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Autor Nachricht
Linde
(Gesinde)

Ich arbeite jetzt im 4. Jahr als Schulbegleiterin, 2 Jahre für einen frühkindlichen Autist in der Pubertät und nun für einen 8 jährigen Asperger Autisten in einer Waldorfschule für Lernförderung.
Der 1. Job war wie ein "Sprung ins kalte Wasser", ich hatte keine Ausbildung und keine Anleitung und 2 Kolleginnen, die sich nicht einigen konnten, wie mit diesem Autisten umgegangen werden soll. Zumal sie nur eine Schulbegleitung wollten, damit der Anspruch nicht verfällt und ich mich hätte in Luft auflösen müssen. Nach 2 Jahren haben sie es dann geschafft mich rauszumobben.
Nun ging es im 2. Job bis jetzt ganz gut, allerdings wird es schwieriger seit ich auch mal eigene Vorstellungen einbringen will und einiges doch aus der Sicht des Autisten sehe. Das ist wohl von der Lehrkraft nicht erwünscht.
Ich persönlich finde es sehr schwierig, die Regeln der Lehrkraft bei dem Autisten durchzusetzen, weil ich sie manchmal selber nicht verstehe und mehr über Beziehung arbeite als über pädagogische Konzepte. Lehrer wollen "funktionierende" Kinder, was auch verständlich ist, da 15 "verhaltensoriginelle" Kinder in dieser Klasse sitzen.
Im Moment tue ich mir schwer damit, dass das Kind mich tritt und zwickt, was aber durchaus daran liegen mag, dass ich es nicht so mache wie es aus meinem Gefühl besser wäre, sondern es so mache wie die Lehrkraft es möchte.
Schulbegleitung ist für mich vollkommen unausgegoren, da die Ämter, die Eltern und die Schulen nicht an einem Strang ziehen. Manche Lehrer holen sich ein Kind mit Schulbegleiter in die Klasse, weil sie überfordert sind. Das darf das Amt natürlich nicht wissen, weil die Gelder ja nur für das eine Kind fließen.
Insgesamt finde ich meine Situation sehr unbefriedigend, obwohl ich die Arbeit als solche sehr gerne mache.
02.04.11, 09:25:54
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Quadriga
(Irrgeleitetes Subjekt)

Als helfende Person des Kindes solltest du dich für das Kind und seine Interessen einsetzten und nicht als Hilfe der Lehrkräfte dienen, um das Kind zusätzlich noch durch dich verstärkt umerziehen zu wollen.

In diesem Punkt wäre es evtl auch möglich, die Regeln, welche die Lehrer einfordern persönlich mit dem Kind zu besprechen, und ihn zu fragen, wie weit er diese einhalten kann, um letztendlich dann selbst eine Regel zu finden, die ihr zusammen dann den Lehrer vorträgt und mit welcher das Kind einverstanden ist.

Ich weiß aus Erfahrung, dass es keine Hilfe ist, wenn scheinbar oder vergeblich helfen-wollende Menschen einem nur die Regeln in direkter oder umschriebener Form aufsagen, und diese mit Lobeshymnen an meine Fähigkeiten und Potentiale zieren, um mich damit umzustimmen mich wieder weiter diversen Belastungen auszusetzen.

Ich versuche daher mir selbst zu helfen, und diese paar Jahre einfach noch zu ertragen, was wohl das aller sinnigste ist, wenn andere Menschen nicht nachvollziehen können, wenn eine Sache für mich wie die Hölle ist, und ich dafür sehr viel Energie investiere, um jene durchzuhalten, sondern man hier immer nur meine Potentiale und Talente und weiteres als Argument dafür nimmt, dass ich weiter machen muss, und es schade wäre, wenn ich abbreche, oder ähnliches mache.
Man will damit einem ein schlechtes Gewissen dafür einreden, dass man unter bestimmten Verhältnissen sehr leidet und dieses Leid selbst am liebsten beenden möchte. Also ein schlechtes Gewissen dafür, wie man ist.

Hätte ich einen Schulhelfer, der mir nur die Regeln der Lehrer und anderen Menschen aufdrängen will, würde ich den auch beissen und zwicken, oder einfach nur wieder wegschicken. :)

I'm only a unidentifiable broken piece of myself.

-

[Aufgrund eines Kniggeverfahrens zu dauerhafter Sperrung nach Nutzerabstimmung verurteilt, gesperrt, auf Bewährung nach Nutzerentscheid wieder freigeschaltet und nach einem weiterem Regelverstoß nach Verständigung in einem Kniggeverfahren dauerhaft gesperrt, mfg [55555]]
02.04.11, 10:54:03
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mockingbird
(Ascendent Medusa)

Zitat von Linde:
Lehrer wollen "funktionierende" Kinder, was auch verständlich ist, da 15 "verhaltensoriginelle" Kinder in dieser Klasse sitzen.


Nein! Das ist weder verständlich NOCH IST ES ENTSCHULDBAR!
Wenn ich mich als Pädagoge für eine Stelle bewerbe, die, der Beschreibung nach, einen besonderen Umgang mit den Kindern erfordert, und mir dann "funktionierende" Kinder zurechtdrille, das ist das Mißbrauch der eigenen Verantwortlichkeit.
Und wenn das Vermitteln zwischen Lehrer und Schüler so aussieht, daß dem Schüler die Sichtweise des Lehrers auf Biegen und Brechen aufgedrückt wird, dann ist die ganze Schulbegleitung eine einzige Farce und sollte meines Erachtens nach sofort beendet werden. Oder drastisch geändert.

