Ich lasse mal außen vor, wofür diese Person steht und zitiere einfach mal einige Passagen aus einem Artikel zu einer neuen Biographie, die bezüglich Autismus möglicherweise relevant sein könnten (aus der Perspektive betrachtet sollte man bereit sein einige Schlußfolgerungen des Autors zu hinterfragen, von denen ich manche mitzitiere um nicht zu sehr zu zerfleddern):
Zitat:
Im November 1938, zwei Wochen nach der Reichspogromnacht, in der überall im Deutschen Reich Synagogen gebrannt hatten, fuhr der neue französische Botschafter auf den Obersalzberg, zum Ferienwohnsitz des "Führers", um Hitler sein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. Er habe erwartet, erinnerte sich Robert Coulondre ein Jahrzehnt später, einen donnernden Jupiter in seiner Burg zu finden. Stattdessen traf er "einen einfachen, sanften, vielleicht schüchternen Mann in seinem Landhaus". Coulondre war verwirrt. "Am Radio habe ich die rauhe, schreiende, drohende, fordernde Stimme des Führers gehört und lerne soeben einen Hitler mit warmer, ruhiger, freundlicher, verständnisvoller Stimme kennen. Welcher ist nun der wahre? Oder sind sie beide wahr?"
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Hitler, der gern und fälschlich als krakeelender Bierkeller-Agitator karikiert wurde, war nur vermeintlich impulsiv. In seinen Reden ließ er sich kaum einmal zu unbedachten Äußerungen hinreißen. Kühl berechnete er selbst in Momenten scheinbar höchster Ekstase die Wirkung seiner Sätze. "Das war vielleicht die erstaunlichste Gabe dieses geborenen Volksredners: die Mischung von Feuer und Eis", hat Schwerin von Krosigk angemerkt.
Wir kennen aus vielen Fernsehdokumentationen nur die immergleichen Szenen, in denen er herumbrüllt. Tatsächlich aber beginnt er die meisten seiner Reden betont ruhig, fast zögernd, wie in einer Suchbewegung, in der er die Stimmung seines Publikums ertastet. Erst als er sich der Zustimmung sicher ist, lockert sich die Haltung, Tonart und Wortwahl werden aggressiver. Und je deutlicher Beifall und Zurufe signalisieren, dass der Funke übergesprungen ist, desto mehr steigert er Tempo und Lautstärke des Vortrags. Seine scheinbare Erregung überträgt sich zunehmend auf die Zuhörer, bis sich der ganze Saal nach einer letzten wilden Steigerung in einen Zustand rauschhafter Verzückung versetzt sieht. Diese Wirkung aber bleibt völlig unverständlich, wenn man nur die letzten Minuten seiner Reden zusammenschneidet. Von einem "unvergleichlichen Stimmungsbarometer der Massen" sprach Konrad Heiden, einen "Virtuosen auf der Klaviatur der Massenseele" nannte ihn Ernst Hanfstaengl.
Wie kein Zweiter verstand es Hitler in den fieberhaft erregten zwanziger und frühen dreißiger Jahren, zum Ausdruck zu bringen, was seine Zuhörer dachten und fühlten, bediente er ihre Ängste, Sehnsüchte, ihre Vorurteile und Ressentiments. Der amerikanische Journalist Hubert R. Knickerbocker, der Hitler an einem Tag Ende 1931 im Braunen Haus, der Parteizentrale, als einen bescheidenen, höflichen Politiker kennengelernt hatte, war verblüfft, als er ihn am Abend während eines Auftritts im Zirkus Krone erlebte, Münchens größtem Versammlungssaal. "Er war ein Evangelist, der vor einem Meeting spricht", notierte Knickerbocker. "Seine Bekehrten gingen mit ihm, lachten mit ihm, empfanden mit ihm. Mit ihm verhöhnten sie die Franzosen. Mit ihm zischten sie die Republik aus. Die achttausend waren ein Instrument, auf dem Hitler eine Symphonie der nationalen Leidenschaft spielte."
Es waren nicht nur Bekehrte, die der Redner in seinen Bann zu schlagen verstand. Besonders aufschlussreich für seine rhetorische Überwältigungsmacht ist die Versammlung im Bürgerbräukeller am Abend des Putsches vom 8. November 1923. Die meisten Anwesenden, darunter viele prominente Politiker aus Bayern und zahlreiche betuchte Bürger aus München, waren empört über die handstreichartige Besetzung des Saals durch die Nationalsozialisten und brachten dies auch deutlich zum Ausdruck. Doch dann gelang es Hitler, mit einem furiosen Auftritt die Stimmung in der Versammlung umzudrehen. "Es hatte fast etwas von einem Hokuspokus, von einer Zauberei", erinnerte sich ein Augenzeuge, der Münchner Historiker Karl Alexander von Müller.
