Was ein Zwang ist und was nicht
23.03.08, 11:44:39
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Mir scheint einige Autisten bezeichnen Teile des eigenen Verhaltens als zwanghaft, obwohl das eigentlich nicht zutrifft. Als Einstieg dieses Zitat:
Zitat:
Zwangsstörungen sind psychische Störungen, bei denen sich den Patienten Gedanken und Handlungen aufdrängen, die zwar als quälend empfunden werden, aber dennoch umgesetzt werden müssen. Es besteht zumindest zeitweise Einsicht, dass die Zwangsgedanken oder -handlungen übertrieben sind. Durch die Störung ergeben sich deutliche Beeinträchtigungen des Alltagsleben oder Belastungen.
[...]
„Zwanghaft gegen oder ohne den Willen ausgeführte Handlungen. Beim Versuch, die Handlungen zu unterlassen, treten massive innere Anspannung und Angst auf.“ (Deister, 2001, S. 127f) Zwangshandlungen sind Stereotypien, die ständig wiederholt werden müssen. Die meisten Betroffenen wissen, dass ihr Verhalten übertrieben und unvernünftig ist, und versuchen anfangs, Widerstand zu leisten, geben jedoch auf, wenn sie die Angst überfällt. Danach fühlen sie sich für gewöhnlich für eine kurze Zeitspanne weniger ängstlich. Abgesehen von dieser Spannungsreduktion empfinden die Betroffenen keine Freude am Ausführen der Handlung selbst. Manche Menschen bauen die zwanghafte Handlung zu einem Zwangsritual aus: die Zwangshandlung wird in einer bis ins Einzelne ausgearbeiteten Art und Weise ausgeführt. Die Betroffenen müssen das Ritual jedes Mal in exakt derselben Weise, nach bestimmten, sorgfältig zu beachtenden Regeln durchlaufen. Wenn es nicht gelingt, die Handlung abzuschließen, entsteht weitere Angst, und das Ritual muss häufig von Anfang an wiederholt werden.
[...]
Differentialdiagnose
[...]
Des Weiteren sind Stereotypien bei Autismus und Asperger-Syndrom zu unterscheiden.
Quelle
Den entscheidenden Unterschied von autistischen Kompensationshandlungen zu Zwängen sehe ich darin, daß die Zwänge für die Person keinen Nutzen mit sich bringen, vielleicht eher aus Traumatisierung oder chronischer psychischer Überlastung herrühren. Handlungen von Autisten sind jedoch sinnvoll, werden aber von der nichtsautistischen Umgebung nicht verstanden und verachtet, was wiederum sozialen Druck auf den Autisten bedeuten kann eigentlich sinnvolle Handlungen zu unterlassen.
Etwas zu essen, wenn man Hunger hat ist ja auch kein Zwang, selbst wenn das Umfeld einer Person suggeriert hat es sei furchtbar schlimm zu essen.
24.03.08, 15:10:52
cony
ZITAT: <Des weiteren sind Stereotypien bei Autismus und Asperger-Syndrom zu unterscheiden.>
Es gehört zwar jetzt nicht zum Thema,aber ist Asperger Syndrom jetzt doch keine Form von Autismus ??
24.03.08, 16:40:56
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Doch, aber es gibt Autisten, die sich gerne anders nennen und Leute, die nur einen Begriff gelesen haben und den anderen nicht kennen. Daß beides in einer Spalte erwähnt wird legt ja nahe, daß es im Grunde eine Sache ist.
24.03.08, 17:45:11
drvaust
Wie definierst du einen Zwang? Das ist mir noch nicht klar.
:? Du hattest doch die Definition verlinkt. Was ist Dir da noch unklar?
24.03.08, 18:14:38
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Mir scheint dein Gebrauch nicht ganz zu der Definition wie ich sie verstehe zu passen.
24.03.08, 18:32:06
drvaust
Mir scheint dein Gebrauch nicht ganz zu der Definition wie ich sie verstehe zu passen.
Kannst Du das genauer erklären? Deine Aussage kann ich nicht nachvollziehen. Definitionsproblem oder Missverständnis?
24.03.08, 18:44:50
cony
Ich kam nur darauf,weil die Stereotypien zwischen Asperger und Autismus unterschieden wurden.
Es las sich für mich wie zwei unterschiedliche Dinge.
Einerseits Autismus als Oberbergriff,der ja viele unterschiedliche Formen beinhaltet,auf der anderen Seite Asperger.
Ließt sich schon merkwürdig.
24.03.08, 18:54:33
cony
Aber jetzt zu deinem eigentlichen Beitrag.
