Es kommt mir ein wenig so vor, als ob ihr besorgt seid, dass euch jemand was wegnehmen möchte... Keine Sorge, so lange ich nicht in der Lage bin, bei mir selbst was wegzunehmen, kann ich das auch anderen Erwachsenen nicht guten Gewissens androhen!
Insgesamt sehe ich das aber gar nicht so, dass mir so viel weggenommen würde, wenn die Ursache für all das lästige Scheitern im Leben abhanden käme. Wer weiß, vielleicht könnte ich mein Potential dann mal so richtig entfalten? Das einzige, dass ich gern sorgsam behüten würde, wäre die Fähigkeit, sich für ein Thema so richtig zu begeistern.
Aber ich würde auch die Frage, in welchem Ausmaß Entwicklungsmöglichkeiten bei Autismus "drin" sind, gern davon trennen, ob ich für mich persönlich Entwicklungsmöglichkeiten möchte und wenn ja, welche. Nicht ohne Grund hatte ich explizit auf die frühkindliche Entwicklung verwiesen.
Dass wir es schwer einschätzen können, was im Kopf von Leuten vorgeht, die sich nicht äußern können, ist richtig. Das trifft ebenso auf Menschen im Koma zu, auf Bienen und Bäume. Mal ganz polemisch: Wenn jemand sagt, seine Zimmerpflanze teile ihm telepathisch oder durch ein leichtes Hängenlassen der Blätter mit, dass sie auf Bach steht, auf Mozart aber nicht so, dann wird ganz selbstverständlich allgemein davon ausgegangen, dass dieser Mensch die Mitteilungen in die Pflanze hineinprojiziert. Wenn jemand in Bezug auf gestütztes Schreiben angibt, ein Autist würde durch winzige Signale, die er bei anderen nicht gibt oder die die nicht bemerken, zeigen, auf welchen Buchstaben er gern tippen möchte, ist es ein Sakrileg, daran zu zweifeln. Ich persönlich gehe in beiden Fällen nach der Devise "Im Zweifel für den Angeklagten" vor...
Was sich von außen einigermaßen messen lässt, sind jedoch die Handlungs- und Interaktionsmöglichkeiten im Leben. M.E. ist es besser, mehr davon zu haben, und schlechter, in dieser Hinsicht irgendwie eingeschränkt zu sein. Birger Sellin, ein nicht sprechfähiger Autist, der sich durch gestütztes Schreiben verständlich macht, hat eine klare Haltung dazu ausgedrückt. Er schreibt (einer seiner Buchtitel): "Ich will kein Inmich mehr sein!"