Diese Tage bin ich etwas gehetzt, antworte also eher flüchtig. Werde wohl später nochmal alles durchlesen und eventuell auf dies und jenes neu eingehen.
So, jetzt muss ich leider weiter ausholen, über das Zusammenleben mit meinem jüngsten Sohn.
Wieso leider? Gerade das ist denke ich sinnvoll.
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Jetzt (im eignen Haus) hat er ein eigenes Zimmer. Das sieht so aus: mit Blumenfolie überklebte Fenster (er reißt alles runter, was hängt, auch Vorhänge, die Straße führt aber vorbei, jeder muss nicht reinsehen),
Ein eigenes Zimmer ist sicher schonmal gut. Ist die Straße belebter / befahrener?
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ich konnte nicht mit ihm spazieren gehen (das verhinderte er, in dem er sich so lange erbrach, bis ich nichts mehr zum Anziehen hatte). Ich konnte ihn auch schließlich mit ein paar Monaten nicht allein zu Hause lassen.
Er hat sich ständig erbrochen direkt nachdem du Anstalten machtest mit ihm spazieren zu gehen oder ist der Zusammenhang deine Mutmaßung?
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Er hatte auch keinen Tag/Nacht-Rhythmus: er schlief 1 Stunde, war 20 Minuten munter, schlief wieder und so fort, die Abstände waren immer unterschiedlich. Am ehesten war er noch in der Nacht munter.
Weil er in der Nacht eher damit rechnen konnte nicht belästigt zu werden und daher weniger unter Streß stand?
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erst die Ergotherapeutin begann mir über veränderte Wahrnehmung zu erzählen und konnte in seinem Gesicht Zustimmung und Abneigung deuten.
Diese Deutungen kannst du nachvollziehen und haben sich wie bestätigt?
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Da er auch nicht reagierte, wenn ich mit ihm was machen wollte, begann ich damit, mich einfach mit ausgestreckten Beinen am Boden in sein Zimmer zu setzen. Ich wartete, bis er zu mir kam. Dann konnte ich die schönen Dinge mit ihm machen, die ich aus der Ergotherapie kannte: hüpfen, kneten, drücken, klopfen.
Gut.
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Ohrenstöpsel funktionieren leider nicht, bei seinen Ohren kann ich nichts machen.
Was hast du bisher ausprobiert?
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Es hat sich aber das Hören, Sehen, Schmecken und vestibuläres System verbessert. Er ist belastbarer geworden.
Inwiefern bemerkst du das?
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Eine Frage zur weißen Wand, an die, sie auch brauchen: seid ihr wirklich glücklich, wenn ihr davor sitzt oder würdet ihr euch wünschen, dass auf eure Wahrnehmung mehr Rücksicht genommen wird?
Daß Ruhe für ihn sowas wie Glück bedeutet, solange er sie sucht kann denke ich durchaus angenommen werden. Ruhe bedeutet nicht unbedingt Leere, sondern kann auch Fülle bedeutet, weil dann Eindrücke, die vorher erlebt wurden erst besser erlebbar werden können. Diese Eindrücke sind möglicherweise gespeichert und laufen dann ab.
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Ich hab es bei meinem Sohn nicht so empfunden, er ist jetzt zufriedener, wo er mehr machen kann, er ist auch nicht mehr gerne allein in seinem Zimmer.
Wie drückt sich das aus?
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ich versteh's auch nicht ganz, aber vielleicht deswegen, weil ich seine Verlängerung bin. Ich mach das für ihn, was er nicht kann und ihm Vergnügen und Wohlbehagen bereitet.
Das wirkt auf mich wie eine typische Mutter-Aussage, ich bin dabei sehr vorsichtig.
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Außerdem respektier ich, wenn er nicht will. Bin aber da, wenn er bereit für Kontakt ist.
Das ist gut, denke ich. Er möchte wie eigentlich alle Autisten Kontakt und kann ihn unter diesen Umständen wohl besser wahrnehmen, bis er sich weiterentwickelt.
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Leider kann ich nicht nur für meinen Sohn da sein.
Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, daß das für ihn gut wäre. Was passiert eigentlich, wenn du ihn alleine zuhause lässt? Oder magst du das nicht tun, weil er noch nicht alleine Hilfe holen könnte bei einem Unglück?
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Ich wußte nichts über veränderte Wahrnehmung und die Schmerzen, die es bereiten konnte. Seelisch, nicht körperlich.
Diese Schmerzen fühlen sich durchaus auch an wie körperliche Schmerzen und können nicht klar von ihnen getrennt werden.
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Er war so überfordert, von dem täglichen Leben, dass er handlungsunfähig war. Das ging über Wochen so. Ganz ehrlich, dass hat niemand verdient.
Wenn ich Schmerzen hab, dann nehm ich eine Tablette. Ich möchte aber nicht den Rest meines Lebens Tabletten nehmen, genausowenig möchte ich, dass mein Sohn den Rest seines Lebens vor der weißen Wand sitzt.
Dann könnte ein besseres Lebensumfeld gesucht werden, was freilich einige Mühen bedeuten würde.
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Ich stell es mir so vor: ich selbst geh auch nicht gern in Diskotheken, aber wenn es mir zuviel wird, kann ich gehen. Mein Sohn kann seinen Körper nicht verlassen, er nimmt seine veränderte Wahrnehmung überall hin mit. Ich kann nur die Umgebung beeinflussen, die Orte wo wir sind sorgfältig wählen und hoffen, dass er besser damit umgehen lernt.
Da sehe ich einen Denkfehler. Korrekt wäre das Beispiel, wenn du mit deinen Eltern in einer Diskothek leben würdest und sie dich bemitleiden, weil du es schlecht erträgst. Das hat dann nichts mit deinem Körper zu tun, sondern damit, daß auch dich einfach keine ausreichende Rücksicht genommen wird und sei es aus vermeintlichen Sachzwängen eines üblichen modernen Daseins. Ich glaube auch kaum, daß irgendein Autist ständig Leute um sich herum braucht, es sei denn er wurde schon so in den Abgrund getrieben, daß er seelisch krank wurde. Aber selbst dann könnte man die Ursachen beseitigen. Das passiert aber oft einfach nicht konseuquent.
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Wenn er freiwillig vor der weißen Wand sitzt, wär es was anderes, aber es ist Ausdruck, seiner kompletten Hilflosigkeit, der Welt, die auf ihn einstürzt, zu entkommen.
So gesehen gibt es vielleicht gar keine freiwilligen Handlungen, weil sie alle einen Grund haben?
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Mene Pflicht als Mutter ist es, ihm zu helfen, so gut ich kann. Sollte ich das nicht mehr können, sollte es keine Menschen geben, die darauf Rücksicht nehmen, dann wär es mir lieber, wenn er das nicht mehr erleben muss.
Wenn du alles für ihn tun würdest, dann würdest du auch mit ihm in eine ruhigere Gegend ziehen und ihn eventuell in einem Gartenhaus einquartieren, wo er nicht von Nebenräumen ständig Geräusche hört? Drei Kinder machen viel Krach und es ist auch gut und wichtig für sie. Es braucht Platz um allen gerecht zu werden bei so unterschiedlichen Bedürfnissen, wenn man annimmt, daß das ein wesentliches Problem wäre, was ich aus der Ferne nicht sicher erkennen kann. Ich finde aber hier nur einmal die theoretische Frage interessant.
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Ehrlich gesagt, ich empfinde es als grausam, was Autisten unter dem Deckmäntelchen der Hilfe angetan wird, wie wenig von den Normalen auf diese veränderte Wahrnehmung Rücksicht genommen wird.
Leider ist das so.
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Was ich nicht als lebenswert empfinde, wäre nur noch vor der weißen Wand sitzen, weil alles zuviel ist und zwar auf Dauer. Nicht Stunden, sondern Tage, Wochen. Tut mir leid (und auch mich erschreckt es), dass würde ich nicht ertragen. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass das glücklich, zufrieden oder wie auch immer macht.
Ein Leben unter Bedingungen und Veranlagungen wie bei den meisten NA kann ich mir persönlich auch nicht als erfülltes Leben vorstellen. Was diesen Menschen alles entgeht, schrecklich.