Das O.
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geändert von: Das O. - 21.02.09, 23:41:04
Den Autismus gestehe ich mir erst seit kurzem ein.
Bin mir aber nicht sicher, weil ich es aus mir selbst
heraus nicht erkennen kann. Ich bin über die Aussagen
meiner Mitmenschen stutzig geworden und schlussfolgere es.
(Sonderling, "Bitte erkläre, wie Du das meinst?" "Darf ich Dir das erklären?"
und allgemein viel Ausgrenzung oder Unverständnis seit frühester Kindheit.
Schulzeit = Horrorzeit .... obwohl ich sehr gern lerne was mich interessiert).
Im Fernsehen habe ich erste Interviews durch Quarks und Co. gesehen.
Dort wurden die Blicke gezeigt, wie ein Autist sein Gegenüber betrachtet.
Dann die Schwierigkeiten in der Begegnung, Bsp. Smalltalk. Da zum ersten
Mal habe ich gesehen, was andere Autisten wohl auch sehen, mit ihren Augen.
(Dieses Abscannen, nur Details im Gesicht, nie in die Augen, umherschweifender
Blick, weil ein Blick in die anderen Augen mich nahezu verschwinden lässt).
Dass machte alles erst Sinn, als es autistentypisch bezeichnet wurde. Für
mich war es ja normal. Dann ging es sehr schnell. Unzählige Beobachtungen
machten plötzlich einen Sinn und es war klar, dass ist auch meine Art der
Wahrnehmung, dass sind auch meine Konflikte mit der Welt, dass ist mir
alles nicht fremd.
Dann machte ich Tests im Internet, wo ich durch die Fragen Schwerpunkte
entdeckte, die ich immer als "meine Probleme" versuchte zu vertuschen.
Die Anpassung ist das eigentliche Problem, dass, was bis ins Schmerzhafte
reicht. Klar dachte ich, dass ich dem Autismus wohl sehr nahe bin, aber
ob ich es bin, konnte ich ja aus mir heraus nicht feststellen. Ich hätte mal
ein anderes Bewusstsein ausprobieren müssen, um da einen Unterschied
festzustellen. Es brauchte erst eine Referenz außerhalb von mir. Und die
hat so lange auf sich warten lassen. Und ich fand sie im Fernsehen und im
Internet.
Hallo 55555,
daher habe ich mich nicht als Autist erkannt, als ich Birger Sellin las.
Den lernte ich kennen und mit ihm konnte ich mich nicht vergleichen.
Daher kam es damals mit den Büchern nicht zu der Schlussfolgerung,
ich könnte auch ein Autist sein. Aber ich fühlte Verwandtschaft.
Hallo Hans - zu Deiner Frage:
In Gegenwart anderer Autisten spüre ich eine unerklärliche Zuneigung
und die ist gegenseitig. Selbst ganz verschlossene Autisten gaben sich
mit kleinsten Gesten, meist zeitlich sehr genau gesetzt, zu erkennen.
Ich fühle den anderen Menschen in seinem Körper. Ganz gleich in welchen
Umständen er in seinem Körper gefangen ist, da ist jemand spürbar.
Dagegen bei "normalen Menschen" ist diese innere Anwesenheit wie hinter
einem Käfig aus angenommenen Gewohnheiten und Eigenheiten.
Aber das schwankt sehr, da gibt es eben offenherzige Menschen und
selbstgefangene Menschen, die sich oft nur als ihr Ego wahrnehmen.
Die letzten Jahre habe ich viel an meiner "Anpassung" gearbeitet.
So hatte ich mich in eine Gemeinschaft begeben und so sind
in den letzten Jahren auch Menschen in meine Träume gekommen.
Die waren früher menschenleer, sehr angenehm. (Habt ihr Menschen
in euren Träumen? Das wäre eine Frage die ich im Forum stellen will).
Eine Besonderheit, die ich früher hatte, war, dass ich mich nie über
eine Sache zweimal unterhalten wollte. Ganz gleich mit wem ich
etwas besprochen hatte, das Thema wollte ich dann nie wiederholen.
Oder, Gespräche, die begonnen wurden, wollte ich nach Wochen oder
Monaten bei der nächsten Begegnung mit dieser Person fortsetzen.
Das ist nicht üblich und die Leute waren oft irritiert.
Erst in der Lebensgemeinschaft war ich so kontinuierlich mit Menschen
zusammen, dass mir viele Eigenheiten über mich bewusst wurden.
Darum bin ich dankbar, weil ich einen großen Spielraum im Leben
gewonnen habe.
Die eigene Besonderheit war etwas sehr Zerbrechliches (und ist es noch)
und es gab keinen Grund das nach Außen zu tragen. Eigentlich auch heute
nicht. Aber, ich habe immer nach Menschen gesucht, habe Nähe und
Verständnis erhofft.
Ihr fragt, weil ihr mich einschätzen wollt und ich kann das hier erst
mal so anbieten. Die Liste von Honeypod finde ich auch für mich zum
großen Teil zutreffend. Ich kann nicht über Symptome, Behinderung
oder Störungen sprechen, da ich es selbst nicht so erlebe. Dennoch
sind sie im Zwischenmenschlichen spürbar.
Doch finde ich jetzt mehr und mehr Verständnis, weil ich mir selbst
nicht mehr so rätselhaft bin. Das O.
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