Bicycle
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geändert von: Bicycle - 16.12.10, 09:32:25
Morgen,
ich hab seit gestern mein Diagnoseergebnis, dass ich Autist bin. Unterschieden wird bereits nicht mehr zwischen den einzelnen „Arten“, wobei es wohl die Richtung asperger gewesen wäre.
Ich wollte jetzt mal das Diagnoseverfahren etwas erklären, da ich vor meiner Diagnose auch dankbar war, solche Erfahrungen lesen zu können.
Ich versuch mich kurz zu fassen, deshalb erkläre ich es relativ oberflächlich. Einfach fragen, falls was unklar ist oder ich näher darauf eingehn soll.
Von Anmeldung im Forum 10.04.2010 bis 14.12.2010 hat jetzt alles insgesamt gedauert.
Ich erzähle das ganze aus der Perspektive, wie es bei mir war. Bei anderen Praxen kann das natürlich wieder ganz anders ausschauen.
Erste Anlaufstelle, Autismus-Kompetenz-Zentrum:
Ein paar Tage nachdem Anruf dort, kam eine Mitarbeiterin hier nach Hause.
Meine Mutter war während dem Gespräch anwesend und hat mir beim Antworten geholfen.
Die Fragen waren weit gefächert.
Wie ich auf Autismus komme, welches Hobbys ich hab, wie mein Tag aussieht/aussah, Vergangenheit, Schule, Kleinkindalter usw.
Meiner Mutter wurden auch ein paar Fragen gestellt, gerade zu Auffälligkeiten, Kleinkindalter und„äußerliche“ Erscheinung.
Das Gespräch dauerte ca. 1-2 Stunden. Alles ohne Stress und es war eine nette Frau.
Zweite Anlaufstelle, Kinder- und Jugendpsychologe: (Wartezeit 4 Monate)
Er kam wieder in’s Haus und hat allerdings nur mit meinen Eltern geredet (da ich den Termin verweigert hab, aber gut, darauf wollte ich nicht eingehn).
Das Gespräch dauerte ca. 2-4 Stunden.
Es wurden Fragen zu Auffälligkeiten, Kleinkindalter, Geburt usw. gestellt, also alles was meine Eltern über mich wissen.
Er hatte dann einen Fragebogen hier gelassen, den ich ausfüllen musste. Das waren Selbsteinschätzungsfragen, die man mit den Auswahlmöglichkeiten „Trifft zu, Trifft etwas zu, *Neutral*, Trifft selten zu, Trifft gar nicht zu“ beantworten konnte.
Viele Fragen hab ich nicht verstanden, deshalb hat mir meine Mutter geholfen.
Der Fragebogen hat angeblich aber absolut keine Auswirkung auf die Diagnose. Warum man ihn dann machen muss, weiß ich auch nicht.
An den zweiten Termin hab ich dann teilgenommen.
Während den Gespräch war wieder meine Mutter anwesend.
Es wurden wieder mehrere weitgefächerte Fragen gestellt. Wahrscheinlich hat es aber mehr darauf abgezielt, dass man andere Sachen ausschließen kann. So kam es mir zumindest von den Fragestellungen vor. Es waren mehr Fragen zur Befindung und Gefühle. Allerdings auch Fragen zu Hobbys, Freunden, Beschäftigungen, Alltag, Schule usw.
Das Gespräch dauerte 1-2 Stunden. Auch wieder alles ohne Stress und es war ein netter Psychologe.
Der dritte Termin war dann eine Mitarbeiterin des Psychologen, es ist auch die „Hauptuntersuchende“. Sie kam auch wieder hier her in’s Haus.
Meine Mutter war beim Gespräch wieder mit anwesend.
Es waren wieder buntgemischte Fragen. Von Hobbys, Schule, Alltag, Zukunft bis Auffälligkeiten, wie ich auf Autismus komm usw.
Das Gespräch dauerte 1-2 Stunden. Auch wieder alles ohne Stress und es war eine nette Frau.
Ich bekam einen Selbsteinschätzungstest, den ich bis zum nächsten Mal ausfüllen sollte. Meine Eltern bekamen einen ähnlichen Test in der er/sie Form.
Es waren sämtliche Fragen dabei. Der erste Teil war schriftlich, sprich man konnte „individuelle“ Antworten abgeben. Der zweite Teil war mit „stimmt, stimmt teils, stimmt nicht“ zu beantworten.
