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Thema: Gestützte Kommunikation (http://autismus-ra.unen.de/topic.php?id=3782)


Geschrieben von: zilvis am: 05.05.10, 11:51:02
hallo azrael, nun ich kann mir nun kein genaueres bild über diese "schülerin" machen, man müsste als außenstehender versuchen den grund für das unleserlich schreiben zu erkennen und dem mädchen lösungswege aufzeigen. und gründe gibt es viele, vielleicht ein defizit in der auge-hand-koordination, es könnten aber auch probleme im taktilen oder auch propriozeptiven wahrnehmungskanal geben oder beides oder oder oder...

hallo drvaust,

bei vielen fc-nutzern liegt eine dyspraxie vor. das heißt eine handlungsunfähigkeit, die person hat im kopf eine genaue vorstellung von der handlung, kann diese auch im kopf planen, aber sie sind in vielen fällen nicht fähig die einzelnen körperteile so zu bewegen, um die handlung durchzuführen. ein druck, ein widerstand, ein implus lenkt die konzentration auf das körperteil und befähigt sie zum teil eine bewegung (fingertippen, handbewegung beim schreiben) auszuführen... fc ist in kein führen, hierfür stehen andere methoden... der fc-nutzer tätigt die handlung selbst, das heißt fc gibt ihnen die möglichkeit eine handlung gezielt durchzuführen, welches zu mehr selbstständigkeit führt, als wenn sie die tätigkeit gar nicht durchführen würden.
ich bin ziemlich schlecht im definieren, daher werde ich auch vermeiden fc zu definieren... fc beginnt nicht erst beim schreiben, sondern kann mit dem zeigen auf bildern, tippen auf ja/ nein kärtchen eingeleitet werden. das heißt es gibt auch hier unterschiedliche kommunikationsebenen. (ja nein antworten, einzelne worte, faktenabfragen, bis hin zur freien unterhaltung) und je nach bedürfnis jedes einzelnen wird gestützt.
ein beispiel: fc-nutzer x, rechtshänder, hypotone muskelspannung(arm,hand und finger fühlen sich an wie pudding freuen ) , äußeren bedingungen sind erfüllt (reizarm etc.), frage steht im raum "wo möchtest du heute abend mit mir hingehen?"... heißt für mich, ich sitze rechts von demjenigen, mein linker unterarm befindet sich unter seinem rechten unterarm und meine hand umfasst alle finger bis auf den zeigefinger. sein und mein arm befinden sich ca. 30 cm über tastatur, ich gebe gegendruck,frage wird gestellt oder steht geschrieben, stützer muss darauf achten, dass die aufmerksamkeit des fc-nutzer vorhanden ist(augen fixieren tastatur/ buchstaben). fc-nuzter drückt meinen arm sozusagen nach unten und finger landet auf einen buchstaben, darauf hin erhöhe ich wieder den den gegendruck, soadass sich beide arme wieder 30 cm über tastatur befinden, wieder auf gegendruck des fc-nutzers warten, der dann schließlich auf den nächsten buchstaben zeigt, usw...fc erfordert langes üben, um schnelligkeit und genauikeit zu verbessern...und mit der zeit sollte es zur rücknahme der stütze kommen. das heißt am beispiel, dass meine linke hand sich irgendwann am rechten handgelenk des schreibers befindet und mein unterarm nur noch teilweise den rechten unterarm unterstützt. im idealfall geht das soweit, dass man nur noch die schulter anfasst, oder diese anstuppst. ich habe auch schon von einem fall gelesen, bei dem die bloße verbale aufforderung gerreicht hat, diesen zum schreiben zu bringen...
ich hoffe ich konnte dir ein bild von dem vorgang geben...


Geschrieben von: an3010 am: 05.05.10, 12:13:06
ich habe dazu keine erfahrungen, nur einen doku -film habe ich darüber gesehen.
es wurden autisten eine zeitlang begleitet. einer nutzte auch diese gestützte kommunikation. wie groß ist die wahrscheinlichkeit,dass der stützende eigentlich den text schreibt?


Geschrieben von: 55555 am: 05.05.10, 12:25:14
Ich kann ja nochmal diesen alten Thread zu einer Studie verlinken.

Nach wie vor bin ich sehr skeptisch und sehe mich darin bestätigt, daß "Stützer" sich kaum ernsthafte Gedanken machen. Für mich ist zudem naheliegend, daß bei Autisten meist der Ansatzpunkt bei den Lebensbedingungen sein sollte, die tatsächlich derart unfähig machen können.

Bei Nichtautisten mag das teils funktionieren.


Geschrieben von: zilvis am: 06.05.10, 16:50:13
eine genaue prozentzahl kann man wohl nicht angeben, ich kann nur von mir ausgehen und da ist es sicher vorgekommen, dass ein wort von mir beendet wurde ohne dies aber bewusst zu tun.meist, wenn es zu 90% schon da stand und häufig verwendet wurde, wie zum beispiel bei meinem namen...
55555 könntest du mir erklären, was damit gemeint ist, den ansatzpunkt bei den lebensbedingungen zu suchen?


