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Die Idee entstand durch die Putzfrau. Vor über 20 Jahren lehrte der Wirtschaftsprofessor Paul Romer an der University of Chicago, seine damalige Ehefrau arbeitete als Chirurgin. Weil da mit zwei Kindern nicht viel Zeit blieb, stellte er eine hispanische Haushaltshilfe ein, die in einem der Sozialbauten der Stadt lebte.
Wenn Romer den Lohn auszahlte, versteckte die Frau das Geld stets in den Socken, denn sie fürchtete, auf dem Heimweg ausgeraubt zu werden. Eine Schande, dachte der Professor. Wie kann man die Sicherheit der Mutter von zwei Kindern verbessern? Und überhaupt: Wie hilft man weltweit den Mrd. Menschen, die trotz Arbeit am Existenzminimum leben? Der Wirtschaftstheoretiker grübelte über die Einführung und Einhaltung von Regeln. Keine leichte Sache, selbst in Chicago, das für Korruption und Mafia bekannt ist. Viel einfacher wäre es, in einer neuen Stadt für Gesetz und Ordnung zu sorgen. Die Putzfrau könnte dorthin auswandern, um sich eine bessere Zukunft aufzubauen.
Am besten pflanzt man die neue Metropole gleich in ihr Heimatland, um Immigrationswege zu verkürzen. Und führt amerikanisches oder europäisches Recht ein. Müsste das nicht, wie in der einstigen Kronkolonie Hongkong, zu überdurchschnittlichem Wachstum führen? Romers Idee war geboren: Charter Cities. Es ist eine bahnbrechende Idee. So radikal, dass man sie mit einem Achselzucken abtun könnte - wenn sie nicht von einem Ökonomen käme, der mit seinen Arbeiten über Wachstum und Technologien als ein Kandidat für den Wirtschaftsnobelpreis gilt. Der 54-jährige glaubt inzwischen so sehr an das Konzept, dass er im vergangenen Jahr seine Professur an der Stanford University in Kalifornien aufgab und die gemeinnützige Stiftung Charter Cities gründete. Seitdem reist er um den Globus, um Regierungen von der Idee zu überzeugen.