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Autor Nachricht
drvaust
(stillgelegt)

Mir ging es mit ca. 19 Jahren ähnlich.
Ich war am Ende der Schulzeit überzeugt, daß es danach besser wird, weil es besser werden mußte.
Aber es wurde nicht besser. In der Berufsschule wurde ich etwas gemobbt. Auf Arbeit kam ich mit den Kollegen nicht richtig klar und wurde von den Lehrlingen etwas gemobbt. Ich war eben komisch, nicht normal, nicht verständlich. Ich kam mit den Menschen nicht zurecht und wußte nicht warum.

Dann war ich, u.a. deshalb, zur stationären Psychotherapie. Dort mußte gesagt werden, was man voneinander hält und wie man die Anderen sieht. Da hatte ich gestaunt. Die Leute fanden mich nicht so unsympathisch, wie ich dachte. Die Leute waren mir gegenüber distanziert, weil ich distanziert wirkte. Die Leute fanden mich nicht schlecht, aber kamen mit mir nicht klar. Die Leute provozierten mich, weil sie eine Reaktion von mir wollten.
Ich hatte ständig Angst, jemand anzusprechen. Wenn ich jemand ansprechen mußte, grübelte ich lange, wie ich das am besten mache. Und dann machte ich es oft vor Angst und Aufregung falsch. Ich hatte gestaunt, daß sich die Leute eher freuten, wenn ich sie endlich mal ansprach.
Ich habe damals gelernt, daß ich einfach unbefangen auf die Leute zugehen und reden muß. NA kommunizieren oft scheinbar sinnlos, aber das ist eine eigenartige Abstimmung untereinander. Wer nicht kommuniziert ist unverständlich und verdächtig.
Ich werde manchmal mißverstanden, bin eben anders. Aber NA vergessen Mißverständnisse auch schnell, besonders wenn man mit ihnen kommuniziert. Dann können sie sich ständig ein Bild von der Stimmung des Gesprächspartners machen. Ich verstehe das nicht richtig, aber habe das gelernt.
Meine neuen Erkenntnisse aus der Psychotherapie konnte ich damals wenig umsetzen, weil ich von meiner Umwelt schon fest in entsprechenden Schubladen eingeordnet war. Aber mit Beginn meines Studiums konnte ich neu anfangen, und es lief viel besser.

Ich bin nicht normal, daß kann ich nicht ganz verbergen, also muß ich dazu stehen. Ich bin eben etwas verrückt, das ist meine Art und damit können die Leute meistens auch zurechtkommen, Hauptsache sie können mit mir kommunizieren.

Rikki, zweifle nicht zu sehr an Dir. Du bist so wie Du bist. Wenn Du nach bestem Wissen und Gewissen handelst, ist das in Ordnung. Wenn Leute damit Probleme haben, dann können sie es sagen (oder sollen schweigen). Wenn Du mit Leuten in Deinem Umfeld nicht klarkommst, dann frage sie einfach mal und sage ihnen, was Du meinst. Die Leute reden gerne.
Dir wird normalerweise niemand richtig sagen, wie Du wirkst. Entweder aus Höflichkeit oder betriebsblind.
Zeige was Du kannst, vielleicht hast Du damit Erfolg. Ich habe den Eindruck, daß NA ständig mit ihrem Können hausieren gehen, und denken, wer nichts zeigt kann nichts.
Grübele nicht so lange, wie Du mit den Leuten sprichst (die konkrete Situation ist immer anders), sondern sprich einfach (z.B. über das Wetter zwinkern ).
19.11.09, 00:47:35
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Rikki
(Autistenbereich)

geändert von: Rikki - 19.11.09, 15:55:14

Dass die Leute mir gegenüber distanziert sind, weil ich distanziert wirkte das ist mir bereits recht klar.
Auch dass Leute jemanden provozieren damit sie eine Reaktion von einem zurückgezogenen Menschen bekommen scheint mir (bei den verrückten Sachen die mancher NA sich so ausdenkt) auch nicht so unlogisch. Aber das mir auch zu denken gibt ist das diese beiden andere sehr oft spaßeshalber reizen, mich aber nie weinen

Und es ist für mich wirklich schwer einfach drauf los zureden, ich hab einfach meistens NICHTS, wirklich gar nichts parat...
und wenn mir dann doch etwas einfällt ist das Thema so schnell durchgesprochen dass ich schon wieder ein neues brauche bevor ich es überhaupt merke...