Wenn Autisten bestimmte Handlungen von sich als zwanghaft bezeichnen,vielleicht deshalb,weil es sie im grunde selber stört.Warum sollten sie sonst selbst bestimmte Handlungen von sich selbst als Zwang bezeichnen?
Ich finde der Vergleich mit dem Essen hinkt etwas.
Essen ist eine Notwendigkeit,wie trinken oder schlafen.
Allerdings haben auch NA durchaus "Zwänge", zumindest wenn ich da an mich denke.
Ich muß immer die Tassen auf eine bestimmte Art sortiert im Schrank stellen.Noch dazu müssen die Henkel in eine bestimmte Richtung zeigen.
Wenn mein mann denn Geschirrspüler ausräumt (und er räumt die Tassen nie so ein wie ich)räume ich sofort um wenn ich das sehe.
Ebenso ist es mit den Töpfen.
Im prinzip eine art Zwanghandlung, denn die Tassen und Töpfe stehen auch anders gut im Schrank.
Nur stört es mich so,das ich umräumen MUß !!!
24.03.08, 18:58:56
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Vielleicht wechseln wir in den anderen Thread?
Wie beurteilst du die Notwendigkeit deiner Handlungen wie Ordnung schaffen? Ist es dann auch eine Zwangshandlung, wenn ein NA einen Drang spürt sich täglich zu waschen?
24.03.08, 21:12:06
drvaust
geändert von: [55555] - 25.03.08, 10:53:50
Vielleicht wechseln wir in den anderen Thread?
Ja, das ist besser.
Können die letzten Beiträge dorthin verschoben werden?
[Einige Beiträge hierher verschoben, mfg [55555]]
24.03.08, 21:49:06
drvaust
geändert von: drvaust - 24.03.08, 21:50:25
Ich führe hier mal eine Abschweifung aus einem anderen Thema fort.
Wie beurteilst du die Notwendigkeit deiner Handlungen wie Ordnung schaffen?
Wenn es im normalen Rahmen bleibt, ist es normal. Wenn ich besonders ordentlich bin, um alles schnell zu finden und Veränderungen zu vermeiden, es aber keine Belastung ist, ist es auch noch in Ordnung. Wenn es zu einer Belastung wird, ich den halben Tag mit Ordnung schaffen beschäftigt bin und keine Ruhe habe, solange etwas nicht exakt in der festgelegten Position liegt, ist es eine Zwangshandlung.
Ist es dann auch eine Zwangshandlung, wenn ein NA einen Drang spürt sich täglich zu waschen?
Es kommt darauf an, ob es nötig ist, ob es belastet und ob er es will. Täglich einmal Gesicht und Hände waschen halte ich für normal, täglich baden nicht, aber das muß noch keine Zwangshandlung sein. Zwangshandlungen gibt es bei allen Menschen, bei erhöhter Belastung kommt es eher zu Zwangshandlungen.
Ich halte das nicht für so gute Beispiele, deshalb konkrete Beispiele von mir.
Wenn ich immer wieder meine Augen zukneifen muß, dadurch nicht mehr richtig sehen kann und das schon auffällt, ich aber nicht aufhören kann, wenn ich versuche aufzuhören wird es nur schlimmer, dann ist das eine Zwangshandlung.
Wenn ich meine Sachen immer an bestimmten Stellen deponiere, diese Sachen nicht wo anders liegen dürfen, ich aber damit keinen besonderen Aufwand betreibe (wilde Haufen), dann ist das vielleicht sonderbar, aber keine Zwangshandlung. Wenn ich immer in einer bestimmten Reihenfolge frühstücke, dann ist das ein Ritual, das für mich gut ist.
25.03.08, 13:07:58
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Wenn du einen halben Tag mit Ordnung schaffen zu tun hast, dann bezieht sich das auf jeden Tag?
Hat es vielleicht einen Grund, daß du den Drang spürst deine Augen zuzukneifen?
Ich finde es schwierig sicher zu entscheiden, was ein Zwang ohne Grund in sich selbst ist und was ein Bedürfnis, dessen Bedeutung nicht erkannt wird. Hier läuft man denke ich Gefahr Sachverhalte zu pathologisieren, die durchaus einen Sinn haben. Und gefährlich wird es schließlich, wenn Sachverhalte von außen als Zwang deklariert werden und dann begonnen wird diese vermeintlichen Zwänge wegzutherapieren.
Wie sehr hängt das Verständnis von Zwängen an Mehrheitsnormen? Was belastet dich an sich und was belastet dich, weil du den Sinn einer Kompensationshandlung bisher nicht verstanden hast und daher den Auslöser nicht gezielt meiden kannst?