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Autor Nachricht
haggard
(Autistenbereich)

gestern stolperte ich über einen satz:
i.v. flüssigkeitsgabe nur bei durstgefühl...

wenn sich autisten zwischenzeitlich selbständigkeit und selbstbestimmung erkämpft haben, was geschieht dann im alter und unvorhergesehenen zuständen? werden sie dann doch wieder auf sehr grausame weise angehörigen/ihrer direkten umwelt ausgeliefert? denke ich an oben genannten satz, beschleicht mich so etwas wie panik, da ich so schon immer vergesse zu trinken mangels durstgefühl. aus dem bekanntenkreis weiß ich leider, dass selbst bestimmungen nach dem eigenen willen nicht eingehalten werden - und danach leider auch scheinbar niemand fragt.

wie soll zum beispiel mit pflegepersonal umgegangen werden bzw. umgekehrt, wenn womöglich berührungen notwendig sind? wie kann in einem solchen zusammenhang plausibel erklärt werden, dass manche "verwahrlosungstendenzen" eventuell gar keine sind? weiter hatte ich gelesen, dass zwar eine art angstsymptomatik (vehement ablehnendes verhalten) bestand - bei berührungen und dies schon einmal als eine art schutzwall für die betroffene person erkannt wurde, aber dann wurde gleich mit psychologen aufgefahren und aus angst vor bevormundung durch angehörige schob dies die betroffene person auf ihren akuten zustand, bei der aussicht, wieder in die familie zurückkehren zu müssen bis eine ersatzeinrichtung gefunden wäre (zuvor beschwerte sich die person über die bisherige unterbringung), schwichtigte sie auch dort ab.

wie viele autistische menschen werden womöglich in pflegeeinrichtungen täglich tyrannisiert und bei "schwierigem" handling medikamentös ruhiggestellt?

wie sollte vorsorge getroffen werden, wenn womöglich selbst benannte betreuer nicht den willen anerkennen und/oder die betroffene person eventuell nicht (mehr) in der lage ist maßnahmen einzuleiten, um betreuuer auszutauschen?
26.09.08, 08:41:29
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Aldaris~Adun
(Autistenbereich)

Man kann ein psychiatrisches Testament verfassen, oder eine Patientenverfügung, in der man für solche Fälle jene, die die Entscheidungen für einen übernehmen, und auch die Art und Weise, wie sie dies tun dürfen, regeln, wie und womit man behandelt werden möchte/darf, womit auf gar keinen Fall etc..

Die Gesetzeslage dazu ist m.W.n. aktuell nochmals in der Überarbeitung.
26.09.08, 09:56:30
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tabby
(stillgelegt)

Zitat:
wie sollte vorsorge getroffen werden, wenn womöglich selbst benannte betreuer nicht den willen anerkennen und/oder die betroffene person eventuell nicht (mehr) in der lage ist maßnahmen einzuleiten, um betreuuer auszutauschen?


Nicht nur bei den Autisten, diese Gedanken hab ich mir stændig gemacht, als ich auf der Demenz-Abteilung arbeitete und die Patienten stark ausschlugen, als man an sie ran musste. Ich konnte nicht gegen ihren Willen handeln, wusste auch gar nicht wie

[Auf eigenen Wunsch deaktiviert und anonymisiert, mfg [55555]]
26.09.08, 11:40:55
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dobbeld
(Angehörigenbereich)

Allein bei der Vorstellung, dass ich keine Kontrolle darüber habe, was mit mir passiert, bekomme ich die Kriese. Immer wenn ich diese habe, dann verdränge ich sie. Die Fragestellung in diesem Thead verbindet bei mir nun diesen unsäglichen Gedanken mit der Vorstellung das man nicht möchte, was da mit einem Passiert.
Ich denke das ist für Autisten und NAs eine fürchterliche Zukunftsvision. Sowas würde ich nicht mal meinen ärgsten Freinden [Redewendung] (auch nicht meiner ExFrau) wünschen.

Ich finde die Beschreibung von Azrael grauenvoll und die beschriebene Umgangsweise mit den Betroffenen unmenschlich. Da hat Frozen als Pflegerin menschlich gehandelt.