Was sagt denn die Schulleitung selbst dazu? Schließlich wurde die Schule doch so gestaltet, daß "verhaltensoriginelle" Kinder einen Platz und eine reelle Chance haben?

Versteh´ mich bitte nicht falsch: ich möchte Dich auf keinen Fall persönlich angreifen, und ich verstehe gut, daß Du Deine Situation als unbefriedigend empfindest. Aber es erscheint mir so, daß da ein dringender Klärungsbedarf besteht, der gegebenenfalls entsprechende Konsequenzen erfordert.
02.04.11, 21:35:29
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Linde
(Gesinde)

Ja, wenn Kommunikation zwischen NA´s so einfach wäre. Da spielen Finanzierung und Hierarchien eine entscheidende Rolle. Ich fühle mich nicht angegriffen, sondern einfach hilflos in diesen Strukturen. Die Schulbegleitung, wie es derzeit läuft kommt mir auch wie eine Farce vor.
02.04.11, 22:58:10
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drvaust
(stillgelegt)

Nach den Berichten, auch Anderen, habe ich den Eindruck, daß Schulbegleiter meistens gutwillige, nicht ausgebildete, Hilfskräfte sind, die da irgendwie helfen sollen. Was sie machen sollen, ist unklar. Die Lehrer wollen Assistenten für sich. Die Eltern wollen Unterstützung für sich und ihr Kind. Die Schüler wollen Unterstützung in der Schule, teilweise auch gegen die Lehrer.
Ich denke, Schulbegleiter sollen Schüler in der Schule begleiten und unterstützen, den Schülern helfen, die Schule und den Schulstoff zu bewältigen, und die Interessen der Schüler vertreten, auch gegen die Lehrer.
Wem unterstehen denn Schulbegleiter? Sind Schulbegleiter Angestellte der Schule oder unabhängig von der Schule, also auswärtige Vertreter in der Schule?

03.04.11, 21:32:24
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Antika
(Autistenbereich)

Ich habe eher das Gefühl, dass Schulbegleiter nicht eingesetzt werden um dem A Schüler zu helfen oder diesen zu unterstützen, sondern dass Schulhelfer wohl eher eingesetzt werden um der Schule/dem Lehrer zur Seite zu stehen. Und nur unter dieser Voraussetzung wird von der Schule auch die Aufnahme eines Autisten akzeptiert/geduldet. Ansonsten würde der Autist doch auf eine Sonderschule abgeschoben mit der Begründung dass dies doch nur zu seinem Besten wäre.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
--------------------------------

"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
03.04.11, 21:45:29
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haggard
(Autistenbereich)

schulbegleiter sind eigentlich als helfer für den betreffenden menschen gedacht.
03.04.11, 21:50:56
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Antika
(Autistenbereich)

Eigentlich? Und warum werden dann nicht gut ausgebildete Schulhelfer eingesetzt? Warum hört und liest man immer wieder, dass Schulhelfer mit der Schule und dem Lehrer anscheinend nur Probleme haben?

Das verstehe ich nicht.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
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"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
03.04.11, 22:01:37
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mockingbird
(Ascendent Medusa)

Vermutlich einfach ein Kommunikations/Verständnisproblem: die Lehrkraft denkt vermutlich, der Schulbegleiter ist dazu da, damit der dafür sorgt, daß der Quertreiber (der Autist) endlich Ruhe gibt und gefälligst das macht, was er soll. Scheinbar ist in Pädagogenkreisen noch nicht angekommen, welche Funktion ein Schulbegleiter erfüllt (bestenfalls).
03.04.11, 22:08:30
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haggard
(Autistenbereich)

wäre die nächste frage, wie "gut ausgebildet" definiert würde. wer ausbildet etc.

gibt es eigentlich stellenbeschreibungen für schulhelfer?
oder könnte so etwas hier erarbeitet werden?
03.04.11, 22:12:42
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Antika
(Autistenbereich)

Ja, wer bildet eigentlich Schulhelfer aus, das ist eine gute Frage.

Was ich noch zum Thema Schulhelfer gefunden habe, finde ich sehr interessant.

Zitat:
"Integrationshelfer werden von verschiedenen Trägern caritativer Einrichtungen, deren Adressen den Sozialämtern bekannt sind, zur Verfügung gestellt.

In der Praxis bestehen darüber hinaus besonders für Eltern von Kindern mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] Schwierigkeiten, eine geeignete und ausreichend qualifizierte Schulbegleitung zu finden. Von den zuständigen Sozialämtern werden in der Regel nur die Kosten für einen „ungelernten“ Integrationshelfer übernommen. Die besondere Situation von autistischen Kindern, die geprägt ist von Interaktions- und Kommunikationsstörung oder auch von aggressiven Verhaltensweisen, erfordert jedoch unter Umständen die Schulbegleitung durch eine pädagogisch ausgebildete Fachkraft. Ein solcher Anspruch auf eine (teurere) Fachkraft wurde auch bereits im Einzelfall von der Rechtssprechung zugesprochen."
Zitat Ende

http://www.hoffmann-gress.de/skripten/Schulbegleitung.pdf


"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
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"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
03.04.11, 22:44:55
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Bei Arbeitgebermodellen allgemein ist diese nicht rechtmäßige Kostendrückerei auch eine große Plage. Allerdings wäre eine Ausbildung durch einen Elternverband wohl auch nicht unbedingt ein Fortschritt, weswegen es hierbei vielleicht nicht einmal eine Sache des Stundenlohns wäre, sondern eher eine Sache einer geeigneten Schulung.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
03.04.11, 22:49:58
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