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Autor Nachricht
Wasserspiegel
(Standard)

Hallo mir schwebt gerade eine sehr komplexe Frage im Kopf herum, ich versuche sie mal zu formulieren.

Habt ihr auch manchmal das Gefühl für manche Zwecke benutzt zu werden, dann wieder "links liegen gelassen" und dann plötzlich wieder gebraucht zu werden z.B. beim erklären von Aufgaben Vokabeln... ect...?

Ich wurde und werde manchmal als freies Wörterbuch, zum übersetzten von Texten und Vokabeln verwendet oder als Materiallager zum ausborgen von vergessenen Sachen. Oft nervt das extrem, wenn ständig Fragen auf mich einprasseln, was dies und das bedeutet oder der jenige die und das haben möcht. So konnte ich mich oft gar nicht konzentrieren und war mehr oder weniger gezwungen den anderen zu helfen, da diese oft sehr sauer reagiert haben, wenn ich nicht reagierte. Resultat: Die Aufgaben der anderen waren gemacht, nur meine nicht.
Nein zu sagen, fiel mir immer nicht gerade leicht, aber ich habe es so gut es ging gelernt. Heute kann ich schon mal sagen: Halt, warte ich muss mich jetzt konzentrieren oder ich kann jetzt nicht. Aber es scheint so als ob mich die anderen nicht verstehen. Sie fragen und reden einfach weiter... Das ist Chaos pur für mich. Ich weiß oft gar nicht mehr was ich dann machen soll. Meist folgt aus solchen Situationen dann ein Overload. Früher bin ich dann oft "ausgerastet" habe angefangen zu lachen, wütend zu werden, das Gefühl gehabt innerlich zu explodieren oder habe mich völlig in mich zurück gezogen. Heute kann ich das schon besser kontrollieren, zwar noch nicht gut aber besser. Aus dem Unterricht rausgehen darf ich nicht. Rückzugsmöglichkeiten gibt es in meiner Schule überhaupt keine. Mir bleibt nichts anderes übrig als zu "implodieren". Oft habe ich nach Zeiten enormer geistiger und sozialer Anstrengung dieses Problem. Ich kann mir machmal dann selbst nicht mehr helfen und muss einige Tage zuhause bleiben, weil ich mich erstmal sammeln muss. Häufig folgten dann auch heftige Depressionen und Panikattacken bei denen ich mich mehr oder weniger zuhause isolierte und nicht mehr rausgehen wollte. So etwas passiert mir heute immer noch teilweise, aber nicht mehr ganz so stark wie früher.
Habt ihr irgendwelche Strategien, wie man einem Overload vermeidet/entgegenwirkt?

Wasserspiegel
28.06.09, 13:21:48
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quamquam
(Gastzugang)

Ja, ich kenne das nur zu gut aus der Schule.
Ich habe mich aber dagegen gewehrt. Ich habe einfach nicht mehr auf andere reagiert, ihnen nichts mitgenommen und mich auf dumm gestellt und gesagt, ich wisse es nicht genau. Ich werde noch immer oft gefragt, aber ich versuche es zu umgehen.
In Latein habe ich meiner Lehrerin bescheid gesagt, dass manche ihre Texte nicht selber übersetzen, sondern meine einfach abschreiben. Denn es gab eine Zeit, da war das selbstverständlich und wenn ich mich dann geweigert habe, hat meine Lehrerin gemeint, ich solle mich nicht so anstellen, weil sie nämlich in dem Glauben war, dass die Schüler bei mir vergleichen. Seit sie das weiß, kommt es nicht mehr vor, weil sie nicht mehr darauf reagiert, wenn ich mich weigere und wenn, dann sagt sie dem betreffenden Schüler, dass wir es später gemeinsam korrigieren. Zwar ist es irgendwie ein verpetzen, dass ich es ihr gesagt habe, andererseits wusste ich mir nicht mehr zu helfen, dass andere meine Ergebnisse für ihre Noten nutzten. Sie hat auch mit Verständnis reagiert...bei Hausaufgaben lässt sie oft auch nach einem vorgetragenden Ergebnis nochmal meins vorlesen...ich glaube, sie will überprüfen, ob ich es genauso habe.

