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Geschrieben von: 55555 am: 22.05.07, 11:38:09
Den Spruch kann man auch als auf uppsdaneben bezogene Ironie auffassen.


Geschrieben von: bellaria am: 22.05.07, 13:21:11
@ 55555 Ja, so war er gemeint - sorry für nicht korrekte Kennzeichnung.

P.S. Ich fühl mich plötzlich so verstanden - sollt mir das zu denken geben?! zwinkern


Geschrieben von: Goldloeckchen am: 22.05.07, 15:29:12
Ok, dann habe ich was falsch verstanden, sorry. überrascht

@Aldaris_Adun

Nein, das ist kein Selbstmitleid, dass man über die Unfähigkeit oder über die Scham der Eltern einen Psychiater mit seinen Kind aufzusuchen traurig, sogar wütend ist. Das war ich lange Zeit auch aber dann sagte ich mir, dass es vermutlich gut so gewesen sei. Ich denke mir nämlich wie weitere Therapien, und zu den Zeitpunkt noch sehr unausgereifte Therapien, meine Seele systematisch hätten vergiften können parallel zu den Mobbingsachen. Aber ich hätte gern zehn Jahre früher von AS erfahren. So hätte ich mich nie auf falsche Beziehungen eingelassen oder mich Dingen hingegeben die mir nicht gut tun. Die ich aber um jeden Preis praktizieren wollte weil es der "Rest der Welt" in meinen Augen als gesellschaftskonform betrachtet hat.

@Drauvst

gebe dir Recht, dass man sich nicht komplett abschotten sollte. Man sollte das wohl dosieren aber sich vorallem emotional von Leuten abschotten die einen nichts Gutes tun wollen. Das gilt natürlich für alle Menschen aber gerade Autisten neigen zu naiven Denken wenn sie die Situation nicht mehrmals überprüfen können weil man einfach nicht die Ruhe hat um überhaupt die "Checkliste" durchzugehen. Es ist doch so, dass *wir* länger nachdenken müssen bevor wir auf wichtige Dinge Antworten geben können aber wie kann das passieren wenn man mit Situationen/Fragen überrumpelt wird?
Ich zb. leide unter meinen eigenen Ambivalenzen. Man kriegt sein Leben lang von Medien und Umfeld suggeriert wie was auszusehen hat. Nimmt seine "imaginäre Waage" (Metapher) und misst lediglich das Gewicht (= Majorität). Wie also kann es sein, dass ich Recht habe und "tausend andere" Menschen falsch liegen? Das dachte ich natürlich nicht immer. Oft war es auch so, dass alle anderen blöd waren und ich nicht. Oder ich dachte, dass ich unmöglich in Recht sein kann weil ich nicht auf der Seite der Mehrheit liege. Die Wahrheit ist aber, dass es in einigen Situationen mehrere Wahrheiten gibt, genauso wie viele Wege bekanntlich nach Rom führen (Spruch). Auf der einen Seite wäre zb. die Familienidylle a la Ramawerbung (Margarine) wo die artigen Kinderchen in frischen weisen Hosenanzügen am Früstückstisch mit ihren Eltern sitzen. Und alle sich gaaanz doll lieb haben. *einwenigzynisch* Das sind suggerierte Träume mittels Medien die ich mir als Pseudoideal verewigt habe aber Tatsache ist, dass ich diese vorgesetzten Ideale nie im Leben aushalten würde schon allein weil ich die blütenweise Decke durch Teleportation als Motoriktrottel beschmutzen könnte. Nein, im Ernst, ich habe das ursprünglich natürliche Bedürfnis gegen eine Reklame eingetauscht. traurig Und bin erst jetzt dabei meine ideelen Werte meinen eigenen Bedürfnissen anzupassen. Jeder sollte für sich den Weg mit den geringsten Wiederstand wählen. Und wenn man mit den ganzen "Sozial(tanten)quatsch" überfordert ist dann ist es eben so. Das heißt nicht Menschen komplett meiden sondern sich die Leute suchen die gut für uns sind.
Ich finde es witzig, dass ich eine Familienfeier als oft so viel kälter empfinde als die Anwesenheit der Autisten in einer SHG.


Geschrieben von: bellaria am: 22.05.07, 16:13:53
Zitat von Sheila:

Wie also kann es sein, dass ich Recht habe und "tausend andere" Menschen falsch liegen? Das dachte ich natürlich nicht immer. Oft war es auch so, dass alle anderen blöd waren und ich nicht. Oder ich dachte, dass ich unmöglich in Recht sein kann weil ich nicht auf der Seite der Mehrheit liege.

Ich finde es witzig, dass ich eine Familienfeier als oft so viel kälter empfinde als die Anwesenheit der Autisten in einer SHG.


