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Autor Nachricht
bellaria
(Angehörigenbereich)

Ihr hättet also einer 90-jährigen am eigenen Geburtstag gesagt, dass ihr das dort in ihrem Auftrag servierte und von ihr teuer bezahlte Essen Scheiße fandet? Und findet das gut, sowas zu tun?
15.12.06, 22:53:49
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christian_k
(Autistenbereich)

Hallo,

manchmal ist es wohl besser, den Frust "herunterzuschlucken" (in diesem Falle wörtlich), auch wenn mir das nicht immer leicht fällt. Leider sind auch nicht alle Situationen so leicht zu durchschauen wie diese und wenn man sich womöglich auch noch persönlich von irgendetwas betroffen fühlt (etwas wichtigeres als Essen), dann ist dieser Impuls schnell stärker als irgendein "angelernter Anstand".

Mir fällt aber auf, dass es auch das andere Extrem gibt. In meiner Familie versuchen einige sich gegenseitig (und besonders meiner Grossmutter gegenüber) eine "heile Familienwelt" vorzutäuschen, die eigentlich schon lange nicht mehr existiert, aber bestimmte Dinge "tut man halt nicht". Die Formen dieser Schauspielerei sind in den letztn Jahren teilweise so grotesk geworden, dass man es leicht als Story für eine billige TV Serie verwenden könnte.

Gruss
Christian
15.12.06, 23:33:48
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Jutta
(Angehörigenbereich)

Das mit dem Vortäuschen ist gerade das, was mein Mann überhaupt nicht beherrscht. Auf der einen Seite finde ich seine absolute Ehrlichkeit sehr schön, auf der anderen Seite manchmal echt daneben.
Mit vortäuschen meine ich nicht, sich ganz zurückziehen, dieses Täuschungsmanöver beherrscht er perfekt. Ich meine eine Situation bewußt anders darstellen.
Wenn er etwas bescheuert findet, sagt er es oder er schweigt und zieht sich in sich. Da er vieles irgendwie nicht richtig einschätzen kann , spricht er halt oft genau da die Wahrheit aus , die zwar alle anderen ebenfalls denken, aber jeder der Etikette wegen dies nicht aussprechen würde.
Ich sage ja ist so eine Mischung aus Bewunderung und "oh nein" bei mir.

LG Jutta
16.12.06, 07:42:47
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

geändert von: Goldloeckchen - 16.12.06, 10:31:06

Hm, naja, das kenne ich schon. Letztes Jahr zu Weihnachten habe ich einen Familienstreit "provoziert" weil ich die Heuchlerei nicht aushielt. Der Streit hatte aber was positives und letztendlich auch was bereinigendes. Jetzt läuft es irgendwie besser auch wenn vorher niemand mit mir ein Wort sprechen wollte.

Bellaria: In dem Fall würde ich es "runterschlucken" genau wie Christian. Ich sehe ein, dass eine neunzig jährige Frau nicht selbst am Herd stehen kann und woher hätte sie wissen können, dass das Essen so mies ist? Ich würde mich in Schweigen hüllen und ihre Mühe so honorieren. Ausserdem würde ich darauf hoffen, dass mich niemand frägt ob mir das Essen schmeckt. zwinkern

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
16.12.06, 10:26:55
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Cadfael
(Autistenbereich)

Hallöli,

ich hätte bei der Oma auch den Mund gehalten - so ist das nicht!
Was ich sagen wollte ist, das meist nicht Juttas Mann "der Schuldige" ist, sondern die Gesellshaft in der er lebt.

By the way ...
Dienstag ist Gesellschafterkonferenz mit anschließender Weihnachtsfeier. In einem feinen Restaurant wie es scheint. Da sollten wir uns ein Menü aussuchen. Alles so ein "feines dummes Zeugs". Unserer Sekretärin gegenüber habe ich gesagt, was ich von diesen "kulinarischen Hochgenüssen" halte - und habe gesagt was ich viel lieber essen würde.
Ende vom Lied: Ich bekomme Schnitzel mit einer extra großen Portion Bratkartoffeln und gemischten Salat. Können die in so einem Nobelschuppen anscheinend auch machen. lachen

Gruß
Andreas
16.12.06, 13:59:11
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bellaria
(Angehörigenbereich)

Ich glaube, dass man da vielleicht ganz gut die Grenze ziehen kann: Ist es nur ein inhaltsleeres gesellschaftliches Gebot, etwas, das man "halt so macht" oder steckt ein Mensch dahinter, der verletzt werden könnte?

Ersteres ist zwar vielleicht peinlich und zieht unerwünschte Aufmerksamkeit nachsich, ist aber auch irgendwie charmant und eigentlich schlau. Ein NT mit Selbstbewusstsein kann sowas wegstecken, finde ich. Zweiteres sollte möglichst vermieden werden - ich zumindest tue nicht gern anderen weh, auch wenn es unabsichtlich ist. Auch unabsichtlich gequetschte Seelen (oder andere Köerperteile) schmerzen. Auch ein Aspie kann sowas verstehen und vermeiden lernen, finde ich.

