Forum für

Autisten und interessierte Zeitgenossen

Bellaria muss aufs Amt.
Drama in 5 Akten

Prolog:
Ich bin arbeitslos. Ich hab beschlossen, mich selbständig zu machen. Das AMS (ArbeitsMarktService, ungefähr so hilfreich wie ein Mokka-Service mit Goldrand) übernimmt mich vielleicht in das so genannte UnternehmensGründerProgramm. Ich hab alles rechtzeitig eingereicht. Ich habe einen Businessplan alleine ausgearbeitet. Ich hatte bereits einen Termin dort, die vom UGP entscheiden aber erst Anfang September, ob ich da reinpasse. Meine Arbeitslosen-Unterstützung läuft aber morgen aus. Also muss ich für ca. 1 Woche (!) Sozialhilfe neu beantragen. Bellaria muss also aufs Amt.

1. Akt – Am Vorabend
Ich drücke mich seit Tagen davor, das 6-seitige Formular auszufüllen. Bei jeder 2. Frage habe ich 3 eigene und keine Ahnung, was hinschreiben. Und dann all die Zettel, um das zu belegen, was ich reingeschrieben habe... Es ist 23.00, ich sollte anfangen. Mein Termin ist um 08.00 Früh – da geht bei mir genau gar nix. Also vorbereiten.

Ich suche zumindest alle Ordner zusammen, die Zettel enthalten könnten, die ich brauchen könnte. Und grabe den aktuellen „Zettel zum Ablegen“ -Stapel durch. Ich packe 3 Ordner (1. Ordner: Dokumente & Zeugnisse, 2. Ordner Kinder, Scheidung, Unterhalt, 3. Ordner Selbständigkeits-Projekt) in Stoffbeutel, das Formular dazu und fühle mich gut vorbereitet.

Jetzt sollte ich noch mal mit dem Hund Gassi gehn. Aber vorher belohne ich mich noch mit ein bisschen Fernsehen. Sicherheitshalber stelle ich den Handy-Wecker auf 07.00, da geht sich notfalls auch noch eine kleine Hunderunde am Morgen aus.

2. Akt – Der Morgen graut und mir auch
Ich erwache vor laufendem Fernseher und schau auf die Uhr: 08.05. Das Handy hat nicht geläutet – keine Ahnung warum. Es fragt mich, ob ich die Schlummerfunktion beenden will – welche Schlummerfunktion?!?!

Ich springe in die Klamotten, die auf einem Haufen vor der Couch am Boden liegen (hab ich mich ausgezogen?!), binde die Haare irgendwie zusammen, ignoriere den Hund, schnappe die Ordner und renne los. Um 08.30 bin ich am Arbeitsamt. Und muss eine Nummer ziehen – dort gibts keine Terminvergaben, das 08.00 auf meiner Termin-Karte bedeutete: AB 08.00.

3. Akt – Das Amt
09.45: Der Herr ist nett. Ich finde meinem Meldezettel nicht, suche alle Ordner durch, nichts. Er kann zum Glück im PC nachguggen und findet mich. Gemeinsam füllen wir die offenen Punkte im Formular aus. Eine Zahlungsbestätigung über den Unterhalt, den ich an meinen älteren Sohn zahlen muss, will er noch haben, Internetbanking-Ausdruck reicht. Ich juble und verspreche, den heute noch vorbeizubringen.

4. Akt – Der fehlende Zettel
10.45 Wieder zuhause. Ich ignoriere den Hund, gehe ins Internet und drucke meine Zahlungen aus. Dabei fällt mir ein, dass ich ja nicht die ganze Summe an meinen Sohn überweise, sondern einen Teil direkt an eine Behörde, bei der er noch Schulden hat. Darüber haben wir aber eine schriftliche Vereinbarung – nur wo ist die?! Ich suche mich durch die 3 Ordner und finde meinen Meldezettel. Er ist dort, wo er hingehört, ich ihn gesucht und nicht gefunden habe. Die Vereinbarung finde ich nicht.

Ich wühle mich durch sämtliche Zettelstöße. Ich werde langsam panisch, das Amt schließt um 12.00. Ich fluche laut vor mich in, was meinen Partner vom PC aufscheucht. Er hilft mir suchen. Er guggt in den Ordner, in dem ich zuerst gesucht habe und findet die Vereinbarung dort, wo sie hingehört. Ich küsse ihn, schnappe mir alle Ausdrucke und Ordner, ignoriere den Hund und rase zurück aufs Amt.

5. Akt – Das Amt, die Zweite
11.35: Ich renne zu Fuß in den 2. Stock – der Aufzug steckt anscheinend irgendwo fest. Ich kann keine Nummer mehr ziehen – die Auftragsannahme endet um 11.30. Ich versuche, ohne Nummer nur meine Zettel abzugeben – Fehlanzeige. Ich fahre wieder nach Hause, ignoriere den Hund und wische den Küchenboden trocken. Ich ordne alle Zettel, die ich am Amt vorlegen musste, wieder in die richtigen Ordner an die richtigen Stellen ein und bemerke, dass meine AMS-Terminkarte verschwunden ist. Hat der Typ sie behalten? Hab ich sie unterwegs verloren? Im Auto? Keine Ahnung. Ich durchwühle die Handtasche, alle Ordner – sie ist weg. Bedeutet das nun, dass der Antrag eingebracht wurde oder dass alles steht, bis die fehlenden Zettel da sind? Keine Ahnung.

Epilog:
Ich frage mich, ob das alles normal ist und wie andere Leute das machen. Ich setze mich in und schreibe mir meinen Frust von der Seele. Morgen muss ich wieder hin. Ich habe ADHS, einen Hund und keine Ahnung.

Ja, wenn du das sagst kann Bellaria wirklich beruhigt sein.

@Bellaria

Genau aus diesen Grund habe ich kaum etwas von all dem geschafft weil mich schon allein der Gedanke an die Bürokratie = heilloses Durcheinander zum Stillstand gebracht haben.
Kannst du dir nicht von irgendwem helfen lassen?

Der Lover ist Aspie und Hypo-ADS-ler. Der hat schon gepennt, als ich noch am Zetteln war, und noch, als ich wieder aufstand

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Oh, wo kommt denn die Seifenoper her. *Chipstüteaufmach*

Man muss ja hier auch mal'n büschen Unterhaltungsprogramm bieten... *verbeug*