@ 1. zitierter Absatz
Ganz genauso gehts mir auch immer wieder. Ich kann es wahlweise an meiner HB oder am ADHS oder an meiner chaotischen Familie festmachen oder, oder, oder ... es heißt nur, dass wir einfach wenige sind, die unter vielen leben, die anders ticken. Minderheitengefühl halt. Selbstunsicherheit als eine gegen viele (alle). Grundgefühl meiner Kindheit und Jugend. Irritierend auch jetzt noch manchmal. Es geht mir besser, wenn ich meinen eigenen Weg gehe, auch wenn er steiniger ist und mir alle entgegen kommen. Die Illusion der Zugehörigkeit wird teuer bezahlt - auch von NAs: Die Frage ist für mich eher, ob man die Wahl hat oder eh ned anders kann. Ich kann auf Dauer ned anders, weil ich sonst zusammenbreche und in einer Gummizelle lande.

@ 2. zitierter Absatz
Der einzige Mensch, vom dem ich wirklich Wärme und Nähe und Menschlichkeit spüre (seit meine Kinder groß sind), ist ein Autist. Dass mir (uns?) das witzig oder erstaunlich oder erwähnenswert oder seltsam oder unvermutet vorkommt beweist mir, wie sehr auch ich (wir?) "Insider" Vorurteile und öffentliche Meinung über Autisten verinnerlicht haben. Dass die nämlich sowas eigentlich gar nicht können dürften. zwinkern


Geschrieben von: Goldloeckchen am: 22.05.07, 17:09:35
Naja, es kommt darauf an was du unter Wärme verstehst. Viele NT-Frauen beklagen sich über die Gefühlskälte ihrer autistischen Lebensgefährten (Wieso macht er mir nie Komplimente? Oder wieso beachtet er mich nicht?) Ich denke es liegt an den unterschiedlichen "Kommunikationsdimensionen". Vllt tickst du und dein Partner gar nicht so unterschiedlich? Vllt liegt es daran, dass du autistische Züge hast. Oder einfach an euren Charakteren? Da mag so vieles eine Rolle spielen. Ich mag auch nicht längst jeden Autisten und "hasse" auch nicht jeden NT. Das ist Personenabhängig. Nur bezog sich meine Aussage auf meine Ansichten über die jeweiligen "Gruppen". Aber es wird sicher NTs geben die auch die verbale Kommunikation der Nonverbalen vorziehen und und und...

Apropos AD(H)S:
Ich halte es in AD(H)S-Foren nicht lange aus und das obwohl ich mitunter selbst ADSlerin bin. Darunter sehe ich aber mal ein zwei Personen wo ich denke, dass ich mit ihnen klar kommen könnte. Ich will das nicht mal kritisieren aber das wäre so ein Beispiel, dass ich mich in einigen Gruppen eben nicht so wohl fühle. Jeder ist so wie er ist. Keins ist schlechter oder Besser aber es gibt immer eine Schublade in der man besser passt als in eine Andere.


Geschrieben von: Aldaris~Adun am: 22.05.07, 19:16:47
Mir geht es mit AD(H)S- lern ähnlich. Mit vielen verstehe ich mich virtuell so auf den ersten "Blick" prächtig. Auch zu schizophrenen hatte ich letztlich sehr interessante Kontakte, zu HBs.

Letztlich eint uns "andersartige" eines, wir passen nicht wirklich in die Welt und das lässt sie uns auch spüren >:(.
Allerdings passt es so richtig und auf längere Sicht kommunikativ z.B. mit ADS'lern dann doch so gar nicht. In bestimmten Bereichen bin ich ihnen ziemlich ähnlich, in vielen anderen dafür aber auch das genaue Gegenteil.

Ich finde gerade die Vielfalt des Andersartigen faszinierend, egal in welcher Schublade es nun steckt.


Geschrieben von: drvaust am: 23.05.07, 04:05:39
Ich habe mich entschieden, mich nicht unnötig anzupassen und meine eigenen Wege zu gehen. Das hat seinen Preis.
Aber ich muß mich viel anpassen, damit ich in der Gesellschaft klarkomme und einigermaßen in Ruhe gelassen werde.
Wenn ich außer Haus gehe, lege ich Gesellschaftuniform an, auch wenn mich das ankotzt. Trotzdem bin ich nicht immer richtig gekleidet, vor Kurzem hatten mich Leute belästigt, weil ich am Sonntag meine grüne Latzhose trug. Wenn ich Nachbarn oder Bekannte treffe grüße ich diese pflichtgemäß, aber ich tue nicht so als ob ich das wirklich so meine. Ich bedanke mich, pflichtgemäß oder um jemand zu erfreuen, obwohl ich keine Dankbarkeit empfinde. Ich versuche mich in der Öffentlichkeit gut zu benehmen, weil ich sonst Ärger bekomme, dafür hasse ich die Menschen. Ich gehe tagsüber nicht auf den Spielplatz spielen. usw.
Es geht nicht ohne Anpassung, sonst wäre ich schon längst in einer geschlossenen Anstalt.
Ich will in Ruhe gelassen werden und möglichst wenig mit Menschen zu tun haben, eine teilweise Anpassung ist der Preis dafür.