Cadfael - gut gemacht!
Ich hab mal eine Gehaltserhöhung bekommen, weil ich am Chef-Tisch bei der Firmen-Weihnachtsfeier im 5*-Hotel einen Spruch über das Topinambur-Schaum-Süppchen losgelassen habe, vor dem alle in Ehrfurcht erstarrt saßen, weil damals noch keiner wusste, was Topinambur ist: "In Südamerika kriegen sowas wahrscheinlich die Schweine". Meinen damaligen Chef hats sehr amüsiert und nach einer Schrecksekunde war an unserem Tisch das Eis für diesen Abend gebrochen und alle hatten Spaß! ;-)
16.12.06, 15:13:02
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Altpapier
(Autistenbereich)

Ich schrieb man sollte es tolerieren. Warum jemand mit der angeblichen Automatik eines Naturgesetzes beleidigt sein muß, wenn andere schlechtes Essen servieren, verstehe ich nicht. Das ist wohl das Problem der Oma, beziehungswiese ein Symptom ihrer Behinderung.
16.12.06, 15:20:24
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arlette
(Autistenbereich)

ich halte auch oft den mund, das habe ich als kind gelernt (da einige ehrliche aussagen in furchtbaren schimpfereien oder ohrfeigen endeten und mir nicht klar war, was denn nun genau falsch war). das problem ist dann aber ein anderes: ich sage also lieber nichts, weil es unhöflich sein könnte, werde aber dann darauf angesprochen, wieso ich so still sei, ob es mir nicht gefalle, und dann werde ich x-mal danach gefragt. deshalb umgebe ich mich nur noch mit menschen, die ehrlichkeit ertragen. mit den andern spreche ich einfach nicht.
16.12.06, 15:20:57
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bellaria
(Angehörigenbereich)

Zitat von Altpapier:
Das ist wohl das Problem der Oma, beziehungswiese ein Symptom ihrer Behinderung.


Also ist jeder, der sich von etwas verletzt fühlt, irgendwie behindert und selber schuld? *verwirrt gugg*
16.12.06, 15:53:10
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Silvana
(stillgelegt)

Also als jemand der sehr müsam lebensregel lernt hab ich wohl irgend wann folgendes gemacht.

In meinem Kopf läuft ein Program ab. Da sind die Regel die mir meine Mutter und auch andere beigebracht haben gespeichert, sozusagen eine Benimdatenbank und diese lässt sich halt auch wie ein Program situations bedingt abrufen. Das ich es nicht wirklich verinnerlicht habe erkenne ich daran das ich diese Regeln nicht in neue Situationen übertragen kann.(mangeldes Transfervermögen) oder in Stress-Situationen diese Regeln "vergesse".

Aber wenn mir das jemand erkärt, wenn ich mal wieder in so ein Fettnapf hineingetreten bin und es ist jemand der mir wohlwollend gegenübersteht, denke ich darüber nach und oft sag ich, wenn ich seine Erklärung nicht verstehe "ES IST HALT SO; VERSTEHEN MUSS ICH DAS NICHT UND AUCH NICHT RICHTIG FINDEN"
und speicher die Information in der "Benimdatenbank" ab.
Ich gehe halt davon aus das jene Person mir nicht schaden sondern helfen will.
Mitlerweile sind die Daten dieser Datenbank sehr umfangreich, und im normalen Altag bin ich auch gut trainiert. (Und machmal wird das Programm auch fast zwanghaft befolgt)

Trotzdem passiert es immer wieder das ich spontan Dinge tu oder sage, von den ich hinterher weis das sie war laut meiner "Benimdatendank" ein Fehler sind und das ist mir dann unangenehm und je nach Situation entschuldige ich mich dann auch. (aber auch Peinlichkeit ist wohl ein ehr anerzogenes Gefühl, es ist bei mir sehr eng mit dem Gefühl verwand was man hat wenn man z.B bei einer Prüfung versagt hat.)

Vieleicht ist die Idee mit dem Program für andere auch eine Hilfe.
Sprich erstelle mit Deinem Aspie vielleicht auch schriftlich eine Liste mit Dingen die er vermeiden sollte, wenn ihr wo anders seit und trainier das. Dazu gehört das er zumindest den Sinn dieses Programms versteht oder soweit emotional handeln kann das er sagt ich tu es meiner Frau zu liebe.

Unendliche Manigfaltigkeit, in unendlicher Kombination

-

Stillgelegt auf eigenen Wunsch, mfg [55555]
17.12.06, 11:07:36
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Altpapier
(Autistenbereich)

In dieser speziellen Situation sehe ich keine Notwendigkeit, daß die Oma sich verletzt fühlen muß, weil das Essen im Restaurant schlecht ist. Warum sollte sie es nicht selbst merken?
17.12.06, 11:46:22
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Goldloeckchen
(stillgelegt)

geändert von: Goldloeckchen - 17.12.06, 11:59:28

A) Sie empfindet das Essen nicht als mies und würde das Kommentar
von der Gegenseite als gewollt provozierte Kränkung empfinden.

B) Weil sie alt ist und womöglich noch mehr nach Konventionen und Nettiquette strebt als jüngere Generationen. Die Bemerkung könnte deshalb als Regelverstoß gegen gesellschaftliche Sitten von ihr betrachtet werden.

C) Sie könnte sich durch solche Kommentare verletzt fühlen weil sie soviel Geld
für das Essen ausgegeben hat.

D) Weil das ihr Geburtstag ist (?)

Zugegeben den letzten Punkt (D) verstehe ich in den Fall nicht. Habe es nur aufgegriffen weil der erwähnt wurde und das womöglich ein Grund sein könnte sich gekränkt zu fühlen(?). Punkt B geht mir am Allerwertesten vorbei.

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
17.12.06, 11:57:01
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