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Autor Nachricht
Aku
(Standard)

geändert von: Aku - 26.08.13, 09:04:07

Dieser Thread ist dafür gedacht, ein Phänomen zu diskutieren, bei dem ich den Eindruck habe, dass es sowohl bei NA untereinander als auch insbesondere zwischen NA und Autisten relativ prälevant ist.

Dass, sofern Beschwerden (i.d.R. gesundheitlicher Natur, das gilt allerdings selbstverständlich auch für Dinge, die einen sonst so im Alltag "stören") wahrgenommen werden, und man diese gegenüber Verwandten/Bekannten/Personen im eigenen Umfeld anspricht, z.T. von besserwisserische Stimmen laut werden, die einem:

# anhand der eigenen Erfahrung (die nicht selten sehr subjektiv und unfundiert ist) zu erklären versuchen, "dass das nicht so schlimm sei"/"unbedenklich" sei und/oder die einen sogar mit Aussagen wie z.B. "stell dich nicht so an"/"anderen geht es viel schlimmer" bzw. "wegen soetwas geht man doch nicht zum Arzt" oder "man solle den Arzt nicht belästigen" davon zu überzeugen oder Druck auszuüben versuchen, der Angelegenheit nicht näher nachzugehen.

Anzumerken ist insbesondere bei Fällen, in denen aufgrund oben genannter Maßnahmen und Einwirkungen vermeidbare Komplikationen/nicht rechtzeitige Behandlungen/allgemein vermeidbares Unwohlsein auftritt, erwartungsgemäß zudem jedwede Einflussausübung dazu gerne entweder ignoriert, abgestritten oder abgemildert wird.

Klassische Beispiele dürften dabei wohl sein: "Wärst du eben doch (rechtzeitig) zum Arzt gegangen" / "Du bist ja erwachsen, ob du zum Arzt gehst oder nicht, hast du selbst zu entscheiden." / "Da bist du eben selbst schuld." / "Das habe ich doch nie so gemeint." / "Ich bin eben kein Experte." / "Also ich bin schon seit Jahren kaum zum Arzt gegangen und bei mir gab es in solchen Fällen nie diese Probleme." / etc.

Habt ihr Erfahrungen dazu gemacht? Und welche Motive stecken eigentlich hinter solchen Handlungen? Und wie geht ihr damit um?
26.08.13, 09:03:21
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Antika
(Autistenbereich)

Ich spreche so gut wie gar nicht mit anderen Menschen über gesundheitliche Beschwerden. Wenn ich welche habe, dann habe ich sie. Tritt bei bestimmten Beschwerden nach einer gewissen Zeit (etwa 3 Tagen) keine Besserung ein, dann gehe ich zum Arzt. (Meine Verwandten und Bekannten erzähle ich davon eh nichts....ist schließlich meine ganz private Angelegenheit.)

Dadurch kann es dann zwar auch mal zu anderen Äußerungen seitens meines Umfeldes kommen, aber anscheinend müssen die meisten Menschen wohl immer irgendwie zu irgendwas einen Kommentar abgeben. Das höre ich mir dann kurz an, aber denke mir für mich dann nur noch meinen Teil.

Ich brauche die Ratschläge anderer Menschen nicht, ich weiß selbst wann ich was tun muss. Und wenn ich da dann doch mal mit irgend etwas falsch gelegen habe, dann bin ich um eine Erfahrung reicher geworden.

So jetzt meine persönliche Vorgehensweise.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
--------------------------------

"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
26.08.13, 10:03:06
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Perunica
(Standard)

Welche Motive hinter solchen Beeinflussungsversuchen stehen, weiß ich nicht.
Ich kenne das aber aus eigenem Erleben.

Je älter ich geworden bin, umso weniger wende ich mich mit gesundheitlichen Beschwerden an andere. Zum ersten habe ich Probleme damit, eigene Beschwerden zu formulieren.
Ich bin mir da oft nicht sicher, das ich von Ärzten verstanden werde.
Außerdem kann ich mir berufsbedingt sehr gut selbst helfen.
26.08.13, 13:53:19
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Aku:
relativ prälevant

relevant?
Zitat:
Beschwerden (i.d.R. gesundheitlicher Natur, das gilt allerdings selbstverständlich auch für Dinge, die einen sonst so im Alltag "stören") wahrgenommen werden, und man diese gegenüber Verwandten/Bekannten/Personen im eigenen Umfeld anspricht

Wenn NA das wahrnimmt denkt es wohl zuerst oft daran, daß jemand emotionalen Zuspruch sucht?
Zitat:
"dass das nicht so schlimm sei"/"unbedenklich"

= du bist mir wichtig?

Jemandem den Gang zum Arzt zu empfehlen wäre da wohl unpassend, weil ein "emotionales wegschicken"? Wenn dann der Anschein entsteht zu viel Zuspruch zu suchen wird robuster angefasst?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
26.08.13, 15:02:36
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PvdL
(Φιλίππος Φιλύρινος)

Meine Frau erzählt immer, daß sie ihrem Vater nicht einfach mal irgend etwas erzählen kann, ohne gleich mit Ratschlägen bombadiert zu werden. Ich erlebe dasselbe mit meine Vater. Daher meine Frage an dieser Stelle: Wer kennt dies auch so? Ist das ein Generationsphänomen? Sind unsere Vorfahren so konditioniert?

