Forum für

Autisten und interessierte Zeitgenossen

Hier ging es soweit ich es verstanden hatte nur darum, was eine Lüge ist.

Nu ja, ich werde nie jenes reizende "Kompliment" über meine "sackartige Kleidung" vergessen, darüber kann ich immer noch lachen, wenn ich dran denke. Aber ich weiß eigentlich nicht, wozu Meinungsäußerungen über Klamotten, Frisuren oder anderes überhaupt gut sein sollen, wenn nicht als ernstgemeintes Feedback. Was hab ich von der Meinung anderer Leute, wenn die mir doch nur Honig ums Maul schmieren? Und was hab ich davon, wenn sie mit undifferenzierter Kritik um sich schmeißen? In beiden Fällen nix. Und am wenigsten hab ich davon, wenn ich damit rechnen muss, dass sie das alles noch nicht mal ernst meinen, sondern bloß irgendwelche Emotionen bei mir auslösen wollen.

Eine Lüge ist für mich, wissentlich die Unwahrheit zu sagen. Wie eine Lüge im Einzelfall zu bewerten ist, ist eine andere Frage.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang, dass das achte Gebot nicht, wie oft zitiert, heißt: "Du sollst nicht lügen", sondern "Du sollst kein falsches Zeugnis ablegen wider deinen Nächsten.

Was für mich eine Differenzierung zwischen lügen generell und verleumden von Menschen darstellt.

zu diesem thema habe ich eben im privatfernsehen auf pro7 einen beitrag wahrgenommen. in dem beitrag wird die alltagslüge als unerlässliche methodik zur bewältigung des alltags aufgeführt. in einer gespielten scene wurden zwei situationen einmal mit und einmal ohne alltagslüge gezeigt. eine frau steht am bahnhof und wartet auf die bahn. eine bekannte person kommt hinzu und fragt: "hallo, wie geht's?"

erster fall antwort: "oh danke, sehr gut." das gespräch ist beendet. zweiter fall: "och nicht so gut. mein freund ist mit der besten freundin durchgebrannt, der hund hat die ganze nacht durchgekotzt und meine beine sind geschwollen und tun weh und die medikamente helfen nicht mehr."

kommentar des sprechers im zweiten fall:
"jetzt mal ehrlich. wer will das schon im alltag hören?"

meine spontane denkreaktion darauf:
"ICH, wenn ich eine frage stelle dann will ich sie ordnungsgemäß und wahrheitsgetreu beantwortet haben sonst hätte ich die frage nicht gestellt. ich will nicht belogen werden."

Joa, ich spare mir auch am liebsten solche Fragen, wenn ich die Antwort nicht wissen will. Außer, wo es aus Gründen der Höflichkeit halt nötig ist im Sinne eines Rituals. Und es irritiert mich immer mal wieder, wenn Leute, von denen man nicht meinen sollte, dass sie aus rituellen Gründen fragen, erst fragen und dann nicht zuhören. Manchmal sage ich aber auch "gut", wenn ich einfach keine Lust habe, darüber zu reden. Ist ja nicht immer so, dass man eigentlich 'ne Menge Katastrophen zu melden hätte. Und wenn man wahrheitsgemäß "mittelmäßig" sagt, dann halten die Leute das schon für 'ne Alarmmeldung, die man begründen muss. Wobei mir zu "mittelmäßig" überhaupt nichts einfällt, außer, dass halt nix Besonderes ist... Weder stimmungsmäßig noch von den Ereignissen her.

Na, manchmal hole ich tatsächlich gern eine Zweitmeinung ein und finde das nicht weiter tragisch. Aber es ging in dem Beispiel um die Frage:



Die kann sich der Fragende tatsächlich nicht so gut selbst beantworten, wenn man mal davon ausgeht, dass es sich um eine Verkürzung von "wie geht es dir?" handelt.