Rudolf Heß, seit 1925 Privatsekretär des "Führers", hat Hitlers Wirkung auf eine Versammlung von Wirtschaftsführern aus dem Ruhrgebiet geschildert. Das Treffen fand im April 1927 in Essen statt, und die Unternehmer empfingen Hitler mit "eisigem Schweigen". Zwei Stunden später hatte er sie so von sich eingenommen, dass sie in einen Sturm der Begeisterung ausbrachen.
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Wie auf Knopfdruck konnte Hitler Tränen hervorpressen, etwa als er im August 1930 die rebellierende Berliner SA in einer wirkungsvollen Inszenierung wieder auf sich verpflichtete. Oder als er am Morgen des 30. Januar 1933, kurz vor seiner Vereidigung als Reichskanzler, auf Theodor Duesterberg, den zweiten Bundesführer des Stahlhelms, zueilte und sich, scheinbar tief bewegt, bei ihm dafür entschuldigte, dass die Parteipresse ihn wegen seiner jüdischen Abstammung angegriffen hatte.
Einen "Meister der Täuschung" hat man Hitler genannt, und ebendiese ungewöhnliche Gabe der Verstellung macht es so schwer, den Mann im Kern seines Wesens zu erfassen.
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Hitler besaß keine abgeschlossene Schul-, geschweige denn eine Hochschulbildung. Diesen Makel kompensierte er, indem er durch eifrige Lektüre nachzuholen versuchte, was er früher versäumt hatte. Er war der typische Autodidakt, der gerade gegenüber den Akademikern in seiner Entourage gern mit seinen Kenntnissen auftrumpfte. Dabei half ihm sein elefantöses Erinnerungsvermögen. Besonders erstaunlich – und vor allem von den Militärs gefürchtet – war sein Gedächtnis für Zahlen, gleich ob es sich um Kaliber, Mechanismus und Schussweite eines Geschützes oder um Größe, Geschwindigkeit und Panzerung eines Kriegsschiffes handelte. Die Geschwindigkeit, mit der Hitler Bücher und Zeitungen las und das Gelesene speicherte, war Ausdruck der frappierenden Kraft seines Gedächtnisses.
Hitler habe sich "ein gewaltiges Wissen" auf allen Gebieten angeeignet, staunte Rudolf Heß, und auch der besonders hitlergläubige Goebbels zeigte sich immer wieder beeindruckt: "Er liest viel und weiß viel. Ein universaler Kopf."
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1928 erhielt er von Parteigenossen aus Argentinien eine Einladung zu einer Reise nach Südamerika. "Was würde das für eine Anregung bedeuten, wie würde sein Blick erweitert", war Rudolf Heß überzeugt. Doch immer wieder fand Hitler neue Ausreden. Einmal behauptete er, keine Zeit für solche Unternehmen zu haben, ein anderes Mal, dass seine Gegner seine Abwesenheit nur zum Putsch gegen ihn nutzen würden. So erklärt sich, dass 1933 ein Politiker an die Macht kam, der – sieht man von den vier Kriegsjahren in Frankreich ab – von der Welt absolut nichts gesehen hatte.
Als Emporkömmling lebte Hitler in der Furcht, nicht ganz ernst genommen zu werden oder sich lächerlich zu machen. Auf dem Empfang des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg für das diplomatische Korps am 9. Februar 1933 fiel allgemein auf, wie unsicher, ja geradezu verlegen der neue Reichskanzler sich benahm. "Der ehemalige Gefreite, etwas verdrießlich und linkisch, schien sich in seiner Rolle ziemlich unbehaglich zu fühlen", beobachtete Bella Fromm, die Gesellschaftsreporterin der Vossischen Zeitung. "Seine Frackschöße behinderten ihn. Immer wieder fuhr er mit der Hand nach der Gegend, wo sonst das Uniformkoppel saß, und jedesmal, wenn er die gewohnt kühlende und aufmunternde Handstütze nicht fand, steigerte sich sein Unmut."
Auch als er mit den ersten innen- und außenpolitischen Erfolgen seines Regimes selbstsicherer wurde, blieb er vor offiziellen Empfängen immer nervös. Ihn plagte, wie seine Sekretärin Christa Schroeder erkannte, "die Angst vor einem faux pas". So kümmerte er sich um jede Kleinigkeit, warf, bevor die Gäste kamen, einen Blick auf die gedeckte Tafel und kontrollierte selbst die Blumenarrangements. Aus dieser Unsicherheit erklärt sich wohl auch Hitlers ausgeprägtes Redebedürfnis. Häufig genügte nur ein Stichwort, und schon begann er einen jener Monologe, die von den Mitarbeitern in der Parteizentrale ebenso gefürchtet waren wie später von der Generalität am Kartentisch.
