Ah schön, mal jemand der halbwegs klar zu formulieren (und auch so zu denken) imstande ist. An sich doch keine schlechte Voraussetzung für eine Beziehung zu einem Autisten.
Ja, da hast Du wohl recht. Die Voraussetzung, die allerdings noch davor wichtig ist, ist das Wissen um die Zustände. Sonst agiert jeder nur aber interagiert nicht.
Da in unserem Fall das Wissen nicht da war, sind zwei Welten auf einander geprallt und es hat ordendlich gescheppert. (Ich bin 2 mal richtig ausgeflippt und habe ihm gesagt: Geh in Therapie, ich kann nicht leisten, was Du von mir willst.)
Triffst du dich noch manchmal mit ihm? Dann könntest du ihn ja mal fragen, ob das mit Autismus sein könnte und ihm notfalls auch erklären was das denn eigentlich ungefähr jenseits der Klischees ist und welche Kriterien für eine Diagnose herangezogen werden.
Er wohnt noch hier, zieht aber im nächsten Monat aus. Umzug war auch so ein Punkt: Anderen hat er immer und sofort bei Umzügen geholfen und sein eigener war für ihn der totale Horror (deswegen lässt er sich diesmal wohl auch einen ganzen Monat Zeit damit). Auf der anderen Seite dann ich, die ich Organisationstalent schon mit der "Muttermilch eingesogen" hatte. Auf mein Angebot hin, ihm bei den Vorbereitungen zu helfen, kam aber nur Ablehnung.
Ablehnung und Abwehr zieht sich bei ihm durch alle Lebenslagen, kann sein, dass er durch sein anders als die Norm sein, so geworden ist. (Wobei ich sagen muß, daß ich in meinem Leben auch oft Ablehnung und Angriffe erlebt habe. Aber irgendwann habe ich erkannt, daß ich im inneren Kern gar nicht verletzbar bin, sondern nur kurzzeitig im Äußeren. Das hat mir die Stärke gegeben, doch noch offen auf Menschen aller Art zuzugehen.... So findet jeder für sich eine andere Art mit der Außenwelt umzugehen... man muß nur erkennen, welche
) Für mich und andere, die mit ihm in Interaktion treten wollen ist das dann sehr schwierig. Man bekommt dann die Antwort: "Ich will nicht therapiert werden!" Ich bin echt ratlos, wie ich das Thema Autismus ansprechen soll, ohne nur auf Abwehr zu stossen.
Ich sehe ja schon lange, dass er mit seinem Leben nicht wirklich zufrieden und glücklich ist und habe nie verstanden, warum er nichts ändert. Sich nicht mal wirklich auf ein Gespräch einlässt, das ja jedem Menschen neue Impulse geben kann. (Wobei es genügend "Normalos" gibt, die auch vor der Lösung ihrer Probleme davonlaufen) Ich bin da auf dem Gegenpol und will mich immerzu weiterentwickeln und Probleme lösen, um besser und leichter leben zu können. Vermutlich habe ich ihn damit überfordert. Andererseits war ich sicher nicht die/der Erste und somit wird sich wohl ein ziemliches Abwehrpotential aufgebaut haben. Siehst Du eine Möglichkeit,die Abwehrhaltung zu durchdringen, ohne, dass er seine "Selbstschussanlage" wieder anschmeißt?
Die meisten Menschen gehen von ihrem eigenen Empfinden aus.
Ja, richtig.
Auch hier die Problematik: Wir wußten nicht, dass wir in verschiedenen Welten leben. Wenn ich "in meiner Welt" mehrfach genervt auf Verhaltensweisen anderer reagiere, merkt das der Andere und ändert sein Verhalten oder fragt direkt, was los ist.
Und im Gegenstück, wenn ihm meine Geschwindigkeit auf den Geist ging: Warum hat er gesagt: "Mach langsam" statt: "Du ist mir zu schnell, ich habe Stress damit"?
Ein klarerer Ausdruck in der Sprache ist sicher nicht verkehrt, den auch bei NA´s wird sehr, sehr viel unterschwelliges, emotionales falsch gedeutet und daraus können auch bei NA´s riesige Probleme entstehen.
Inwieweit hat er dir dabei keine freie Wahl gelassen?
