Interessant. Ich kenne hauptsächlich den ungewollten Tunnelblick. Das Starren auf einen Monitor scheint ihn sehr zu fördern... "Umschalten" fällt mir dann schwer anschließend. Was ich mir jetzt schon angewöhne ist, wenn ich über eine Formulierung nachdenke, absichtlich den Kopf in die andere Richtung zu drehen. Aber auch das Beschäftigtsein mit für mich gerade zentralen Fragen kann heftig zum Tunnelblick führen.
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ch bin dann von aussen nicht richtig ansprechbar und kann nicht richtig reden. nur einsilbige bemerkungen meiner seits sind dann möglich.
So ist das bei mir auch. Anscheinend wurde ich in so einer Zeit sogar schon mal für depressiv gehalten, obwohl ich mich geradezu manisch fühlte...
Bei (überwiegend, aber nicht ausschließlich von mir "diagnostizierten") ADHS'lern ist mir übrigens schon oft ein ziemlich starkes Ausmaß von Tunnelblick aufgefallen, nur dass einem aus diesem Tunnel dann ein Wortschwall entgegenkommt. Wenn ich auf Leute treffe, die an meinem Lieblingsthema interessiert sind und mir freiwillig zuhören, kann ich das allerdings auch schon mal so machen...
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aktives geplantes handeln ist in diesem zustand nur unter grösstem inneren aufwand möglich. meist gelingt es mir aber mich aus diesem zustand herauszuziehen in dem ich mir wahrnehmungseindrücke zuführe. dies ist meist eine tasse kaffee.
Yep. Wenn's nicht gar so arg ist, kann ich das auch gut abstellen, indem ich erstmal was Unkompliziertes mit den Händen mache und mir ein paar Sinneseindrücke zuführe. Mit der Hausarbeit fange ich aus genau diesem Grund mit Abwaschen an (das ist das, wobei man am wenigsten denken muss) und mache dabei das Radio an. Wenn's ärger wird, dusche ich vorher noch (heute muss ich gleich erstmal duschen...). Besucher werden erstmal mit Getränken versorgt (im Winter ist Teekochen da praktisch), damit ich Zeit zum "Umschalten" gewinne. Ich höre ihnen nämlich an sich ganz gern zu und hab nichts gegen Besuch. Die Tasse Kaffee nur zu trinken, mache ich zwar aus Gründen der Bequemlichkeit auch dauernd so, aber es hilft bei mir nicht wirklich, weil man dabei zu gut grübeln kann.
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manchmal geschieht es mir dass ich tunnelblickig argumentiere weil ich von einem problem nur teilaspekte sehen kann.
*gg* Sowas fällt mir bei anderen immer ganz stark auf, aber ich selbst habe das natürlich niiie...
Doch, so hin und wieder ist es mir mal aufgefallen, wenn ich aus irgendwelchen Gründen abrupt da rauskam und feststellte, dass das, worüber ich mich möglicherweise grade aufgeregt habe, kaum bis gar nicht existiert hat.
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übertragen auf ein bild würde ich den tunnelblick wie folgt beschreiben:
Es kommt mir sogar manchmal so vor, als ob ich diesen Tunnel bei anderen sehen kann, wenn sie da grade drin sind. Es sieht aus wie eine Raumverkrümmung, ähnlich, wie du sie beschrieben hast. Er scheint dann so vor ihren Augen zu sein, und andere, die sich stark aufeinander konzentrieren, sind durch so ein Ding miteinander verbunden. Aber das sehe ich nicht in jedem Zustand, da muss ich selbst sehr still im Kopf für sein - und eher "überwach"!
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mit methylphenidat (weil ich auch ads bin) habe ich nun einen 'gläsernen' tunnelblick, was anfangs bizarr war.
Erstaunlich. Ich kann mich mit MPH erheblich schlechter aus dem Tunnelblick lösen, v.a., wenn ich es ein paar Wochen hintereinander genommen habe. Es ist auch so, dass es anfangs bei mir die Impulskontrolle verbessert und sie später dann ganz verloren geht. Ich finde, sich aus so einem Tunnel zu "befreien", erfordert die Fähigkeit zur *Steuerung* von Impulsen. Willenskraft oder sowas. Wenn ich mich "treiben lasse", treibe ich halt weiter durch den Tunnel. Nach einigen Wochen MPH geht dann fast nichts anderes mehr, höchstens noch Ausraster produzieren. Ich hab's jetzt abgesetzt.
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die haben also scheinbar keinen tunnelblick, sondern die gesamtszenerie vor sich, und wählen locker und bewusst, was sie nun genau fokussieren.
Mir fällt aber auch immer wieder auf, wie viele verdammt wesentliche Details sie übersehen. Dann kommen sie mir oft unglaublich dämlich vor. (Sorry.) Es hilft mir ja schon gegen diese Arroganz, mir die Vor- und Nachteile beider Sichtweisen mal so im Allgemeinen klarzumachen.
Zu dem Kunstprojekt: Joa, da hätte ich auch Lust drauf.
Ich hab früher mal fotografiert, weil ich die viele kleine Kunst zeigen wollte, die so am Wegrand rumliegt und meist übersehen wird... Das endete dann mit einer Kiste voller Fotos, die sich niemand anschaut. Ich hab kaum Lust, das auch nur zu sortieren. Und das wäre dringend nötig, weil ich die schönsten Bilder am Ende verschenkt habe und nicht weiß, welche das waren und wo die Negative dazu sind. In einem Anfall von Sortierwahn habe ich nämlich mal Mist gebaut, Abzüge und Negative voneinander getrennt, die Abzüge thematisch sortiert und die Negative nach Filmen, und weiter bin ich dann beim Sortieren auch nicht gekommen, weil nach dieser schwachsinnigen Betätigung so viel Unordnung herrschte, dass ich sie nicht mehr anfassen mochte!
Wenn Aspies besonders begabt im Sachen sortieren sind, dann bin ich wohl doch eher ADS'lerin und sollte mein MPH wieder schlucken, bevor es noch schlimmer wird.
Momentan befasse ich mich aber eher mit "Studium" als mit Kunst... Btw: Im geschützten Bereich liegt irgendwo was zum Thema "Persönliche Ordnungszahl" rum, ich glaube, das könnte mit dem Tunnelblick zu tun haben.