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Rund sechs Prozent der US-Bevölkerung - für Deutschland gibt es so konkrete Zahlen nicht - sind kaufsüchtig. Das sind mehr als dem Alkoholismus verfallen. Die Markensucht ist eine wesentliche Unterform davon. Die direkten Folgen gehen – vom finanziellen Schaden mal ganz abgesehen – über Essstörungen bis hin zum Drogenmissbrauch. „Marken- und Kaufsucht sind vielleicht nicht so lebensbedrohlich wie Alkoholismus oder Drogenabhängigkeit, doch sehr real – und im Extremfall äußerst belastend“, schreibt Martin Lindstrom in seinem heute erscheinenden Buch „Brandwashed. Was du kaufst, bestimmen die anderen“.
Das Buch ist ein Muss für jeden, der sein Konsumverhalten besser durchschauen will oder schlicht daran interessiert ist, wie wir Ottonormalbürger bei unserem täglichen Einkauf ausgenutzt werden. Oder warum in einer repräsentativen Umfrage unter Teenagern 60 Prozent ja sagen auf die Frage, ob man sich Glück kaufen kann.
Lindstrom ist einer der bekanntesten Marketing-Gurus der Welt. Kein anderer Fachmann verbindet die Markenforschung so intensiv mit der Praxis – zu Lindstroms Klienten zählten zig Top-Konzerne.
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Eine weitere Plattform, um uns kaufsüchtig zu machen, sind die modernen Online-Spiele: „Marketing-Spezialisten nutzen Spiele, um uns zu Shopaholics zu machen“, schreibt Lindstrom. Die Experten haben herausgefunden, dass durch das wiederholte Spielen nicht nur eine Abhängigkeit von dem Spiel selbst entsteht, sondern durch Neuvernetzung unseres Gehirns auch vom Akt des Einkaufens.
So zeigt das Spiel „Club Penguin“ Kindern, dass man mehr kaufen kann, wenn man mehr verdient und umgekehrt. Oder wie es Lindstrom formuliert: „Es bringt ihnen die Sehnsüchte und Genüsse zwanghaften Einkaufens bei.“ Weitere Beispiele sind „FarmVille“ oder so genannte Flash-Shopping-Seiten wie Gilt, HauteLook, Rue La La, Woot oder Ideeli.
Lindstrom erklärt in seinem Buch auch, wie es genau passiert, dass Menschen von einer Marke abhängig werden. Dabei gibt es zwei Stadien. Das erste ist das „Routinestadium“, wo wir im Rahmen unser täglichen Gewohnheiten Markenprodukte wie Seife verwenden. Wir ersetzen sie erst, wenn sie kaputtgehen oder leer sind.
Die zweite Phase, das „Traumstadium“ tritt ein, wenn wir etwas kaufen, das wir eigentlich nicht brauchen. Dann sind emotionale Signale in unser Gehirn vorgedrungen. Meistens passiert dies, wenn dir entspannt sind. Es ist eine Form der Belohnung. Das Hormon Dopamin wird ausgeschüttet, wir fühlen uns glücklich.
Recht schnell stellen wir dann ganz unbewusst eine Verbindung her zwischen dem der schönen Erinnerung, also dem Gefühl beim Kauf und dem Produkt. Wir versuchen, das Gefühl zu reaktivieren. „Haben wir in unserem Gehirn erst eine Sucht ausgelöst, so bleibt uns diese auf ewig erhalten.“
Zusammenfassend stellt Lindstrom fest: „Ob sie künstlich Begierde erzeugen, Produkten suchtfördernde chemische Eigenschaften verleihen oder Einkaufen und Geldausgeben zum fesselnden Spiel machen – Unternehmen werden immer besser darin, unsere Psyche so zu manipulieren, dass wir ihren Marken und Produkten treu bleiben.“