Der Umgang mit Pflegebedürftigen Menschen ist hier in Deutschland m.M.n. ein Fall für AI.

Grüße

dobbeld

Autistin kennengelernt und in sie verliebt!
26.09.08, 12:06:36
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haggard
(Autistenbereich)

@Aldaris~Adun:
hier kann alles mögliche verfügt werden, aber es ist ein wahres eldorado für "das machen wir jetzt aber mal ganz anders". vorgaben? bestimmungen? - was ist das?! das sind nicht nur einfachere leute weiter unten, das zieht sich nach ganz oben in die gerichte.
auf irgendeinen papierwisch würde ich mich nicht verlassen wollen, wenn andere menschen ganz andere interessen besitzen.

@Frozen:
konnte das personal dort so mit den menschen umgehen, wie es das für richtig hielt, oder galten andere vorgaben?

@dobbeld:
sicherlich ist es für alle menschen sehr unschön. aber die menschen schaffen es noch nicht einmal, andere freundlich anzusprechen. fehlt eigentlich teilweise nur noch, dass sie militärische kommandos brüllen.

wer von einem arztbesuch nicht pünktlich in manche pflegeeinrichtungen zurückgebracht wird, erhält keine mahlzeit. wurde schließlich verpasst. gedankenlos wird menschen ein glas wasser auf einen tisch gestellt, aber sie können ihre arme nicht bewegen.

was soll denn alles festgehalten werden, wie man sich eine behandlung wünscht? wer soll das lesen und sich auch noch bei vielleicht 100 menschen in einer einrichtung (oder weniger) bei jedem an alle einzelheiten halten?

meine liste wäre sehr lang. wenn mein letzter arbeitgeber schon an einem punkt scheiterte, obwohl ich von nutzen gewesen wäre - wie soll das denn werden, wenn ich nutzlos wäre, eher noch bei der mentalität husch-husch arbeit verursachen würde?
26.09.08, 21:40:12
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Aldaris~Adun
(Autistenbereich)

Ein Papierwisch ist immer noch besser als gar nichts, und mehr als gar nichts wirst du ohne nicht bekommen, es sei denn du wählst den Notausgang aus dem Leben, so lange du dazu noch in der Lage bist.
26.09.08, 23:15:40
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dobbeld
(Angehörigenbereich)

@Aldaris~Adun
Ich musste bei deinem Komentar (Notausgang), schmunzeln.
Sorry.
Mit dem Wisch seh ich das derzeit auch so.

@azrael
du hast völlig recht mit deiner Meinung über die Umgangsweise mit Pflegebdürftiger, egal welchen Hintergrund dieses Bedürfnis hat. Ist man nicht (mehr) in der Lage, sich selber versorgen zu können, sehe ich keinen Grund die Wünsche der Person nicht zu erfüllen.
Zitat von azrael:
gedankenlos wird menschen ein glas wasser auf einen tisch gestellt, aber sie können ihre arme nicht bewegen.
Hier ist doch von dir klar vormuliert worden, wie gedankenlos miteinander umgegangen wird.
In meinem Bekanntenkreis ist eine Altenpflegerin, die sich, fast schon regelmäßig, darüber beschwert das sie zu wenig Personal sind.
Meiner Meinung nach ist es grundsätzlich falsch in Pflegeeinrichtungen (angefangen beim Krenkenhaus, über Pflegeheime bis zu RehaKliniken) den Maßstab der Wirtschaftlichkeit anzulegen. Die Betreuung eines Menschens, auch wenn er nicht Pflegebdürftig ist (Kinderheime, Horte, Jugendzentren usw.), kann man nicht in Betriebswirtschaftliche Zahlen quetschen. Dies verursacht nur Misstände die für jeden Einzelnen Betroffenen unmenschlich und ungerecht sind.

So lange hier kein Einsehen stattfindet und der Betreute Mensch als wirtschaftlichen Faktor angesehen wird, werden diese Ängste (wie von azrael beschrieben) begründete bleiben.

N8t dobbeld

Autistin kennengelernt und in sie verliebt!
27.09.08, 00:19:45
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Zitat von azrael:
wie viele autistische menschen werden womöglich in pflegeeinrichtungen täglich tyrannisiert und bei "schwierigem" handling medikamentös ruhiggestellt?

