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Der 27-jährige Marokkaner ist derzeit ein gefragter Mann. Medien in der Schweiz, Deutschland und im angelsächsischen Raum veröffentlichen seine Texte, in denen er vor dem politischen Islam warnt, linke Kulturrelativisten geisselt oder für ein Burkaverbot plädiert; er wird heftig angegriffen und verteidigt, man lädt ihn zum Kaffee ein oder schickt ihm Todesdrohungen. El Ghazzali ist überall präsent, auch im Uno-Menschenrechtsrat in Genf, wo er der Regierung seines Heimatlandes vor einigen Tagen die Leviten lesen durfte – wird Kritik am Islam in Marokko doch bis heute kriminalisiert. Dass ihm ein islamistisch gesinnter Minister zuhören musste, erfüllt El Ghazzali immer noch mit diebischer Freude: «Das macht den Atheisten in meiner Heimat hoffentlich Mut.»
Sicher ist: Mit seinen Texten trifft der ehemalige Koranschüler, anerkannte Flüchtling und bekennende Atheist einen Nerv. Besonders deutlich wurde das, als El Ghazzali vor kurzem ein Interview gab, in dem er aufgrund seiner eigenen Erfahrungen als Asylsuchender in der Schweiz scharfe Kritik an «gewissen linken Kreisen» übte: Diese verschlössen die Augen vor intoleranten Muslimen, aus Angst, als islamophob oder rassistisch zu gelten. Gleichzeitig erschwerten sie die Integration von Flüchtlingen, indem sie diesen in Gesprächen das Bild einer rassistischen Schweiz vermittelten.
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Dass an dieser Vermutung etwas dran ist, zeigt die Tatsache, dass manche Linke die perfide Logik der Islamisten übernehmen, wonach jeder, der den Islam kritisiert, ein Rassist ist oder sonst ein Problem hat. Für die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung etwa ist jeder ein «Menschenfeind», der die Aussage, «der Islam ist eine Religion der Intoleranz», unterschreibt.
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Der «Luxusflüchtling», wie sich El Ghazzali selbstironisch nennt, beginnt sich im gelobten Westen jedoch schon bald über einiges zu wundern: Freidenker, die Witze über Gott reissen, Witze über Mohammed aber lieber sein lassen; Künstler, die aus Angst vor Drohungen Selbstzensur üben; Linke und Liberale, die gebetsmühlenhaft erklären, Islam habe nichts mit Gewalt zu tun; Asylsuchende aus dem Maghreb, die mit ihren Ladendiebstählen prahlen und sich über ihre naiven Gastgeber amüsieren. «Die ersten zwei Wochen habe ich im Aufnahmezentrum von Vallorbe fast nur geweint», erzählt der 27-Jährige, «ich hatte erwartet, andere politische Flüchtlinge zu treffen, die debattieren und zusammenhalten.» Stattdessen sei er als Atheist wiederholt bedroht worden. «Die Migranten kommen nicht nackt», sagt er, «die nehmen ihre Prägung mit, und die verschwindet nicht einfach mit einem Integrationskurs.»
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Hoffnung gibt ihm, dass er täglich Nachrichten von jungen Muslimen aus aller Welt erhält, die ähnlich denken wie er. Und dass sich sein Vater in jungen Jahren noch kaum ein «gefährliches» Buch beschaffen konnte, während der Religionskritiker Nietzsche heute auch in der islamischen Welt ein vieldiskutierter Mann ist – Internet sei Dank.