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Wohl habe es im Laufe ihrer Zusammenarbeit Augenblicke gegeben, in denen er annehmen konnte, Hitler nähergekommen zu sein, erinnerte sich Speer, aber das sei immer eine Täuschung gewesen. "Falls man seinen herzlicheren Ton vorsichtig aufnahm, baute er sogleich abwehrend eine unübersteigbare Mauer auf."
Das Bedürfnis nach Distanz passte zu Hitlers Überzeugung, er sei erwählt. Er wollte sich mit dem Nimbus der Unnahbarkeit umgeben. Es gab nur wenige Menschen aus seinem Umfeld, mit denen er sich duzte. Einen wirklichen Freund hat er nie besessen, er kannte nur Komplizen. Am wohlsten fühlte er sich inmitten der Gefährten der frühen "Kampfzeit", mit denen er im Café Heck an der Münchner Galeriestraße zusammenhockte.
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Doch der wichtigste private Ort blieb der Berghof, seine Alpenresidenz bei Berchtesgaden. Hier auf dem Obersalzberg verkehrten seine Getreuesten wie das Ehepaar Speer und Hitlers Begleitarzt Karl Brandt mit dessen Frau, der populären Schwimmerin Anni Rehborn. Wichtigstes Kriterium für die Aufnahme in diesen Kreis war nicht der Rang, den jemand in der NS-Hierarchie einnahm, sondern allein die Sympathie, die Hitler ihm entgegenbrachte.
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In der Auswahl seiner Mitarbeiter indes ließ sich der Diktator nicht von Gefühlen, sondern allein von einem nüchternen Zweck-Nutzen-Kalkül leiten. Wenn einer einen "Webfehler", also einen dunklen Punkt in seiner Biografie besaß, störte ihn das wenig. Im Gegenteil: Wie jeder Mafiaboss wusste er, dass er solche Leute umso leichter an sich binden und wieder fallen lassen konnte. Dabei besaß er einen scharfen Blick für die Stärken und Schwächen anderer Menschen. Nicht selten durchschaute er Charaktere schon nach flüchtiger Bekanntschaft. Er spürte mit untrüglicher Witterung, ob jemand ihm bedingungslos ergeben war oder geheime Vorbehalte gegen ihn hegte. Sein Instinkt warnte ihn. "Den Kerl mag ich nicht", pflegte er zu sagen.
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Allerdings trifft die immer wieder kolportierte Vorstellung, Hitler sei aufgrund seiner bohemehaften Neigungen zu konzentrierter Arbeit überhaupt unfähig gewesen, nicht zu. Er konnte sich, wenn es darauf ankam, sehr diszipliniert seinen Aufgaben widmen, etwa wenn er eine seiner großen Reden vorbereitete. Zu diesem Zweck zog er sich tagelang zurück. "Die Arbeitsleistung war dann ganz gewaltig. Er arbeitete dann auch die halben Nächte durch", berichtet sein Adjutant Fritz Wiedemann. Auch als Reichskanzler beschäftigte Hitler keine Ghostwriter, sondern diktierte den Text einer seiner Sekretärinnen.
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Der genügsame Herr Hitler – so stellte er sich gern dar. Gerade vor Arbeitern prahlte er gern, dass er der einzige Staatsmann der Welt sei, der kein Bankkonto besitze. In der Tat: Sein Vermögen, das sich mit den hochschnellenden Verkaufszahlen von Mein Kampf seit Ende der zwanziger Jahre kontinuierlich vermehrte, wurde von Max Amann verwaltet, dem getreuen Chef des Eher-Verlages. Mit ähnlich großer Geste hatte Hitler gleich Anfang Februar 1933 bekannt gegeben, er verzichte auf das Gehalt des Reichskanzlers. Tatsächlich nahm er den Verzicht ein Jahr später stillschweigend zurück, und nach dem Tod Paul von Hindenburgs Anfang August 1934 kassierte er auch noch das Gehalt des Reichspräsidenten und zusätzlich eine jährliche Aufwandsentschädigung.
Von 1937 an sprudelte eine weitere Geldquelle: Am Verkauf der Briefmarken mit seinem Konterfei war Hitler prozentual beteiligt; die Einnahmen summierten sich Jahr für Jahr zu zweistelligen Millionenbeträgen. Den Scheck überbrachte der Reichspostminister persönlich zu "Führers Geburtstag" jeweils am 20. April.
Noch einträglicher allerdings war die "Adolf-Hitler-Spende der deutschen Wirtschaft", die im Juni 1933 auf Anregung des Essener Industriellen Gustav Krupp von Bohlen und Halbach eingeführt wurde. Die Arbeitgeber entrichteten vierteljährlich eine Spende in Höhe von einem halben Prozent ihrer betrieblichen Lohn- und Gehaltskosten des jeweiligen Vorjahres – einen Betrag, den sie von der Steuer absetzen konnten. Das Geld floss in einen Privatfonds, über den Hitler wiederum nach Gutdünken verfügen konnte.