Dem Overload wirke ich insoweit entgegen, alsdass ich einfach Streßsituationen versuche aus dem Weg zu gehen. Ich isoliere mich dann den restlichen Tag, damit ich für die Schule fit bin. Zum Ende eines Schuljahres ist es allerdings so, dass ich auch keinen Rat habe und der Overload automatisch kommt...
28.06.09, 13:41:35
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Mas2012
(Gastzugang)

Ich kenn das auch aus der Schule.
Warum Wasserspiegel gibst du nicht auch Arbeiten an deine Mitschüler ab.
Es gab auch bei mir Fächer, wo ich mir die Hausarbeit gern gespart hab.
Da hab ich einfach bei den anderen abgeschrieben.
Der Vorteil, ich hatte zu hause mehr Zeit für mich(musste ja nicht so viel machen,auch gut den Overload rauszuzögern)
und ich war meinen Mitschülern nicht mehr so böse wenn sie
mich ausgenutzt haben.
Das hab ich beim Auswendiglernen auch so gemacht.
Das hab ich gar nicht gemocht.
Wenn ich was kapiert hab, war das für mich ok. Damit hatte ich in
meiner Schule bei den Tests zumindest eine 4, wenn nicht
sogar ne 3.
In Fächern, die mich nicht so interessiert haben, habe ich dann beim
Test manches noch abgeschrieben oder geschummelt ;-)
Machen die NA auch, warum sollen wir Ihr System nicht ein wenig
ausnützen :-)
Dann hatte ich wahrscheinlich schon einen Zweier und das war mir genug.
In Fächern die mich interessiert haben, musste ich die Daten
nur einmal hören oder sehen und ich konnte mir schon
das unwichtigste Merken.

Ich wurde dann als intelligent und faul eingestuft.
Was mir mit manchen Professoren grosse Probleme
einbrachte und zusätzlich konnte ich auch nie die Klappe
halten und musste die "schwachen" verteidigen
->Gerechtigkeit geht bei mir über alles.

Ich hab die Matura mit einem Guten Erfolg abgeschnitte( unter 2)
Ohne mich übermässig anzustrengen.
Konnte fast jeden Nachmittag ein schläfchen machen und mich erholen.
War unter der Woche im Heim.

Ich hab einfach das System zu meinen Gunsten ausgenutzt.

Dazu muss ich sagen, ich bin sehr faul:-)
Und damit ich faul sein kann, musste ich oft sehr kreativ sein
und ökonomisch denken ;-)
28.06.09, 15:12:35
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quamquam
(Gastzugang)

Sehr faul bin ich auch...
28.06.09, 15:38:10
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Ich glaube, ich hätte schon aus Qualitätsgründen keine Aufgaben an Mitschüler "vergeben".

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
28.06.09, 15:45:07
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Wasserspiegel
(Standard)

Vielleicht bin ich da manchmal zu naiv und zu hilfsbereit... ich weiß es nicht...
28.06.09, 17:30:19
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Wasserspiegel
(Standard)

Als ich versucht habe meinen Klassenkammeraden in einer vortragsartigen Rede (hat mich viel Überwindung gekostet) ihnen meine Situation und Sichtweise verständlich zu machen und darauf hin zu weisen, dass mich ihr Verhalten oft stört, haben sie nicht so reagiert wie ich dachte. Die meisten haben mir überhaupt nicht zugehört, einige haben angefangen ihre Handcreme auszupacken und sich einzucremen, wieder andere haben angefangen über mich zu lästern (was ich wegem meines guten Gehörs leider mitbekommen habe), wieder andere haben sich mit ihren Nachbarn unterhalten. Das Resultat von meinen Bemühungen ein wenig für "Klarheit" zu sorgen war ernüchternd.
Stattdessen kam dann das Gerücht auf das ich hellsehen oder Gedankenlesen könnte, weil ich oft Kleinigkeiten mitbekommen würde.
Alle hatten mich missverstanden es war wahrlich ernüchternd. Jetzt weiß ich, ich stelle mich nie wieder vor meine Klasse.
28.06.09, 19:44:35
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feder
(Autistenbereich)