Das ist ja allgemein üblich in etlichen Einrichtungen. Ans Bett fixieren, Windeln anziehen, ruhigstellen, Sondennahrung. Alles andere macht zuviel Aufwand.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
27.09.08, 15:03:10
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haggard
(Autistenbereich)

autisten - speziell nicht diagnostizierte autisten - besäßen wegen fehlender therapeutischer ansätze psychologische verhaltensauffälligkeiten, die dann in andere erkrankungen wie depression oder schizoide formen münden würden - was dann im falle von pflege bedeuten würde, dass falsch "richtige" behandlung erfolgen würde.

dass z.b. neonlicht (manchmal) schlecht erträglich wäre, hätte eine heimleitung z.b. noch nie gehört in bezug auf autisten.

je mehr ich mich damit befasse, desto schlechter wird mir. weiß auch gar nicht, wie aggressive alzheimer-menschen von weniger mit der umwelt interagierenden autisten unterschieden werden sollten, wenn sich z.b. mit bildgebenden verfahren nicht feststellen lässt, dass im gehirn degenerative oder andere veränderungen vorliegen würden, die mit demenz verknüpft werden. oder nach apoplex nicht mehr sprechen, wenn sie es vorher konnten und vielleicht so ungünstige lähmungen besitzen und dadurch schwer, schlecht, oder gar nicht schreiben können.

sätze wie "die haben sich daran gewöhnt" (körperkontakt), finde ich schlecht.

ist das ätzend.
31.12.08, 13:25:49
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laleni
(Standard)

........ich hab mir als NA schön sehr oftdarüber den kopf zerbrochen, wie generell mit alten menschen umgegangen wird.
am besten, man stirbt früh.
31.12.08, 15:56:47
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55555
(Fettnäpfchendetektor)

Sollte man dazu bei Gelegenheit eine Rubik auf der ESH-Site anlegen? Du könntest als Start eine Aufstellung zur Veröffenlichung machen, wo es Probleme geben könnte in dem Bereich.

Mancherorts steckt man Eltern ins Gefängnis, die ihre Kinder aus ideellen Gründen nicht zum Arzt bringen. Anderswo schützt man fremde Kulturen mittels Strafen vor Kontakt und Einmischung.
31.12.08, 18:38:11
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Cathryn
(Autistenbereich)

Meine Mutter ist Altenpflegerin. Sie hat auch oft gesagt, das sie sich mehr um die Leute kümmern möchte, aber ihr fehlt die Zeit dazu. Sie hat in ihrer Ausbildung zwar viel gelernt über die Bedürfnisse von alten Leute, aber umgesetzt wird es nicht. Zu wenig Personal und zu wenig Pflegezeit für die einzelne Person. Wenn am Wochenende zwei Altenpfleger für 60 bis 70 Leute zuständig sind, dann bleibt fast alles auf der Strecke. Es gibt im Hintergrund von Pflegeeinrichtungen oft Sachen, die man im Grunde genommen dem Staatsanwalt übergeben müsste.

Pflegezimmer, die als solche ausgegeben werden, die kein Fenster haben, weil sie eigentlich die Abtstellkammer sind. Patienten, die versteckt werden, wenn der MDK kommt, weil sie sie illegal abgerechnet werden. Das sind nur einige Dinge, die mir meine Mutter erzählt hat. Sie ist heilfroh, das sie im Moment nur für eine Person zuständig ist. Meine Mutter pflegt ihre eigene Mutter bei sich zu Hause. Eigenes Zimmer, Beschäftigungstherapie und ständige Bereitschaft. Tja, aber nicht jeder kann sich zu Hause pflege lassen.

Was mit mir im Alter wird? Da will ich lieber gar nicht dran denken. Meine Mutter hat immer gesagt: Hoffentlich sterbe ich, bevor ich in ein Altersheim muss. Wenn das eine Altenpflegerin sagt, nah dann gute Nacht Deutschland. Aber sterben möchte ich eigentlich nicht vor der Zeit. Keine Ahnung was ich dann machen soll.

Grüße Cathryn
07.01.09, 09:22:26
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