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Youssef ist Marokkaner, wie Mounir, der Grapscher, und es ist kein Zufall, dass ihre Geschichten Parallelen aufweisen. "Ich habe in meinem ganzen Leben nichts erreicht", sagt Youssef. "Ich bin ein Verlierer." Dabei ist er immerhin nach Europa geschwommen. Mehrmals, so erzählt er, versuchte er, die Meerenge von Gibraltar zu überwinden, irgendwann klappte es, weil er sich auf halbem Weg nach Spanien an ein Boot geklammert habe. In Spanien habe er harte Drogen verkauft, "weil es dort keine Arbeit gibt", in Paris habe er bei einer Tante gewohnt und Plastikwaren auf einem Flohmarkt verkauft – bis ihn die Nachricht erreichte, dass es in Deutschland eine "Willkommenskultur" gebe. "Ich dachte wirklich, dass ich hier auf einen grünen Zweig kommen könnte", sagt er. Als seine Tante ihm zu verstehen gab, dass er bei ihr nicht mehr willkommen sei, streifte er sich seine Lieblingsjacke über, stopfte seine Pyjamahose in einen Rucksack und reiste im Spätsommer 2015 über Luxemburg bis nach Dortmund. Ohne Ticket, in Zugtoiletten. In Dortmund stellte er wie viele andere Nordafrikaner einen Asylantrag, der keine Aussicht auf Erfolg hat.
Kurz vor Jahresende erscheinen auf Youssefs Handy mehrere Nachrichten, dass man in Köln ein bisschen feiern könne. Am 31. Dezember fährt er hin. Wieder in der Toilette eines Zuges. Wenn jemand klopft, bleibt er ruhig. "Ich bin der Meister aller Zugtoiletten", prahlt er später beim Gespräch nahe der Asylbewerberunterkunft in Willich, eine Stunde von Köln entfernt.
Youssef kann sich nicht mehr an alle Details der Silvesternacht erinnern. Nur dass er sich zuvor alles Mögliche eingeworfen hat. "Ich klaue, ich nehme Drogen, ich trinke Alkohol.