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Autor Nachricht
Antika
(Autistenbereich)

@schuschu

Mir geht es um die Frage wie man mit Menschen umgehen kann/sollte, die sich selbst als behindert betrachten möchten, während andere sich selbst jedoch nicht als behindert betrachten möchten.

Irgendwie muss es da doch eine Möglichkeit geben zu einer "Einigung" zu kommen.

Ich selbst habe schon so mit einigen Menschen zu tun gehabt, die in irgendeiner Weise mit einer "Beeinträchtigung" zu tun hatten, die diese aber aus ihrer eigenen Sicht unterschiedlich benannt haben möchten.

Wie geht man mit solchen Menschen um?

Und wie geht man in einem Forum mit solchen Menschen um?

Das Forum teilen?


"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
--------------------------------

"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
28.05.13, 11:21:30
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molek
(Standard)

@Antika, @schuschu

Die von euch zitierten Texte setzen eine Annahme voraus, die ich für falsch halte. Diese Annahme besteht darin, dass es nur eine einzige Norm gibt, nach der Definitionen aufgestellt werden können. Dieser Norm haben sich alle Beteiligten anzupassen und ihr Denken und ihre Selbstbetrachung daran auszurichten. Leider wird die Norm so gut wie nie hinterfragt. Und wer da nicht reinpasst und diese Normvorstellung trotzdem für sich übernimmt, der läuft sein ganzes Leben lang mit einem gestörten Selbstbild herum. Das äussert sich z.B. vielfach darin, welche Formulierungen Autisten in Vorstellungsbeiträgen verwenden. Sie schreiben immer wieder: "...mein Anderssein..." . Und das ist wirklich ungesund, - wenn nämlich jemand nicht mehr schreiben kann " die anderen sind anders" und damit sein eigene Perspektive aufgegeben hat, und sich statt dessen aus Sicht der Anderen betrachtet.


Ich versuche nochmal, meine Position an einem anderen überzogenen Beispiel zu verdeutlichen:

Für die Insassen eines Raumschiffs, das sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, befindet sich das Raumschiff in Ruhe.
Bewegen sich nun zwei Raumschiffe mit jeweils konstanten Geschwindigkeiten aufeinander zu, so sieht jedes der beiden Raumschiffe das jeweils andere auf sich zu kommen, während es sich selber in Ruhe befindet.

Analog dazu, kann mir ruhig jemand sagen "Du bist behindert und schwer gestört". Aus meiner Sicht stellt es sich anders dar, weil ich mich nicht in seinem Inertialsystem befinde.

LG m
28.05.13, 11:40:47
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Antika
(Autistenbereich)

@molek
Verstehe ich das jetzt richtig?

Das hieße für mich als Erdenbürger also.....ich soll meine eigene Perspektive aufgeben...selbst wenn ich von der Erde aus gut erkennen kann dass sich beide Raumschiffe aufeinander zu bewegen und sich nicht in Ruhe befinden?

Hier würde ja genau das von mir verlangt, was du als ungesund bezeichnest....mich nämlich aus der Sicht eines anderen zu betrachten....ich müsste also meine eigene Perspektive aufgeben.

"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
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"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
28.05.13, 17:52:36
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molek
(Standard)

Zitat von Antika:
Verstehe ich das jetzt richtig?

...selbst wenn ich von der Erde aus gut erkennen kann dass sich beide Raumschiffe aufeinander zu bewegen und sich nicht in Ruhe befinden?


Nö, - das ist genau der Fehler, den ich meine. Jeder sagt, er selber befinde sich in Ruhe und kann gut erkennen, wie sich die anderen bewegen.

Die Erde befindet sich aber nicht in Ruhe, sondern bewegt sich auch.

Man neigt also dazu, seine eigene Perspektive nicht als relativ anzunehmen sondern als absolut. Tatsächlich kann man in der Physik keine brauchbare Aussage machen, ohne ein Bezugssystem anzugeben.

Im übertragenen Sinn heisst das: man muss eigentlich immer hinzufügen, aus wessen Sicht man eine Sache beschreibt.