Vielleicht hat er mir sogar meine freie Wahl gelassen, nur der Zeitraum von meinem Protest bis zu seiner Reaktion war so lang, dass ich das gar nicht mehr war genommen hatte und mich schon an der nächsten, für mich einschränkenden Regel gerieben habe. (So wie Kristalle auch wachsen, nur in Zeiträumen, die für Menschen meist nicht sichtbar sind!)
Wenn Autisten für ihre Verhaltensweisen Toleranz von NA´s erwarten, dann sollten sie sie auch geben.
Kannst du alles tolerieren? Hat nicht jeder dabei irgendwo individuelle Grenzen?
Auch richtig. Meine Schwachstelle ist sicherlich, daß ich auf Eingrenzung meiner Selbst allergisch reagiere, da ich mich selbst für ein grenzenloses Wesen halte und für mich nichts unmöglich erscheint. Da spielt bestimmt die Erfahrung mit hinein, daß ich (da ich ja auch außerhalb der Norm liege), ständig gegen (oft unsinnige) Eingrenzungen und Verbote, die die Gesellschaft sich gesetzt hat, geprallt bin.
a) weil ich immer wieder "belehrmeistert" wurde und b)weil die (für mich normalen) zwischenmenschlichen Interaktionen, wie: Den Anderen informieren, daß man auf Geschäftreise geht oder Freunde einlädt, etc überhaupt nicht oder erst in allerletzter Sekunde stattgefunden haben.
Zu a) würde mich interessieren wie genau sich das beispielsweise ausgedrückt hatte, da es sonst nur eine Empfindung von dir darstellt. Zu b) würde ich annehmen, daß man dafür eine Vereinbarung (Regel) schaffen könnte, wonach er dir solche Termine ankündigt, auch wenn sie noch nicht absolut sicher sind, sondern möglich.
Zur "Belehrmeisterung":
Wenn ich irgendwas gemacht habe oder bevor ich etwas angefangen habe, bekam ich einen Vortrag mit allen Details, wie ich es genau zu machen habe. Egal ob ich die Tätigkeit schon perfekt drauf hatte, weil ich sie schon x-mal gemacht hatte oder ob ich sie zum ersten Mal machte. Für das erste Mal macht sowas ja noch Sinn (wobei mich die Detailverliebtheit und Ausführlichkeit oft den letzten Nerv kostete... ich erfasse Zusammenhänge nun mal schneller als der Durchschnitt). Aber wenn ich mich mit dem Thema auskenne und mir mitten in die Arbeit rein erzählt wird, ich müsse dieses und jenes aber anders machen, dann platzt mir der Kragen. Irgendwas mit ihm zusammen zu arbeiten habe ich dann irgendwann von vorneherein abgelehnt, um mir diesen Stress zu ersparen.
Ich habe auch mitbekommen, wie er andere Menschen "belehrt/schulmeistert". Menschen, die auf ihrem Gebiet Fachleute sind und wissen, was sie tun. Das waren Momente, da hätte ich im Boden versinken können. Das war teilweise, als wenn ein Fahrradfahrer einem Michael Schumacher erkären will, wie man mit einem Auto Rennen fährt !
Das gehört zu den Verhaltensweisen, die ich nicht verstehe. Er hat auch selbst gesagt, er hätte oft zu hören gekriegt, dass er "schulmeistert". Warum hat er dann sein Verhalten nicht geändert ? Die die ihm das gesagt haben, werden es wohl eher genervt als freudestrahlend gesagt haben. War/ist er wirklich nicht in der Lage sowas zu erkennen ?
Das mit der Regel: Ankündigen von allen Terminen, egal ob fest oder nicht und eine feste Vorlaufzeit festlegen ist sicherlich eine gute Idee. Auch hier: man muß erstmal wissen, warum und was eigentlich los ist.
Ich hatte immer das Gefühl, er verheimlicht mir was und er bringt mir keinen Respekt entgegen und sowas ist einer Beziehung nun wirklich nicht zuträglich. In "meiner Welt" zeigt man mit dem Mitteilen und Abstimmen von Terminen und Vorhaben, dass man sichgegenseitig achtet und nicht einfach über die Zeit des Anderen bestimmt, sondern miteinander die Planung entwirft, die allen Beteiligten gut tut. (Ist natürlich der Idealfall... aber wir bemühen uns zumindest
)