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Thema: Autismus als Wahrnehmungsstörung (http://autismus-ra.unen.de/topic.php?id=2594)


Geschrieben von: stimmgabel am: 04.01.09, 22:53:19
Zitat von 55555:
Einen Störungsbegriff, der einfach nur vom Durchschnitt ausgeht, halte ich für sinnlos und absurd.


genau so werden aber bei der sensorischen integration wahrnehmungsstörungen definiert. es gibt einen normalbereich, und am rand gibt es unter- und überempfindlichkeiten. man hätte vielleicht einen anderen überbegriff wählen sollen, z.b. "besonderheiten" oder "extreme".

Zitat von 55555:
Zitat von stimmgabel:
all das lässt mich vermuten, dass es noch etwas "stärkeres" gibt als "normale", ganz gut therapierbare wahrnehmungsstörungen.

Es gibt Störungen und es gibt andersartige Veranlagung. Der Begriff der Störung unterstellt im Grund eine Krankheit, einen Zustand des Ungleichgewichts, was aber nicht vorliegt, nur weil jemand anders ist.


das wäre die antwort auf xerxes´ frage. demnach ist autismus eine andersartige veranlagung (und daher auch nicht therapierbar), während wahrnehmungsstörungen ("ungleichgewicht" ist da auch ein häufig vorkommender begriff) therapierbare krankheiten sind.

bleibt die tatsache, dass so viele autisten das haben, was
so allgemein als wahrnehmungsstörung bezeichnet wird.

kennst du einen autisten ohne wahrnehmungsbesonderheiten?

oder vielleicht gibt es einfach zwei verschiedene arten von wahrnehmungsbesonderheiten, die in der SI-schublade, die sich im therapieraum auswachsen, und die in der autismus-schublade, die eben von einer besonderen veranlagung herrühren und an denen nichts zu ändern ist?

Zitat:
Zitat:
weil autismus oft als persönlichkeitsstörung bezeichnet wird?

Wer behauptet denn heute noch sowas? Das ist lange überholt.
ich weiß nimmer, wo ich das her habe. war wohl ein blödsinn, sorry.


Geschrieben von: 55555 am: 04.01.09, 22:54:08
Zitat von Xerxes:
genau das ist dem Artikel nach der Grund für Autismus (oder zumindest ein Grund)
Ein Ungleichgewicht zwischen Neuroligin 1 und 2.
diese Störung verursacht eine andersartige wahrnehmung

Damit offenbarst du also, daß deine Darstellung von der Wertneutralität des Begriffs der Störung tatsächlich nur Fassade waren. Du meinst es gäbe einen richtigen menschlichen Zustand, das lehne ich als gefährlich und menschenverachtend ab.

Vielleicht wäre es angemessener diese Unterschiede in einer Art Charaktersystem (Wahrnehmungssystem) abzubilden, wie etwa dem Enneagramm oder den zwölf Sternzeichen europäischer Astrologie (rein als Charaktersystem)? Jeder Typus hat bestimmte Eigenarten, Stärken, Schwächen. Keiner ist die Norm - so wie es auch in der Natur ist (Biodiversität).
Zitat von stimmgabel:
kennst du einen autisten ohne wahrnehmungsbesonderheiten?

Ich kenne keinen Menschen ohne. NA nehmen z.B. oft verwaschen und ungenau wahr.


Geschrieben von: laleni am: 04.01.09, 22:57:45
das käm mir aber zu esoterisch rüber!!!im ernst


Geschrieben von: stimmgabel am: 04.01.09, 23:00:27
klingt interessant.

mich irritiert jetzt gerade noch, dass es welche gibt, die sich ändern lassen (was wohl zumeist richtung durchschnitt angestrebt wird), so wie etwa ein über- oder unterempfindliches gleichgewicht, und ganz offensichtlich auch noch andere, die sich nicht ändern lassen, weil man sonst aus autisten nicht-autisten machen könnte.


Geschrieben von: haggard am: 04.01.09, 23:07:20
@Xerxes:
verstehe noch nicht, wie du das zusammenbringen willst: unterschied "nur durch ihre sicht der dinge" und "wahrnehmung...". durch mein raumlageempfinden besitze ich zum beispiel keine irgendwie andere sicht der dinge. oder was meinst du mit "sicht der dinge"?

@stimmgabel:
müssten diese vielleicht befragt werden, ob ihre "probleme" immer noch bestehen und sie lediglich "so tun als ob" = sich ständig besonders anstrengen um das zu erreichen, was andere von ihnen erwarten.


Geschrieben von: Xerxes am: 04.01.09, 23:14:53
@azrael
mit "sicht der dinge" habe ich einfach allg. wahrnehmung gemeint.