LG m
28.05.13, 20:51:15
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schuschu
(Angehörigenbereich)

http://de.wiktionary.org/wiki/behindern

behinderung ist kein begriff, der etwas über meine persönlichkeit aussagt sondern , dass ich an etwas gehindert werde durch die umstände ..wie zum beispiel ein rollstuhlfahrer, der nur dann behindert ist, wenn er anstatt einer barreirefreien rampe , stufen vorfindet.

alles andere ist verdreht...weil wir so konditioniert wurde, fällt es schwer es so herum sehen zu können, weil wir immer nioch in dem denken drin sind, dass etwas , was anders als die mehrzahl ist , nicht normal sein kann, also dann eine störung oder weil er so ist behindert ist. das ist ein irrtum.

so wie wir sind sind wir genau richtig und durch die künstlich aufgebauten konstrukte in der zivilen gesellschaft sind wir behindert....aber weil wir in unserem einzigartigen sein gehindert werden so zu sein wie wir sind.

zur foren teilung..hm schwere frage...aber ich habe als ich mich hier registrierte die regeln durchgelesen und mich bereit erklärt barrierefrei zu kommunizieren...weil dies ein forum ist, wo autisten sich wohl fühlen sollen und ein platz sein soll wo sie sein können ohne wieder und wieder bedrängt oder diskriminieert zu werden....das passiert ja eh schin überall, ohne dass leute drüber nachdenken was sie sagen tun oder über enthinderung nachzudenken wobei es ein menschenrecht darstellt.

also bin ich für alles , was wichtig ist, damit die aurtisten die hier genau wegender enthinderung herkommen , diese auch erhalten...wie diese forenteilung aussehen soll, weiss ich nicht..werde es aber so wie es kommt respektieren

28.05.13, 21:19:15
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Antika
(Autistenbereich)

Aus meiner eigenen Sicht empfinde ich mich als völlig normal und gesund und ich betrachte meinen Autismus nicht als Behinderung....aus der Sicht der anderen werde ich jedoch nicht so gesehen. Diese Menschen sind einfach nicht bereit von ihrer Sichtweise abzurücken, aber ich möchte auch nicht von meiner Sichtweise abrücken.

Mir wurde einmal in einem anderen Forum die Fähigkeit abgesprochen über Autismus mitzureden, da ich auf Grund und aus meinem Autismus heraus nicht wirklich in der Lage wäre mitzureden. (Das waren einige Mütter die selbst keine Autisten waren, aber deren Kinder.)

Mag ja in der Physik so sein dass man keine brauchbare Aussage machen kann ohne ein Bezugssystem anzugeben, ich selbst kann damit jedoch nichts anfangen.


"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
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"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
28.05.13, 22:19:55
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Bauklotzkönig
(König des Bauteppichs)

Zitat von Antika:
Hier würde ja genau das von mir verlangt, was du als ungesund bezeichnest....mich nämlich aus der Sicht eines anderen zu betrachten....ich müsste also meine eigene Perspektive aufgeben.

Warum musst du dazu deine eigene Perspektive aufgeben? Du gibst sie nicht auf, sondern versuchst die Denkweise des Gegenüber sogut es geht zu verstehen, auch wenn es sehr schwer fällt. Das bedeutet nicht, dass du ihre Meinung komplett teilen musst. Bedenke, für die ist es genau so schwer dich zu verstehen, wie es für dich ist, sie zu verstehen.
28.05.13, 23:46:34
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Fundevogel
(Angehörigenbereich)

Wenn mich jemand ein Arschloch nennt, dann kann ich selbstverständlich denken, dass ich keines bin. Wenn der andere mich dafür hält, ist das seine Ansicht.
Aber leider ist die Gesellschaft so großzügig nicht gestrickt. Sie fragt sich: Wer sagte da, dass ich ein Arschloch bin?... oh der Sprecher gehört zu denen, die das Sagen haben ... aha, dann sollte man die Aussage wohl als allgemeingültig ansehen
...und so kann aus einer harmlosen persönlichen Meinung sehr schnell eine gefährliche öffentliche Meinung werden und im Extremfall dazu führen, dass meine Lebenssituation fremdbestimmt wird.

Ich bin der Meinung, dass wenn ich Aussagen über mich nicht in einen gesellschaftlichen und politischen Kontext stelle, dann kann es dazu kommen, dass von einer meinungsmachenden Mehrheit massiv in mein persönliches Umfeld eingegriffen und meine Freiheit beschnitten wird.

Opfer der deutschen Behindertenpolitik wissen von der "Freiheitlichkeit" angewandter Begrifflichkeit ein Lied zu singen.

Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. (Johannes 8.12).
Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es denn allen, die im Hause sind. (Markus 4.21) (Lukas 8.16)
29.05.13, 00:59:30
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molek
(Standard)

@Fundevogel

Was du als fernen Extremfall umschreibst, ist in der Realität doch schon längst vorhanden.

