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Thema: Anpassen oder nach der eigenen Art leben? (http://autismus-ra.unen.de/topic.php?id=3472)


Geschrieben von: uppsdaneben am: 31.12.09, 23:35:17
Zitat von 55555:
Zitat von uppsdaneben:
mein freier Willen endet an den Grenzen meiner Freiheit.

Geht es hier nicht genau um den Spielraum, der sich hier bietet?


Genau diesen Spielraum kann man erweitern.

Zitat:
Warum ist dies nur erreichbar, indem du deine Natur umzuprägen versuchst?


Meine Natur ist der nächste Hügel. Ich präge mich nicht um, ich verbiege mich nicht, ich passe mich an, denn ich habe ein Ziel: den nächsten Hügel. Für mich ist das Ergebnis wichtig.


Geschrieben von: drvaust am: 01.01.10, 00:39:04
Zitat von uppsdaneben:
Zitat:
mach Dein Leben wie Du es brauchst und wie es Dir gefällt.
Ich hasse diesen Spruch seit Jahren. ... Solche Leute stehen mir im Weg.
fragen Warum haßt Du diesen Spruch? Weil er nicht der Realität entspricht?
In gewissen Grenzen kann man sein Leben so gestalten, wie man will. Man muß nur die Konsequenzen in Kauf nehmen. Ich bin lieber arm und frei, als mich täglich zu verbiegen. Das bringt mir gelegentlich Ärger ein, aber damit lebe ich.
Eigenartigerweise finden mich einige Leute cool. Andere hassen mich, aber das ist gegenseitig.
fragen Warum stehen Dir solche Leute (welche Leute?) im Weg?


Geschrieben von: 55555 am: 01.01.10, 00:56:36
Den Spielraum kann man nicht erweitern, man kann ihn unterschiedlich nutzen. So sehe ich es jedenfalls. Das mit den Hügeln finde ich noch wenig greifbar. Warum bist du davon abhängig mit NA klarzukommen um eigene Ziele zu erreichen? Damit sind Karrierestufen gemeint? Wenn dir das so wichtig ist, dann pass dich halt an. Aber ich finde es schon wichtig festzustellen, daß wir eine bestimmte Natur haben und es permanent Kraft benötigt sich auf solche Abläufe einzustellen, die dann an anderer Stelle fehlt. Jemand hatte es mal so beschrieben, daß durch die ihm abverlangte Anpassung 50 IQ-Punkte draufgehen. Das ist willkürlich gewählt, aber anschaulich.


Geschrieben von: Hans am: 01.01.10, 08:13:37
Nachdem ich mich bei meinem Chef und dem ersten Ing. als Autist geoutet habe,
sind zwei "gegensätzliche" Dinge eingetreten.
Ich habe mein eigenes "Kämmerchen" und kann besser arbeiten,
die Begegnungen mit den Kollegen sind seltener und "freundlicher" geworden.
Meine Chef hat nicht mehr nachgefragt und gedrängt, als ich diesmal das dritte mal
in Folge meine Teilnahme an der Weihnachtsfeier absagte.

Aber, der erste Ing. lobt mich jetzt etwas überschwenglich, wie seine Kinder,
wenn ich ihm etwas "Schönes" baue.
Das ist mir zwar nicht so angenehm, aber ein Ritual, daß mir zeigt,
er möchte auf mich eingehen.
Vom Verstand her kann ich erfassen, daß er möchte, daß ich mich dabei gut fühle,
das Gefühl lässt sich aber durch den Verstand schwer führen.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß
nachdem ich mich nicht mehr so viel anpassen MUSS
ich mich viel leichter tue, mich an zu passen.

Allgemein komme ich besser klar, seit ich weiß, daß ich zum Spektrum gehöre.


Geschrieben von: uppsdaneben am: 01.01.10, 11:36:07
Zitat von 55555:
Den Spielraum kann man nicht erweitern, man kann ihn unterschiedlich nutzen. So sehe ich es jedenfalls.


Das unterscheidet uns. Du glaubst das, und ich weiß, dass man seinen Spielraum erweitern kann. Das mache ich nämlich seit Jahren. Du verkriechst dich, und ich will die Welt entdecken.


Geschrieben von: Gast am: 01.01.10, 11:54:22
Ich kenne einen Fall, wo sich ein autistischer Mitarbeiter in einen Arbeitsbereich bewarb, in dem sehr viel Publikumskontakte mit geäußerter Gefühlslage stattfinden. Die Kollegen hatten ihn auf Grund ihrer Ausbildung relativ schnell als Autisten erkannt und akzeptierten sein anderes Wesen. Allerdings musste auf Grund massiver Publikumsbeschwerden (und erheblicher Kundenrückgänge), es könne mit diesem Kollegen kein emotionaler Kontakt hergestellt werden, sein Arbeitsverhältnis beendet werden.
Die NA litten darunter, diesem Mitarbeiter nicht gerecht werden zu können.
Um wie vieles mehr muss der A gelitten haben, auf so viel Ablehnung zu treffen. Oder könnte es sein, dass er sich solchen Belastungen und Konsequenzen aussetzte, um einen "Hügel" zu überwinden? Arbeitsbereiche, in denen er weniger belastet hätte arbeiten können, gibt es viele in seinem Beruf.