@stimmgabel
die wahrnehmung ändert sich ständig, das ganze Leben lang
Ein kind hat eine ganz nadere Wahrnehmung von der Welt als ein Teenager oder ein erwachsener
ich denke das sich so, mit kombination mit azraels gedanken, die wahrnehmung in manchen bereichen bis zu einem gewissen grad hin durch beeinflussung von außen ändern lässt.
so dass die betroffenen so lange "so tun als ob" bis es ihnen so in fleisch un blut übergegangen ist, dass sie es nicht mehr merken.

edit: das ist vllt etwas missverständlich.
Damit meine ich, dass die natürliche veränderung der wahrnemung "gelenkt" wird, nicht dass diese menschen ihr leben lang im hintergrund kompensieren


Geschrieben von: stimmgabel am: 04.01.09, 23:15:33
Zitat von azrael:


@stimmgabel:
müssten diese vielleicht befragt werden, ob ihre "probleme" immer noch bestehen und sie lediglich "so tun als ob" = sich ständig besonders anstrengen um das zu erreichen, was andere von ihnen erwarten.

die SI-therapie zielt ja genau darauf ab, dass die kinder eben nicht mehr ständig kompensieren müssen, und ihre ressourcen wieder für andere dinge frei haben.


Geschrieben von: stimmgabel am: 04.01.09, 23:44:12
Zitat von Xerxes:

@stimmgabel
die wahrnehmung ändert sich ständig, das ganze Leben lang

ähm, ja eh...
Zitat:
Ein kind hat eine ganz nadere Wahrnehmung von der Welt als ein Teenager oder ein erwachsener
ähm, ja auch, nur was hat das mit der ausgangsfrage zu tun?

Zitat:
ich denke das sich so, mit kombination mit azraels gedanken, die wahrnehmung in manchen bereichen bis zu einem gewissen grad hin durch beeinflussung von außen ändern lässt. so dass die betroffenen so lange "so tun als ob" bis es ihnen so in fleisch un blut übergegangen ist, dass sie es nicht mehr merken. edit: das ist vllt etwas missverständlich. Damit meine ich, dass die natürliche veränderung der wahrnemung "gelenkt" wird, nicht dass diese menschen ihr leben lang im hintergrund kompensieren


ich versteh leider gerade überhaupt nicht, was du meinst. kannst du vielleicht ein, zwei beispiele geben?


Geschrieben von: haggard am: 04.01.09, 23:46:09
Zitat:
so dass die betroffenen so lange "so tun als ob" bis es ihnen so in fleisch un blut übergegangen ist, dass sie es nicht mehr merken.

nee... wie kann etwas in fleisch und blut übergehen, an das man ständig denken muss, wie man das ausführt?! dann müsste man autisten lediglich einer gehirnwäsche unterziehen und schon ist alles "gut". na, danke.


Geschrieben von: Gast am: 05.01.09, 18:39:30
Hallo, Azrael,
Xerxes beschreibt einen Lernvorgang,
wie er zb im Sport stattfindet. Man übt so lange immer wieder, bis man die Bewegungen fließend beherrscht
(weil die Muskeln stärker geworden sind, die Nervenverknüpfungen fester, das Kleinhirn die Sache begriffen hat...)
und irgendwann macht einem die Sportart Spaß.
Dabei verbessert sich zb auch die Wahrnehmung des eigenen Körpers.
frohes neues Jahr,
anne


Geschrieben von: Schamanin am: 05.01.09, 19:51:47
Zitat von Gast:
Hallo, Azrael,
Xerxes beschreibt einen Lernvorgang,
wie er zb im Sport stattfindet. Man übt so lange immer wieder, bis man die Bewegungen fließend beherrscht
(weil die Muskeln stärker geworden sind, die Nervenverknüpfungen fester, das Kleinhirn die Sache begriffen hat...)
und irgendwann macht einem die Sportart Spaß.
Dabei verbessert sich zb auch die Wahrnehmung des eigenen Körpers.
frohes neues Jahr,
anne


Ich persönlich mache Sport, der mir von Anfang an Spaß macht und nicht erst nach langem Üben. Da hab ich dann mehr Spaß, sofern ich nicht ein gewisses Suchtverhalten entwickle. Auch meine Kinder haben sich den Sport gesucht, der von Anfang an Spaß machte. Manchmal kamen sie erst nach einiger Zeit drauf, das ist doch nichts für sie. Dann konnten sie aufhören.


Zu der Wahrnehmungsdiskussion: mein Sohn wird therapeutisch begleitet, da seine Wahrnehmung zu Problemen in seinem und meinem Leben führt und wir Unterstützung/Hilfe brauchen, um einen gangbaren Kompromiss zu finden.

Mir hängt der Begriff "Störung" auch zum Hals heraus. Denn egal wo ich hinkomme, sobald das Wort Störung fällt, wird nur noch darüber geredet, was mein Kind nicht kann und es wird gekonnt ignoriert, was mein Kind kann.


Geschrieben von: haggard am: 05.01.09, 20:41:32
@anne:
zum spaßfaktor: mit einem alter von 10 monaten ging ich auf zwei beinen. das macht spaß. man kommt von a nach b. man könnte meinen, es wäre mir in "fleisch und blut" übergegangen, da es seit irgendeinem zeitpunkt auch fließend aussieht - dennoch ist es das nicht (und mir persönlich auch nicht so vorkommt, sondern "stotternd"). wenn ich auf unebenen wegen vergesse meine beine entsprechend zu bewegen, bleiben sie stehen und ich stürze schlimmstenfalls.

manche menschen haben vielleicht spaß daran, andere nachzuahmen - aber dabei bleibt es auch, meiner meinung nach. wenn ich eine fremdsprache erlerne, wird sie niemals meine muttersprache werden und ich dadurch niemals ein muttersprachler diesbezüglich.