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Thema: Umgang mit Lob (http://autismus-ra.unen.de/topic.php?id=2648)


Geschrieben von: warmlyFriday am: 03.02.09, 15:30:30
Ich finde es häufig befremdlich, wenn ich ganz normal meine auftrage Arbeit erleidig, und anschließen über die Maßen gelobt werde.
Dabei frage ich mit innerlich häufig was hätte ich an stellen müssen damit das Lob ausbleibt und des dennoch keinen Tadel gibt...
Ich finde es muss ein zwischen Ding geben sonst fühlt man ich (jedenfalls) ich nicht richtig erst genommen, weil ich immer den Eindruck habe das ich noch etliche Dinge besser/schneller hätte erledigen können...


Geschrieben von: akurei am: 03.02.09, 17:11:07
Vll. sind Autisten teilweise sehr selbstkritische Perfektionisten. Ein Lob akzeptiere ich beispielsweise auch nur von mir selber oder von Leuten, die ich wegen ihrem Können sehr bewundere. Das ist z.z. mein Klavierlehrer. Gut, dass er mich selten lobt. Also, dieses überschwängliche Lob, es ist ihm meiner Meinung nach nämlich genauso unangenehm ein Lob auszusprechen, wie mir eines entgegenzunehmen.

p.s. Du erstellst tolle Themen, weiter so


Geschrieben von: drvaust am: 03.02.09, 17:27:17
Ich habe Lob garnicht gerne, das ist lästig, dummes Gequatsche. Ich mache mir nichts aus gesellschaftlicher Anerkennung, also auch nicht aus Bewertung. Normale NA scheinen Lob, oder zumindest Tadel, als Selbstbestätigung zu brauchen, ich nicht. Als Orientierung, ob ich richtig oder falsch liege, genügt mir ein neutraler Hinweis auf Fehler oder nicht.
Ein Lob ist mir auch zu nahe, eine persönliche Angelegenheit, nicht nur eine Information. Auf ein Lob muß ich persönlich reagieren, sonst sind die Leute beleidigt. Für ein Lob muß ich mich evtl. sogar bedanken, was ich nicht gerne mache.
Bei einem Lob denke ich manchmal 'Habe ich's schon wieder übertrieben?', oder ich werde wütend, wegen der Belästigung.


Geschrieben von: Gollum am: 03.02.09, 18:09:19
Das geht mir auch so ähnlich - ABER vermutlich liegen wir das etwas falsch , ein aufrichtigges Lob sagt ja eigentlich nur "Es gefällt mir, was Du gemacht hast" , daran ist doch prinzipiell nichts Falsches - wir wollen nicht gelobt werden. Warum?


Geschrieben von: drvaust am: 03.02.09, 18:25:25
Die gute Absicht eines Lobes ist mir klar, sonst ist es kein Lob.
Aber das Lob ist mir lästig, das stört, hält mich von sinnvoller Tätigkeit ab. Es bringt mich dazu, mich mit dieser Person zu beschäftigen, obwohl ich diese Person nicht beachten will. Außerdem ist es eine Bewertung meiner Person, was ich nicht leiden kann.
Ein Lob ist eine emotionale Angelegenheit, ich verkehre mit Menschen lieber objektiv sachlich distanziert unpersönlich.


Geschrieben von: Gollum am: 03.02.09, 18:33:41
Ohne "Lob und Tadel" würde ein Kind relativ orientierungslos aufwachsen, behaupte ich mal.
Die Aussage "das hast du gut gemacht" ist nur bedingt emotional.

Ich bleibe dabei, wenn man Lob unangenem findet, steckt was anderes dahinter - ich komm nur nicht so recht drauf, was.

Damit ich nicht als Verallgemeinerer da stehe, beziehe ich das natürlich nur auf mich heilig


Geschrieben von: sayo am: 03.02.09, 19:16:32
In einem gebe ich drvaust recht: ein Lob gehört zu den gesellschaftlichen Gepflogenheit, schmiert Beziehungen.

- Das hast du aber toll gemacht, höre ich auch nicht so gerne.

Es gibt aber auch ein Lob das sich differenziert mit der Leistung beschäftigt.

So ging es mir wenn mein Sohn etwas zu meinem Essen sagte: er fand die verschiedenen Gewürze die ich verwendet hatte, nannte das Hauptgewürz, sagte z.B. es hätte ein ganz klein bißchen weniger Curry dabei sein können, aber sonst ist es perfekt.

Das betrachte ich als Feedback und als Anregung.

Auch Kinder soll man übrigens nicht in dem Sinne loben sondern sich einfach mit ihrer Arbeit beschäftigen und darauf eingehen.