Ich denke oft darüber nach ob ich den Leuten die ich so gerne mag, aber nicht mit ihnen in guten Kontakt komme einfach sage, dass ich Autist bin, da ich denke dass sie das sehr interessant fänden (weil ich ja inzwischen auch in einer sehr bewanderten und weltoffenen Gesellschaft bin).
Aber ich trau mich nicht und das kann ja auch in die Hose gehen (was ich auch nie anders erlebt habe)
Irgendwie will selten jemand ein Gespräch mit mir aufrecht erhalten überrascht
heißt das etwas?

help me, i'm underachieved!
Diagnose auf Asperger
19.11.09, 15:53:09
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haggard
(Autistenbereich)

mir wurde mitgeteilt, dass ich zwischendurch auch mal die leute anschauen soll, ansonsten würde das als desinteresse gewertet und sie wüssten nicht, ob ich zuhöre (das zuhören kann man meines erachtens von außen sowieso nicht sehen).

ferner soll ich mimik zeigen und nicht so desinteressiert dreinschauen.

zusätzlich "aha", "mmmhmmm", "aha?", "ja", "ja?", "nein", "nein?" etc. dazwischenplappern, weil das aktives interesse an dem gesagten des anderen wäre.
"hörst du mir überhaupt zu?!"
"ja."
"warum sagst du dann nichts?"
"was soll ich denn sagen? ich höre dir zu..."
danach folgte das oben angegebene. (schon komisch, wenn man scheinbar für alles eine anleitung benötigt).

wenn ich etwas sage, wird entweder der satz nicht beendet, oder ich erzähle von dingen, wovon andere keine ahnung haben und sie sich dann dumm vorkommen = die anderen schweigen dann.

ich weiß es auch nicht...
19.11.09, 18:57:42
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Hans
(Autistenbereich)

Verschiedene Kollegen sind zu mir auch etwas distanzierter,
dieses "Herumblödeln" kann ich schon auch mal mitmachen, aber es liegt mir nicht.
Ich habe für mich erkannt, daß es "heiße" Themen gibt,
bei denen eine echte, neutrale Information gar nicht gefragt ist,
die ich einfach vermeide: Fußball, Frauen und Autos.
Wenn ich aber über technische Themen spreche, bei denen ich gut bin,
kann auch ein angeregtes Gespräch statt finden.
Sogar mein Chef hört mir aufmerksam zu, wenn ich über Lautsprecher "doziere".
Es ist nicht leicht ein Gespräch so zu beeinflussen, daß einem das Thema liegt.

20.11.09, 03:35:21
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Gast
(Gastzugang)

Viele NA's sind gar nicht so oberflächlich, wie sie erscheinen (wollen). Wenn zwei deiner Klassenkameraden dir ernsthafter begegnen als anderen, so ist das auch eine Äußerung, dass man dir auf deiner Ebene begegnen möchte. Ob die Ebene stabil werden kann, steht bei allen Kontakten in Frage. Ich denke, dass ein Mensch, der dir nahe kommen will, viel besser erkennen kann, auf wen er trifft, weil du keinen "Zuckerguß" über dein Erscheinungsbild gezogen hast. Das dünnt die Bewerberschar aus. Aber ich empfinde dieses Konkretsein auch als einen enormen Vorteil für einen Kontaktierenden, der sich bei den üblichen "Partykontakten" erstmal zu der Persönlichkeit vorarbeiten muss (und manchmal keine antrifft;).
22.11.09, 02:08:52
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Leonard
(Autisten Bereich)

Mir geht es genauso...

Ich habe großartig kein Problem damit Menschen kennenzulernen, jedoch beherrsche ich nur 'Smalltalk' (so sehr ich ihn auch eigentlich verachte) und diese typischen 'Sentimental-Gespräche', aber das hat einen speziellen Grund:

Ich habe ein großes Talent darin, mich in verschiedene Emotionen hineinzusteigern, ich schaffe es z.B. jeder Zeit meine Endorphin-Ausschüttung anzuregen, ohne dabei eine bestimmt Erinnerung oder ein 'innerliches-Bild' aufzurufen.
Nur sind diese einzelnen Emotionsschübe immer nur von sehr kurzer Dauer und danach werde ich immer über eine längere Zeit depressiv. Über die Jahre hinweg habe ich eine Art Rolle einstudiert und perfektioniert in dem ich den 'unglaublich freundlichen und offenen' Jungen spiele der ein wenig zuviel über Filme redet.

Ich kopiere die Mimik und Körpersprache meines Gegenübers 1:1, weshalb ich auf die meisten Menschen sehr sympathisch wirke, zudem habe ich das Problem mit der Einordnung von Mimiken überwunden, indem ich meine panische Angst vor augenkontakt besiegt (starre stattdessen den Leuten in die Augen... Yay) -und mich nur vollkommen an die Mini-Expressionen der Augen halte, welche nicht annähernd so komplex wie die menschliche Mimik sind.

z.B. Augen zucken nach oben = Das Subjekt denkt sich etwas aus
Pupillen weiten sich (plus hoher Puls) = Starker Endorphinaustoß, wie auch bei Verliebtheit
etc, etc ...