Forthebeatyoftheearth


Geschrieben von: Mama am: 01.01.10, 12:39:21
Du sagst, uppsdaneben, Menschen seien Dir nicht wichtig. Diese Aussage stimmt aber so nicht. Du nimmst doch rege an diesem Forum teil.
Ich denke, der direkte Kontakt mit Menschen ist Dir nicht wichtig, weil dieser mit Anstrengung verbunden ist. Und Du schon sehr viele schlechte Erfahrungen gemacht hast.
Daher solltest Du Deine Aussage nochmal überdenken.

Anbei, erkläre mir bitte den NA-Mechanismus.


Geschrieben von: uppsdaneben am: 01.01.10, 13:20:32
Zitat von Mama:
Du sagst, uppsdaneben, Menschen seien Dir nicht wichtig. Diese Aussage stimmt aber so nicht. Du nimmst doch rege an diesem Forum teil.


Sie sind mir als Einzelperson nicht wichtig. Sie sind Funktionselemente einer Gemeinschaft – mit extrem wenigen Ausnahmen. So wie Schrauben und Muttern in einem Motor. Ich will halt, dass der Motor möglichst gut funktioniert, ohne dass einzelne Teile übermäßig beansprucht werden.

Zitat:
Ich denke, der direkte Kontakt mit Menschen ist Dir nicht wichtig, weil dieser mit Anstrengung verbunden ist. Und Du schon sehr viele schlechte Erfahrungen gemacht hast.


Ich denke, dass dies ganz sicher dazu beiträgt. Doch auch wenn ich weit zurückdenke, sehe ich nicht mehr als Ansätze für NA-spezifische Beziehungsmechanismen.

Zitat:
Anbei, erkläre mir bitte den NA-Mechanismus.


- NA braucht Hilfe.
- Ich leiste ungefragt Hilfe.
- NA fühlt sich angegriffen (weil ich ihn als hilflos/dumm/schwach/unfähig etc „demaskiert“/behandelt habe?).
- NA lehnt mich künftig ab oder wird aggressiv.

Der Mechanismus funktioniert in 30-50% aller Fälle. Es fällt mir allerdings nicht leicht, meine tief verwurzelte Hilfsbereitschaft nur in explizit nachgefragten Situationen anzubieten, sodass ich mir „Schläge“ einhandle, die nicht sein müssen.


Geschrieben von: Mama am: 01.01.10, 13:33:10
Da gebe ich Dir recht. Habe diese Erfahrungen, hinsichtlich des Mechanismus, auch schon oft gemacht. Aber auch ich kann diese Hilfsbereitschaft nicht ablegen. Mein Mann schimpft häufig darüber.


Geschrieben von: 55555 am: 01.01.10, 14:04:56
Zitat von uppsdaneben:
Das unterscheidet uns. Du glaubst das, und ich weiß, dass man seinen Spielraum erweitern kann.

Ich gehe eher davon aus, daß du die Sache noch nicht richtig durchdacht hast. Das kann passieren, wenn jemand sich auf einige Aspekte fixiert. Er merkt dann vielleicht nicht so direkt, was sich eher außerhalb seiner Aufmerksamkeit verengt. Dennoch wirkt es sich teilweise massiv auf ihn aus.

Was "Hügel" für dich konkret sind scheint völlig geheim zu sein.
Zitat:
- NA braucht Hilfe.
- Ich leiste ungefragt Hilfe.
- NA fühlt sich angegriffen (weil ich ihn als hilflos/dumm/schwach/unfähig etc „demaskiert“/behandelt habe?).
- NA lehnt mich künftig ab oder wird aggressiv.

Laß mich raten: Es liegt nicht an der Hilfe selbst, sondern an dem vom NA erlebten "Wie", das aus dessen Sicht Gesichtsverlust mit sich bringt? Das kann passieren, wenn z.B. der Eindruck entsteht, daß jemand gelangweilt eingreift, wie manche Eltern bei Kindern. Deswegen ist fragen wichtig, denn tust du es nicht, überschreitest du meist die Grenze der Person (es gibt auch NA, die sowas nett finden).


Geschrieben von: haggard am: 01.01.10, 17:27:54
was hat man davon, irgendetwas mitzumachen, dessen sinn einem vollkommen unberührt lässt, außer, ärger zu vermeiden oder wegen etwaiger persönlicher "vorteile"? wenn ein vermeintlicher vorteil mit vielen nachteilen aufgewertet werden muss, ist das für mich persönlich kein vorteil mehr. wenn ich nur durch allgemein gesellschaftlich erwünschtes verhalten eine von mir gewünschte stellung erreichen könnte, fände ich diese bestimmte stellung sehr schnell uninteressant. erfolge, so wie sie andere menschen definieren, waren für mich persönlich noch nie welche.
fahrrad fahren an sich war kein erfolg. mit einem fahrrad über treppen zu springen schon eher. wobei es vielleicht auch nur interessant war, eine "sache" zu verwenden, wie sie eigentlich nicht vorgesehen war und damit trotzdem etwas zu erreichen. nicht um des erreichen wollens, sondern weil das resultat im nachhinein überraschend war. es hätte sich ebenso gut als ineffizient herausstellen können. und das ist es, was ich seit geraumer zeit bezüglich anpassung erkenne. sie ist ineffizient.


Geschrieben von: Mama am: 01.01.10, 18:50:05
Was ich in diesem Zusammenhang nicht verstehe, ist die Tatsache, daß manche Menschen, die Hilfe benötigen, dies nicht einfach sagen.
Sie reden und reden, man bietet Hilfe an. Und dann wollen sie diese nicht. Aber warum erzählen mir sie dann von ihren Problemen?