FrauFachmann
(stillgelegt)

|
geändert von: FrauFachmann - 04.09.06, 19:51:19
Hallo Bellaria, es ist so schwer sowas übers Internet zu beurteilen. Ich finde es meist besser, da einfach in der Rolle des Beobachters zu bleiben.
Im richtigen Leben gehen sich Menschen, deren Egos auf welche Art auch immer - kollidieren aus dem Weg
(halte ich für die sinnvollste Alternative), rufen sich irgendwann nicht mehr an, was auch immer. Letztlich aus dem kühlen Grunde sich nicht auf einen gemeinsamen Platz einigen zu können... Gut, die Alternative es im Real-Life-Server auch bis Ultimo eskalieren zu lassen besteht auch. Geschmacksache...
Ich empfand auch einmal das Auftreten einer anderen Frau als neurotisch, überzogen und humorlos. Je mehr ich von ihr las umso mehr hab ich all ihre Beiträge natürlich in diese Richtung interpretiert und umgekehrt tat sie ein Selbiges. Am Ende war es pure Polemik, von Sachlichkeit keine Spur.
Als ich sie persönlich traf hat sich alles in Wohlgefallen aufgelöst und wir mussten gemeinsam darüber lachen, uns sogar ob unseres Einfallsreichtums hinsichtlich rhetorischer Finessen loben, und zugeben bei all dem Ärger häufig über die Retour-Kutschen des anderen gelacht zu haben...
Menschen wirken im Netz vollkommen anders als im richtigen Leben. Das ist ganz sicher in den allermeisten Fällen so!
Ich selbst sehe Foren-Diskussion auch häufig als literarisches Treiben, da kann man sich an neuartigen Formulierungen üben, an seiem Duktus feilen, Inhalte gedanklich überbearbeiten und ordnen, so wie man sich sonst in einer großen Runde nie artikulieren würde oder könnte... Will sagen, dass ich mir vorstellen könnte, das viele Foren-Teilnehmer gar keine Gedanken über die Wirkung ihrer Beiträge machen, als Buch kämen sie vielleicht auch nicht so gut oder vielleicht gar besser an.
Dabei kommt mir wieder ein gewisser Kapielski in den Sinn, dessen Büchlein von - glaube ich - nichts anderem handeln als von ihm selbst. Ist zwar unterhaltsam, gut geschrieben und durchwirkt von klugen bis diskutablen philosophischen Auslassungen, aber lässt auch auf eine gewisse innere Verzweiflung schließen, als müsse er sein Bild nach aussen hin unbedingt formen und zurechtfeilen. Hat vielleicht als etwas "andersartiger" Mensch allzu oft eins auf die Mütze bekommen. Bedauernstwert, wie ich finde.
Ich denke übrigens, es ist tatsächlich was anderes ob mir jemand in einer Kneipe sein selbstgefälliges Reden aufzwingt, oder ob einer im Internet in einer literarisch gestimmten Stunde was in ein Forum schleudert. Obwohl lange Foren-Beiträge gefühltermaßen vielleicht was von der Situation einer Aufdringlichkeit haben können.
In der Kneipe würde ich mit ner schlechten Ausrede abzwitschern, im Netz lese ich es oder eben nicht. Im echten Leben würde ich mir teilweise nicht mal die Mühe machen auf Einiges überhaupt zu antworten. Ich bin ziemlich schnell weg, wenn mir ein Reden nicht gefällt.
Im Netz male ich mir eine Visage aus, trinke meinen Kaffee oder Earl Grey dazu und antworte auf das, was mir ebenfalls Gedanken entlockt. Und wie sich einer im Netz gebahrt, wo er der virtuellen Frau Fachmann nun gar nichts anhaben kann, ist doch herzlich egal.
Wobei es mich immer beeindruckt, wenn sich einer eines freundlichen Tones befleißigt, ist doch das Anpampen so einfach... In diesem Sinne...
|