Geschrieben von: Hans am: 04.02.09, 04:17:35
Wie halt das Lob ausgeführt wird.
Wenn mir Einer sagt:"Du bist toll!"
Dann bringt mich das auch zu einer ablehnenden Haltung,
weil das so undifferenziert oder unkritisch, ja schleimend wirkt.
Auch fand ich es als Kind schlimm wenn ich etwas, das ich nur mal endlich für die Schule oder so, lieblos hingeschlampt habe,
und dafür von den "Pädagogen" überschwenglich gelobt wurde.
Wenn ich aber etwas anderes sehr gewissenhaft, gründlich und sauber ausgeführt habe, das nicht in deren Interesse lag war das Lob gegensätzlich oder eben nur schlampig.
Daran habe ich gemerkt, daß Lob ein Stilmittel ist, das man einsetzt um Jemand dazu zu bekommen, etwas für ihn unangenehmes zu machen.
Ein Mittel der Manipulation.
Weil ich nicht gerne manipuliert werde, ist mir so ein Lob unangenehm.
Sagt mir aber Jemand, daß das was ich "damals" gebaut habe heute noch gut funktioniert und sagt das etwa so:
"Des war noch Qualität, des hod wos ausg´halten"
und ich finde das auch so, fühle ich mich richtig gelobt und kann das auch genießen.
Weil ich damals ja darauf geachtet habe, daß es besonders stabil wird.
Ich habe das "wirklich" gut gemacht.


Geschrieben von: warmlyFriday am: 10.02.09, 17:20:48
Das Beispiel von Hans erinnert mich an eine Deutsch-Hausaufgabe in der 11 Klasse, ich hatte die ganze Zeit die Hausaufgabe vor mir hergeschoben so das ich schon kurz vor dem einschlafen noch schnell im Bett hingeschmiert hat...

Aber mein Lehrer fand sie scheinbar inhaltlich so gut das er mich für meine Kreativität gelobt, aber gleichzeitig für meine "Sauklaue" gerügt hatte ... (leider weiß ich nicht mehr worum es ging)

Dies habe ich aber als Positiv empfunden weil es ehrlich war, denn teilweise habe ich manchmal kreative und andere Ansätze und Sichtweisen auf die keiner meine Mitschüler/Kommilitonen kommt... was aber manche Lehrer/Professoren zu schätzen wissen ...
(Beispielsweise bin ich davon ausgegangen das ich die Klausur heute nicht bestanden hätte, weil ich einen total anderen Ansatz wie meine Kommilitonen gehabt habe ... aber der Prof. hat es als ebenfalls richtig bewertet ... Dies hat mich sogar noch gerettet - ich löse häufig die Standardprobleme unterdurchschnittlich aber sehe dafür Zusatzprobleme welche andere übersehen ..)
Wenn es mir von der Lehrperson also gesagt wird was gut und was nicht so gut war kann ich es auch annehmen ...


Geschrieben von: laleni am: 10.02.09, 18:25:42
Zitat von sayo:


Auch Kinder soll man übrigens nicht in dem Sinne loben sondern sich einfach mit ihrer Arbeit beschäftigen und darauf eingehen.



wieso nicht? und wer sagt dass man das NICHT soll????


Geschrieben von: drvaust am: 11.02.09, 02:00:21
Zitat von laleni:
Zitat von sayo:
Auch Kinder soll man übrigens nicht ...
wieso nicht? und wer sagt dass man das NICHT soll????
Sayo meint vermutlich das unbedingte Loben, also ohne auf die Leistungen einzugehen, einfach unkritisch loben.
Das Kind hat sich sehr angestrengt und hat das Werk geschafft. Es hat zwar einige Fehler gemacht, aber insgesamt ist es gut geworden. Dann kommt eine Bezugsperson und lobt das Kind pauschal, ohne sich das Werk richtig anzusehen. Das Kind fühlt sich dann nicht ernst genommen. (Das hast Du fein gemacht, jetzt sei brav und mache keine Probleme.)


Geschrieben von: Hans am: 11.02.09, 04:41:37
Das kenne ich auch aus meinem Bekanntenkreis, da ist eine Mutter die ihren Siebenjährigen mit Lob überhäuft, weil er jetzt seine Schuhe selber binden kann.
Der Knabe wird seit er denken kann so "überlobt", daß er sich um nichts richtig bemüht.
Aber die Hauptsache für sie ist, daß er ihr immer ein Bussi zum Begrüßen und verabschieden gibt und so unwichtiges Zeug.
Ironie:
So "sozial kompetent", findet er dann leichter einen Menschen der ihm dann die Schuhe bindet.
Ironie aus.

Der wird es im Leben viel schwerer haben als ein Kind, das früh lernt,
daß es für richtiges Lob auch "richtig" was tun muß.