Lisa M.
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RE: Regeln für das Zusammenleben von Autisten
Lisa_M.
23/05/2006 13:13
Das mit der Routine schätze ich genauso ein. Ich kann mich erinnern, dass ich in WG‘s früher dazu neigte, meinen Beitrag zur Hausarbeit am liebsten durch regelmäßiges Abwaschen abdecken zu wollen, und dass ich da mal auf die Vorhaltungen eines Mitbewohners, was ich alles nicht erledigt hätte, mit dem zaghaften Einwand antwortete, ja, aber ich hätte doch viel öfter als er abgewaschen, obwohl er dauernd kocht und ganz viel Geschirr schmutzig macht und ich nicht. Das wollte er natürlich nicht gelten lassen und meinte, ich müsse an *allem* meine Hälfte der Arbeit erledigen.
Auch mit meinem Freund habe ich letzten Winter die Erfahrung gemacht, dass es endlich mal klappte mit einer regelmäßigen Beteiligung von ihm an der Hausarbeit, wenn er hier ist, nachdem wir klar geregelt haben, dass ich den Krempel wegräume, den er überall rumliegen lässt, und er mir dafür Holz und Kohlen aus dem Keller holt. Für mich ist es eine Kleinigkeit, bei jedem Weg durch die Wohnung einfach Dinge mitzunehmen, die mich grade stören, oder aufzuspringen und eine Jacke aufzuhängen. Es nervt mich viel mehr, solche Sachen zu ignorieren - und das war das, was mir bis dahin Leute empfohlen hatten, nach dem Motto: Auch Männer merken irgendwann, dass was rumliegt, wenn es niemand für sie wegräumt. Ich hatte irgendwann total die Schnauze voll von diesem Nervenkrieg und wollte eine "natürlichere" Regelung, bei der keiner von uns dauernd mit sich selbst kämpfen muss. Besonders, nachdem er einmal nachts um 3 mein Zimmer aufgeräumt hat, während ich zu schlafen versuchte... Nur, weil ich gesagt hatte, er soll *wenigstens* aufräumen, bevor er geht! Da wurde mir nämlich klar, dass es selbst, wenn er sich ganz viel Mühe gibt, nichts wie Stress für mich bedeutet. "Natürlich" war für mich, das einfach auszuleben, wenn mich was nervt und ich das wegräumen will, und dafür eine Gegenleistung zu verlangen. Zu meinem Erstaunen hat das bestens funktioniert und mit jedem Mal, wo er die Kohlen geholt hat, flitzte er beim nächsten Mal selbstverständlicher in den Keller, wenn sie alle waren.
Ich glaube, das ist ein wichtiger Punkt, dass man sich in so einer WG die Aufgaben nicht so turnusmäßig teilen müsste, wie es üblich ist, sondern zumindest das, was regelmäßig gemacht werden muss, gemäß der Neigungen und Gewohnheiten fest einteilen könnte.
So eine Signalanlage, wie du sie vorschlägst, würde ich zugleich als Erleichterung wie auch als lästig empfinden. Was die Küche angeht, könnte man sie auch - wie in anderen WG‘s die Toilette - einfach von innen abschließen, wenn man nicht gestört werden will. Die Flure für andere zu sperren, wäre mir allerdings zu viel, denn dann sitzt man womöglich in seinem Zimmer und darf nicht mehr raus! Im allgemeinen habe ich nichts dagegen, in Gemeinschaftsräumen anderen WG-Mitgliedern zu begegnen. Wenn jemand das generell ablehnt, meine ich, dass er besser alleine wohnen sollte. Aber es kommt schon mal vor, dass ich auch in der Küche grade mal allein sein möchte. Und es gibt in WG‘s auch "chronische Küchenhocker", die manchmal nervig sein können, wenn man das Gefühl hat, dass sie den Raum so nach und nach in Beschlag nehmen. Das ist übrigens eine wohl nur schwer objektivierbare Sache des "immateriellen" Raumgefühls... Ein Raum kann für mich "voll" sein von einer Person, so dass ich schon ‘ne Sperre dagegen kriege, da rein zu gehen, oder es kann jemand drin sein und trotzdem ist der Raum frei auch für andere. Chronische Küchenhocker neigen dazu, durch kleine Maßnahmen ihr Revier zu markieren und die Atmosphäre zu verbreiten, dass man sich mit ihnen befassen muss, wenn man sich darin aufhalten will. Ich hatte mal einen hier auf einen längeren *Besuch*, der sich noch dazu selbst eingeladen hatte und erst wieder ging, nachdem ich ihn nach *Wochen* das dritte Mal klar aufgefordert hatte, endlich zu gehen! *grusel* Das fällt mir nämlich wahnsinnig schwer, Leuten sowas zu sagen.
Sämtliche Angaben erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen, im Bemühen um Logik, Nachprüfbarkeit und Einhaltung der kulturell bedingten Realitätsvereinbarung.
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