroht wurde, wie geht er damit um?
Wie geht es ihm jetzt?

Er konnte nicht mehr lachen!
Er hat von dem Tag an aufgehört, Kind zu sein!
Wir hätten sofort einen Nottermin beim Kinderpsychologen bekommen können, aber ich konnte ihn da nicht hinkriegen.
Er tat es als harmlos ab, sagte, dass der Typ ja nicht geschossen habe und ich es nicht dramatisieren solle. Doch er veränderte sich, dies hatte mehrere Gründe:

Es kam ja an diesen Tagen noch mehr dazu. Er hatte abstehende Ohren und wurde deswegen gehänselt. Als er daraufhin weinte, lachten sie alle.
Zudem war er vom Schulstoff überfordert. Konnte sich nicht mehr mit Freunden treffen, keine Freizeit und als begeisterter Sportler musste er bis Mitternacht üben und lernen.
So kam alles zusammen.
Ich sagte ihm, wir würden es schon schaffen.
Als Erstes - wenn es ihm denn so sehr stört - die Ohren "richten lassen". Hat geklappt und die K-Kasse hat bezahlt.
Dann runter vom Gymnasium auf die Realschule mit dem Wissen, nach der 10.Klasse mit evtl. entsprechendem Notendurchschnitt wieder aufs Gymn. kommen zu können.

Gesagt - getan und siehe da, alle Probleme waren gelöst.
Er hatte "schöne Ohren" (einer Mutter ist das aber egal), Zeit für Sport und Freunde und wieder gute Noten. Und auch die Klassenkameraden waren ganz anders, haben ihn sofort akzeptiert.
Aber so richtig lachen wie früher - das macht er kaum noch seitdem Vorfall mit dem Gewehr.
Okay, er kam in die Pubertät, da ändert sich sowieso vieles, aber dieses reine, freie schöne Kinderlachen war weg!

Ich weiß jedenfalls, dass Menschen, wenn man sie alleine antrifft, immer einsichtig und vernünftig erscheinen. Aber in einer Gruppe sind sie Mitläufer und übernehmen die Meinung derer, um "in" oder "cool" zu sein.
Nicht nur Kids, auch oder gerade Erwachsene.
Ich bin ein sehr mißtrauischer Mensch geworden, weil die meisten nicht ehrlich sind, sondern gerne so tun.
Ämter, Lehrer, Ärzte, Behörden - alle erzählen "Märchen"
Na gut - nicht alle, aber sehr viele.

Heute sagt er, dass er wegen dem Vorfall kein Problem habe.

Und was Diagnose angeben betrifft. Nachdem er für einige Monate eine schwere Psychose hatte, wollte er auf eine andere Schule. Die jedoch lehnte ihn genau deswegen ab. Vielleicht haben sie gedacht, er könne ein Amokläufer sein/werden.
Und wie denken Behörden Ärzte, Lehrer ect. über Autismus? Sie wissen natürlich alle genau, was das ist. Das geht dann von angebl."gespaltener Persönlichkeit" bis sonst wo hin. Haben sie vielleicht mal in einem Spielfilm gesehen und was verwechselt ...
06.06.09, 13:43:56

[55555]

[Eine Abschweifung wurde hierhin ausgelagert, mfg [55555]]
10.08.09, 19:43:41

elbi

@5555: Dein Artikel zu Anfang spiegelt genau das wider, was ich als Zukunft für meinen Sohn befürchte.
Der Neurologe im SPZ meinte nämlich, dass Jan wohl kaum in der Regelschule zurecht kommen würde, selbst mit Integrationshilfe nicht.
Vielleicht gerade noch Integrativschule.
Eher Sonderschule (oder Förderschule wie das heute heißt - da habe ich durch die Sonderschulzeit meines Bruders sehr schlechte Erfahrungen gemacht).
Dort könnte er lernen, selbst zu kochen, einzukaufen oder mit dem Bus zu fahren... ähm, genau das kann ich ihm auch selbst beibringen - wir haben schon oft gemeinsam gekocht, eingekauft und sind auch mit Bus, Zug oder Straßenbahn gefahren.

Und Jan ist erst vier Jahre alt, er ist aufgeweckt und interessiert (kleiner Forscher sage ich da immer), da kann sich doch noch so viel entwickeln, selbst die Sprache.

Zum Glück steht bei ihm immer noch der "Verdacht" und der Kinderarzt meinte, wir sollten das ruhig so stehen lassen, damit er nicht von Anfang an in "eine Schublade gesteckt wird".

Aber die richtige Schule zu finden, die sein Andersssein akzeptiert und ihn dennoch gut fördern kann, wird schon schwer werden.
 
 
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