Geschrieben von: 55555 am: 06.05.10, 17:37:50
Zitat von Paula:
Mir ist nur bekannt, das die Muskulatur das Pendel bewegt, welche eventuell vom Unterbewußtsein beeinflusst sind.

Zitat:
Jeder Mensch besitzt in den Fingerspitzen kleine Muskelgruppen, die nicht bewusst, also nicht willentlich bewegt werden können. Diese kleinen Muskeln sind die Antriebsfeder des Pendels. Da wir sie nicht willentlich beeinflussen können, entsteht die Bewegung unbewusst. Somit zeigt uns das Pendel die Antworten auf unsere Fragen an, da unser Unterbewusstsein mit dem Universum verbunden ist und Zugang zu den Antworten hat.

Quelle


Geschrieben von: 55555 am: 09.05.10, 13:58:15
Zitat von jrottl:
Ja, über FC konnte ich z.B. auch Probleme meiner eigenen Tochter in ihrer damaligen Schule lösen, weil sie dort von einer Heilpädagogin nicht verstanden wurde. Diese Pädagogin hielt nichts von FC. unsere Tochter nervte es, das sie sich ihr nicht mitteilen durfte, sie reagierte darau mit Fremdaggression. Nachdem sich meine Tochter mir anvertraute, konnte ich ein klärendes gespräch mit der Pädagogin führen, worauf unsere Tochter eine Stützerin im Untericht zur seite gestellt bekam, und siehe da plötzlich klappte es mit dem Untericht.

Ich möchte hier noch einmal ganz klar äußern, daß ich diese Antwort sehr unzureichend finde, da praktisch nichts beschrieben wird, was darauf hindeutet, daß FC funktionieren muß. Daß es im Unterricht "klappt" kann auch bedeuten, daß der Stützer die Lösungen unbewußt beisteuert. Die Argumentation "FC hat geholfen FC durchzusetzen" erscheint mir auch nicht der richtige Ansatzpunkt um hier weiterzukommen.


Geschrieben von: knuddelweibchen am: 03.08.10, 01:25:07
Hallo Ihr,
Erstmal möchte ich sagen wie sehr ich mich freue dieses Forum gefunden zu haben. Ich erhoffe mir hier einige Antworten und Hilfe mit meiner Arbeit mit autistischen Menschen. Ich bin Heilerziehungspflegerin und arbeite in einer Wohngruppe in der 7 Menschen mit Autismus [Laut Forenregeln diskriminierender Begriff] leben. Seit einem Jahr arbeiten wir mit FC und es ist für mich immer noch wie ein Wunder, das Menschen die 30 Jahre ohne Stimme waren plötzlich kommunizieren können. Es klappt bei allen Mitarbeitern nur nicht bei mir. traurig Ich hatte schon Tage und auch Wochen in denen ich JA und NEIN bekommen habe und es gab auch schon ein paar Sätze. Leider reißt diese Phase immer wieder ab und die Schreiber üben keinen Druck aus. Ich bin am verzweifeln. Kann mir jemand sagen was ich evtl. falsch mache? Ich habe auch sehr große Angst davor das ich führe und das möchte ich aber nicht und werde dann unsicher. Vielleicht ist das ja auch das Problem?! Habe schon bemerkt je sicherer ich mir bin desto leichter fällt das Stützen und die Antworten werden sauberer und dauch deutlicher. Danke jetzt schon für antworten.


Geschrieben von: zoccoly am: 03.08.10, 02:07:42
Ich denke, du machst nichts falsch, im Gegenteil scheint es für dich zu sprechen, dass du weitestgehend frei von Beeinflussung bist, da nach erst kürzlich gehörter Expertenmeinung, davon auszugehen ist, dass die Ergebnisse der Stützungen sehr stark der Interpretation der Stützer unterworfen sind und damit das gesamte Verfahren wieder zweifelhaft erscheint.http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=3950&highlight=&


Geschrieben von: 55555 am: 03.08.10, 09:52:17
Dem schließe ich mich an, nach meinem aktuellen Stand funktioniert FC zumindest in den allermeisten Fällen bei Autisten nicht. Da die Methode Aussagen der Personen suggeriert ist sie mit großer Vorsicht zu sehen. Sinnvoller wäre die Lebensbedingungen für den betreffende Autisten so zu ändern, daß die Belastungen durch Barrieren abgebaut werden. Wenn diese Belastungen verschwinden ist mehr psychische Energie vorhanden sich selbst Sprache und andere Dinge zu erschließen. Um diese Änderunge herbeizuführen bedarf es allerdings einen ernsthaften Willen, der nach meinem Eindruck leider oft bei entsprechenden NA nicht vorhanden ist. Es geht dabei auch nicht darum, daß die NA dann nur noch nach der Pfeife der Autisten tanzen sollen, sondern daß gegenseitig elementare Rücksicht genommen wird, was von NA-Seite sehr oft in massiver Weise verfehlt wird, weil die autistische Empathie fehlt und man sich auch gerne aus NA-typischen psychischen Komplexen heraus als überlegener Herrenmensch aufspielt.