Geschrieben von: Goldloeckchen am: 23.05.07, 11:59:40
Drvaust, mich machen Mensche auch total irre. ich kann nur wenige von Ihnen wirklich ertragen. Ich kann sie vllt für einen oder zwei Tage aushalten und auch so tun als ob ich wer anders sei. Aber über den genannten Zeitraum hinaus werde ich halb wahnsinnig wenn die Menschen hektisch und bestimmend werden.
Naja, seit dem ich mich mehr wie ich benehme werde ich auch manchmal doof angemacht aber zum Glück lebe ich in einer Großstadt da sind Verrückte schon fast normal. Nicht, dass ich komplett ausraste aber wenn mir nach singen, Hände verrenken oder Selbstgesprächen ist dann tu ich das jetzt einfach.
Was Spielplätze angeht kann ich meine Kinder wunderbar als Alibi verwenden. freuen


Geschrieben von: bellaria am: 23.05.07, 12:55:21
Großstadt hilft enorm beim in Ruhe anders sein, das kann ich nur bestätigen. Dafür isses halt laut und stinkt - also auch diese Freiheit wird teuer erkauft. Trotzdem sind mir Stadt und Anonymität lieber als die schicke Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin: Dort war der Normierungsdruck enorm. Oder gleich irgendwo mitten im Nirgendwo am Land leben, wo nicht mal ein Dorf ist - kenn ich aber nur aus meiner Fantasie, hab ich noch ned auf Dauer getestet. Die Umgebung spielt also auch eine große Rolle, wie sehr man sich anpassen muss.


Geschrieben von: Goldloeckchen am: 23.05.07, 13:07:21
Ja, kommt auch darauf an welche Anforderungen einen zu schaffen machen. Auch auf den Land kann man sich wunderbar von den anderen isolieren. Muss aber damit rechnen, dass dann viele Klatschgeschichten über die eigene Person im Umlauf gebracht werden. Das passiert wahrscheinlich auch wenn man sich den Dorfbewohnern annimmt. Dafür ist es halt ruhiger und der Reizfaktor ist wesentlich niedriger als in lauten hektischen Großstädten. Die Anonymität ist aber ganz nett in Großstädten, und irgendwie ist es auch spannend durch so eine Großstadt Bahn oder Bus zu fahren und lauter Verrückte anzutreffen. Macht das Leben einwenig bunter. Der Vorteil ist auch der, dass man fast alles vor der Nase hat. Ob es ein Arzt oder der Elktroladen ist. Nicht unwesentlich für Leute die sich nicht groß bewegen können aus welchen Gründen auch immer.
Mittlerweile kann ich mir aber schon vorstellen in eine kleinere Stadt zu ziehen. Ist nur nicht so einfach wenn man da wo man jetzt wohnt schon eine halbe Ewigkeit verbracht hat.


Geschrieben von: McCloy am: 23.05.07, 16:27:22
ich glaube nicht, daß ihr immer verstoßen werdet, nur weil ihr autisten seit. vieleicht hoffe ich es ja auch nur, weil mein sohn immer sehr gern gemocht wird. er ich glaube, man sollte sich nie verstellen denn die menschen , die einen nicht akzeptieren so wie man ist, sind es echt nicht wert. der kleine rest der bleibt, hat sich damit bezahlt gemacht.


Geschrieben von: Aldaris~Adun am: 23.05.07, 17:38:49
Du hast recht, ich werde nicht verstoßen, weil ich autistisch bin.
Das weiss in meiner realen Umgebung schliesslich niemand.
Dennoch merkt jeder, das ich anders bin, und ganz automatisch werde ich ausgeschlossen, stehe aussen vor.
Ich kann gar nicht anders, auch selbst nicht, das war schon in meiner Kindheit so.

Zitat:
die einen nicht akzeptieren so wie man ist, sind es echt nicht wert

Du hast recht, das war auch immer mein Wahlspruch. Nunja, damit steht man dann eigentlich sein ganzes Leben lang allein da. Die ersten Menschen, die mich wirklich und tatsächlich so akzeptieren wie ich bin, habe ich vor ca. 6 Monaten kennengelernt, und ich hätte nicht gedacht, das das noch jemals passieren würde.