Zitat:
RDI ist ein von Steven Gutstein entwickelter Ansatz der für Autisten jeden Lebensalters angewendet werden kann (im Gegensatz zu Mifne und ABA, die intensive Frühförderprogramme für kleine Kinder sind). Die Relationship Development Intervention geht von der grundlegenden Beobachtung aus, dass Autisten sich in statischen Systemen wohlfühlen und wenn sie in ein dynamisches System kommen, dann versuchen sie, dieses dynamische in ein statisches System umzufunktionieren. Als Beispiel die Situation in einem Warenhaus: nimmt man einen Autisten mit in so eine lebhafte Umgebung, dann fährt er vielleicht z.B. die ganze Zeit nur eine Rolltreppe hoch und die andere wieder herunter und wiederholt diesen Vorgang, schafft sich so in diesem Raum sein statisches System. RDI setzt an diesem Grundverhalten an und versucht, den Autisten dazu zu befähigen, sich in dynamischen Systemen zu bewegen. Autisten sind statischen Systemen verhaftet, weil ihnen die Fähigkeit zum Referenzieren fehlt, sie können darum soziale Interaktion nicht einordnen wie andere Menschen. Aus diesem Mangel entsteht eine elementare Unsicherheit und eine Vermeidung dynamischer Systeme. RDI setzt an der sozialen Interaktion an und zwar über den Ansatz des "experience sharing" (ein wesentlicher Unterschied zu sowohl Mifne als auch ABA, die beide auf ein Ziel ausgerichtet sind und mittels instrumenteller Interaktion arbeiten).
Den Ansätzen Mifne, ABA und RDI ist gemeinsam, dass sie alle drei hoch-intensive 1:1 Ansätze sind. Eine Gemeinsamkeit von Mifne und RDI ist es, dass sie speziell für Autisten entwickelt wurden (ABA ist ein grundsätzlicher, nicht nur für Autisten spezifischer lerntheoretischer Ansatz).
Zitat:
RDI-Therapie – Relationship Development Intervention
Auf den dritten Berliner Fachkräftetreffen von Aspies e.V. stellte Dr. Hellmut
Hartmann die RDI (Relationship Development Intervention)-Therapie für Autisten
von Gutstein vor. Rainer Döhle berichtet:
Herr Hartmann skizzierte den theoretischen Hintergrund von RDI – Relationship Deve-
lopment Intervention. Das Konzept geht davon aus, dass es auf der einen Seite statische,
auf der anderen Seite dynamische (fluid) Beziehungssysteme gibt. Dynamische Systeme
zeichnen sich durch ein hohes Maß an Veränderung aus, in denen es keine vorgegebenen
Regel und kein eindeutiges Ergebnis gibt; als Beispiel dafür kann etwa ein offenes Gespräch
gelten, bei dem es für die Teilnehmer keine voraussagbaren Aktionsketten gibt. Autistische
Menschen haben mit solchen dynamischen Beziehungssystemen naturgemäß besondere
Probleme.
Auf der anderen Seite gibt es statische Beziehungssysteme, deren Ablauf gewissermaßen
ritualisiert ist und wo vorhersagbare, eindeutig festgelegte Handlungsabläufe vorliegen, bei-
spielsweise bei einer Warteschlange im Supermarkt. Solche Beziehungssysteme kommen
Autisten, die auf Vorhersagbarkeit angewiesen sind, sehr entgegen. Die Aufgabe einer RDI-
Therapie ist es nun, Autisten in die Lage zu versetzen, in komplexen Situationen, die sich
durch multiple, emotionale, simultane, überraschende und unvollkommene Elemente aus-
zeichnet, zurechtzukommen. Dies wird durch eine geführte Teilnahme erreicht, wobei dem
autistischen Menschen schrittweise immer komplexere Veränderungen nahegebracht wer-
den, an die er sich nach und nach gewöhnt.
Gutstein hat dabei vor allem mit autistischen Kindern gearbeitet und deren Eltern in die
Arbeit mit einbezogen. Der Ablauf erfolgte dabei in mehreren Stufen: Am Anfang steht die
Information über die Ziele und Struktur der Aktivitäten der Eltern, dann erfolgt die
Demonstration einer bestimmten Handlungskette, die mit dem Kind in gemeinsamer
Arbeit mit den Eltern eingeübt wird; im nächsten Schritt wiederholen die Eltern diese
Aktion mit dem Kind ohne Teilnahme des Therapeuten; daraufhin entwickeln die Eltern die
Aktion mit dem Kind eigenständig kreativ weiter und sie leiten das Kind zu zunehmender
Co-Regulation der Aktivitäten an. Es handelt sich also um eine Art Verhaltenstraining, bei
dem die Eltern ihr Verhalten jeweils immer soweit ändern, wie das betroffene Kind darauf
positiv reagiert. Ablenkende Reize werden dabei möglichst reduziert. Gutstein hat dieses
Verfahren bei Kindern in der Altersklasse bis 8 Jahren angewandt, die in einer 3-jährigen
RDI-Therapie behandelt wurde. In Deutschland wird das Verfahren noch nicht angewandt,
es existieren aber schon Veröffentlichungen Gutsteins, in denen er seinen Ansatz darlegt.
Zitat:
Beziehungsförderung mit RDI
Das RDI (Relationship Development Intervention = "in Beziehungs-Entwicklung eingreifend") ist eine relativ neue Methode und wurde von Dr. Steven Gutstein entwickelt. Gutstein nahm die normalerweise automatisch verlaufende soziale Entwicklung von gesunden Kindern als "Vorlage" und hat versucht, durch nachträgliche sog. Wiedervermittlung verpasste Schritte so gut als möglich nachzuholen.
Dies geschieht durch entsprechende Übungen, die darauf abzielen, dem Kind den Umgang mit dynamischen Systemen zu erleichtern. Die Entwicklung der zusammen gemachten Erfahrungen und der geteilten Freude an gemeinsamen Erlebnissen (Expierience Sharing), sowie der leichtere Umgang mit sich verändernden Systemen gehöern zum zentralen Kern des RDI.