Grundsatzfragen "krank" vs. autistic pride
01.12.10, 16:28:40
55555
Gibt es konkrete Erfahrungen, die dich dazu bringen uns gewissermaßen zu mehr Passivität aufzurufen?
Jammern und Klagen führt nur in die Ecke, in die die anderen uns haben wollen.
Das sehe ich ganz anders, wer in dieser Gesellschaft nicht energisch die einenen Interessen vertrtitt und unbequem wird, der wird vergessen. Solche Diskussionen hat es meines Wissens auch in anderen Minderheiten gegeben, manche Sklaven wollten erst auch gar nicht frei sein, weil sie nicht wußten, wie man so leben soll. Wir kommen nicht um Konfrontationen herum denke ich und ich sehe auch gar keinen Grund jetzt passiver zu bleiben oder der Mehrheit sachwidrig nach dem Mund zu reden, um gefälliger zu wirken.
01.12.10, 16:41:09
haggard
geändert von: haggard - 01.12.10, 21:20:34
@Autor:
1. regel: nichts interpretieren.
2. regel: GFK
3. regel: barrierefreiheit.;)
edit:
nimmst du es als jammern und klagen wahr, wenn man seine rechte einfordert und (meinetwegen auch mit dem vorschlaghammer) sensibilisiert für die rechte gleicher?
01.12.10, 17:07:35
zoccoly
es wird ein hartes, zähes, langwieriges Ringen um jedes einzelne Zugeständnis werden. Die Gesellschaft ist nicht so gestrickt, daß sie Forderungen, und seien sie noch so berechtigt, einfach nachgibt. Die müssen durchgesetzt werden. Mühsam, mit Rückschlägen, Enttäuschungen und immer neuen Anläufen.
genau und das machen wir gerade, hier im Forum und auch außerhalb
Zitat:
Jammern und Klagen führt nur in die Ecke, in die die anderen uns haben wollen.
Hast du den Eindruck, wir nutzen das Forum dafür?
Schau mal nach unter der Rubrik ESH
01.12.10, 17:19:48
Autor
Hallo zoccoly,
diesen Eindruck habe ich nicht, aber ich kann lesen.
01.12.10, 17:28:01
Mama
Aber nicht überall ;)
01.12.10, 17:31:06
Autor
Hallo Antika,
das konnte ich nicht wissen! Solche Äußerungen sind kriminell. Ich denke, die so etwas sagen, wissen eigentlich gar nicht, was sie da absondern. Sich davon nicht beeindrucken zu lassen ist sicher nicht möglich. Dennoch: extreme Einzelmeinungen wird es immer geben
01.12.10, 17:51:47
Antika
Hallo Autor,
sind das wirklich extreme Einzelmeinungen? Autismus wird von NA ja als Krankheit angesehen, die es gilt zu heilen. Aber da man auch weiß, dass Autismus unheilbar ist, wird man alles versuchen um dieser unheilbaren Krankheit in den frühen Anfängen zu begegnen.
Warum sollte sich da die Gesellschaft noch die Mühe machen Autisten zu akzeptieren. Da steckt man lieber viel Geld in die Forschung, als dass man endlich anfängt Autisten so zu nehmen wie sie sind. Nämlich Menschen die einfach anders sind als andere, aber nicht krank. Da gibt es nichts zu heilen.
Ich kann hier auch nicht überall lesen, aber da wo ich lesen kann, habe ich nicht den Eindruck gewonnen dass dieses Forum zum Jammern und Klagen benutzt wird.
01.12.10, 18:21:49
Autor
Hallo Antika,
ich gehe davon aus, daß es Einzelmeinungen sind, schlimme zwar, aber keine Mehrheitsmeinung.
Solche extrem radikalen Äußerungen müssen immer auch vor dem Hintergrund gesehen werden: wer hat es wann gesagt? Da spielen viele Parameter eine Rolle( sozialer Status, Bildung, weltanschauliche und religiöse Überzeugungen, Alkoholisierungsgrad usw.). Das alles entschuldigt aber diese verbale Entgleisung nicht.
Die Überwiegende Mehrheit der Deutschen wird das nicht unterstützen, da bin ich sicher. Viel größere Probleme sehe ich in der Unwissenheit, in gefährlichem Halbwissen und in der Gleichgültigkeit großer Bevölkerungskreise. Wenn selbst die Mehrheit aller Allgemeinmediziner und Hausärzte kaum Ahnung davon hat, was Autismus eigentlich ist, wie soll das erst der Mensch und Bürger mit mittlerer Schulbildung begreifen? Und was man nicht begreift, das ist einem unheimlich, das macht einem Angst. Das ist das klassische Muster, wie Ausgrenzungen und Stigmatisierungen entstehen.
