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Thema: daheim und anderswo (http://autismus-ra.unen.de/topic.php?id=2419)


Geschrieben von: stimmgabel am: 31.10.08, 13:41:10
meine tochter, 4, asperger, hat momentan die tendenz, auf änderungen ihres gerade aktuellen plans durch mich sehr verzweifelt zu reagieren. sie weint, schreit mich an, dass ich nichts sagen soll, haut herum, haut sich auf den kopf - es geht ihr ganz offensichtlich in dem moment sehr schlecht.

sie macht das nur bei mir (und bei meinem mann, der leider momentan viel weg ist). außerhalb von zuhause ist sie das ruhigste, netteste, süßeste und kooperativste kind der welt, und alle beneiden mich um diese "pflegeleichtigkeit".

im kindergarten gibt es solche situationen auch nicht, und am gesamten wochenende bei ihrer oma (die auch eine sehr enge und von ihr geliebte bezugsperson ist) auch nicht.

jetzt frage ich mich:
1. wieso ist das so?
2. geht es ihr "in der fremde", wo alles noch viel anstrengender und unberechenbarer ist als im vertrauten daheim jetzt besser? oder reißt sie sich dort zusammen und alles kommt zuhause aus ihr heraus?

habt ihr irgendwelche ideen oder erfahrungen dazu?


Geschrieben von: haggard am: 31.10.08, 13:52:52
wie gehen die anderen personen jeweils mit ihr um?
wird sie in "bockphasen" einfach übergangen, sodass sie sich demgegenüber hilflos sieht und sich fügt? (was dann evtl. in vertrauter umgebung in ähnlichen situationen, die sie selbst meistern möchte, den von dir beschriebenen ausweg findet?).

kann mir persönlich nicht vorstellen, dass es mir woanders in noch unberechenbareren situationen besser ergangen wäre, als in vertrauter umgebung, die auch unberechenbar sein konnte.


Geschrieben von: mor am: 31.10.08, 13:54:05
Zitat von stimmgabel:

im kindergarten gibt es solche situationen auch nicht, und am gesamten wochenende bei ihrer oma (die auch eine sehr enge und von ihr geliebte bezugsperson ist) auch nicht.

jetzt frage ich mich:
1. wieso ist das so?
2. geht es ihr "in der fremde", wo alles noch viel anstrengender und unberechenbarer ist als im vertrauten daheim jetzt besser? oder reißt sie sich dort zusammen und alles kommt zuhause aus ihr heraus?

habt ihr irgendwelche ideen oder erfahrungen dazu?


So gesehen schon, aber das ist bei meinem Halbbruder bestimmt anders, weil noch sein ADHS dazukommt.

In der Schule, da reißt er sich sozusagen meistens zusammen, so wie ich das von meiner Mutter mitbekommen habe und zu Hause geht er schon mal ab, wenn er in der Schule keine Medis bekommt. Mein Halbbruder hat ADHS und Asperger.

Aber sicherlich meinst du was Anderes, oder?


Geschrieben von: Miezekatze am: 31.10.08, 13:54:10
von mir auf andere schließend würde ich sagen: sie reißt sich dort zusammen und daheim muss sie es dann umso mehr rauslassen.


Geschrieben von: 55555 am: 31.10.08, 14:01:18
Oder sie fühlt sich dir besonders nah.


Geschrieben von: stimmgabel am: 31.10.08, 14:02:56
Zitat von azrael:
wie gehen die anderen personen jeweils mit ihr um?


kindergarten:
viel angebot, ruhige, entspannte atmosphäre, sie beobachtet zunächst, wer was macht, bevor sie sich selber etwas sucht, sehr verständnisvolle, nette pädagoginnen, die von ihrem autismus gar nichts wissen (habs nicht erzählt, war bisher nicht notwendig). dort kann ich mir voestellen, dass sie nichts versäumen will und die ganze zeit unter (positiver) spannung steht. unmittelbar nach dem abholen ist sie hochexplosiv, besonders wenn sie über mittag dort war (auf eigenen wunsch (!) zweimal pro woche)

omas:
verstehen sie sicher viel öfter falsch oder gar nicht als ich, spielen aber die ganze zeit mit ihr (das mach ich nicht), wenn sie weint, wird sie getröstet und lässt sich auch gleich trösten (anders als bei mir im moment)


Zitat:
kann mir persönlich nicht vorstellen, dass es mir woanders in noch unberechenbareren situationen besser ergangen wäre, als in vertrauter umgebung, die auch unberechenbar sein konnte.

mich erinnert es an die zeit, als ich einmal pro jahr eine woche ohne meine mama, nur mit papa und oma war, und in der woche nie geweint hab. was nicht geheißen hat, dass es mir besonders gut gegangen wäre, die beiden waren so herzenskalte typen, da wollt ich nicht weinen.
aber das ist so lange her, und ich weiß nicht wie vergleichbar mit der jetzigen situation meiner tochter.