Geschrieben von: Fundevogel am: 03.08.10, 12:17:36
Liest oder schreibt in diesem Forum ein Autist, der mit FC Erfahrungen hat und es aber/dennoch schaffte, sich Sprache auf andere Weise zu erschließen?


Geschrieben von: zilvis am: 03.08.10, 12:21:23
hallo knuddelweibchen,
auch ich stütze autistische menschen. in der zeit habe ich auch oft mitbekommen, dass einige mitarbeiter schwierigkeiten hatten mit der gestützen kommunikation und ich hatte anfänglich probleme. es gibt natürlich viele ursachen dafür das fc nicht klappt. wichtig ist es dem gegenüber vollstes vertrauen zu schenken, keine zweifel an der intelligenz des jeweiligen zu haben. du schreibst, dass du angst hast. auch das kann ein grund sein. autistische menschen haben nach eigener erfahrung eine besonders ausgeprägte sensibilität anderen gegenüber und nehmen auch wahr, wenn der stützer angst hat, aufgeregt ist. hilfreich ist es, wenn man seine eigene aufgregtheit anspricht und um geduld und ein wenig übung bittet. solche übungen sollten keine offenen gespräche sein, sondern zunächst nur einfache kommunikation sein. zum beispiel: selbst geschriebene tafeln, darauf steht "was möchtest du heute essen?" und dann einige antwortmöglichkeiten. mit einem nutzer habe ich anfangs, um ein gefühl dafür zu bekommen, wieviel druck er braucht, das alphabet buchstabiert. allerdings immer mit der erklärung, warum ich das mache, nicht das der eindruck kommt, ich möchte ihn testen. äußerliche bedingungen sollten natürlich auch abgeklärt werden, reizarm, klar strukturiert.oft gibt es ablenker, ein beispiel dafür: ich wollte mit einem autistischen mädchen ihre hausaufgaben machen, jedoch tippte sie kreuz und quer auf buchstaben ohne das es ein wort ergab. ich hatte allerdings glück, da sie eine langjährige fc-schreiberin ist. und so konnte sie mir auf die frage "was nicht in ordnung sei" schreiben, dass sie von meinen offene haare abgelenkt wird.
manchmal sind es auch zu persönliche fragen, oder unkonkrete fragen, eine frage wie "wie geht es dir" sollte man am besten lassen, wenn man als stützer wenig erfahrung hat und wenn man demjenigen nicht vertraut ist...man könnte noch so viel auflisten...
viel übung macht dich sicher und du kannst dem schreiber sicherheit geben.
schön zu lesen, dass es einrichtungen gibt, die den bewohnern die möglichkeit geben, ihre gedanken raus zu lassen.


Geschrieben von: knuddelweibchen am: 03.08.10, 12:22:06
[Kettenbeiträge zusammengefasst, mfg [55555]]

an 55555
Ich gebe dir absolut Recht, das es oft an dem Verstehen und dem Respekt von NA gegenüber Autisten fehlt. In Heimen ist es oft die Übervorderung, der Zeitmangel und mangelnde Aufklärung was ein gutes miteinander Arbeiten hemmt. Auch ich gerate immer wieder an meine Grenzen (In dieser Arbeit so sehr wie noch nie in meinem Leben)Ich versuche jeden Tag hochmotiviert ran zu gehen und doch endet der Tag oft in diesem über den Autist hinweg bestimmen. Oft wirklich aus Überforderung. Ich klammere mich deswegen auch so sehr an FC, weil ich glaube, das ich so den Autisten besser verstehen kann und auf seine Bedürfnisse eingehen kann. Natürlich habe ich auch meine Bedenken mit FC aber ich sehe es im Moment als einzige Chance den einzelnen besser zu verstehen.


hallo zilvis,
Wie soll ich üben, wenn jedesmal dabei nur Buchstabengewirr heraus kommt? es demotiviert mich so sehr. Ich frage mitlerweile nur noch das essen ab und nichtmal das klappt. Meine Einstellung ist schon schlecht, weil ich denke, es klappt eh wieder nicht. Aber vielleicht sollte ich doch nochmal mit ihnen reden, sie fragen was falsch lauft von meiner Seite? Und JA ich kenne dieses absolute feingefühl von Autisten wenn es um Stimmungslagen geht. Du denkst sie schauen dir mitten in die Seele. Und manchmal kommt es mir vor, wenn wenn sie aus meiner schlechten Stimmung sich einen Spaß machen würden und noch eins drauf setzen, nur um es für sich lustiger zu machen. Sie finden den wunden Punkt und bohren...und bohren...
Sorry an alle Autisten, aber mir als NA kommt es oft so vor...