Ich wiederhole mich: dagegen anzugehen wird nur durch beharrliche, geduldige und nachhaltige Aufklärungsarbeit gelingen. Fast 500 Jahre lang wurden offiziell "Hexen" verbrannt. Wir haben gute Chancen, die Verteufelung des Autismus in ein paar Jahren einzudämmen.
01.12.10, 19:14:27
Antika
Hallo Autor,
und ich habe leider die Erfahrung machen müssen, dass dies keine Einzelmeinungen sind.
Das ist zwar schon einige Zeit her wo man mir das gesagt hat, aber dennoch nicht lang genug her um es vergessen zu haben. Das waren auch keine Menschen die es im "Suff" gesagt haben oder weil es Streitigkeiten gegeben hatte. Es waren die eigenen Verwandten/Familienmitglieder die ich um Hilfe gebeten hatte. (Möchte da jetzt aber nicht genauer drauf eingehen.) Von Studierten sollte man doch wohl annehmen, dass sie gebildet sind. Von katholisch getauften Menschen hätte ich so was auch nicht erwartet. Da waren ja noch solche Äußerungen wie "du solltest dich mal freiwillig in die Irrenanstalt begeben, da tust du deiner Familie einen großen Gefallen mit" noch "schmeichelhaft."
Ich bin auch für Aufklärungsarbeit, aber wann will man da denn mit anfangen, wenn nicht jetzt? Wahrscheinlich noch mal 500 Jahre ins Land ziehen lassen.
(Mit meiner Familie habe ich seit zwei Jahren keinen Kontakt mehr. Für die existiere ich eh nicht.)
01.12.10, 22:20:47
55555
Hexenverbrennungen gab es hier schon vor dem Einzug des Christentums, also weit länger als 500 Jahre.
Nach meinem Eindruck befürwortet noch immer eine satte Mehrheit der Bevölkerung ganz allgemein "Euthanasie" an Behinderten, die nicht erst im Laufe ihres Lebens in eine behinderte Bevölkerungsminderheit geraten sind. Sehr beliebt ist derzeit ja vorgeburtliche Eugenik, die weniger grausam erscheint, aber kaum weniger problematisch sein dürfte.
01.12.10, 23:25:09
Gabi
geändert von: Gabi - 01.12.10, 23:26:39
Niemand hat das Recht egal welche Bildung und egal welche Weltanschauung oder Religion unmenschlich zu sein.... jeder beharrt auf sein recht auf Menschlichkeit und genau so haben auch Autisten ein Recht auf Menschlichkeit daran gibt es für mich nichts zu rütteln ! Es ist niemandem zuzumuten unmenschlich behandelt zu werden und abzuwarten bis irgendjemand sich mal Gedanken drüber macht oder auch nicht...hier leiden Menschen darunter das ihnen keine Beachtung geschenkt wird es gibt da einen Spruch ich weiß nur nicht wer ihn gesagt hat aber
Es ist nicht das schlimmste
auf dieser Welt
gehasst zu werden.
Nicht beachtet zu werden
...das ist das Schlimmste !
Ich finde da steckt viel wahres drinnen auch wenn die Wahrheit nicht jedem gefällt und man sich unbeliebt macht so sollte man die Wahrheit doch sagen ... dann kann die Wahrheit auch erkannt werden.Das hat mit jammern absolut nichts zu tun . L.G.Gabi
02.12.10, 02:41:06
Fundevogel
Autor: Eine Diskussion, die auf sachlicher Ebene verbleibt, erlaubt es, sich "sauber" zu entfernen, wenn sie zu Ende ist.
Wenn aber persönliches Erleben als BeiSpiel einfließen kann, erhält sie eine Tiefe, der man sich selten entziehen kann. Es findet "Berührung" statt. Da will ich, da wollen viele gepackt werden und deshalb bin ich froh, dass hier im Forum dahingehend auch emotional gefochten wird.
Dass du dich als Autist outest, halte ich für richtig. Eine Wahrheit zu verkünden, ohne sich zur Wahrheit zu bekennen, wird wahr genommen und hat Folgen.
Ich stimme dir zu, dass stete Aufklärungsarbeit sehr wichtig ist. Der Erfolg eines Anliegens ist in unseren medialen Zeiten aber sehr stark von einer wirkungsvollen Inszenierung abhängig. Dass Homosexualität in vielen Teilen der Bevölkerung nun mehr oder weniger akzeptiert ist, ist ganz wesentlich der Tatsache zu verdanken, dass Tunten in rosa Federboas lautstark Homosexualität zum Karneval gemacht haben und auf diesem gekannten spielerischen Wege Annäherung möglich wurde.
Als Öffentlichkeitsarbeiterin kann ich empfehlen: Brot
und Spiele!