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Im Herbst wurde bekannt, dass Geheimdienste die pornografischen Vorlieben einzelner Personen ausspionierten, die sie für extremistisch hielten. Mit dem Ziel, diese unter Druck setzen zu können. Leute, die glauben, im Auftrag einer demokratischen Regierung die Freiheit zu verteidigen, sammelten Erpressungsmaterial. Und das war nur eine Vorahnung der tatsächlichen Widerwärtigkeit.
Insbesondere der britische Dienst GCHQ hat einen antidemokratischen Anything-Goes-Größenwahn entwickelt, der sich womöglich aus dem Minderwertigkeitskomplex einer Ex-Imperialmacht speist. Und mit neunstelligen Summen von der NSA gefördert wird. Im Januar 2013 wurden zunächst Papiere veröffentlicht, die belegten, dass der Geheimdienst gegen die Anarchoaktivisten von Anonymous Denial-of-Service-Attacken verwendete. Diese Methode, Server lahmzulegen, wurde 2006 in Großbritannien gesetzlich verboten - mit Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren Haft. Schon die Software herunterzuladen kann mit zwei Jahren Gefängnis bestraft werden.
Anfang Februar 2013 veröffentlichte MSNBC Papiere über eine britische Task Force namens Joint Threat Research and Intelligence Group (JTRIG), die gegen andere Länder, Waffenhändler, Terrorgruppen, Hacker und andere Verdächtige vorgeht und sich dabei nicht scheute, Journalisten, Diplomaten und gewöhnliche Bürger auszuspionieren oder mit hineinzuziehen. Es sind Dokumente staatlich organisierter Niedertracht in einem Ausmaß, das man allenfalls Diktatoren in Phantasieuniformen zugetraut hätte.
Zum Instrumentarium gegenüber Gegnern gehörten Methoden wie erpresserische Sexfallen. Aber auch ein ausgeklügelter Netzwerkterrorismus mithilfe der 4D-Strategie "Deny/Disrupt/Degrade/Deceive". Auf Netzwerke bezogen kann das heißen: Dienstverweigerung, Unterbrechung, Schwächung, Täuschung. Man könnte es aber auch mit "Leugnen, Zerrütten, Herabwürdigen, Überlisten" übersetzen, denn die Agenten meinen damit explizit auch Methoden des Psychoterrors: Telefonanrufe, SMS-Borbardement im Zehn-Sekunden-Takt; Freunde, Kollegen und Vorgesetzte werden angemailt, mit gefälschten, kompromittierenden Inhalten und Verleumdungen. Die zudem über soziale Netzwerken wie YouTube, Twitter, Facebook, Flickr weiterverteilt werden. Blogartikel von angeblichen Opfern der zu diskreditierenden Person werden ins Netz gestellt.
Mit dem ekligen Stolz des Lausebengels steht über die Löschmöglichkeit von Online-Präsenzen anderer Leute ernsthaft in den Notizen zur Präsentation: "Very annoying!!" Mit zwei Ausrufezeichen. Hier schadenfreut sich also ein Agentendozent über die Wirkung seiner illegalen Macht und begeistert sich gleich weiter: "Can take 'paranoia" to a whole new level", übersetzt: "Das kann die 'Paranoia' auf eine ganz neue Stufe heben." Man spürt, wie der Verfasser sich regelrecht ein Zwinkersmiley dahinter verkneifen musste.
Ein paar Folien später wird lapidar erklärt, wie man auf diese Weise Unternehmen ruiniert. Das ist nicht mehr "nur" Wirtschaftsspionage, das ist Wirtschaftskrieg mit den Mitteln von James Bond. Man muss sich vergegenwärtigen, dass es sich bei den Opfern dieser perfiden Methoden allenfalls um Verdächtige handelt - wenn überhaupt. Von gerichtlichen Beschlüssen oder Ähnlichem ist nicht die Rede. Bürger und Unternehmen werden ohne Gerichtsverfahren terrorisiert. Und es kommt noch schlimmer.
Denn schließlich gehört explizit zu den Handlungsoptionen, auf fremden Computern Viren und gefälschte Inhalte zu hinterlegen. Angewendet wird das der Präsentation zufolge vor allem, um andere Staaten zu täuschen. Aber wenn die Möglichkeit des "Ferneinpflanzens" von Inhalten existiert und offenbar keinerlei Hemmungen bestehen, auch Privatpersonen mit den widerwärtigsten Mitteln zu zerrütten - was sollte diese Leute daran hindern, missliebige Personen auf diese Weise aus dem Weg zu räumen?
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Den Rechtsstaat als optional zu betrachten, als nur für die anderen gültig - das ist der Kern des Problems, sowohl beim GCHQ wie auch bei den amerikanischen Geheimdiensten. Und wie man vermuten muss, durchaus mit einem dringend zu klärenden Involvement deutscher Dienste. Der heutige 11. Februar ist ein Tag des Protestes gegen die Internetüberwachung. Aber eigentlich ist es ein Tag des Protestes gegen die Leugnung, Zerrüttung, Herabwürdigung, Überlistung der Demokratie und des Rechtsstaates. Die mit der Totalüberwachung beginnen.