Woher sollen wir dann wissen, welche von diesen tausend möglichen Dingen das ist, was diesen „Wutanfall“ ausgelöst hat? Natürlich versuche ich dann, das störende zu finden und abzustellen, wenn das möglich ist, aber das wird eben schwieriger, wenn sich ein Mensch nicht gut äußern kann.
Weswegen es so wichtig ist mit anderen Autisten zusammen zu überlegen, was es sein könnte.
Zitat:
Und es gibt eben auch Störfaktoren, die ich nicht abstellen kann.
Ich glaube nicht, daß das auf Vieles und Wesentliches zutrifft. Allerdings ist die Empfindlichkeit viel größer, wenn die Lebensbedingungen in vielerlei Hinsicht schon nicht passen und deswegen eine enorme dauerhafte Belastung vorliegt, die praktisch immer vermeidbar ist.
Zitat:
Eine gewisse Anpassung ist auf beiden Seiten nötig.
[...]
Wenn mein gleichaltriger Bruder weint, und das autistische Kind auf ihn losgeht und ihn kneifen will, weil er eben mit weinenden Menschen überfordert ist, dann muss ich ihn festhalten, damit er meinem Bruder nicht weh tut. So einfach ist das. Da muss sich der autistische Junge anpassen, kann ihm zwar immer wieder erklären, warum mein Bruder geweint hat, aber weh tun darf er ihm nicht.
Merkst du was?
Zitat:
Aber wenn ich mit einem lärmempfindlich Autisten in einem Geschäft bin, wo aus den Lautsprechern Musik dudelt, dann kann ich dagegen nichts machen. Dann ist das eben so. Da kann man sich nicht nach einem einzigen Menschen richten, so weh das vielleicht tut.
Warum nimmst du den Autisten dann mit (vorausgesetzt, er will das nicht ausdrücklich selbst)?
Zitat:
Ich finde es schade, wenn hier die Meinung vertreten wird, dass die Eltern immer die sind, die Schuld sind und keine Rücksicht nehmen.
Wie kommst du darauf, daß es so wäre?
Zitat:
Die Last, die Eltern von schwer autistischen Kindern zu tragen haben, ist nicht zu unterschätzen.
Und dennoch wohl ind en allermeisten Fällen in keiner Weise mit dem zu vergleichen, was der Autist an (fast immer vermeidbaren) Beeinträchtigungen erlebt. Wenn dann Eltern von Autisten erzählen, was sie erdulden würden geht das aus meiner Sicht zu großen Teilen auf das eigene Handeln zurück und ist eine logische Folge desselben.
Zitat:
Und was mir hier auch auffällt, dass hier das Bild von „dem einen Autisten“ vertreten wird.
Woraus schließt du das? Dir ist klar, daß "Autismus" auch mit teils großen Gemeinsamkeiten verbunden ist (sonst wäre es ja wenig sinnvoll Autisten unter einen Begriff zusammenfassen)? In manchen Bereichen unterscheiden sich Autisten deutlich, aber in anderen wieder recht wenig.
Hallo!
Feder, da stimme ich dir zu. Aber ohne Anpassung geht es eben nicht, du forderst ja auch von Nichtautisten, dass sie sich anpassen. Wahrscheinlich ist kaum ein Nichtautist in der Lage zu verstehen, welch große Anpassungsleistung Autisten vollbringen. Doch du als Autist siehst vielleicht auch nicht immer die Anpassung auf der anderen Seite.
@ 5555:
Zitat:
Weswegen es so wichtig ist mit anderen Autisten zusammen zu überlegen, was es sein könnte.
Gut, nur wo finde ich andere Menschen, die mir sagen können, was ein Autist denkt?
Zitat:
Ich glaube nicht, daß das auf Vieles und Wesentliches zutrifft. Allerdings ist die Empfindlichkeit viel größer, wenn die Lebensbedingungen in vielerlei Hinsicht schon nicht passen und deswegen eine enorme dauerhafte Belastung vorliegt, die praktisch immer vermeidbar ist.
Das hängt eben davon ab, wie die Störfaktoren gelagert sind.
Nein, was denn? Willst du sagen, dass ich zuschauen soll, wie er meinem Bruder weh tut? Oder soll ich meinem Bruder verbieten, in seiner Anwesenheit zu weinen?
Das mit der Geräuschempfindlichkeit war nur ein Beispiel, der autistische Junge, den ich betreue, liebt Geräusche. Nichtsdestotrotz ist es meiner Meinung nicht möglich, einen Menschen von allen störenden Elementen abzuschirmen. Das ist meine Meinung. Wenn ihr anderer Meinung seid - okay.
@azrael: Stimmt, in meinem Beitrag häuft sich wahrscheinlich die Formulierung "der Autist". Das ist so nicht gewollt, aber ich möchte ungern den Namen von dem Jungen, den ich betreue, nennen.
Zitat:
warum MUSS der autist (das ist so eine umschreibung wie "der mensch") festgehalten werden? wie reagiert er sonst auf körperkontakt?
Er muss in dem Augenblick festgahalten werden, damit er nicht meinem Bruder wehtut (mein Bruder kann ja nichts dafür, dass er weinende Menschen nicht aushalten kann). Ich halte ihn auch fest, wenn er auf die Straße laufen möchte, wenn da Autos fahren. Dass muss ich tun, um ihn und andere zu schützen. Ich weiß, dass viele autistische Menschen Körperkontakt als unangenehm empfinden, deshalb halte ich ihn nur in oben beschriebenen Situationen fest. Was würdest du denn an meiner Stelle tun?
Zitat:
wie wird etwas erklärt?
Ich erkläre ihm eben, warum mein Bruder geweint hat. Und zeige ihm, dass er in ein anderes Zimmer gehen kann, wenn möchte, aber das wehtun keine Lösung sein darf. Erkläre ihm, warum er nicht wehtun darf. Ich rede in kürzen, knappen Sätzen mit ihm, wenn er sich beruhigt hat. Er hat kein gutes Sprachverständnis.
Zitat:
wenn eltern oder andere eine schuld in den äußerungen hineinlesen, ist dieses in erster linie eine persönliche einstellungssache derjenigen, die so etwas daraus deuten. jedoch ist leider oftmals in den beschreibungen von eltern so - mitunter auch ausdrücklich - dass keine rücksicht "eingesehen" wird. äußerungen wie "wir können doch nicht immer zurückstecken". wäre es ein zurückstecken, nicht in allen räumen radio zu hören sondern nur in einem raum, sodass ggf. das kinderzimmer ein tatsächlicher rückzugs-/erholungsort für das kind sein könnte?
Natürlich gibt es Eltern, die keine Rücksicht nehmen wollen, aber es gibt eben auch die andere Sorte, genau wie alle Menschen unterschiedlich sind.