Ich habe ein autistisches Begabungsprofil.
Mein Spezialinteresse ist Linguistik.
Ich bin Germanist, Linguist und Anglist.
Und leider bin ich zur Zeit arbeitslos.
26.08.13, 19:09:44
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Hans
(Autistenbereich)

geändert von: Hans - 26.08.13, 21:33:01

Ja, warte mal, bis Du emotional an einen "Kurzen" direkt gebunden bist,
da kommt in Dir auch das genetische Programm durch,
sich um die "Kurzen" kümmern zu müssen.
Wenn Du dann auch noch glaubst, in einem Fach Experte zu sein,
wirst auch Du ein mal für einen jungen erwachsenen Menschen schwer erträglich sein.
zwinkern

Ich habe mich bei meinem Patenkind schon mehrfach ertappt,
beim mit Ratschlägen überhäufen, die es gar nicht alle aufnehmen konnte/wollte.

Edit: hier gings ja mehr ums "sich anstellen"

Ja, das kenne ich auch, gerade von meinem Vater,
der selbst als Junge eher ein "kräftiger Hühne" und "Supersportler" war
und mit seinem "verzärteltem Bürscherl" nicht zurecht kam.
"Wenn Du nicht kannst, dann stell die Kanne hin und nimm den Topf!"

Und von meiner Mutter mit dem Spruch aus ihrer "vormilitärischen Ausbildung":
"der normale Mensch frißt statistisch drei Pfund Dreck im Jahr,
der Pfadfinder sechs Pfund !"

Der Chef in der ersten Ausbildungsstätte war Kriegsteilnehmer und hatte im Falle ein Wort,
nur ein Wort, aber das so hinausgeplärrt wie ein Gewehrschuß:
"Memme!"

Bei der Bundeswehr wurde ich beim Anmelden
wegen eines dringenden Geschäfts "Dünnschiß" die Truppe verlassen zu dürfen
mit diesem Satz vor den Kopf gestoßen:
"Stell´n Sie sich nicht so an Mann, einfach hochzieh´n und ausspucken !"
26.08.13, 21:20:47
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Antika
(Autistenbereich)

Also wir haben bei unseren Kindern immer versucht Ratschläge möglichst zu vermeiden. Das war zwar manchmal nicht immer einfach, jedoch stehen mein Mann und ich weitgehend auf dem Standpunkt dass jeder Mensch das Recht haben dürfen muss, seine eigenen Erfahrungen machen zu können.

(Natürlich gab es da auch Ausnahmen....z.B. wenn es um gefährliche Sachen ging....als mein Sohn z.B. mal im Kindesalter eine schwere Lungenentzündung bekam, habe ich darauf bestanden dass ein Arzt aufgesucht wird. Als Eltern hat man große Verantwortung für ein Kind, da kann man sich nicht immer einfach aus aus allem heraushalten.)

Wenn meine Kinder mit der Bitte um einen Ratschlag zu mir kommen (oder gekommen sind, als sie noch kleiner waren), dann versuche ich natürlich so gut es mir möglich ist ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

Natürlich muss man da gut abwägen in welchem Alter sich da ein Kind befindet. Wenn ein Kleinkind auf mich den Eindruck macht dass es gesundheitlich irgendwelche Beschwerden zu scheinen hat, dann handele ich so wie ich glaube dass es richtig ist.

Da habe ich mir auch nie von anderen Menschen herein reden lassen. Wenn ich jedoch selbst einmal unsicher war, dann habe ich mir Rat geholt.....aber nicht bei Verwandten oder Bekannten.....sondern z.B. halt gleich bei einem Arzt.

Bei meinem Mann ist es da auch nicht viel anders, er steht (und stand immer) auf dem Standpunkt, wenn unsere Kinder einen Rat von uns benötigen, dann werden sie schon von alleine kommen.

Meistens jedoch haben sie erst einmal versucht "alleine" zu Recht zu kommen.....aber manchmal kamen sie auch und baten um einen Rat oder auch um Hilfe.

Und so gehen wir in unserer Familie auch heute noch in erster Linie miteinander um.....erst wenn jemand direkt den anderen um Rat bittet, werden Ratschläge gemacht.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
--------------------------------

"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
26.08.13, 22:02:22
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drvaust
(stillgelegt)

Dieses "Stell dich nicht so an" habe ich in meinem Leben schon oft zu hören bekommen. Aber hauptsächlich als Autist von NA. Da wurde nicht verstanden, warum ich keinen Kontakt zu Fremden, z.B. Nachbarn und Bekannten meiner Eltern, wollte. Oder warum ich auf Arbeit keine Kollegen fragte. Jeder in meinem Alter, als Jugendlicher, wollte endlich lange zur Disko, nur ich nicht, ich ging nie mit.
Hier geht es aber wohl um medizinische Probleme. Da hatte ich weniger derartige Probleme, weil ich nicht gerne zum Arzt ging und nicht gerne über gesundheitliche Probleme sprach. Manchmal bekam ich das zu hören, weil ich mich unverständlich eigenartig verhielt. Z.B. hinkte ich, ohne zu sagen, daß ich am Fuß eine Verletzung hatte (verweigerte sogar die Erklärung).

26.08.13, 23:39:18
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