dobbeld
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Hallo zusammen,
nie habe ich mich mit dem Thema Autismus beschäftigt. Außer in dem bekannten Film.
Jetzt hat mich dieses Thema schlagartig getroffen.
Eine nette (neue) Gesangskollegin, des Chores in dem ich singe, hat mir gesagt, sie sei Autistin. Ich war sprachlos. Die Unterhaltung bis dahin (wir waren alleine bei ihr zuhause) war sehr schön und interessant. Viel haben wir über unsere gemeinsame Leidenschaft, das Singen, gesprochen. Auch haben wir, für mich als Nichtautist, über banalere Dinge wie die Chormitglieder und uns unterhalten. Ebenso haben wir über unsere
- Kindheit
- Job
- aktuelle Lebenssituation
gesprochen.
Bevor ich über ihre 'andere Entwicklung' (so ähnlich war ihre Bezeichnung für Autismus) bescheid wusste, als auch danach Empfand ich sie als einen besonderen Menschen.
Sie war sehr begierig mich und meine Emotionalität nachvollziehen zu können. Ob das damit zusammenhängt, dass sie erst seit kurzem von ihrem Autismus weiß, weis ich nicht. Nur dass sie als Kind und auch Erwachsene unter ihrer "Andersartigkeit" sehr zu leiden hatte. Offensichtlich hat sie nach der Diagnose endlich einen Weg gefunden, diese "Andersartigkeit" leben und meistern zu können.
Jetzt bin ich in Ihr 'geregeltes' leben gestolpert und benehme mich trotz größtem bemühen, vollends daneben.
1. Ich bin unsagbar laut, das kann sie nicht leiden - Geräuschempfindlichkeit.
2. Habe nicht die ihr ,in der Kindheit 'eingetrichterten' (anerzwungenen), Verhaltensweisen.
usw.
die Liste könnte SIE unendlich lange fortführen.
Einige Verhaltensweisen habe ich ihr erklärt in der Hoffnung, dass sie mich versteht.
Oft war mein Verhalten oder meine Antworten für Sie unbefriedigend was mich verzweifeln lies und ich mein bestes gab, ihr das, was mich dazu bewogen hat, zu Erklären.
Überrascht hat mich, dass sie mich meiner Meinung nach oft angefasst und umarmt hat, obwohl sie Berührungen nicht mag. Diese Berührungen habe ich genossen und als etwas Besonderes empfunden, da wir uns ja erst kennen lernten.
Ebenso, dass ich bei ihr fast 34 Stunden zu Besuch war und zwei Nächte bei ihr übernachtet habe.
Jetzt habe ich sie wieder getroffen und mich gefreut sie wieder zu sehen. Nach meinem Besuch war ich nämlich sehr verwirrt.
Nach dem Singen wollten wir noch etwas trinken gehen. Eine andere Chorkollegin wollte mitkommen aber wir konnten uns nicht einigen wohin, da diese noch eine Wurst im Hauptbahnhof essen wollte. Ich habe der Chorkollegin gesagt dass ich das nicht will und wir gerieten fast in einen streit. Diese Chorkollegin ist alleine gegangen. Meine autistische Begleiterin meinte, dass sie das nicht in Ordnung findet. Ich versuchte ihr zu verstehen zu geben, dass ich keine Lust habe nach einen Stand im Bahnhof zu suchen, der dieser Chorkollegin genehm ist.
Diese Chorkollegin weiß nichts von dem Autismus.
So begaben wir zwei uns auf dem Weg noch eine Kleinigkeit zu trinken. Ich schlug ihr ein Cafe vor was sie nicht kennt, trotzdem gingen wir dort hin und ich wollte ihr die Platzwahl überlassen. Nachdem sie sich offensichtlich für einen Tisch gewählt hatte, sagte ich, dass sie den Sitzplatz aussuchen könne und die Wahl des Tisches gut sei, da das der Bereich sei ... mehr konnte ich nicht sagen. Sie rannte davon, als ob sie um ihr leben rennen würde. Etwas irritiert und mit Kopfschütteln begleitet folgte ich ihr und hoffte auf eine Erklärung. Die bekam ich jedoch nicht. Immer wenn ich mich ihr auf etwa 50 Meter näherte ging sie zügig weiter und rannte zum Teil. Nach einer kurzen Zeit und bei nächster Gelegenheit habe ich mich aus ihrem Blickfeld begeben.
Von weiten sah ich dass sie die Lage inspizierte und dann langsam auf dem Heimweg machte.
Mit dieser Reaktion hat sie mir sehr wehgetan.
Was ist passiert? Dass sie mit meinem Umgang mit der Chorkollegin nicht einverstanden war, kann ich nachvollziehen. Das andere nicht. Irgendwas muss ich aber in ihren Augen falsch gemacht haben und sie gekränkt haben, wie wir normalen es bezeichnen würden.
Hat sie bemerkt, dass ich versucht habe sie vor einigen für sie unangenehmen Situationen zu wahren? Dieses habe ich erst viel Später festgestellt, dass ich so agiert habe, vor lauter Fürsorge und falschen(?) Beschützerinstinkt.
Die Zeit bei Ihr zuhause habe ich sehr genossen, sie sagte das auch. Obwohl ich sie erst in diesen wenigen Stunden kennen gelernt habe und wir beide unsere Lebensgeheimnisse und -geschichten (wir beide hatten keine leichte Kindheit) ausgetauscht haben ist sie mir sehr ans Herz gewachsen und möchte sie nicht mehr missen. Für mich ist sie jemand besonderes, nicht weil sie Autismus hat.
Gerne würde ich sie weiter treffen, nicht nur beim Singen. Aber ich bin nach heute noch mehr verunsichert, wie ich mich verhalten soll. So etwas wie heute will ich nicht nochmals erleben.
Es fällt mir schwer mich zu ändern. Den Großteil der Zeit die ich mit ihr verbracht habe, versuchte ich intensiv dass abzuschwächen, was ihr durch den Autismus am unangenehmsten ist.
Mir viel es auch dabei schwer sie nicht in den Arm zu nehmen und andere Körperkontakte zu vermeiden.
Mich macht meine Emotionalität aus und ich bin jemand der die Nähe zu einem Menschen den man mag sucht, auch die Körperliche Nähe.
Danke für Eure Antworten schon im Vorfeld.
Autistin kennengelernt und in sie verliebt!
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