Das Problem hatte ich eine zeitlang auch, dann habe ich gelernt 'nein' zu sagen und das 'nein' auch konsequent durchzuziehen. Manche sagen, ich könne ziemlich böse schauen, vielleicht kam mir das auch zugute.
Von Mitschülern abzuschreiben, hätte ich nie gemacht, nur schon, weil ich sonst gar nicht anders gekonnt hätte, als den Leuten ihre Fehler zu korrigieren, was dann wohl auch ausgenutzt geworden wäre.
28.06.09, 23:16:19
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Viktor*
(stillgelegt)

Wenn man hilft aus freien Stuecken bzw. ohne Erwartungshaltung, dann fuehlt man sich weniger ausgenutzt. Ausserdem erwarte ich nicht, weil ich helfe, das sich dann einer mit mir ausgiebig abgeben muss.

Ich wollte nicht so asozial erscheinen, wie mein Mitschueler, der niemanden half, um mit seinem Notendurchschnitt alleine darzustehen und zu glaenzen.

Wenn ich jemanden helfe, dann bekomme ich ein gutes Gefuehl, das ich nuetzlich war, gebe aber Acht, das Menschen mich nicht zu stark einspannen. Eine schenkte mir beispielsweise mal ein Modem (weil ich noch kein Internet hatte), das ich ihr alle Hausaufgaben rueber biemen konnte in meiner Arzthelferinausbildung, das ging zu weit, ich machte dicht.

Oktober 2008 Diagnose Asperger Syndrom. Eigenverdacht ADHS/Borderlinezuege

--

[Stillgelegtes altes Konto von NoDesign, mfg [55555]]
29.06.09, 09:49:41
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feder
(Autistenbereich)

Wenn ich jemandem helfe, dann erwarte ich auch nicht, dass sich diese Person mit mir abgibt, oder mir irgendeinen Gefallen tut. Was ich aber erwarte, ist, dass man sich mir gegenüber anständig verhält und mich nicht wie den letzten Dreck behandelt. Dies war bei mir in der Schule nicht gegeben, weswegen ich auch das Helfen eingestellt habe.
30.06.09, 18:05:26
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Wasserspiegel
(Standard)

Zitat von feder:
Wenn ich jemandem helfe, dann erwarte ich auch nicht, dass sich diese Person mit mir abgibt, oder mir irgendeinen Gefallen tut. Was ich aber erwarte, ist, dass man sich mir gegenüber anständig verhält und mich nicht wie den letzten Dreck behandelt. Dies war bei mir in der Schule nicht gegeben, weswegen ich auch das Helfen eingestellt habe.


Ja Feder, genau so sehe ich das auch!
30.06.09, 20:34:53
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Lena K.
(Standard)

ich kenne das mit dem ausgenuzt werden nicht so wirklich das kann zwei Gründe haben entweder es hat wirklich nie statt gefunden oder ich habe es nie so mitbekommen. was ich aber zu gut kenne sind diese Overload situationen besonderst in der schule. Zum beispiel wenn Gruppenarbeit angesagt ist. hier fängt es schon mit der einteilung in Gruppen an. es gibt Gruppen in denen es total spaß machen kann zu arbeiten die konzentrieren sich nicht auf irgendein Thema sonder auf die gestellte Aufgabe. Schwierig wird es in zwei anderen Situationen. Entweder wenn sich der rest der Gruppe weigert sich mit der gestellten Aufgabe auseinander zu setzten oder wenn man gerne in der gruppe aufgenommen wird damit überhaupt jemand was in der Gruppe arbeitet. Da ich gerade in der ausbildung Lehrer habe die grundsätzlich Gruppenarbeit wird dieses Thema gerade zu einem Problem das dafür sorgt das ich eigendlich dauernt in einer Overloadsituation bin. Ich merk das meistens daran das ich mit undevinierbaren gefühlen überschwemmt werde mich kaum noch konzentrieren kann. Ich bleibe fast schon Bewusst in der Situation und halte dies aus weil ich letztlich auf das Gespräch mit anderen Menschen angwiesen bin um wieder runter zu kommen
16.07.09, 20:04:54
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