Die Fragen waren ganz verschieden. Wie man selbst zu sich steht, ob man schon mal geklaut hat, usw. mir fallen grade keine weiteren Fragen ein. Sind allerdings vier Seiten. Wobei die ersten zwei Seiten viel Platz ist zum Schreiben, obwohl man teils nur ein Satz schreiben muss oder auch nur ein Wort.
Dieser Test zählt auch wieder nur als „Selbsteinschätzung“ und wird auch nicht in der Diagnose gewertet.
Der vierte Termin war dann in der Praxis, wo nur meine Eltern mit ihr geredet haben und auch nur sie kommen sollten.
Was dort genau besprochen wurde, weiß ich nicht, weil es mich nicht interissiert hat.
Aber scheinbar wieder die gleichen Fragen, wie beim Gespräch mit den Psychologen, also alles mögliche.
Der Termin dauerte den gesamten Vormittag, sprich 4-6 Stunden.
Der sechste Termin war dann wieder hier, wieder mit der gleichen Frau.
Das war dann auch die „Hauptuntersuchung“, die normalerweiße in der Praxis statt findet und auch oftmals gefilmt wird. Der Film dient angeblich „nur“ dafür, dass die untersuchende Person nochmals alle Reaktionen von der Person mit bekommt, falls sie etwas verpasst hat. Dadurch das es aber bei mir daheim war, war das sowieso nicht und wenn ich dort hin wäre, dann hätte ich’s verneint.
Dieses mal kamen dann „Tests“, bei welchen meine Mutter nicht dabei sein sollte/durfte. Es waren 5 Tests, zwischen durch wurden mehrere Fragen gestellt.
Sie hat auch gesagt, dass die Fragen alle mehrfach bei den Terminen wiederholt werden, allerdings nicht um die Patienten zu ärgern, sondern um verschiedene Antworten zu sammeln oder wie auch immer.
Schließlich antwortet man nicht bei jeder Stimmung genau gleich.
Alles verlief stressfrei und hat ca. 1 ½ Stunden gedauert.
Das war’s dann auch schon. Gestern haben dann meine Eltern die Bestätigung in der Praxis bekommen, dass es Autismus ist.
Sie haben noch drei verschiedene Überweißungen mitbekommen, zu verschiedenen Ärzten. Dort kann man hin, muss man aber nicht.
Therapiemöglichkeiten wurden auch aufgezählt. Das sind aber keine „Ich mach dich zu einen „normalen“ Menschen“ Zaubertherapien, sondern unterstützende Therapien, die wohl nur darauf eingehn, was man auch wirklich ändern will.
Begleitung durch das Autismus-Kompetenz-Zentrum und der ganze rechtliche Kram, steht jetzt natürlich auch noch offen.
Das sind zumindest die Sachen, die der Psychologe aufgezählt hat.
Im Januar hab ich dann noch einen IQ Test. In wie weit ich an diesen teilnehme, weiß ich nicht. Ich halte von so etwas absolut gar nichts. Aber gut, von der Diagnose hab ich auch nichts gehalten und hab sie jetzt.
Fazit:
Nette Menschen, alles stressfrei.
Hat sich dadurch etwas geändert?
Nein, selbstverständlich nichts. Weder ist ein Stein vom Herzen gefallen, noch sonst irgendwas.
Über die Auswirkungen, welche die Diagnose hat, kann ich nichts weiter sagen, schließlich hab ich sie erst seit gestern. Was ich jetzt damit anstell, weiß ich auch noch nicht.
Wird mich wohl mal die nächsten Tage oder Wochen an das Autismus Kompetenz Zentrum wenden, für das Rechtliche (Schule) und dann schau ich mal weiter. Alles mit der Ruhe.
Ich wollte dann auch gleich ein Dankeschön an das Forum sagen und an die netten User.
Durch „Autismus“ hab ich wieder zu mir selbst gefunden, ich hab mich Individuum wieder gefunden und trab keinen „normalo“ hinter her, denn es gibt keinen „normalen“ und die „anderen“, wir sind alle individuell und doch wieder gleich.
Ob da jetzt eine Diagnose dafür wertvoll war, weiß ich nicht. Da ich schon vor der Diagnose wieder zu mir selbst gefunden hab.
(Ich hoffe mal das ist hier richtig, falls nicht, bitte verschieben)
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