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Verjüngunskuren mit Zellen von Schafen gelten weltweit als ziemlich gefährlich.
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Seit den 1930er-Jahren schon verheißen Verfechter der Frischzellentherapie ihren Patienten Heilung von fast jeder Krankheit. Sexuelle Funktionsstörungen sollen die Zellen vom Schaf ebenso beseitigen wie gewöhnliche Alterserscheinungen, wenn sie in möglichst kurzer Zeit, "frisch", den Übergang vom Lämmchen in den Körper der Patienten schaffen. Doch auf der Euphorie-Welle, wie sie die Stammzell-Hoffnungen der jüngsten Zeit befördert haben, erfährt die Therapie mit Frischzellen derzeit eine ungeahnte Renaissance.
In Deutschland bieten nach Recherchen von NDR und Süddeutscher Zeitung Hunderte Ärzte und Heilpraktiker solche Zellbehandlungen an. Hochburgen sind dabei Bayern und Rheinland-Pfalz. In Edenkoben mit seinen 7000 Einwohnern gibt es neben Dr. Janson-Müller auch noch die Villa Medica Healthcare GmbH & Co KG, die gerade ihren Besitzer gewechselt hat und nun gezielt auf Kunden aus Asien setzt. Bis zu 800 Patienten pro Jahr würden erwartet, teilt die neue Geschäftsführung mit, das Standardpaket koste 4500 Euro. Wie Villa Medica und Janson-Müller betonen mehrere Anbieter, dass sie keine Frischzellen im klassischen Sinne mehr verwenden, sondern abgetötete oder ultrafiltrierte Zellen. Sie sprechen lieber von "Organo-Therapeutika", oder "Organ-Peptiden". Eine Infektion mit Q-Fieber sei mit dem neuen Verfahren ausgeschlossen, betont Janson-Müller.
Ob frisch, getrocknet oder ultrafiltriert: In den Augen unabhängiger Experten macht das mit Blick auf die Risiken jedoch keinen Unterschied. "Die Sicherheit vor Erregern ist auf diese Art nicht zu garantieren", sagt zum Beispiel der Pharmazeut Wolfgang Becker-Brüser von der pharmakritischen Zeitschrift Arznei-Telegramm. Weltweit warnen Gesundheitsbehörden seit Jahren vor Therapien mit tierischen Zellen, weil diese immer auch die Gefahr einer Infektion für Menschen mit sich bringen. Noch dazu ist niemals nachgewiesen worden, dass die Frischzellenbehandlung irgendetwas nützt. Dafür wurden gefährliche Komplikationen bekannt.
Auch in Deutschland sollte die Therapie mit Frischzellen längst verboten sein. Nachdem mehrere Todesfälle infolge der Frischzell-Spritzen bekannt geworden waren, hatte im Jahr 1997 das Bundesgesundheitsministerium ein Verbot erwirkt. Doch Anbieter klagten dagegen, und drei Jahre später kippte der Bundesgerichtshof das Verbot - aus formalen Gründen. Zuständig sei nicht der Bund, sondern die Länder. Seither darf zwar mit den gefährlichen Zellmixturen kein Handel mehr getrieben werden, aber Ärzte dürfen solche Präparate weiterhin für ihre Patienten herstellen und ihnen verabreichen.