Die Lebenssituation und das Ausmaß an Freiheit werden kaum durch die öffentliche Meinung bestimmt.

Lebenssituation und Freiheit werden ganz direkt durch äußere Umstände bestimmt. Vielleicht kann man diese äußeren Umstände durch gesellschaftliche und politische Aktivität beeinflussen, irgendwann mal, ein wenig. Das ist aber so weit weg, dass man die aktuellen Umstände als gegeben ansehen kann.

Ein aktueller Umstand kann z.B so aussehen: Einem Autisten ist es wegen seiner Eigenschaften und der aktuellen Situation in der Arbeitswelt nicht möglich, seinen Lebensunterhalt selber zu verdienen. Sozialhilfe bekommt er auch nicht, da er nicht an Bewerbung-Trainings-Maßnahmen teilnimmt. Er kann auf Grund seiner autistischen Eigenschaften nicht in einem überfüllten Raum vor laufender Videokamera Bewerbungssituation-Theater spielen. Er geht da gar nicht erst hin.

Wenn sich seine Umstände immer weiter verschlechtern und ihm aus staatlicher Sicht kein Behinderten-Status eingeräumt wird, dann kann es darauf hinaus laufen, dass er in Erwägung zieht, die Sache mit der Lebenssituation komplett zu beenden.

Das ist eher Standart als Ausnahme oder Extremfall.

LG m
29.05.13, 10:34:17
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Antika
(Autistenbereich)

Zitat von molek:


Wenn sich seine Umstände immer weiter verschlechtern und ihm aus staatlicher Sicht kein Behinderten-Status eingeräumt wird, dann kann es darauf hinaus laufen, dass er in Erwägung zieht, die Sache mit der Lebenssituation komplett zu beenden.

Das ist eher Standart als Ausnahme oder Extremfall.



Kannst du das vielleicht etwas genauer und mit einfacheren Worten erklären, so dass auch ich das verstehe?


"Das, was du tust, schreit so laut, dass ich nicht hören kann, was du sagst."

(Sprichwort aus Mosambik)
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"Die Erinnerungen verschönern das Leben, aber das Vergessen allein macht es erträglich."
(Zitat von Honoré de Balzac)
29.05.13, 11:16:56
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molek
(Standard)

@Antika

In der Mühle Hartz4, Sozialamt, Schikane-Maßnahmen,1-Euro-Job, mehrer Mini-Jobs, unteres Niveau der Zeitarbeitsfirmen, usw. stecken sehr viele Menschen, die damit aus unterschiedlichen Gründen nicht klar kommen. Viele davon werden depressiv und haben Suizidgedanken. Darunter - da bin ich sicher - sind überproportional viele Autisten. Das ist, meiner Meinung nach, auch eine Fremdbestimmung der Lebenssituation.

LG m
29.05.13, 11:45:38
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schuschu
(Angehörigenbereich)

molek , du hast sicher recht.
ich aber bin umgekerht der meinung, dass nur wir alle selbst als gesellschaft, weil wir dran glauben in dieser abhängigkeit zu stecken und wir an solch ein system glauben, dieses system überhaupt möglich ist.

deshalb finde ich es nicht wirklich hilfreich zu sagen..naja, dann mach ich halt das beste draus und brauch halt einen behinderten status , weil sich es eh nicht ändern lässt.

deshalb ist es doch grad so wichtig, dass über den begriff behindert und was er wirklich bedeutet nachgedacht und reflektieert werden muss.
deshalb iostb es doch grad wichtig, sich nicht den situationen hilflos sich auszusetzen sondern parallel zu dem was ist , sich gemeinsam stark zu machen, wie es hier im form und bei der esh geschieht, und seine menschen rechte einzufordern.

wenn man einfach nur weitermacht mit dem system was ist, weil man denkt es gehe nicht anders und müsse für sich halt dann das beste draus machen, ist das nicht dasselbe, als wenn man seinrecht in anspruch nimmt..dazu gehört eben auch sich der begriffe und dem verdrehten system sich bewusst zu werden.

und das geschieht nur, wenn man offen ist und bereit die dinge klar anzuschauen und sie zu benennen.
so kann gesamtgesellschaFTlich mit dfer zeit ein gesamtkollektives sich bewusstswerden und leben der inklusion möglich sein.
29.05.13, 13:48:18
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