Geschrieben von: stimmgabel am: 31.10.08, 14:04:44
Zitat von 55555:
Oder sie fühlt sich dir besonders nah.

ich bin das allernächste was sie hat. 2 jahre gestillt und getragen, ihr übersetzer der welt, die, die sie am besten versteht.

und wieso gehts ihr dann in meiner gegenwart am liebsten schlecht?


Geschrieben von: 55555 am: 31.10.08, 14:05:54
Ich könnte mir vorstellen, daß du, wenn die Vermutung stimmt für sie ein besonders wichtiger Halt bist, weswegen auf Unordnung besonders heftig reagiert werden könnte.


Geschrieben von: stimmgabel am: 31.10.08, 14:06:10
Zitat von Aitschy:

So gesehen schon, aber das ist bei meinem Halbbruder bestimmt anders, weil noch sein ADHS dazukommt.

In der Schule, da reißt er sich sozusagen meistens zusammen, so wie ich das von meiner Mutter mitbekommen habe und zu Hause geht er schon mal ab, wenn er in der Schule keine Medis bekommt. Mein Halbbruder hat ADHS und Asperger.

Aber sicherlich meinst du was Anderes, oder?

sie hat kein adhs.


Geschrieben von: Löwenmama am: 31.10.08, 14:06:37
Mein Grosser hat ADS und bei ihm hat mir sein Psychologe damals erklärt: Ein Kind kann sich nur dort benehmen,wie es sich gerade fühlt,wo es sich angenommen und geborgen fühlt.Weil es dort keine Angst haben muss,dass es verstossen oder nicht mehr geliebt wird.Mein Grosser hatte daheim manchmal extreme Ausraster und war woanders das bravste Kind.
Bei meinem Kleinen ist es manchmal auch so,dass er fremd keine grösseren Probleme hat,weil er dort auch nicht das gleiche Ordnungssystem wie zu Hause hat.Z.Bsp sind auch Spielsachen von zu Hause anderswo uninteressant,weil die da nicht hingehören.Ich denke,dass er zu Hause auch feste Vorstellungen und Pläne hat,die er fremd für sich noch nicht so erstellt hat...nur bei Reizüberflutung reagiert er manchmal recht heftig,wobei ich die Anzeichen sehr früh bemerke und er sich zu Hause dann am besten wieder beruhigen kann...


Geschrieben von: stimmgabel am: 31.10.08, 14:07:56
Zitat von 55555:
Ich könnte mir vorstellen, daß du, wenn die Vermutung stimmt für sie ein besonders wichtiger Halt bist, weswegen auf Unordnung besonders heftig reagiert werden könnte.

du meinst, wenn die anderen irgendeinen planwidrigen blödsinn machen, ist das verkraftbar, aber wenn ich, ihr wichtigster halt, planwidrig handle, ist das besonders schlimm, weil dann niemand mehr da ist, der halt gibt?


Geschrieben von: haggard am: 31.10.08, 14:10:43
kennst du die netten pädagoginnen und weißt, wie sie mit kindern in abwesenheit von eltern umgehen? (was nicht bedeuten soll, dass alle janusköpfig wären).

was ist eine entspannte atmosphäre? die atmosphäre des kindergartens, in den ich nur ein jahr ging, war wahrscheinlich auch entspannt, doch mich erdrückten die bis zur decke reichenden regale mit ungeordnet eingeordneten krimskrams (spiele, spielzeug etc.), gestapelte matratzen, gestapelte ungenutzte stühle, höhlen, die sich die anderen kinder mit hilfe dieser stühle und decken bauten, kinder, die durcheinander liefen und durcheinander mit unterschiedlichen dingen spielten, die unterschiedliche geräusche von sich gaben, man nur auf dem teppichbereich sitzen durfte und nicht auf dem kälteren laminat (das nicht kratzte). entspannung hatte ich, wenn ich nach maximal vier stunden von dieser atmosphäre erlöst wurde.