Doch alle diese kleinen Tricks helfen mir in keiner Weise dabei, menschlichen Kontakt aufrechtzuerhalten.
Ich weiß leider überhaupt wie und was ich antworten soll, wenn es einmal ein längeres Gespräch gibt, oder ich mit einer Person so viel zeit verbracht, dass mir meine 'Standard-Disskusions-Themen' ausgehen.
Bei sentimentalen Gesprächen muss man lediglich bei jeder kleinen Satzpause, etwas sagt wie: Das tut mir sehr leid, ruf mich an wenn du Hilfe brauchst (die NA's in Filmen sagen derartige Sätze andauernd und sie scheinen zu wirken) und derlei Floskeln. In Dramen und RomComs findet man oft so welche Szenen, sie können einem als gutes Vorbild dienen, einfach die Szene bzw. die Antworten mit der kopierten Mimik vor dem Spiegel üben.

Es macht mich innerlich fertig alle menschlichen Kontakte zu verlieren, auch passiert es schnell das mich andere Menschen sobald ich sie völlig ergründet habe und jede ihrer Geschichten kenne, langweilen. Es macht für mich keinen Sinn mehr mit ihnen zu kommunizieren.
Mittlerweile habe ich starke Depressionen und es fällt mir plötzlich von Tag zu Tag schwerer in die Rolle zu schlüpfen. Mittlerweile habe ich auch beinahe täglich Overloads.

Ich bin Regisseur und Drehbuchautor, weshalb ich immer Kontakt zu NA's habe. Versteht mich nicht falsch, alle bisherigen Kollegen meinten, dass meine Arbeit absolut überragend sei, sie meinen aber auch das ich nicht auf die Schauspieler eingehen würde, teilweise herrscht sogar die Meinung ich werde immer arroganter, selbstsüchtiger und unhöflicher. Dabei ziehe ich mich nur immer weiter von den NA's zurück.
Ich kann es ihnen aber nicht sagen, da es wohl kaum ein Studio gibt welches einen Autisten als Regisseur anstellen würde.


MfG
Leonard CS
15.08.15, 08:08:58
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von Leonard:
Es macht mich innerlich fertig alle menschlichen Kontakte zu verlieren, auch passiert es schnell das mich andere Menschen sobald ich sie völlig ergründet habe und jede ihrer Geschichten kenne, langweilen. Es macht für mich keinen Sinn mehr mit ihnen zu kommunizieren.

Da schreibst du was. Hast du beobachtet, ob es gegenüber Autisten auch so ist?

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
15.08.15, 10:18:18
Link
Leonard
(Autisten Bereich)

geändert von: [55555] - 17.08.15, 13:00:42

Ich habe überhaupt gar nichts mit Autisten zu tun, mein gesamtes Umfeld besteht aus NA's.
Die einzigen Autisten, mit denen ich jemals lingual kommuniziert habe, haben in einem Behindertenheim gelebt und waren nicht ansprechbar.

Das Hauptproblem ist nunmal das ich eigentlich sehr gern mit anderen Menschen (mitunter auch NA's) zu tun habe, nachmals kommt es sogar vor das ich dabei bin eine tiefere emotionale Bindung mit einem NA aufbaue, wenn mein plötzliches komplettes Desinteresse eintritt und ich dies auch nicht verbergen kann.
Sehr oft sagt man mir anschließend das sich die anderen Menschen oft von mir ausgenutzt gefühlt haben, oder das sie nicht gerne zu mir Kontakt halten, da ich scheinbar keinerlei Interesse zeige.

[Passage ausgelagert wegen Verstoßes gegen die Forenregeln. Mfg [55555]]
Ich bin bei jeder Party und jedem treffen immer derjenige der am Ende alleine in der Ecke sitzt, denn meine freunde schaffen es irgendwann nicht mehr sich mit mir zu beschäftigen und verstehen mein handeln in keiner Weise. Für mich ist das neben den Overloads und meiner Depression die Hölle. (Sinnbildlich gesehen, nicht religiös)

17.08.15, 02:28:09
Link
Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Ich habe beruflich sehr viel mit Menschen zu tun gehabt. Diese Kontakte habe ich geliebt und bin doch gleichzeitig vom vielen "Menscheln" ausgelaugt worden. Besonders nach geballten Kontakten war es eine Art Überlebensstrategie, sich eine Weile von ihnen zu entfernen und sie vielleicht noch aus der Ferne zu betrachten. Das kann den Blick schärfen.

Jetzt bin ich in der glücklichen Lage und nutze sie auch, mich auf meine Bedürfnisse körperlicher und seelischer Gesundheit hörend regelmäßig aus dem Menschenbetrieb heraus zu ziehen und in meditativer Stille zu leben. Auf menschliche Kontakte ab und an zu verzichten, kann auch wieder mit ihnen versöhnen.


Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
18.08.15, 01:43:47
Link
Antares
(White Unicorn)

Ich halte es wie Fundevogel. An sich kann ich sogar als Bedienung arbeiten, das habe ich auch immer wieder gern getan. Nur braucht es dann zwischen drin für mich eine Weile Pause. 10 Tage Schweigen im Kloster z.B. hab ich gern gemacht. Oder von München nach Zürich bin ich gelaufen. Hauptsache man hat seine Ruhe ;)
18.08.15, 11:46:18
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